Vom Leben im Überfluss und Wasserknappheit

Letzte Woche noch schön im Liegestuhl am Pool auf einer Lodge in Namibia und zurück in Maseru erstmal seit Donnerstag kein fließend Wasser. Ein Anruf bei der Lesotho Water and Sewerage Authority brachte Gewissheit: Wasserknappheit. Die Versorgung aller Haushalte könne nicht mehr gewährleistet werden. Deshalb würde man nun in Teilen der Stadt das Wasser abkappen. Auf die Frage wann es denn wieder wiederkäme wurde nur entgegnet, dass man dies noch nicht sagen könne. Das ist jetzt drei Tage her. In Wassertanks und leeren 5L Wasserkanistern holten mein Mitbewohner und ich am Freitagabend erstmal einen kleinen Vorrat der knappen Ressource von Freunden, die in der Woche zuvor vier Tage ohne fließendes Wasser auskommen mussten. Das reichte zumindest noch bis heute (Sonntag), um die Klospülung zu betätigen, sich die Hände zu waschen und die Zähne zu putzen. Immerhin, was? Als ich gestern auf dem Weg zum Fitnessstudio an zwei Leuten vorbeikam, die gerade dabei waren ihr Auto zu waschen, überkamen mich gemischte Gefühle. Ich war wütend über die fehlende Kommunikation der Regierung, dass Wasser gespart werden muss und über die Prioritäten der Bevölkerung. Auf der anderen Seite wurde mir bewusst, wie verwöhnt wir in Deutschland doch sind. Noch nie drehten wir bei uns zu Hause den Wasserhahn auf und da kam kein Wasser raus! Wenn man erstmal selbst erfahren hat, wie es ist, tagelang ohne Wasser zu sein, wächst das eigene Bewusstsein dafür, dass es heute eine knappe Ressource ist.

Fünf Tage verbrachten wir sieben kulturweit-Freiwillige aus Namibia, Madagaskar und Lesotho (leider ohne Julia) mit unserer Betreuerin Maria auf einer Lodge etwa 40 min von Windhoek entfernt. Nachdem wir unsere Zimmer bezogen hatten – mit Zebrateppich oder Gepardenfell an der Wand und Ausblick auf den Pool direkt vor der Tür – war erstmal unsere schauspielerische Leistung gefragt. Bei one day in a life of sollten wir unseren Tagesablauf mit der Gruppe teilen. Dies sorgte bei der einen oder anderen Einlage für Gelächter. Unser Dank geht an Merle und Isabel, die ihren Alltag bei dem namibischen Radiosender (so die Meinung ihrer Kollegin) sehr realitätsnah dargeboten haben. Der erste Abend fand dann auch ein schönes Ende – bei Sonnenuntergang mit einem kühlen Savanna.

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Nach einem ausgiebigen Frühstück mit selbstgebackenen Brötchen und Rührei mit Speck sollten wir uns dann den gesamten nächsten Tag mit Stärken, Schwächen, Chancen & Hindernissen in unseren Einsatzstellen sowie unserer persönlichen Entwicklung während des FSJ beschäftigen. Anna und ich tauschten uns über das Kommunikationsproblem bei der Nationalkommission der UNESCO in Windhoek und Maseru aus. Zudem überlegten wir uns, wie wir uns von den bestehenden Herausforderungen (wie z.B. dem Umgang mit Korruption und der Arbeitsmentalität von Kolleginnen und Kollegen oder der Gestaltung einer informativen Website) nicht unterkriegen zu lassen. Maria musste uns mehrmals daran erinnern, positiv zu denken. Am Ende schafften wir das auch tatsächlich. Wir akzeptierten, dass wir bestimmte Strukturen in der Einsatzstelle nicht ändern können. Im Anschluss stellte jeder der Gruppe seine Idee für das Freiwilligenprojekt vor, welches wir uns alle schon mehr oder weniger überlegt hatten.

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ZWISCHENSTAND FREIWILLIGENPROJEKT:

INTERACTION SEMINAR

Die Nelson Mandela Metropolitan University (NMMU) richtet das Seminar im Juli 2016 gemeinsam mit der University of Cape Town (UCT) in Port Elizabeth, Südafrika aus. Zwei Universitäten aus Deutschland (Oldenburg & Lüneburg), die University of Ghent in Belgien und die National University of Lesotho senden jeweils eine Gruppe aus Studierenden und Absolventen nach PE. Sponsorenbriefe sind raus, ein vorläufiger Wochenplan ist erstellt und potenzielle Teilnehmer/innen sind identifiziert. Drückt uns die Daumen, dass wir die nötigen finanziellen Mittel auftreiben können!

Am Mittwoch stand ein Ausflug nach Windhoek auf dem Plan. Wir folgten den Spuren der Kolonialzeit, besuchten einige historische Denkmäler und das Unabhängigkeitsmuseum. Dabei lernten wir mehr über den Völkermord der Deutschen an den Herero & Nama zwischen 1904 und 1907 welcher aktuell eine Debatte über Entschädigungszahlungen der deutschen Regierung nach sich zieht sowie den langen Weg Namibias in die Unabhängigkeit. Am darauffolgenden Tag sollten wir sogar die Chance bekommen, in einen Dialog mit einer betroffenen Angehörigen der Herero zu treten. Eine Dozentin der Universität kam als Gast zu uns auf die Lodge und unterhielt sich mit uns über ihre Sichtweise auf die Geschichte und die Verdrehung von Tatsachen. Es war ein bezeichnendes und sehr lehrreiches Gespräch. Die Gedenktafeln in deutscher Sprache beim Reiterdenkmal zeigten ziemlich eindrucksvoll, wie sehr die Vergangenheit heute noch das Leben der Bewohner Namibias bestimmt. Wer mehr über diesen Teil der deutschen Geschichte erfahren möchte, sollte sich unbedingt diesen taz-Artikel durchlesen.

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Der letzte Tag des Seminars wurde mit einer Reflexion der Woche, einem Blick in die Zukunft und mit dem Austausch netter Worte abgeschlossen. Am Abend zuvor gab es noch ein leckeres Braai in guter Gesellschaft und beeindruckender Kulisse mit anschließendem Lagerfeuer, einem weihnachtlichem Wichteln und einer Runde Doppelkopf. Ein perfekter Ausklang der gemeinsamen Zeit.

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Während der Zeit in Windhoek ist mir bewusst geworden, wie viele Möglichkeiten der Freizeitgestaltung es dort im Vergleich zu Maseru gibt. In etwa drei Monaten bekomme ich zum Glück etwas Gesellschaft durch eine zweite kulturweit-Freiwillige in der NatCom aus Essen. Freue mich sehr auf deine Ankunft im März, liebe Laura. Ich bin jedenfalls immer sehr dankbar, wenn mal ein Event wie beispielsweise das HookUp Dinner einmal im Monat ansteht, wir mit der WG Leute zum Indian Dinner einladen oder ein Konzert stattfindet, auf welches ich meinen Freund nächste Woche schleppen werde. Der Gute weiß noch nichts von seinem Glück. Ist zufälligerweise eine seiner Lieblingsbands. Bin gespannt auf seinen Gesichtsausdruck.

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Ohnehin freue ich mich sehr, ihn bald endlich wieder jeden Tag anstrahlen zu können statt ständig aufgrund der schlechten Verbindung von Whatsapp mitten im Wort abgeschnitten zu werden. Xolisa kommt mich in vier Tagen hier in Maseru besuchen 🙂 Am 22. Dezember machen wir uns dann auf den Weg zu seiner Familie, die in King Williams Town eine traditionelle Zeremonie feiert. Grund der Feier: seine kleine Schwester wird den Vorfahren der Familie vorgestellt. Hört sich vielleicht nun etwas verrückt an, da die Ahnen selbst ja nicht mehr an der Zeremonie teilnehmen können, aber ich bin mal gespannt, wie das genau ablaufen wird. Eine Bekannte seiner Mama wird mir für diesen besonderen Anlass ein Xhosa-Outfit schneidern. Meine liebe Freundin Nozibele meinte in unserem Telefon letztens zu mir, dass dies einfach dazugehört und beschloss kurzerhand, mir dieses Outfit zu Weihnachten zu schenken. Wirklich lieb von ihr! Ich werde euch selbstverständlich in meinem Blog an dieser Erfahrung teilhaben lassen und Fotos hochladen. Mehr über die traditionellen Rituale der Xhosa könnt ihr HIER nachlesen. Den Artikel schrieb ich damals für das Hamburger Start-Up Heimatbrücke.

Nach dem Besuch seiner Familie werden wir einen kurzen Roadtrip über die Feiertage unternehmen. Es geht von Port Elizabeth über Tsitsikamma nach Plettenberg Bay, Oudtshoorn und schließlich nach Graaff Reinet in den Camdeboo National Park. Zwar habe ich diese Orte alle selbst schon mindestens einmal besucht, aber ich kann es kaum abwarten, Zeit mit Xolisa an diesen schönen Plätzen in Südafrika zu verbringen. Er hat bislang noch nicht die Gelegenheit gehabt, Tourist in seinem Heimatland zu sein. Anfang Januar kommen wir dann gemeinsam zurück nach Maseru. Xolisa wird die UNDP für einen Monat im Projekt Lesotho Youth Connect unterstützen. Es handelt sich dabei um eine Website von der Jugend für die Jugend in Lesotho. Ich freue mich sehr, dass es mit diesem Job geklappt hat und wir einige Wochen zusammen verbringen können.