Von Billaparkplätzen und Rosenduft – 8 Monate Bulgarien

Lange Autofahrt und die Akkus sind leer. Unsere und auch die der Handys. Tankstellen sind steckdosenlos, in der Ferne ein paar Lichter. Es ist nachts um halb 12 und wir tauchen in eine Parallelwelt ein. „Willkommen in Klein-Istanbul“, das steht zwar nirgendwo, aber in unseren Köpfen hören wir diesen Satz klingen. Türkische Fernfahrer erlauben sich und ihren Wägelchen hier, an der bulgarisch-rumänischen Grenze, eine Pause. Es wird zusammengesessen, ein Zuckerwürfel nach dem anderen fliegt in den Tschai und die Löffel klirren am Tellerrand der Linsensuppe. Wir werden auf Deutsch begrüßt und komisch beäugt, als wir MacBook, Kamera und Co im ganzen Gastraum an die Steckdosen verteilen. Verständlicherweise. Was eine Realitätsverschiebung. Ich möchte zahlen. Der Tee ist gratis, die Suppe kostet dafür doppelt so viel.

 

Der Zug rattert und es ist unerträglich laut. Trotzdem stelle ich mich ans Fenster und folge mit meinen Augen den Schienen, die uns durch die Täler hier leiten. Rechts von mir ein älterer Herr, die große Nase streckt sich Richtung frische Luft, die Augen sind geschlossen. Links von mir das gleiche Bild, nur eine kleinere Nase. Unsere Hände drücken das Schiebefenster mit dem kaputten Mechanismus kontinuierlich herunter. Grüne und noch grünere Bäume und Wälder ziehen an meinen Augen vorbei, Felswände erstrecken sich bis zum Himmel und nehmen uns fast die Luft zum Atmen. Auf meinen Fingern sammelt sich die Wärme der Sonne, mein Gesicht atmet sie ein. Dicke Regentropfen ziehen über die kleine Stadt, klatschen gegen das Fenster und laufen in die untere rechte Ecke zusammen.

 

Menschen, Massen, Taschen, Gepäck. Der Bahnhof so voll wie nie. Samstagmorgen sieben Uhr. Die Schlangen an den Schaltern sind lang, die Geduldsfäden kurz. Eine komisch hektische Stimmung zieht sich durch die Hallen, 7:30. Ein junger Mann wirft sich auf den Boden, macht eifrig 5 Liegestütze, läuft 3 mal im Kreis und öffnet ein Bier. Um 7:35 geht unser Zug. Die letzten Schritte werden gerannt, wir schließen uns der hektischen Stimmung an. Die Schuhsolen trampeln über den schmutzigen Boden der Unterführung und schlucken all die Geräusche. Die Stimmen und das Ratten der einfahrenden Züge. Der Zug ist noch da, mit seiner Ruhe und Trägheit wirkt seine Anwesenheit beruhigend. Der Wagon am Treppenaufgang ist total überfüllt, 50 Meter dahinter fast noch leer. Warum dieser Stress, liebe Bulgaren? Sonst doch auch nicht so.

 

Einfach mal dem Wasser beim Kochen zuschauen. Ein Prozess, ein unaufhaltsames und unbeeinflussbares Prozedere. Wir müssen warten. Können nichts machen, außer mit unseren Augen auf das Wasser zu starrren, auf aufsteigende blassen zu hoffen und das Salz in der Hand bereitzuhalten.

 

Ein ganzes Land auf dem Vorplatz eines Supermarktes. Willst du Bulgarien erleben? Schnapp dir einen Döner und setzt dich vor Billa. Ein Laden, der ein Land verbindet. Eingebettet in einen sozialistischen Bau, liegt er nahe einer Hauptstraße in der Hauptstadt. Gegenüber einige moderne Wolkenkratzer verschiedener internationaler Banken. Auch vor Billa gibt es Bänke. Wir sitzen auf den Stufen vor dem Laden, essen Falafel und beobachten. Zwei junge Männer mit übermäßig großen Blumensträußen in der Hand und jeweils einer E-Zigarette im Mund – der eine in pink der andere gelb. Die Anzüge sitzen gut, die jungen Männer stehen lieber. Etwas weiter weg eine Frau, vor ihr 4 Kisten mit Kirschen, sie lächelt gerade aus, ihre Augen verfolgen müde aber aufmerksam das Treiben. Neben ihr auf dem Tisch steht eine gelbe Plastikwage. Ihr Ohr wird von einem alten Mann beansprucht. Ununterbrochen redet der Anzugträger mit dem langen Bart auf sie ein, währenddessen liest er in einem Astrophysik Heft. Seit geraumer Zeit hält er es verkehrtherum.

 

Der Moment, wenn der Regen aufhört. Der Moment, wenn der Regen aufhört und sich die dunkeln schwarzen Wolken am Himmel, wie von einem Seil gezogen, in eine gemrinsame Richtung bewegen. Wenn sie dem Blau des Himmels, dem Grau der Häuser und dem Grün der Bäume Platz machen. Und wenn sie ihre letzten Tropfen wie Abschiedsgeschenke auf uns hinunterfallen lassen. Wenn die ersten Sonnenstrahlen sich in den Fensterscheiben widerspiegeln und unsere Gesichter wärmen.

 

Zeit für Blumen. Eigentlich überhaupt keine Zeit für Blumen, ich habe keine Hände frei und bin total im Stress, aber ich kann nicht anders. Eine alte Frau sitzt an der Ampel und in einigem Abstand präsentieren sich Veilchen in einem Kübel. Meine Hände greifen zum Geldbeutel, kurz fällt mir etwas herunter. Die Dame ist nicht alleine, in der Stadt sitzen überall vorwiegend ältere Menschen und verkaufen das, was sie so in ihrem Garten finden. Und dies machen sie mit einer Ruhe, Gelassenheit, Zurückhaltung und einem ständigen Lächeln im Gesicht, für was ich sie besonders bewundere.

 

Bulgaria – Land of Roses. So schmückt sich das Land. Und in Kazanlak gibt es ein Rosenfest, 2 Wochen für die schönste Blume Bulgariens. Rosenparfum, Rosenwein, Rosenseife, Rosenkränze, Rosengarten, Rosenkönigin. Mir hängt der Duft noch in der Nase, als wir im Zug zurück nach Hause sitzen. Rosenfelder ziehen an uns vorbei und verschwinden hinter Hügeln und Felsen. Transporter stehen am Rand der Felder, Kinder und Frauen kämpfen sich unter der Mittagssonne durch die Büsche, Handschuhe trägt niemand. Es ist drückend heiß, die Arbeiter verschwinden in den Sonnenstrahlen. Der Duft dringt durch das geöffnete Zugfenster noch lange zu uns hinein. Die Realität ist dann doch gar nicht so rosig.

 

Stress auf dem Busbahnhof, der Bus nach Sofia hat eine Stunde Verspätung, wo er ist, wann er kommt, das weiß niemand, ich werde angeredet, mein Ticket jetzt zum Vorteilspreis zu wechseln, diverse Übersetzer stehen mir zu Seite, es gibt Stress am Ticketschalter, wenn ich mich hier nochmal zeige, dann schlägt mir die Frau ins Gesicht, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber es ist sowieso mein letztes Mal in dieser bulgarischen Kleinstadt, das Tschüss sagen dauert nur etwas länger. 1 Stunde später sitze ich im Bus. Der ist irgendwoher und irgendwann hier reingedüst, es ist ganz still, alle sind müde und erschöpft vom Streiten und sauer sein. Rechts von mir sitzt ein Mann mit Deutschland Trikot, er holt eine Boulevard Zeitung raus, auf der Titelseite eine sehr nackte Frau, er faltet sie extrem umständlich und begnügt sich mit dem Kreuzworträtsel. Mit meiner Sitznachbarin unterhalte ich mich so gut wie möglich. Sonst klappt es auch, einfach zu nicken oder den Kopf zu schütteln. Aber natürlich genau andersrum. Wir sind uns jedenfalls einig, dass es im Bus viel zu heiß ist. Stimmen werden wieder lauter, die letzte Reihe fordert mehr Klimaanlage. Der Fahrer schimpf zurück, die sei doch schon voll aufgedreht. Scheiß Bus, Scheiß Unternehmen, da ist man sich dann wieder einig. Meine neue Freundin holt einen Fächer aus der Tasche und wedelt uns Luft zu, noch eine Stunde bis Sofia.

 

Und dann merkt man plötzlich, dass diese Zeit geflogen ist. An uns vorbei geflogen wir haben mit ihr gelebt und gar nicht gemerkt, wie sie immer weniger wird. Wir waren so im hier und jetzt, dass wir Tage nicht von Nächten, Wochen nicht von Monaten unterschieden haben. Und das war ziemlich perfekt so.

 

Hajde, Ciao! Josi

Pommes im Döner und Kutschen auf den Straßen

Momentaufnahmen aus 6 Monaten Bulgarien

Ich suche die Maske in meiner Tasche, krame 2 lev für das Metroticket zurecht, meine 6-Monats Karte ist vorige Woche abgelaufen, und steige gekonnt die Treppen herunter. Eine Babuschka sitzt auf einem Absatz oberhalb der Metro. Unter ihr ein Stück Karton, soll gegen die Kälte helfen, die hemmungslos durch die ganze Stadt jagt. Der Blick ist nach unten gesenkt, ein Tuch verdeckt ihre grauen Haare. Ihre Hände zeigen sich alt und voller Falten, sie wollen uns eine Geschichte erzählen. Füße, Schritte, Menschen hasten an ihr vorbei. Neben ihren Füßen steht ein Eimer mit Narzissen.

Zwischen Straße und Block steht ein Container, vor ihm ein überfüllter Mülleimer, ein schlammiges Stück Wiese und eine bunt bemalte Bank, die ihre Farbe schon längst veloren hat. Halb volle Pappbecher mit Kaffee säumen die unebene Reihe an Pflastersteinen, eine Schokoriegelverpackung fliegt vorbei. In mehreren Kurven bildet sich eine lange Menschenschange auf dem kleinen Bürgersteig. Der Döner hier muss gut sein, denken wir. Falaffel bestellt, Pommes gibt’s dazu, zusammengerollt und auf die Hand. Ayran und Fanta in der Tasche. Die graue Bank bietet uns ihre Dienste an.  Während Mayonnaise über unsere Finger tropft, zerfällt der Döner schlussendlich in den eigenen Händen. Papierumwickelung, Plastiktüte und Serviette werden in den Container am Straßenrand geworfen. Die Menschenschlange wird länger, es ist Mittag.

Alte Männer in noch älteren Adidas Jogginghosen tänzeln um eine Tischtennispaltte und fixieren den grell orangenen Ball mit ihren Augen. Der Schläger bestimmt die Hand. Bulgarische Ausrufe über Ballgewinn- und verlust prägen die Szenerie. Drei Tauben schlagen mit den Flügen und eilen über uns hinweg in den blauen Himmel hinein.

Im Auto Richtung Meer. Was wir hier erleben ist mehr, denke ich mir und drehe mich zum Fenster. Gebirgsketten brechen sich langsam aber stetig auf. Sonnenstrahlen tanzen in der Ferne, ein Luftstoß kitzelt meine Augen, Möwen segeln in über den Baumwipfeln, wir erreichen die Küste.

Socken trocknen in der Lüftung des Autos. Zwei Hände spielen am Lenkrad. Serpentinen führen uns den Pass hinunter und im Rückspiegel kann ich das Abendrot sehen. Sanfte Stimmen führen leise Gespräche. Es wird wärmer im Auto, die Socken sind trocken.

Das Gras ist schon feucht, ich hebe die Füße und stehe vor einem Block. Der Block ist groß, aber nicht zu groß. Er ist Zuhause in dieser trostlosen Gegend. Sattelietenschüsseln Strecken ihre Antennen in die Luft wie Mücken, die nach Blut gieren. Ist das der Empfang zur Außenwelt? Im Hintergrund verschwimmen Himmel und schneebedeckte Gipfel zu einem weißen Band. Viel dünnere Bänder tragen die Wäsche der Bewohner auf den Balkonen. Die bunte Kleidung wiegt sich ruhig im Wind. Rechts im Bild erstreckt sich Kette aus Strommasten, ein Ende ist nicht in Sicht, es wird von den grauen Ästen der großen Bäume im Hintergrund, verdeckt.

Wir essen Eis auf der Bank am Vitsohka. Sonne scheint uns in die Bäuche, Obdachlose fragen uns nach ein bisschen Geld, wir geben Nichts und eine Taube kackt neben uns auf die Straße.

Die Vorstadt einer bulgarischen Kleinstadt erstreckt sich links von uns. Aus dem Autofenster hinaus beobachte ich passiv die vorbeiziehenden Fabriken und Steinbrüche. Am Straßenrand arbeitet eine Gruppe Sinti und Roma. Äste der, die Straße umgebenden, Bäume werden abgeschnitten und gesammelt. Der alte VW Bus dient als Transporter. Im Radio läuft ein Lied mit dem eingehenden Refrain „Jesus comes“ und die Arbeitenden verschwinden aus meinem Sichtfeld.

Ameisen errichten einen Konstrukt auf dem Weg zwischen unseren Schuhen. Mein Blick schweift aus der Vogelperspektive in Richtung Straße. Die Kirschbäume am Rand versuchen sich gegenseitig an Frühlingsgefühlen zu übertreffen. Wir hören Schritte und eine alte Frau zieht durchs Blickfeld. Ihr Gummistiefel streifen unablässig den Boden. Die braune Weste hält sie warm. Ihr Lachen springt über die Blütenpracht und den Ameisenhaufen zu uns hinüber. Ihr Gesicht ist geprägt durch tiefe und dunkle Falten, die unter dem blumembedeckten Kopftuch verschwinden. Den Holzstock trägt sie in der Linken, ihr Smartphone in der Rechten.

Parkplatz- Ein Kind hält die Hand auf, bittet um einige Stotinki. Der Mann daneben geht zum Auto, öffnet den Kofferraum. Hinter den beiden spiegelt sich die ganze Tristesse eines Landes in einem Ladenfesnter wieder. Es ist grau und kalt. Der Hände des Mannes halten nun ein Kuscheltier und ein Spielauto. Die Hände des kleines Jungens kommen näher, die Augen werden größer. Er traut sich nicht zu lächeln. Der Mann geht weg und öffnet die Türe zum Restaurant. Der Junge verlässt den Parkplatz. Mit dem Kuscheltier streicht er über seine Wange.

Eine kleine Straße. Am Rand große Autos. Links und Rechts mittelgroße Blocks. Die Sonne strahlt direkt von vorne auf mich und die Straße und die Autos und die Blocks. Um die Kurve nähert sich eine Kutsche. Die Ohren des Pferdes streifen die Sonnenstrahlen, verdecken sie kurz und geben sie dann wieder frei. Vater und Sohn sitzen hinter dem Tier. Durch die kleine Straße, zwischen den großen Autos hindurch und mitten zu dem nächsten mittelgroßem Block, wird die Kutsche gesteuert. Ein vollbeladener Anhänger wippt auf und ab und tanzt zwischen den Schlaglöchern im Boden herum.

 

Haide, Ciao!

3 Tage in Plovdiv und 14 Tage in Birkenstocks

Geheimtipps der Kulturhauptstadt 2019 und zur möglichst effektiven Infizierung mit Corona (Obacht: Ironie)

Die Blätter fallen von den Bäumen, die Mützen sitzen auf den Köpfen und die Sonne geht um sechs Uhr schon unter…na, nach was hört sich das für euch an? Richtig nach Herbstferien! Deshalb packte ich Ende Oktober vorfreudig meinen Rucksack, machte den Kühlschrank leer und sagte Tschüss zu meinem neuen Zuhause. Über die Kulturhauptstadt 2019 Plovdiv, die sich 3h Zugfahrt Süd-Östlich von Sofia befindet, sollte es mit Zwischenhalt in Veliko Tarnovo nach Schumen und danach ans Schwarze Meer gehen. Aber wie sagt man so schön… Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Aber dazu später mehr.

Nach einem für mich typisch bulgarischen Nicken-Kopfschütteln-Desaster fand ich schlussendlich noch einen freien Platz im einigermaßen überfüllten Zug Richtung Plovdiv. Der „Daumen nach oben“ einer Mitpassagierin versicherte mir dann auch, dass ich im richtigen Zug saß. Eine junge Familie bei mir im Abteil war fast noch spannender als mein Buch. Während sie ihrem kleinen Jungen englische Kinderlieder vorspielten, wurden Windeln und Schokoriegelverpackungen einfach aus dem Zugfenster geworfen. Schon wieder winken die Gegensätze. Müll einfach aus dem fahrenden Zug zu werfen, nach dem Motto: „Aus den Händen, aus dem Sinn“, unvorstellbar in meiner Welt. Oder in meiner Blase.

Vor Ort hatten wir eine ziemlich coole Wohnung gemietet (Danke an Elias), die sogar über eine Waschmaschine, einen Staubsauger und überdurchschnittlich viele Ikea Möbel verfügte.

Im Laufe des Abends trudelten dann auch die restlichen Freiwilligen in der gemieteten Wohnung ein. Es fühlt sich immer schon wie eine kleine Familie an, wenn wir alle so am Tisch abends unser Schumensko Bier schlürfen. Umso komischer, dass wir uns alle erst ein paar Male gesehen haben. Nach einer süffigen, durchtanzten und langen Nacht ging es dann am nächsten Tag zur Free Walking Tour Plovdiv. Ein bisschen Kultur muss ja auch sein.  Und Plovdiv ist es allemal wert. Wir waren überrascht von dem westlichen Flair, das in der Innenstadt ausgestrahlt wird. Doch neben einem WMF-Haushaltswarenladen steht dann eine wunderschöne Moschee, deren Mauern von großen Palmen geziert werden und in der Mitte der beiden Welten liegen alte Ausgrabungen eines römischen Stadions.

 

Der 1. Mc Donalds in Bulgarien

Plovdiv ist übrigens eine der ältesten Städte Europas und wird seinem Ruf als Kulturhauptstadt alle mal gerecht. Nachdem wir die Tour alle mehr oder weniger aufmerksam verfolgt haben, ging es über ein Mittagessen in der Stadt auf einen der nahegelegenen 7 Hügel. Auf ihm prangert ein kommunistisches Denkmal. Zufällig konnten wir dort oben noch die untergehende Sonne genießen, Fotos machen und den endlos scheinenden Blick über die Stadt wertschätzen.

Am Sonntag ging es nach einem weiteren netten Abend nach Assenovgrad, einem kleinen Ort mit einer beachtlich gelegenen Burg ca. 30 Minuten Zugfahrt von Plovdiv entfernt. Rechtzeitig zum Zug loszulaufen und sich über Preise und Abfahrtsgleise frühzeitig zu informieren, wäre ja wirklich etwas zu erwachsen gewesen. Dennoch haben wir es dann noch rechtzeitig in den Zug geschafft. Bei strahlendem Sonnenschein ging es dann für uns zu Fuß zum Ausflugsziel.

 

Die Strecke wurde uns – mehr oder weniger verständlich – netterweise von der Dame am Ticketschalter erklärt. Eine gute Stunde und einen schönen Spaziergang später kamen wir jedoch wirklich am Ziel an und verbrachten ein paar schöne Stunden zwischen alten Mauern und wunderschöner Aussicht. Zurück in Plovdiv ging es für einen Teil wieder in die Heimatstädte zurück.

Nele, Paula und Pius wollten erst am Montag nach Sofia und für mich ging es von dort aus weiter nach Veliko Tarnovo. Die Zugfahrt dorthin war gleichermaßen aufregend wie anstrengend. Zu meiner Erleichterung traf ich aber gleich zu Beginn eine Französin, die in Veliko Tarnovo wohnt und auch über das Wochenende in Plovdiv war. Mit ihr ging die Zugfahrt schnell vorbei und wir hatten einige schöne Gespräche. Vom Bahnhof in Tarnovo fand ich dann schlussendlich auch einen richtigen Bus, der mich in Richtung des Hostels gebracht hat. Nach einer kurzen Verzweiflung vor verschlossenen Türen des Hostels lag ich ein Telefonat später aber trotzdem im warmen Bett. Kommunikation und Nachfragen bringt wirklich fast immer Licht ins Dunkel. Das habe ich schon mal gelernt.

Am nächsten Tag stand die zweite Free walking tour in 3 Tagen an. Zusammen mit einer super netten Einheimischen und zwei Rumänen ging es dann, von pessimistischen Nieselregen umgeben, durch die Hauptstadt des 2. Bulgarischen Königreiches.

Die ist wirklich sehr pittoresk, vor Allem wenn ein tiefhängender Nebel die Festung der Stadt mystisch ummantelt und man sich wie in einem Mittelalterfilm fühlt. Mein Mittagsessen bekam ich von sehr netten Gastgebern und vor wunderschöner Aussicht in einem kleinen Lokal serviert. Auch etwas was ich gelernt habe: Alleine Essen zu gehen ist gar nicht so schlimm. Nur ein Bisschen 😉

Nachmittags ging es dann noch auf die besagte Festung, die ich dank des Wetters und der aktuellen Situation fast für mich alleine hatte. Die „Kirche“ hoch oben auf dem Berg wurde in Zeiten des Kommunismus restauriert. Dementsprechend werden alle Erwartungen und Klischees beim Betreten dieses Gebäudes widerlegt. Nichts, was irgendwie an ein Gotteshaus erinnern könnte. Dafür Malereien und eine Stimmung, die mich nachhaltig beeindruckt hat.

Abends wurde dann alles etwas chaotisch: Am Wochenendende haben sich anscheinend Einige von uns mit Covid infiziert, was sich nach einem Schnelltest in Sofia herausstellte. Deshalb ging es am nächsten Morgen für mich nicht weiter Richtung Schwarzes Meer sondern direkt wieder in die Heimat nach Sofia, zum Testlabor und dann in meine Wohnung. Und auch ich war schlussendlich positiv. Zwei Wochen Quarantäne mit Paula und Pius in meiner Wohnung hier lagen vor uns. Meine erste Reaktion war Lachen. Recht surreal schien mir da noch alles. Nach einigen organisatorischen Telefonaten betrachteten wir dann alles etwas nüchterner. Zwei Wochen nicht raus, in Abhängigkeit von anderen leben und natürlich auch noch krank sein. Aus der Retroperspektive vom heutigen Tag 10 haben wir die ersten Tage mit Tee trinken, Husten und Wifi Einrichtungsversuchen verbracht. Die Kochversuche klappten alle so semi, was aber gar nicht so schlimm war, da wir sowieso nichts schmecken. Zu dritt kommen wir aber noch echt gut aus und gesundheitlich sind wir auch alle auf dem Weg der Besserung. Was mich nur stört ist diese ständige Abhängigkeit von Menschen, das Fragen und Bitten und natürlich auch die anhaltende Monotonie des Tages. Direkt nachzufragen lohnt sich aber (habe ich ja schon gelernt), wenn man bis halb 12 schläft, geht der Tag auch schneller vorbei und jede Beschäftigungsmöglichkeit muss vollkommen ausgenutzt werden… Das waren nur einige unserer Erkenntnisse aus der Quarantäne.

So endete eine schöne Reise schließlich in meinen Birkenstocks zu Hause. Eine Wendung, die sich so natürlich niemand gewünscht hat, schlussendlich aber auch keiner richtig beeinflussen kann. Wir sind einfach froh, dass es uns den Umständen entsprechend gut geht und ich noch ein paar Netflix Serien runtergeladen hatte.

Aber muss ja weiter gehen. Noch 5 Tage, Hajde, Hajde.

Josi

 

 

 

 

Von Fremden zu Freunden und von Sofia nach Gabrovo

über neue Freundschaften zu Gemüsehändlern und Freiwiligen und einen Wochenendtrip in die lustigste Stadt Bulgariens 

Während es zu Beginn der zweiten Woche hier auf meinem Esstisch noch so aussah,

fühlte sich in meinem Inneren alles schon etwas geordneter an. So langsam hat man das Metronetz im Kopf, den Weg zum Lidl in der Tasche und einige aufschlussreiche Kilometer durch Sofia in den Beinen.

Genug eingelebt, um endlich meinen ersten Gast zu empfangen. Die liebe Karla kam am Dienstag aus Schumen hierher nach Sofia, um sich von der unendlichen Schönheit Sofias und meiner Wohnung zu überzeugen. Während ich den Tag über in der Schule verbrachte, machte sie sich ein eigenes Bild von der Stadt (nicht wörtlich zu nehmen, Karla ist nämlich zu faul, um Fotos zu machen) und abends zogen wir dann gemeinsam durch die Straßen.

Sofia Richtung Norden
Sofia Richtung Süden
Karla und Josi

Wir haben Lifehacks entdeckt (Joghurt und Wasser ist wie Milch), Secondhandläden besucht und auch lebensnotwendige Dinge wie meinen Toaster gekauft. Wer mich kennt, weis, dass ich kein Freund von schnellen Entscheidungen bin. Wenn man jedoch im Toasterladen steht, auf ein zufälliges Gerät zeigt und dann die sehr professionelle Verkäuferin sagt: „this is the best one“, ich meine was muss man dann noch lange überlegen. Zu meinen neusten Errungenschaften gehören jetzt übrigens auch ein Nudelsieb, eine Wasserfilterkanne (nach dem zweiten Einkauf nun auch mit Filtern) und eine wunderschöne aber eher unpraktische handgetöpferte Schüssel vom Ladies Market.

Ich toaste echt gerne

Bei unserem ersten Schumensko auf dem Balkon wurden wir uns dann aber auch einig, dass Alltag einfach anstrengend ist. Jede kleine Besorgung ist ihr eigenes Abenteuer und wird durch die (immer noch vorhandene) Sprachbarriere nicht gerade erleichtert. Auch das üben von Ja und Nein mit der entsprechenden Bewegung (genau umgekehrt wie in Deutschland) ist mühsam und manchmal auch verwirrend.

Jedoch lohnen sich diese Anstrengungen auch immer öfter. Habe ich mich diese Woche endlich zum Stand meines lokalen Gemüsehändlers getraut und versucht mich mit Bulgarischbrocken durchzukämpfen, hat er mir sofort mit bestem Schulenglisch meinen Beutel mit Leckereien befüllt und diese dann später wiederum auf seiner manuellen Messingschalen-Gewichtswaage abgewogen. Dieses Spiel der Gegensätze, das Sofia hier gerade eindeutig gegen mich gewinnt, ist also noch nicht vorbei. E-Scooter auf alten Ausgrabungsstätten und Pferdekutschen als Fortbewegungsmittel vor meiner Haustüre, diese Bilder sind hier Realität.

Lime trifft auf Stein

Am Freitagnachmittag hieß es dann mal wieder „Hajde, Hajde“ und ein Wochenendtrip nach Gabrovo stand an. Laut internen Informationen ist das die lustigste Stadt Bulgariens. So ganz nebenbei ist sie auch 28 km lang und hatte das erste Mädchengymnasium in ganz Bulgarien. Karla hatte es irgendwie geschafft, Tickets zu kaufen für einen Bus dorthin und einem Treffen mit allen Freiwilligen stand nichts mehr im Weg. 3 Stunden Busfahrt und keine Ticketkontrolle später standen wir dann tatsächlich in der 50.000 – Einwohner Stadt in Zentral Bulgarien. Es war leicht überfordernd, Leute zu begrüßen, die man zwar von zehn Tagen Online Seminar kennt, jedoch noch nie in echt gesehen hat. Aber wenig später saßen wir dann fast vollständig bei Pestonudeln und einer lokalen Bierverkostung in der Wohnung von Tom und Connor, zwei Jungs die dort ihr FöJ machen.

Die Qual der Wahl

Nach wenig Schlaf und vielen Gesprächen ging es am nächsten Tag mit Sergey, der Ansprechperson der Jungs, die, aufgrund ihrer super offenen und netten Art, von uns auch liebevoll Ehrensergey genannt wird, in das Etara Dorf. In diesem Freilichtmuseum etwas außerhalb der Stadt kann man viel über das historische und damals wasserbetriebene Handwerk der lokalen Bulgaren lernen. Man kann aber auch sehr gut das schöne Wetter, die Natur und die Leute erleben. Weniger gut kann man Boza genießen. Dieses beliebte bulgarische Getränk ist wohl nicht nur in Gabrovo nicht ganz nach meinem Geschmack…

schmeckt so semi

Nach einem netten Mittagessen mit Spüli-Limo und Knoblauchbrot ohne Knoblauch ging es dann ohne Sergey aber dafür mit den nachgereisten Pius den Berg hinauf, zum Kloster Sokolski. Mal wieder kamen wir aber mit der bulgarischen Wegbeschreibung nicht zurecht und fanden uns wenig später mitten im Wald, ohne einen blassen Schimmer des Weges, wieder. Man muss aber dazu sagen, dass es ein sehr schöner Wald war. Dieser Faktor und die fehlende Motivation veranlassten uns dazu, einfach weiter querfeldein zu gehen. Wenig später erreichten wir dann aber sogar ein kleines Dorf und wurden von den hiesigen Bauarbeitern auch gleich mit einem: „Look, Beton, Beton“, empfangen.

Der Weg zum Kloster war dann nur noch kurz, die Pause vor Ort ziemlich entspannend und die Atmosphäre wunderbar angenehm.

schöne Kirche
immernoch schöne Kirche
nette Truppe

Nach einem Gruppenfoto und einigen Meinungsverschiedenheiten über den Rückweg, kamen wir dann irgendwann wieder unten an. Mit einem Eis in der Hand gings dann über die Bushaltestelle und einigen Minuten des Wartens wieder zurück in die Stadt. Den Abend ließen wir mit leckerer Linsensuppe, süffigen Bier und einem aufregenden Barbesuch enden. Am letzten Tag/Sonntag/Abreisetag ging es dann über mehrere lustige Zwischenstopps (Frühstück auf dem Billa Parkplatz, Museum des Humors und verpasste Busse) nach Hause. Nach Hause…Also nach Sofia. Klingt verrückt oder?

immernoch nette Truppe

Bis ich diesen Artikel zu Ende verfasst habe, ist schon wieder super viel passiert. Angefangen bei einem nervenaufreibenden Ausflug zu Decathlon bis hin zur Schnäppchenjagd bei Lidl (die Kruscht-Ecke wird mir immer sympatischer!). Aber auch die Ungewissheit, wie es mit der Corona Situation weitergeht hat mich die letzten Tage hier beschäftigt. Die Schüler ab der 8.Klasse müssen wieder ins Homeoffice und die Zahlen steigen stetig an. Ich versuche hier jeden Tag zu genießen und zu hoffen, dass es weiterhin so schön bleibt…

Aber Kopf hoch, muss ja irgendwie weitergehen! Hajde, Hajde

Josi

Hajde, Hajde und die wachsende Sehnsucht nach einem Nudelsieb

Wie es das „bulgarische Vamos“ in meinen Wortschatz schaffte und warum ich mir bald ein Nudelsieb zulegen werde – die erste Woche in Sofia, Bulgarien

Sodala… Am Montag den 12.10.2020 ging es für mich los. Vom Provinzflughafen Memmingen brachte mich ein Flieger in die Metropole Sofia. Der Abschied von Freunden und Familie war schwer und die Rucksäcke und Taschen, die an mir hingen und als Handgepäck getarnt waren, waren es ebenfalls. Angekommen in Sofia, mit massig Aufregung im Gepäck, wurde ich vom Schulleiter persönlich abgeholt. Der folgende Roadtrip durch Sofia (Andere würden es als „den Weg vom Flughafen zu meinem neuen Wohnort“ beschreiben) war gleichermaßen interessant wie überfordernd. Ehe ich mich versah, stand ich mit Sack und Pack im Sekretariat der „Deutschen Schule Sofia“ und wusste nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte. Nach einer herzlichen Begrüßung wurde ich in meine Wohnung geleitet und musste erstmal durchatmen. Alleine zu wohnen ist krass, krass cool aber auch krass anstrengend. Den ersten Abend verbrachte ich mit einer Free Walking Tour in Sofia und mit ersten Schwierigkeiten im Metronetz.

 

 

 

 

 

 

Um das ganze hier mal etwas abzukürzen gibt’s die nächsten Tage bis zum Wochenende im Schnelldurchlauf: Dienstag stand der Coronatest an, der, zu meiner Erleichterung, negativ war. Ab Mittwoch wurde ich schon in die unendlichen Weiten der Grundschule eingeführt und fand mich wenig später von super offenen und freundlichen Kindern umgeben im Klassenraum wieder. Das tolle an Kindern ist, dass sie so neugierig sind und ehrlich. „Willkommen an der Schule, Frau Anna“ von einer 2.Klässlerin zu hören ist wunderschön und tut echt gut. Übrigens habe ich mich weder als Frau noch als Anna vorgestellt, doch ist mein Zweitname anscheinend leichter auszusprechen 😉 Zwischen Schule und Einkäufe erledigen bleibt wenig Platz für Langeweile oder Nachdenken, was ich wirklich als positiv empfunden habe. Zwischen Wohnung putzen, Umgebung auschecken und in der Schule mithelfen habe ich natürlich auch schon die ein oder andere Ecke Sofias erkundet.

sehr alte Kirche neben sehr modernen Souvenierladen

 

Obwohl ich wirklich Angst hatte vor einer richtigen Großstadt, bin ich begeistert von der Vielfalt und Diversität der Architektur, den vielen Ausgrabungen, antiken Schätzen mitten im Zentrum und dem Spagat zwischen Balkan und „Westen“, in dem Sofia sich befindet.

 

 

 

 

Aber eben diese krassen Gegensätze machen mir auch zu schaffen. Während die High-Society Sofias in Rooftopbars flaniert und mit fetten Autos durch die Gegend düst, gibt es Menschen hier, die haben wirklich gar nichts. Überall Müll, Straßenhunde, bettelnde Kinder in der Innenstadt, Geschäftskonzepte wie Schuheputzen und Kartoffeln verkaufen auf der Straße oder im Stop&Go Fensterscheiben von PKWs putzen. Eindrücke, an die ich als privilegiertes, deutsches Mädchen nicht gewohnt bin und mich auch nicht gewöhnen werde. Die richtige Mischung aus FsJ und Welt verbessern muss ich erst noch finden, jedoch schwirren mir solche Eindrücke noch lange im Kopf herum…

Die Nationalfarben wird man hier oft sehen

Außerdem geht hier in Sofia gerade politisch ziemlich die Post ab. Jeden Abend sind Protest vor dem Parlament und aufgebrachte Bürger schreien Forderungen, die ich natürlich nicht verstehe. Was ich aber verstehe ist, dass die Leute gegen ihre Regierung auf die Straße gehen und wirklich was ändern wollen.

Am Freitag hatte ich dann die ersten fünf Tage hinter mir. Fünf Tage die sich angefühlt haben wie eine Ewigkeit. Ich habe Alles mitgenommen was geht und mein Körper gab mir langsam zu verstehen, dass es so nicht weitergeht. Also endlich mal wieder Durchatmen, Duschen und Nudeln kochen. Verbrannte Finger beim Abgießen mit Alibi-Topfdeckel-Sieb (Nudelsieb die 1.), extreme Müdigkeit und viel zu viele Eindrücke für so eine kurze Zeit, machten mir dann auch leicht zu schaffen und ein leises Gefühl von Leere und Heimweh schlich sich ein. Ich denke, es ist wichtig, dass man sich Zeit lässt. Ich habe in der ersten Woche definitiv zu viel auf mich genommen und schlussendlich konnte ich dem Ganzen dann auch nicht mehr standhalten.

Große Stadt mit vielen Bäumen

Nach 13 Stunden Schlaf ging es mir dann aber schon besser und ein Brunch mit den anderen Freiwilligen in Sofia stand an. Auf dem Hinweg zum Restaurant versuchte ich noch meine kaputtgegangene Uhr zur Reparatur zu bringen. Jedoch wurde in den meisten Läden mein „Imam problem“ (Ich habe Problem) und das Zeigen meiner Uhr nur mit einem wiaschtem „He“ (also Nein) gekontert. Schlussendlich fand meine Uhr dann in einem kleinen Laden am Ende der Einkaufsstraße, eingeklemmt zwischen zwei alten, dickbäuchigen Bulgaren und ihrem kleinen Arbeitstisch, Obhut. Der amerikanische Rock Gesang, der aus den Lautsprechern dröhnte und das nette Lächeln des einen Mannes stimmen mich zuversichtlich, obwohl ich kein Wort verstanden habe. Das mit der Verständigung hier ist sowieso nochmal eine ganz andere Erzählung. Zumindest kann ich aber mittlerweile die wichtigsten Wörter und für einen Besuch im Restaurant hat es auch gereicht.

Mit den anderen Freiwilligen Elias und Nele und einer Praktikantin vom Goethe-Institut hier in Sofia, schlug ich mir mit „Shopska Salat“ und „Tarator“ den Bauch voll.

Shopska Salat.

 

Auf dem Gipfel – naja fast…

Kurz danach ging es auf den Vitosha Berg. Der Hausberg der Sofioter ist gut mit Metro und Bus zu erreichen und bietet auch

Ausblick vom Vitosha Berg

Mitte Oktober spektakuläre Aussichten und Wanderungen. Querfeldein ging es für uns nach Oben, was den Weg als etwas schwieriger gestaltete unsere     Abenteuerlust jedoch nicht hemmte. Da man vom Berg aus einen guten Ausblick auf den IKEA in Sofia hat (Ich sag doch, Gegensätze…), machten wir noch einen kleinen Abstecher dorthin. Und was soll man sagen, ist halt IKEA… Zurück nahmen wir ein Taxi, was für mich zwar auch eine völlig neue Erfahrung ist, aufgrund der niedrigen Preise jedoch wohl öfters zum Zuge kommen wird. Wenigstens war der Taxifahrer bulgarischer Box Champion, wie er uns mittels Google Übersetzter während der Autofahrt auch gerne mitteilte. Am Abend machten wir noch das Nachtleben Sofias unsicher, beziehungsweise machte uns das Nachtleben unsicher und wir zogen durch ein paar Bars.

Der Sonntag und somit der letzte Tag der ersten Woche stellte sich als kleines eigenes Abenteuer heraus. Mit zwei anderen Wahl-Sofiotern war ein Ausflug nach Koprivshtitza geplant. Dieses Dorf ist bekannt für traditionelle und gut erhaltene Architektur und war allemal einen Besuch wert. Die Hinfahrt bestritten wir mit dem Zug (offensichtlich ein alter DB Zug) bis nach Anton. Knapp 77 km und 2h für 5 Leva, also ca. 2,50 Euro. Von Dort aus ging es weiter zum Bahnhof von Koprivshtitza, der, wie sollte es doch auch anders sein, 8km weit weg vom eigentlichen Dorf liegt. Nach einigen bulgarischen Ansagen des voll besetzten Busses, dass wir hier raus müssen, standen wir also vor einem Bahnhof Mitten im Nirgendwo umgeben von Bergen, Bauarbeiten und Straßenhunden.

Wir fahren mit dem Bus
Akzeptanz des Ungewissen

In 30 min sollte ein Shuttle in das Dorf gehen und nach einigen „Hajde-Rufen“ ging es 45 min später auch wirklich los. Das Dorf erkundeten wir dann im Schnelldurchlauf, also Hajde! Viele schöne Häuser, in denen viele wichtige Personen geboren wurden. Die Museumskarte für 3 Leva haben wir uns auch noch gegönnt, noch Einiges gesehen und den Touristen an diversen Souvenirständen raushängen lassen. Der Shuttle ging dann auch wieder zurück und tatsächlich ging vom Bahnhof Koprivshtitza ein Zug zur Sofia Central Station. Zu Hause angekommen wurden dann erstmal Nudeln gekocht und die Hände verbrannt (Nudelsieb die 2.).

 

Und hier noch eine kleine Liste von mehr und weniger interessanten Eindrücken und Erlebnissen:

  • Das Leitungswasser hier ist bei Weitem nicht so gut wie daheim und Wasserflaschen schleppen ist richtig scheiße!
  • Auch wenn du kein bulgarisch sprichst, reden die Bulgaren einfach immer weiter, mit der kleinen Hoffnung, dass du doch irgendwas verstehst
  • Beim Metro fahren kenne ich mich mittlerweile so gut aus, dass ich mich richtig cool fühle, wenn ich ohne Hilfe von A nach B komme
  • Wasserhähne hier kennen nur „Tropfen“ und „Fontäne“ und auch nur „eiskalt“ und „kochend heiß“
  • Jedes Bahnhofhäuschen ist gelb gestrichen und draußen stehen Mitarbeiter mit lustigen Hüten, die manuell die Erlaubnis zum Weiterfahren erteilen. Die Pausen sind mal länger und mal kürzer, aber auf jeden Fall lang genug für eine Zigarette

Das war so grob meine erste Woche in Sofia. Viele kleine Abenteuer habe ich gar nicht erzählt und einige behalte ich auch einfach nur für mich.

Also Hajde, Hajde!

Eure Josi