Around the world – Mein Jahr in Namibia

(M)ein »kulturweit« Blog

Ankommen.

Oder auch: Der Tag an dem meine Nase aufhörte zu bluten

Ein Monat und eine Woche Windhoek! Wahnsinn, wo ist die Zeit geblieben? Aber ich glaube, dass ich langsam ankomme. Darauf weisen diese acht Tatsachen hin:

  1. Meine Nase blutet nicht mehr wegen der trockenen Luft (an alle zukünftigen Namibia-Reisenden: Nehmt euch was für die Nase mit!

  2. Auf meinem PC bei der Arbeit verwechsele ich nicht mehr Z und Y, während ich auf meinem PC zuhause regelmäßig ä,ö, ü und ß suche.

  3. Ich muss mich nicht mehr zwingen beim Straße überqueren zuerst nach rechts zu schauen (und wurde seit mindestens einer Woche nicht mehr fast überfahren)

  4. Ich habe einen Taxifahrer an einen Ort gelotst, an dem ich selber vorher auch noch nie war

  5. Ich will meinen Freund in Deutschland intuitiv warnen nicht in der Dunkelheit alleine rauszugehen

  6. Ich weiß was ein Braai ist und ich war schon mindestens bei fünf

  7. Ich freue mich über Regen

  8. Ich friere bei 25 Grad

Was ist sonst passiert?

Für mich fühlt es sich gerade zwar nicht so an, als würde wahnsinnig viel passieren (wie auch bei einem 40 Stunden Job und zusätzlich 3 Stunden pro Woche Sprachkurs), aber ich versuche mal im Folgenden von genau diesen Dingen zu erzählen:

Mein Afrikaanskurs zeigt seine erste Wirkung: Meine Kollegen freuen sich, wenn ich auf Afrikaans bis 10 zählen kann, ich kann die Uhrzeiten und einen Wust an Familienmitgliedern aufzählen. Außerdem hat Isabel versucht uns ein paar Wörter Oshivambo beizubringen, leider kann ich mir das nur eher schwer merken. Bis auf „ehee“ (→ Ja) und „nawa“ („gut“, als Antwort darauf wie es einem geht)

Sprachen sind hier generell eine interessantes Thema. Ungefähr 50 Prozent der Namibier sprechen Oshivambo, bzw. einen der sieben Dialekte dieser Sprache. Englisch ist die offizielle Landessprache und wird dementsprechend ebenfalls von den meisten hier gesprochen. Afrikaans ist die verbreitetste Sprache hier. Ein gutes Beispiel für die Sprachenvielfalt hier in Namibia ist meine Kollegin Bertha: Sie spricht Portugiesisch, da sie bis zu ihrem vierten Lebensjahr in Angola gelebt hat (und ihre Mutter Portugiesisch spricht), sie spricht fließend Englisch, fließend Afrikaans, fließend Damara (eine Sprache, in der man auch mit Klicklauten kommuniziert), Oshivambo und RuKwangali. In der Schule hatte sie Französischunterricht. Was für uns utopisch klingt oder Beifall findet (wer spricht in Deutschland schon vier Sprachen fließend?), ist hier normaler. Gelegentlich werde ich auch gefragt, was für Sprachen außer Englisch und Deutsch ich noch spreche und bekomme schon fast ungläubige Reaktionen darauf, wenn ich sage, dass ich wirklich nur diese zwei beherrsche.

Das Meer!

Vor zwei Wochen waren wir in Swakopmund, am Meer. Ich glaubt gar nicht, wie schön es ist so viel Wasser auf einmal, endlich das Meer zu sehen… denn Windhoek, und generell Namibia, ist trocken. So trocken, dass das Land dringend eine gute Regenzeit benötigt. Sollte diese nicht kommen, hat Namibia im Frühjahr kein Trinkwasser (bzw., hier im „Herbst“, also März, April rum) mehr. Während in Deutschland alle ausflippen würden, bleiben die Leute hier relativ ruhig. Gärten werden trotzdem weiter ausgiebig bewässert (daran kann man auch gut die reichen Gegenden von den ärmeren unterscheiden – grüne Gärten)

– Sag mal regnet es eigentlich draußen?? Tja, wenn man vom Teufel spricht, es regnet tatsächlich! (Ich musste gerade mal spontan die Haustür öffnen und frische Regenluft schnuppern, damit ich es glauben kann) –

Aber zurück nach Swakop: Nicht, dass es dort nicht auch trocken ist, es liegt ja schließlich mitten in der Wüste, aber der Atlantik mit seinen hohen, stürmischen Wellen tat mir richtig gut. Baden ging aber nicht: Dank des Bengualastroms, der hoch von der Antarktis hier an der Küste entlang fließt, ist das Wasser nie wärmer als 16 Grad (im Sommer/Dezember). Und noch etwas hat gestört, es ist in Swakop nämlich wirklich kalt. Möglich, dass jetzt alle Freiwilligen in Russland und die Daheimgebliebenden in Deutschland den Mittelfinger recken – aber 20 Grad war mir zu wenig und ich habe ein ganzes Wochenende bitterlich gefroren.

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Und auf der Arbeit?

Ist nicht so viel los. Wobei gerade schon! Die Vereinten Nationen werden Ende des Monats 70 und ebenso die UNESCO im November. Wir, also die Namibia National Commission for UNESCO, bereiten deshalb gerade eine Geburtstagsparty vor. Vor zwei Wochen haben wir dann auch einen Saal für 150 Leute gebucht und heute sind die ersten Einladungen rausgegangen. Achja, die Veranstaltung ist am nächsten Dienstag. Mein Chef ist deshalb sehr angespannt. Auch, weil gerade zwei unserer Kollegen (Frieda, meine Betreuerin, und Ferdinand in Paris sind) und nur Mr April, Bertha und ich im Büro sind und uns um die Veranstaltungsorganisation kümmern können.

Die ganze letzte Woche habe ich damit verbracht Einladungen mit Word (dafür sind sie ganz schick geworden!) zu designen, sie auszudrucken, zusammen mit Bertha Büromaterial zu beschaffen (Geduld ist hierbei ratsam), Einladungen zurechtzuschneiden und Gästelisten daraufhin abzugleichen, ob wir Leute doppelt eingeladen haben. Außerdem habe ich bewerkstelligt, dass alle kulturweit-Freiwilligen aus Windhoek zu diesem Spaß eingeladen sind. Wir haben Festreden, drei traditionelle Musikgruppen und hoffentlich gutes Essen. Eingeladen sind das halbe Ministry, die Minister_innen  und andere Politiker, gefühlt alle, die für die UN vor Ort arbeiten und die Botschafter der ausländischen Vertretungen. Und ich… mittendrin. Ich verspreche zu berichten. Davon, ob alle 150 Plätze, die wir haben, besetzt sind (und, dass das nicht geschieht ist Mr Aprils größter Alptraum), davon, ob das Essen wirklich gut ist und wer so gekommen ist. Freut euch!

Als nächstes steht dann die zehnte Versammlung zum Immatriellen Weltkulturerbe an. Ich habe gelesen, dass Jamaica den Reggae als Vorschlag einbringt. Von anderen Vorschlägen weiß ich leider noch nichts.

Ich werde dann in den fünf Tagen, an denen es stattfindet, mit im Orgateam arbeiten, bzw. an den Tagungsorten oder am Flughafen Leute begrüßen. Eine nette Abwechslung zu meinem Bürojob. Unglücklicherweise glaubt meine Betreuerin derzeit noch, dass ich ausreichend Spanisch spreche (das war so eine „Aha, du sprichst nur zwei Sprachen“- Sache, bei der ich unglücklicherweise erwähnt habe, dass ich mal Spanisch in der Schule hatte). Naja. Vielleicht reicht es ja für die meisten Dinge sagen zu könnten: El autobús está en el/la(??) calle .. äh.. derecha … Donde está el zapatero?

Für die Veranstaltung suche ich derzeit übrigens auch Schüler und Studenten zusammen, die Französisch sprechen. Ich bin mittlerweile ziemlich gut am Telefon und äußerst überzeugend, dennoch ist ebenso Geduld gefragt und ständiges Erinnern, bis man von einigen, aber (gerechterweise muss ich erwähnen) nicht von allen der Lehrer (die rufe ich nämlich an) mehr bekommt als einen Vornamen. Manchmal befürchte ich, dass ich zu Deutsch/forsch bin. Hier sind immer alle so nett, höflich und nervig indirekt. Ich hoffe sehr, dass ich durch mein deutsches Konversationsverhalten nicht schon Leute unabsichtlich unhöflich behandelt habe.

So viel von mir und meinem „langweiligen“ Alltag, ich hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen!

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