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Hier war ich

Botschaftsempfang in Vilnius

Obwohl ich bereits zwei Mal in der Hauptstadt Litauens war, habe ich noch keinen Eindruck von der Stadt selbst bekommen. Da es sich beim ersten Mal um meine Ankunft am Flughafen und beim zweiten Mal um den Opernbesuch handelt, ist das wenig überraschend. Nun war ich aber bereit, eine Entdeckungstour zu starten! Mit fast 600.000 Einwohnern ist Vilnius die größte Stadt Litauens und flächenmäßig sogar die größte Stadt des Baltikums.

Ich beginne am besten am Anfang. Die deutsche Botschaft veranstaltet jedes Jahr am 04. Oktober einen Botschaftsempfang zur Feier unseres nationalen Feiertages, dem Tag der deutschen Einheit. Ich wusste über diese Veranstaltung aufgrund des Blogs meiner Vorgängerin Gesa Frahm Bescheid und wollte unbedingt auch daran teilnehmen. Als dann keine Einladung kam, war ich enttäuscht. Wurde ich vergessen oder war es einfach keine Selbstverständlichkeit, als deutsche Freiwillige eingeladen zu werden? Es stellte sich heraus, dass der zweite Gedankenansatz korrekt war. Ein Deutschlehrer aus meinem Kollegium war eingeladen, konnte aber nicht an der Veranstaltung teilnehmen. Er wollte mir gerne seine eigene Einladung geben, doch ich bezweifelte stark, dass ich wie ein Mann namens Thomas L. aussah. Stattdessen nahm ich den Vorschlag wahr, meinen Fachberater Michael Brehm anzurufen.

Sobald ich zuhause angekommen war, zückte ich also mein Smartphone und wählte seine Nummer, leider erfolglos. Kurzentschlossen schrieb ich schnell eine E-mail und hoffte, ihn noch zu erreichen. Glücklicherweise rief er mich schon kurz darauf zurück. Sein Vorschlag war ideal. Er hatte eine Einladung für sich selbst plus Begleitung und der Platz der Begleitung war noch nicht belegt. Somit war die Sache geklärt und ich voller Vorfreude. Jetzt musste ich nur noch den Mann mit Hut finden, welchen Michael als Identifikationsmerkmal genannt hatte.

So machte ich mich am Mittwoch, den 4. Oktober, nach meinem Unterricht auf den Weg nach Vilnius. Nach eineinhalb Stunden entspannter Zugfahrt war ich am Bahnhof angekommen. Mithilfe von Google Maps machte ich mich auf die Suche nach dem alten Rathaus, wo die Veranstaltung stattfinden sollte. Das Ziel hatte ich schnell erreicht und noch viel Zeit an der Hand, bis es losging.

Das Rathaus ist ein eindrucksvolles Gebäude. Es ist aus hellem Stein erbaut, eine breite Treppe führt hinauf zur Plattform, wo man zwischen imponierenden Säulen hindurch zu einer Doppeltür schreitet. Über der Tür prangen die Worte „Vilniaus Rotuše“, darüber ist das Wappen der Hauptstadt angebracht und auf beiden Seiten der Tür flattert eine rote Flagge, ebenfalls mit dem Stadtwappen, sanft im Wind.

 

 

Vor dem alten Rathaus erstreckt sich ein weitläufiger Platz aus Pflastersteinen und links und rechts führen Straßen entlang. Der dreieckige Rathausplatz ist einer der ältesten Orte in Vilnius. Er entstand ab dem 14. Jahrhundert aus dem damaligen Marktplatz.

 

 

Um das Rathaus herum findet man viele gemütliche Cafés, einladende Restaurants, Läden zum Shoppen und wunderschöne, alte Kirchen. Ich schlenderte entspannt eine der Straßen entlang, versuchte das durchwachsende Wetter zu ignorieren und pendelte während meiner Erkundung der Altstadt von Kirche zur Kirche.

Als es anfing, heftig zu regnen, suchte ich nach einem Restaurant, um dort die restliche Zeit zu verbringen. Da ich keine Informationen zu der Qualität der Restaurants besaß, wählte ich das, welches am besten besucht war. Ich saß auf einer bequemen, burgunderroten Sitzbank und genoss meinen wärmenden Früchtetee, während ich die Speisekarte überblickte. Glücklicherweise waren diese nicht nur bilingual; zusätzlich zu der englischen Beschreibung wurde jedes Gericht sogar mit einem Bild begleitet. Perfekt für Ausländer! Ich fühlte mich gleich noch wohler.

Nach meiner Teepause nahte auch allmählich der Beginn der Veranstaltung. Geplant war, mich um 17:55 Uhr vor dem Rathaus mit Michael zu treffen. Ich stand also um 17:45 Uhr neben einer der großen Säulen vorm Eingang und wartete. Als es plötzlich nur so von uniformierten Menschen um mich herum wimmelte, suchte ich meinen Weg aus der Menge und bewegte mich in Richtung Rathausplatz. Das war auch gut, denn ein Fotograf stellte die Uniformierten vor dem Eingang für ein Foto auf und auf diesem wollte ich keineswegs stören.

Stattdessen hielt ich nach einem Mann mit Hut Ausschau. Ich fand drei dieser Sorte, war verwirrt und beschloss einfach abzuwarten, es war ja noch früh. Kurze Zeit später waren die drei potentiellen Hutträger alle verschwunden. Als dann der vierte Mann mit Hut erschien, beobachtete ich aufmerksam, wie er sich zu einer Frauengruppe gesellte, die in meiner Nähe stand. Ich überhörte die Worte „Freiwillige“ und „blond“ – das Merkmal, welches ich ihm für mich genannt hatte -, wir nahmen Blickkontakt auf und ich winkte zögerlich. Schlussendlich hatte ich Michael erfolgreich gefunden.

Die Gruppe bestand aus vielen Mitarbeitern des Goethe Instituts und auch einer Praktikantin, mit der ich mich anfreundete. Wir bewegten uns Richtung Eingang und während Michael damit beschäftigt war, unzählige Bekannte zu begrüßen, bewunderte ich das Interieur. Nachdem wir unsere Mäntel an der Garderobe abgegeben hatten, gesellten wir uns zu der kleinen Schlange, die sich auf der Treppe gebildet hatte. Etwas weiter oben standen die wichtigsten Personen des Abends, die allen Gästen die Hand schüttelten und sie persönlich begrüßten. So lernte ich einige wichtige Leute, wie zum Beispiel die deutsche Botschafterin Angelika Viets und die Legationsrätin Milena Dech kennen.

Wir gingen weiter in einen großen Saal, nahmen an der Eingangstür dankend ein Sektglas von einem der Kellner entgegen und schritten über das Holzparkett, auf der Suche nach weiteren Bekannten Michaels. Das Unterfangen war keine Herausforderung, da Michael gefühlt jede zweite Person im Raum kannte. Er machte mich auf diejenigen aufmerksam, die in Verbindung zu meinem Freiwilligendienst standen.

Es stellte sich heraus, dass die fotografierten Uniformierten Orchestermitglieder waren, die für die musikalische Untermalung des Empfangs sorgten. Als dann alle Gäste im Saal versammelt waren, ertönte die deutsche Nationalhymne und im Anschluss trat die deutsche Botschafterin auf das Podium, auf dem die deutsche, litauische und europäische Flagge stand, und hielt ihre Rede. Da sie auf Deutsch sprach, folgte nach jedem Absatz eine litauische Übersetzung.

Botschafterin Angelika Viets begann ihre Rede mit der Aufzählung verschiedener Probleme, denen wir momentan ins Gesicht blicken. Sie betonte, dass gerade zur jetzigen Zeit Solidarität wichtig wäre, um Herausforderungen wie Migration, Klimawandel und Terrorismus gemeinsam zu meistern und zu bekämpfen. Deutschland und Litauen verbände eine enge Zusammenarbeit, sie wären Partner in EU, Nato und den Vereinten Nationen. Diese gute Beziehung beruhe auf der bewussten Entscheidung, das Werk der Leute fortzusetzen, die sich für die Werte Demokratie, Freiheit und Gleichheit stark gemacht haben. Die exzellente Beziehung zwischen den Regierungen zeige sich auch an den vielen Besuchen von Politikern, wie zum Beispiel Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Sigmar Gabriel in Litauen. Darauf folgend erwähnte sie die Beschlüsse der Regierungen, die die beiden Länder betreffen, wie zum Beispiel die Stationierung von vier Kampftruppen mit jeweils 100 Soldaten in drei baltische Staaten und Polen im Rahmen eines NATO-Einsatzes. Die Wirtschaft boome und Litauen würde immer attraktiver als Standpunkt für Fabriken, auch die Anzahl deutscher Investoren wüchse.

Botschafterin Angelika Viets nahm erfreut das große Interesse an der deutschen Sprache in Litauen zur Kenntnis und berief sich hier auf den „Tag der deutschen Sprache“, der voriges Jahr ins Leben gerufen wurde. Dieser wäre ein voller Erfolg gewesen und würde fortgeführt werden.

Zum Abschluss dankte sie den Unterstützern des Abends, nannte die Sponsoren und sprach auch dem Heeresmusikkorps Hannover ihren Dank aus. Ein letztes persönliches Dankeschön ging an das Team der deutschen Botschaft für die Organisation des Botschaftsempfangs. Meiner Ansicht nach machte die deutsche Botschafterin einen sehr positiven Eindruck. Schon beim Händeschütteln hatte sie ein freundliches, offenes Lächeln auf den Lippen. Dieses wurde noch breiter, als ich ihr mitteilte, dass ich Freiwillige am Jesuitengymnasium in Kaunas sei. Sie beabsichtigte nämlich, das Gymnasium in der darauffolgenden Woche zu besuchen.

Nach der Rede wurde das Buffet eröffnet und Sekt nachgeschenkt. Ich fand mich an einem Stehtisch mit mir fremden Menschen wieder, was keine Herausforderung darstellte, da ich kaum jemanden kannte. Ich wurde jedoch herzlich begrüßt und in die Unterhaltung miteinbezogen. Zwischendurch thematisierten wir sogar die Liederauswahl des Hannover Heeresmusikkorps, welches von „Somewhere Over the Rainbow“, „My way“ und „Lili Marlene“ bis hin zu Star Wars Filmmusik alles im Repertoire hatte.

 

 

Nach einer angeregten Unterhaltung mit Milena Dech verbrachte ich die restliche Zeit im Gespräch mit Mitarbeitern des Goethe Instituts. der Praktikantin Elena und dem Deutschlehrer, der vor Thomas zum Kollegium des Jesuitengymnasiums gehörte. Elena und ich machten zur Erinnerung an die Veranstaltung noch Fotos vor dem Podium.

Nach zwei Stunden neigte sich der Abend dann langsam dem Ende zu. Ich verabschiedete mich von den verschiedenen Bekanntschaften, die ich im Laufe des Abends gemacht hatte und machte mich auf den Weg zum Bahnhof, wo der Zug zurück nach Kaunas schon auf mich wartete. Vilnius bei Nacht war ebenfalls ein schöner Anblick, vor allem das im Licht erstrahlende Rathaus.

 

Adventure Time

Am Freitag, den 15.09.2017, ging meine Entdeckungsreise los. Viltė und ich fuhren mit dem Bus in die Innenstadt von Kaunas, um sie besser kennenzulernen. Bis zur Altstadt sind es ungefähr zwanzig Minuten per Bus. Wir liefen durch die Gassen bis wir auf Viltės Freunde trafen.

 

Nach einem gemütlichen Aufenthalt in einem der vielen Cafés ging es dann auf den großen Platz vorm Rathaus. In Kaunas findet am ersten Wochenende das „Kauno Jaunimo dienos 2017“ statt. Wer daran interessiert ist, hier ist ein Link zu einem YouTube-Video mit Eindrücken des Wochenendes: https://www.youtube.com/watch?v=4IWsXPLurLY

Auf dem Rathausplatz war neben der Bühne auch eine Fläche abgesperrt für eine Stuntshow. Verschiedene Radfahrer traten gegeneinander in einem freundschaftlichen Wettbewerb an. Mit zahlreichen Tricks und Stuntsprüngen unterhielten sie ein gebanntes Publikum, bis schließlich der Sieger auserkoren war.

Nach der Stuntshow trat auf der Bühne eine litauische Band auf. Von den Liedtexten verstand ich kein Wort und der Musikstil war mir fremd. Nichtsdestotrotz habe ich einen interessanten Einblick in die Musikszene Litauens bekommen.

Diese erweiterte sich am Samstagabend, wo ich mich erneut auf den Weg zur Altstadt begab. Viltė konnte diesmal leider nicht mitkommen, hatte dafür aber organisiert, dass ihre Freunde mich treffen und begleiten. So wurde ich von ihrer besten Freundin Guoda abgeholt und lernte noch ein paar weitere Mädchen kennen. Die Band des Abends hieß „Solo“ und war in Litauen sehr bekannt. Zur Musik kam eine vielfarbige Lichtershow, die die Bandmitglieder im künstlichen Nebel verschwinden ließ.

Der Musikstil war mir immer noch fremd und sehr gewöhnungsbedürftig, aber gefiel mir deutlich besser als der des vorherigen Tages. Zusammen mit dem Publikum tanzte ich zum ohrenbetäubenden Beat der Elektroklänge, unter die sich gelegentlich eine Tonsequenz einer der beiden Sänger mischte.

 

Am Sonntag ging es in den botanischen Garten. Dort war ein Volksfest. Der botanische Garten liegt so nah an meiner Wohnung, dass ich mit Viltė dorthin laufen konnte. Schon auf dem Weg kamen uns Menschen in traditionellen Trachten entgegen. Der botanische Garten ist sehr groß und wunderschön. Selbst gegen Ende des Sommers gab es noch eine prächtige Blütenvielfalt. Hinter dem Tropenhaus erstreckten sich die Blumenfelder bevor sich eine Ebene tiefer eine riesige Rasenfläche ausbreitete, welches an diesem Tag als Festgelände diente.

Eine große Bühne befand sich am äußeren Rand und kleine Buden bildeten einen weiten Kreis über die Rasenfläche. Bei unserer Ankunft strömten gerade eine Gruppe Grundschulkinder auf die freie Fläche vor der Bühne. Gekleidet in traditionelle Trachten tanzten sie zusammen zu litauischer Volksmusik. Viltė flüsterte mir zu, dass sie als Kind ebenfalls diesen Tanz gelernt hat.

Dem Auftritt folgten andere musikalische und tänzerische Beiträge, wie zum Beispiel ein Opernsänger mit eindrucksvoller Stimme und ein Chor, der unter anderem „We are the world“ auf Litauisch vortrug.

 

An den Buden gab es litauische Produkte, wie zum Beispiel selbst hergestellte Seifen und Pflegeprodukte, Fleisch, Honig und Kartoffelchips, zu kaufen.

Am weitesten von der Bühne entfernt war es eine riesige Hüpfburg/Rutsche aufgebaut, wo sich Kinder vergnügen konnten. Weiter rechts war ein Stand mit Tieren. Diese waren zur Adoption freigegeben und Viltė musste sich stark davon abhalten, einen der süßen Hunde mitzunehmen. Ich hielt währenddessen ebenso verzaubert ein kleines schwarzes Kätzchen im Arm.

Während wir mit den Tieren beschäftigt waren hatte sich der Großteil des Publikums erhoben, und auf der Mitte des Rasens versammelt. Es wurde gebannt verfolgt, als sich die Grundschulkinder in einer Reihe aufstellten, jeder mit einem kleinen Flugdrachen in den Händen. Diese waren über eine Schnur miteinander verbunden. Am Anfang der Reihe stand ein einzelner Junge mit der Schnur in der Hand. Es wurde gespannt abgewartet, dann gab es das Startsignal und der Junge flitzte los. Einer nach dem anderen lösten sich die Drachen aus den Händen der Kinder bis schließlich alle in der Luft waren und geschätzt 30 Drachen über den Platz flogen.

Während den begeisterten Ausrufen des Publikums rannte der Junge flink Runde um Runde über den Platz, bis seine Ausdauer nachließ. Bevor die Drachen zu Boden gehen konnten stand der nächste Junge bereit, übernahm die Schnur und sprintete voller Energie los. Ich fand es sehr amüsant, den anderen beim Rennen zuzusehen. Unter die Drachenkarawane mischten sich nun auch einzelne größere Drachen und jeder hatte Spaß.

Außerhalb des Hauptgeländes gab es noch verschiedene Stationen des Militärs. So konnten sich Freiwillige, welche hauptsächlich aus kleinen Jungs bestanden, mit Schutzhelm und Übungswaffe in einem spielerischen Kampf erproben oder einen Übungsparcour meistern. Auch die Ausrüstung eines Soldaten wurde zur Besichtigung ausgelegt und ich wurde gleich von einem der Soldaten mit Camouflage-Farbe verschönert. Viltė schloss sich dem neuen Trend an.

Dann erforschten wir noch einen Einsatzwagen des Militärs, den viele Kinder als perfektes Spielgefährt betrachteten und darauf herumturnten.

Die letzte Station war der Stand der Polizei. Neben dem ausgestellten Polizeiauto war die besondere Attraktion dieses Standes eine Brille, die einen betrunken sehen lies. Ein weißes Band war in einer geraden Linie auf dem Boden ausgelegt. Die Aufgabe bestand lediglich darin, an diesem Band entlangzulaufen. Der Haken? Man musste die Brille tragen! Ich kann mit Stolz sagen, dass ich zwar vollkommen vom Weg abgekommen, aber wenigstens nicht hingefallen bin, als sich die Welt um mich herum gedreht hat. 😀

Als wir vom Fest zurückkamen fanden wir in der Küche Alina und Albina beim Arbeiten vor. Alina war mit Freunden in den Wald zum Pilze sammeln gegangen und war erfolgreich. Sehr erfolgreich. Zwei riesige Körbe waren voller Pilze gehäuft. Drei Tage lang haben die beiden diese verarbeitet und die Pilze haben zwischendurch etwa acht Küchentöpfe gefüllt. Das Sammeln und der Verzehr von Pilzen sind in Litauen weit verbreitet.

 

Hobbies habe ich auch bereits gefunden. Ich habe es wundersamerweise geschafft, in all meinem Gepäck meine Klarinette unterzubringen. So habe mich nun schon des Öfteren über die Möglichkeit gefreut, zu musizieren. Darüber hinaus gehe ich jetzt dienstags und donnerstags tanzen. Viltė hatte mir das vorgeschlagen und da ich auch in Deutschland getanzt habe, wollte ich sie gerne begleiten. Der Tanzkurs ist ein Anfängerkurs für die Tänze Bachata, Salsa und Kizomba. Diese gleichen weder den Standardtänzen, die ich im Tanzkurs in Deutschland gelernt habe, noch Modern Dance. Dafür ähneln sie den Lateintänzen, die ich schon kenne. Für Bachata und Salsa können wir mittlerweile die Grundschritte und ein paar Figuren, Kizomba ist mir hingegen immer noch ein Rätsel. Der Tanzkurs besteht aus über 70 herangehenden TänzerInnen und macht jedenfalls höllisch Spaß. Nach der Tanzstunde hat man ein Lächeln auf den Lippen und neue amüsante Erinnerungen im Gedächtnis.

 

Meine Gastmutter Alina ist eine große Opernliebhaberin. Einer meiner Leistungskurse in der Schule war Musik und nach jahrelanger Erfahrung im Orchester bin ich klassischer Musik nicht abgeneigt. Als mir also die Chance gegeben wurde, Alina zusammen mit einer Freundin am 22. September nach Vilnius in die Oper zu begleiten, sagte ich nicht nein. Dort fand die „International Virgilijus Noreika Competition for singers“ statt, welche für SängerInnen aller Nationalitäten offen ist. (Link: http://www.ipmc-lt.com/virgilijus-noreika-competition )

Der Wettbewerb lief schon seit dem 16. September und konnte über das Fernsehen verfolgt werden. Er endete am Freitag mit dem Finale, in dem die sieben besten SängerInnen antraten. Diese waren Badral Chuluunbaatar (Bariton, Mongolien), Valentyn Dytiuk (Tenor, Ukraine), Kyubong Lee (Bariton, Südkorea), Margarita Levchuk (Sopran, Weißrussland), Sehoon Moon (Tenor, Südkorea), Modestas Sedlevičius (Bariton, Litauen) und Tetiana Zhuravel (Sopran, Ukraine).

In der Oper angekommen setzten wir uns erst einmal in das Restaurant im Foyer. Dort wurde mir typische litauische heiße Schokolade vorgesetzt. Heiße Schokolade gibt es auch in Deutschland und ist sehr beliebt. In Deutschland wird die Bezeichnung nur nicht so ernst genommen. Was in Deutschland ein Mix aus Milch und Schokolade beziehungsweise Kakao beschreibt, ist in Litauen erhitzte, flüssige, dunkle Schokolade. Die kleine Tasse heiße Schokolade war köstlich und sehr beliebt unter den Zuschauern des Abends.

Für das Finale waren 41 Arien zur Auswahl gegeben, von denen jeder Finalist zwei auswählen musste. Je eine Arie für die zwei Hälften des Abends, die durch eine zwanzig minütige Pause geteilt wurden. Die SängerInnen waren gigantisch. Perfekte Technik und wunderschöne Klangfarben vereinten sich in emotionsgeladenen Arien zu einem eindrucksvollen Opernerlebnis. Ich konnte auf jeden Fall nachvollziehen, wie die sieben es ins Finale geschafft hatten.

Gewinner des Wettbewerbs wurde Valentyn Dytiuk. Modestas Sedlevičius wurde zweiter und Badrul Chuluunbaatar belegte den dritten Platz.

Die nächtliche Sicht auf die Oper von draußen war großartig. Das Gebäude ist komplett verglast und man kann von außen sogar die aristokratische Einrichtung mit ihren glamourösen Kronleuchtern bewundern.

Am 24. September war herrliches Wetter. Kurzentschlossen machte ich mich also auf dem Weg, um Kaunas zu erkunden. Zuerst schlenderte ich durch die Altstadt, an einer Kirche und vielen Cafés vorbei bis zu den großen Platz vorm Rathaus.

Von dort ging es weiter durch kleine Kopfsteinpflastergassen bis zum Flussufer.

Dort wurde ich prompt von einer Gruppe angesprochen, die eine „Studie“ durchführten. Der Inhalt dieser Studie war fragwürdig aber amüsant und ich half ihnen gerne aus während ich den Blick auf die Memel genoss. Nach einer angeregten Unterhaltung verabschiedete ich mich wieder und wanderte weiter.

Ich kam am Jesuitengymnasium vorbei und der Kirche, die stolz am Flussufer prangt. Sie ist eine der ältesten Kirchen Litauens und ist sehr beliebt für Trauungen. Dann ging es wieder zurück nach Hause.

 

Als wir am 26. September auf dem Weg zum Tanzen waren, liefen wir durch die Altstadt und kamen an einer sehr schönen ökumenischen Kirche vorbei.

Da wir noch Zeit übrig hatten, betraten wir eines der vielen Cafés, ein Büchereicafé, und ich blieb verdutzt im Eingang stehen, da im Café gerade eine Vorlesung auf Deutsch stattfand. Wie sich herausstellte, wollte die Autorin ihren Text in möglichst vielen Sprachen vortragen lassen und wir waren ganz zufällig genau zu dem Zeitpunkt eingetreten, als die deutsche Version vorgelesen wurde. Wir lauschten eine Weile den verschiedenen Sprachen, bevor wir auch schon weiter zum Tanzen mussten.

 

 

Am 29. September war im Kino die Premiere des Films „Flatliners“ und Viltė, Guada und ich machten uns mit Popcorn ausgerüstet bereit auf einen spannenden Film. Das Original aus dem Jahr 1990, „Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben“, hatte positive Bewertungen bekommen und wir hofften auf eine gute Neuverfilmung. Ich für meinen Teil war enttäuscht von dem Film und hoffe, in Zukunft die Chance zu bekommen, das Original zu sehen. Viltė war nur am Lachen. Neben ihr saß ein Pärchen, welches sehr mit sich selbst beschäftigt war. Während wir also einen der Hauptcharaktere während dem Flatlinen oder gefangen in seinen Halluzinationen beobachteten, hatte sie dazu noch passionierte Knutschgeräusche. Es war urkomisch.

Am darauffolgenden Samstag war ein Fest im botanischen Garten. Das Herbstfest war aber deutlich kleiner als das vorhergegangene Volksfest. Kürbisse aller Art waren ausgestellt und Kürbissuppe und andere herbstliche Gerichte verkauft.

Nachdem Alina und ich alles begutachtet hatten wanderten wir nochmal durch den botanischen Garten.

Anschließend trafen wir Viltė vor dem Tor und liefen zurück nach Hause. Kurze Zeit später sammelten wir uns im Auto und fuhren zu einer sehr bekannten und wunderschönen Kirche namens Pažaislio vienuolynas. Diese war aber leider von einer Hochzeitsgesellschaft belegt. Stattdessen wanderten wir hinunter ans Seeufer und schossen ein paar wundervolle Bilder vom Sonnenuntergang.

Anschließend fuhren wir noch in das größte Shoppingzentrum Litauens, natürlich um shoppen zu gehen. Das Shoppingzentrum hat ein riesiges Aquarium neben der Rolltreppe, in dem sogar ein Hai Zuhause ist.

Nach einer lustigen Shoppingtour ging es dann nach Hause und erschöpft ins Bett.

Letzten Montag hatte ich viel Zeit an der Hand und bot Alina meine Unterstützung beim Müslibacken an. Dieses macht sie nämlich, genauso wie das Schwarzbrot, selbst. Beides ist unglaublich lecker und ich werde die Rezepte auf jeden Fall mit nach Hause nehmen.

So, das war es erst einmal. Auch wenn die letzte Woche nicht ohne bedeutende Ereignisse war, sind diese zu umfangreich und verdienen alle einen eigenen Blogeintrag.

Liebe Grüße und bis bald!

Leandra