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Ende

31. Dezember 2012

Hallo meine lieben Leser!
Heute werde ich mich ein letztes Mal an euch wenden. Ich muss zugeben, der Blog hat schon sehr lange geruht. Nach meiner letzten hier beschriebenen Station in Chengdu gab es nämlich ein paar Probleme mit dem Internet. In den darauffolgenden Hostels war die Verbindung z.T. sehr schlecht, was mir nicht erlaubte Bilder hochzuladen oder einen Blogartikel zu veröffentlichen. Als ich dann wieder zurück in Guangzhou war, hatte ich allerhand mit Packen, Verabschiedungen und der Rückreise nach Deutschland zu tun. Als ich dann wieder zurück war, habe ich es schlichtweg aus den Augen verloren. Deshalb möchte ich das jetzt wenigstens noch ein bisschen nachholen und meinen Blog damit auch offiziell schließen.

Was geschah nach Chengdu? Von dort aus bin ich in einer 26-Stunden-Zugreise ins kleine Örtchen Pingyao gefahren. Dieses ist durch seine sehr gut erhaltene mittelalterliche Innenstand mit einer großen Stadtmauer bekannt. Dementsprechend diente es auch schon häufig als Kulisse für Filme über das Kaiserreich.
Nach drei Tagen ging es weiter in das Städtchen Qufu. Wie Pingyao ist es für chinesiche Verhältnisse nicht sonderlich groß. Das Besondere hier aber: Es handelt sich bei Qufu um die Heimatstadt des großen Philosphen und Denkers Konfuzius. Obwohl er vor über 2500 Jahren lebte, prägen seine Gedanken und Theorien die heutige chinesische Gesellschaft immer noch in starkem Maße. Dies bezieht sich vor allem auf die gesellschaftliche Ordnung. Aus diesem Grund wird er heutzutage immer noch sehr verehrt und Abermillionen Menschen pilgern jährlich in seine Geburts- und Sterbestadt – so auch ich. Dort sieht man die ehemalige Residenz des Clans der Familie Kong (Die Familie des Konfuzius –> Konfuzius auf Chinesisch: Kong Zi), den riesigen Konfuziustempel und den Konfuzius-Wald, in dem Konfuzius und sein Nachkommen begraben sind. Mit Nachkommen werden nicht nur die Kinder und Enkelkinder gemeint. Nein hiermit sind ALLE Nachkommen, bis in die heutige Zeit, gemeint. Daher ist das Areal natürlich ziemlich groß – eben ein ganzer Wald. Aktuell müssten ungefähr die Nachkommen bis zur 77. oder 78. Generation dort begraben liegen. Das Recht dort beerdigt zu werden haben bis heute nur die Angehörigen der Familie Kong.
Nach Qufu ging es weiter nach Qingdao. Qingdao ist eine Küstenstadt in der Provinz Shandong. In Deutschland ist sie besser als Tsingtao bekannt. Denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde unter Kaiser Wilhelm II. dort eine deutsche Kolonie gegründet. Dort wurde auch deutsches Bier gebraut, das bis heute von der bekanntesten chinesischen Biermarke „Tsingtao“ nach deutschem Reinheitsgebot dort gebraut wird. Weiterhin gibt es einige schöne Strände,  viel deutsche Architektur und das Olympische Segelzentrum von 2008 zu sehen.
Meine nachfolgende Station hieß Nanjing. NJ liegt etwa 200 km westlich von Shanghai und ist eine sehr große, geschichtsträchtige Stadt. Sie war im Laufe der Jahrtausende einige Male Hauptstadt Chinas. Traurige Berühmtheit erlangte sie, als die Japaner 1937 China überfielen und ein Massaker mit offiziell über 200.000, inoffiziell über 300.000 Todesopfern anrichteten. Der Deutsche John Rabe, Direktor von Siemens China, konnte mit anderen Ausländern eine Schutzzone einrichten und somit 200.000 Chinesen das Leben retten. Auch heute noch sind deshalb die Deutschen in Nanjing gerne gesehen.
Bevor es zurück nach Guangzhou ging habe ich noch einen Abstecher über Suzhou, was zwischen Shanghai und Nanjing liegt, gemacht. Suzhou ist für seine Gartenbaukunst bekannt. In der Innenstadt gibt es unzählige prächtige Gärten, die schon mehrer Jahrhunderte alt sind. Die meisten davon sind ziemlich groß und kosten entsprechend viel Eintritt. Ich habe mich daher auf die zwei Bekanntesten beschränkt, damit ich mir diese in aller Ruhe ansehen konnte.
Nach zwei Nächten ging es dann aber schließlich zurück. Ich fuhr über Shanghai und nahm dort den Nachtzug nach GZ. Dort hatte ich noch eine Woche, um meine Sachen zu packen, die Wohnung sauberzumachen, die Reise vorzubereiten und natürlich mich von von den Leuten zu verabschieden. Die Zeit verging wie im Flug und schon stand ich am 18. August am Frankfurter Flughafen und wurde von meiner Familie in Empfang genommen.

 

 

Seitdem ist ja nun einige Zeit vergangen. Besonders in der Anfangszeit sind mir viele kleine und große Unterschiede zwischen China und Deutschland aufgefallen. Z.T. waren es Sachen, die ich davor nie in Deutschland wahrgenommen habe. Mittlerweile ist natürlich schon längst der Alltag eingekehrt. Ich studiere jetzt an der Universität Hamburg den Studiengang „Wirtschaft und Kultur Chinas“, was mir sehr viel Spaß bereitet. Der Studiengang ist eine Mischung aus VWL, BWL und Sinologie – also grob: Wirtschaft und Chinesisch. Nach meinem Chinajahr habe ich für mich das Gefühl, dass das die Richtung ist, in die ich später auch beruflich gehen möchte. China gehört die Zukunft – das habe ich selber dort erleben können. Aber auch so fasziniert mich dieses Land mit seiner Kultur, seinen Leute, seinem Essen, seiner Landschaft und und und so sehr, dass ich glaube die richtige Studienwahl getroffen zu haben.
Jetzt genieße ich noch die letzten Stunden des alten Jahres in meiner Heimat Bietigheim-Bissingen bei Stuttgart und freue mich zu Hause zu sein. Für das nächste Jahr wünsche ich mir, dass es genauso spannend und ereignisreich verläuft wie das Jahr 2012, was aber definitiv sehr schwer wird. Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr, viel Gesundheit und dass es ein erfolgreiches Jahr 2013 für euch wird!

In diesem Sinne schließe ich meinen Blog. Vielen Dank für das fleißige Lesen, ich habe mich sehr darüber gefreut! Ich hoffe es hat euch gefallen, mir hat es sehr viel Spaß gemacht für euch aus China zu berichten. Machts gut!

Alex

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成都 Chengdu

29. Juli 2012

Meine nächste Station hieß 成都 Chengdu. Chengdu ist die Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz 四川 Sichuan. Sie gilt als die westlichste Metropole Chinas und als die Letzte, bevor in Richtung Westen nur noch die weiten Ebenen Tibets, das Himalaya und die Steppen, die sich bis an die Grenze zu Kasachstan ziehen, kommen.
Normalerweise wird Chengdu daher als Ausgangspunkt einer Reise nach Tibet oder zu Ausflügen in das Umland als Basis verwendet. So sind in der näheren Umgebung zum Beispiel der große Buddha von 乐山 Leshan, der 九寨沟 Jiuzhaigou-Nationalpark oder das bereits im Himalaya liegende Städtchen 康定 Kangding zu erwähnen. Gerne hätte ich zumindest eines dieser Ziele selbst besucht, jedoch fehlte mir dafür die nötige Zeit. Außerdem bin ich nicht mehr unbedingt scharf darauf von einem Ort zum Nächsten zu rennen. Lieber habe ich auf meiner Tour ein paar Ziele weniger, kann dafür aber an einem Ort länger bleiben und ihn mehr genießen.

So machte ich  mich also zu den Pandas auf. Die Provinz Sichuan ist die Heimat (die einzige!) des Bären und daher gibt es ein paar Kilometer außerhalb Chengdus eine Panda Aufzuchts- und Forschungsstation. Das Tier ist nämlich vom Aussterben bedroht und hier versucht man der Natur etwas nachzuhelfen. Man muss aber morgens kommen, denn dann ist Essenszeit. Ansonsten sieht man die Tiere nur beim Schlafen, bzw. gar nicht, weil sie sich zurückziehen. Trotzdem waren die meisten ziemlich faul, das Einzige, was sie die ganze Zeit gemacht haben war Essen und Schlafen. Nur ein paar wenige Junge haben sich aufraffen können, um ein bisschen zu spielen.
Ferner habe ich noch an zwei Touren des Hostels teilgenommen, eine zu Fuß und eine mit dem Fahrrad. So habe ich also einen ganz guten Überblick und Eindruck von Chengdu bekommen und die Gelegenheit gehabt andere Reisende zu treffen und kennenzulernen. Chengdu hat mich jetzt nicht besonders vom Hocker gehauen. Sie ist eine normale chinesische Großstadt, nicht besonders schön aber auch nicht besonders hässlich. Man merkt aber, dass Einiges im Gang ist und daran gearbeitet wird Chengdu attraktiver zu machen. So gibt es doch schon ein paar schicke Ecken, zum Beispiel entlang des Flusses oder das restaurierte historische Viertel.
Was wirklich cool war, war der Kochkurs, an dem ich teilgenommen habe. Er dauerte zwar nicht besonders lang, dafür weiß ich jetzt aber ungefähr wie man zwei sehr typische und einfache chinesische Gerichte kocht. Was ich gelernt habe, ist dass die sichuanesische Küche vor allem aus Knoblauch, Ingwer, viel Öl und Sichuan-Pfeffer (!) besteht. Der Pfeffer ist die Zutat, die die Lippen schön betäubt und brennen lässt. Wer bei einem sichuanesischen Gericht nicht schwitzt, schnäubt, hustet und Schmerzen verspürt macht einfach was falsch (siehe Hotpot 😉 )! Achja, was in den Speisen natürlich auch nicht fehlen darf ist Glutamat. Dabei gibt es zwei Sorten: Das normale Glutamat und Hühnchen-Glutamat (so wurde es uns erklärt). Ohne diese Zutaten schmeckt das Essen nicht gut (Antwort auf die Frage ob wir sie wirklich hinzufügen sollen).

 

Genug geredet, hier die Bilder!

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桂林 Guilin

29. Juli 2012

Der zweite Teil meiner großen Sommerreise sollte mich nach  桂林 Guilin führen. Manchen wird der Begriff vielleicht etwas sagen, ist die Gegend um Guilin und 阳朔 Yangshuo doch einer der schönsten und bekanntesten, vielleicht sogar DIE Bekannteste, Landschaften Chinas. Die Gegend ist geprägt von den Karstbergeben, die überall kegelförmig in den Himmel emporragen. Geformt wurde diese einzigartige Landschaft vor Millionen von Jahren, als noch ein Meer die Fläche bedeckte. Als das Meer zurückging/das Land sich hob bildeten sich durch Erosion (Erdrutsche) diese Formen. Ein bestimmter Blick entlang des Li-Flusses ist sogar auf der Rückseite des 20-RMB-Scheins abgebildet, das könnt ihr später auf den Bildern dann sehen.
Heutzutage ist es eines der Lieblingstouristenorte für sowohl Chinesen, als auch Ausländer. Dementsprechend viele Taschendiebe sind demnach unterwegs – das durfte ich gleich am ersten Tag meiner Ankunft (meinem Geburtstag) spüren…

Wenige Sekunden nach dem Aussteigen aus dem Fernbus von Guangzhou holte ich mein Handy aus der Hosentasche, um ein paar SMS zu checken. Nach einer kurzen Zeit öffnete der Busfahrer den Kofferraum und ich holte mein Gepäck heraus. Als ich losgehen wollte und in meine Hosentasche griff, um weiterzulesen war nichts mehr da. Tja, da hat mich wohl jemand beobachtet und die Chance genutzt mir mein Handy aus der Hosentasche zu fischen, während ich mein Gepäck geholt habe, wobei es, wie in China üblich, etwas ruppig zuging. Alles innerhalb eines Zeitfensters von vielleicht 30 Sekunden. Naja, das Leben geht weiter. Ich werde trotzdem meine restlichen drei Wohen hier genießen und noch so viel wie möglich mitnehmen.

Guilin ist an sich keine besonders schöne Stadt, die Gegend lebt eben von der Landschaft. Vor allem um Yangshuo ist sie wirklich atemberaubend schön. Dennoch kann man in und, um Guilin Einiges machen und sehen. So wurde mir in den drei Tagen auch nicht langweilig, obwohl es am ersten Tag nur geregnet hat. Man lernt in den Hostels immer wieder ziemlich lockere und interessante Menschen kennen, mit denen man eine coole Zeit verbringen kann. So war ich z.B. immer mit Joe aus Brisbane, Australien, Ollie aus London und Daniel aus Mailand unterwegs.

 

Ich kann jedem Chinareisenden, der vor hat in den Süden zu fahren, nur empfehlen einen Abstecher nach Guilin/Yangshuo zu machen. Es lohnt sich wirklich, die Landschaft ist einmalig!

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臺灣 Taiwan

28. Juli 2012

 

Hier mal endlich wieder ein Update in meinem Blog. Dieses Update ist ersmal ein kleiner Nachtrag zu meiner Taiwan-Reise, die ich zusammen mit Nuri gemacht habe. Um diese Reise und das Erlebnis Taiwan in vollem Umfang zu erörtern fehlt mir ganz einfach die nötige Zeit, denn ich könnte Stunden darüber berichten. Nur so viel: Taiwan ist der Wahnsinn!

Wer sich mit der Geschichte Taiwans etwas auskennt, weiß, dass Taiwan als Provinz ursprünglich ein Teil Chinas war. Nach der Machtübernahme der Kommunistischen Partei im Jahre 1949 flüchteten viele Anhänger ihres politischen Gegenspielers, der Guomindang (国民党, besser bekannt als Kuomintang), nach Taiwan. Seitdem ist China sozusagen gespalten, ähnlich wie die ehemalige DDR und die BRD. Trotzdem habe beide Staaten den Anspruch das einzig wahre China zu sein. Vor allem die Volksrepublik sieht die Insel Taiwan noch als Teil Chinas.
Dementsprechend ähnlich sind sich die beiden Länder natürlich in Sprache, Kultur und Mentalität. Dennoch, Taiwan unterschiedet sich trotzdem ziemlich stark von China. Dies merkt man vor allem im Bereich der Umwelt. Im Vergleich zu China ist Taiwan so viel sauberer, das Wasser im Meer und die Luft so klar und frisch. Als kleines Besipiel fällt mir dazu eine Sache ein: Obwohl es in Guangzhou seit Juni praktisch durchgehend 35°C sind und die Sonne fast im 90°-Winkel von oben auf den Kopf scheint brauche ich keine Sonnencreme, die Smogschicht in der Luft ist dick genug, um mich vor den Sonnenstrahlen zu schützen. In Taipeh (台北) reicht ein Stadtbummel, damit meine Arme schön rot werden. Aus diesem Grund habe ich auch gar nicht dran gedacht Sonnenschutz mitzunehmen – zum Glück hatte Nuri welchen mit. Ich wäre vermutlich sonst zu einem Krebs mutiert.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass Taiwan für mich eine Mischung aus China, USA und Japan mit unglaublich schönen Landschaften und sehr freundlichen und zuvorkommenden Menschen war. Der Faktoren USA und Japan sind ganz einfach durch das Produktangebot auf der Insel zu erklären. So verfügt de facto jedes noch so kleine Dorf über einen 7-Eleven (amerikanische Kioskkette) und einen FamilyMart (japanische Kioskkette). Die zehn Tage, die ich dort verbracht habe, waren leider zu wenig. Eins steht für mich fest, ich werde definitiv nochmal wieder kommen!

Jetzt genießt aber die Bilder 😉

 

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Zwischen Ahnenkult, Christentum und Glücksspiel

20. Mai 2012

 

Wie bereits angekündigt habe ich letztes Wochenende einen Trip ins nahegelegene Macau (澳門 Aomen) gemacht. Mit dem Bus sind es nur 2 Stunden in die Stadt Zhuhai (珠海), die sich direkt an der Grenze zu Macau befindet. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch an einen meiner ersten Beiträge (Anfang Oktober), in dem ich den gemeinsamen Trip mit Franzi und Clara nach Zhuhai schildere. Damals standen wir schon vor dem Grenzgebäude, konnten nach Macau hinüberschauen, durften aber nicht (außer Franzi) nach Macau. Damals hatten Clara und ich nur ein Visum für eine einmalige Einreise.

Dies hat sich glücklicherweise geändert und so begab ich mich voller Vorfreude in die riesige Warteschlange vor dem Gebäude. Dabei dachte ich mir: „Diesmal kann mich diese doofe Linie nicht aufhalten!“ Bis ich aber dahin kam dauerte es eine ganz schöne Zeit. Es war Samstag Morgen, die Zeit in der viele Festlandchinesen einen Tages- oder Wochenendausflug rüber in die ehemalige portugiesische Kolonie unternehmen. Nach über einer Stunde anstehen, sowohl auf der chinesischen als auch auf der macanesischen Seite, betrat ich die letzte Kolonie Portugals.
1516 landeten die Portugiesen zum ersten Mal in Macau. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Gebiet Schritt für Schritt zu einem Handelsstützpunkt, dann zu einem chinesischen Gebiet unter portugiesischer Verwaltung und schließlich zu einer portugiesischen Kolonie ausgebaut, bis sie 1999 an China zurückgegeben wurde. Wie HK darf Macau seinen Sonderstatus noch 50 Jahre beibehalten, sprich 2049 wird es vollkommen an China übergehen (HK schon 2047). Ähnlich wie in HK vermischten sich die portugiesische und chinesische Kultur zu einer neuen Kultur, der Macanesischen. Sie ist geprägt von der Koexistenz des Buddhismus und Christentums (Katholisch), der Portugiesischen und Chinesischen Küche und Sprache, sowie deren Mischformen. So ist Macau, neben dem Glücksspiel, in China vor allem für seine Backwaren bekannt. Für die Chinesen sind sie der Inbegriff der europäischen (westlichen) Küche. Kommt man aus Europa nach Macau, so kommen uns Blätterteigröllchen in Seetang eingewickelt oder mit Schweineschmalz gefüllt und Kekse mit Sojabohnenpastenfüllung eher weniger europäisch vor. Jedoch würde man diese Art von Gebäck (Gebäck überhaupt) vermutlich nicht in China finden – ein schönes Beispiel also, für die Vermischung der verschiedenen Küchen.
Macau ist im Gegensatz zu den anderen chinesischen Städten klein, wirklich klein. Es passt locker in den Stadtteil Haizhu (海珠), in dem ich wohne. Dennoch, es ist zwar klein aber fein. Die Altstadt hat wirklich noch sehr viel von ihrem portugiesisch-mediterranen Flair beibehalten. So kommt man sich  in der Innenstadt vor auf weiten Strecken, wie in einem südfranzösischen oder spanischen Dorf. Auch gibt es überall kleine Restaurants, von denen viele portugiesische Speisen anbieten.
Das Wetter ist aber noch eine Spur härter. Schwül war an diesen Tagen gar kein Ausdruck. Da ich ja in GZ mehr oder weniger die gleichen Witterungsverhältnisse habe, kenne ich mich ja schon ein bisschen aus. Das heißt, ich weiß, dass ich, vor allem für eine Stadtbesichtigung, lieber ein lockeres, luftiges Hemd anziehe als ein dickes, schwarzes Baumwoll-T-Shirt. Trotzdem, nach 50 Metern laufen ist man einfach nur noch nass. Geht man noch einen kleinen Hügel hinauf fühlt man sich danach, als ob man samt Klamotten in einen Swimmingpool gesprungen wäre. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich es der Abkühlung wegen wahrscheinlich wirklich gemacht, hätte sich die Gelegenheit dazu ergeben.
So besichtigt man also die alten, süßen Plätze, die unzähligen Kirchen oder deren Ruinen, an denen man zwangsläufig vorbeikommt, besteigt die Festung und nascht an einen der unzähligen Backshops Kekse und co., die man dort kostenlos probieren kann. Ich habe mir dann noch das Museum der Geschichte Macaus angesehen. Was ich sehr interessant fand, war die Erklärung der Herkunft des Wortes „Tee“ in verschiedenen Sprachen. Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, jedoch ist es mir einmal aufgefallen, dass die meisten Sprachen der Welt ein sehr ähnliches Wort für Tee haben. Dabei gibt es zwei Fraktionen: In manchen Sprachen ähnelt das Wort dem deutschen „Tee“ (Englisch: tea, Französisch: thé, Spanisch: té, Italienisch: tè, Holländisch: thee,…), in anderen dem Hochchinesischen „茶 chá“ (sprich: tscha; Portugiesisch: chá (scha), Russisch: tschaj, Arabisch: tschai, Griechisch: tsai,…). Wie sich im Museum herausstellte, hängt das Wort mit den Handelsbeziehungen und -standorten der ehemaligen europäischen Kolonialmächte zusammen. Der Tee stammt aus China und ging durch den Handel von dort um die Welt. Während die Portugiesen in Macau vertreten waren und demnach mit der Kantonesischen Aussprache (tshá) in Kontakt gekommen waren, hatten die Niederländer, Briten und Franzosen im Gebiet um Xiamen ihre Stützpunkte. Im dortigen Dialekt wird Tee „tey“ ausgesprochen.
Nach einem unglaublich heißen Tag, einem langen Fußmarsch und dieser gehörigen Portion Bildung habe ich mir dann auch ein portugiesisches Abendessen gegönnt. Interessant, in Deutschland würde ich niemals auf die Idee kommen portugiesisches Essen mit Heimat zu verbinden. Doch 9000 km von der Heimat ist annähernd alles Europäische ein Stück Heimat. Dabei ist das, was ich gegessen habe ursprünglich brasilianisch. Aber wie das so ist, haben die Portugiesen natürlich nicht nur ihre Speisen von zu Hause aus Portugal, sondern auch aus den anderen Kolonien mitgebracht. So aß ich also Feijoada (Bohneneintopf), der unter anderem sehr viel Schweinefleisch und Blutwurst enthielt. Als Beilage gab es natürlich Reis (und zwar den chinesischen Klebereis), alles andere wäre mir bestimmt seltsam vorgekommen – tja, so chinesisch sind das Essen und ich dann doch noch/schon 😉
Auch wenn ich am Abend natürlich ziemlich kaputt war, musste ich natürlich einmal in eine der zahlreichen Casinos, die die Stadt nachts an manchen Ecken zu einem glitzernden Boulevard machen. Nicht umsonst wird Macau auch das „Las Vegas des Fernen Ostens“ genannt. In der Tat hat Macau Las Vegas vor einem oder zwei Jahren in Sachen Gewinn bereits überholt. Dementsprechend verwundert es nicht, dass man Zweitausgaben der gleichen Hotelpaläste wie in Las Vegas vorfindet (z.B. MGM, The Wynn, The Venetian, Hard Rock Hotel,…). Die sind aber z.T. noch um einiges größer als ihre Vorgängermodelle in LV. Da Glücksspiel in Macau ab 18 ist, nutzte ich die einmalige Gelgenheit um mal hineinzuschauen. Schon beeindruckend, wie riesig die Hallen sind. Und das Krasse/Schlimme dabei: Überall sitzen die Menschen und verlieren freiwillig Geld. Ich musste mir wirklich ein paar mal an den Kopf fassen, als ich gesehen habe, wie ein sehr reich aussehender Mann innerhalb von 2 Minuten kurz 5000 HK$ (500€) verzockt hat. Irgendwie könnte man das Geld auch sinnvoller verwenden…
Bevor ich wieder zurück nach GZ aufgebrochen bin, wollte ich noch einmal in das berühmte Venetian. Wie es der Name schon verrät, ist das Thema des Hotels an Venedig angelehnt. Das bedeutet prunkvolle Eingangshallen im Stil der Renaissance, ein Nachbau des Campanile am Markusplatz in Originalgröße, ein Nachbau eines fiktiven Kanals in Venedig – im zweiten Stock. Man kann natürlich auch eine Gondelfahrt auf ihm buchen, die Gondolieri singen dabei romantisch italienische und chinesische Lieder – alles wie im „echten“ Venedig. Umgeben ist dieser Kanal natürlich von einer Einkaufspassage, in der auch McDonald’s nicht fehlen darf.

Bei schlechtem Wetter ging es gegen Nachmittag wieder Richtung Grenze, diesmal ging es sehr schnell und ich brauchte nur etwa 40 Minuten. Vermutlich war ich noch vor dem Hauptrückreiseverkehr da. Auch das Kaufen des Bustickets ging ziemlich flott, denn zufällig fuhr in den nächsten Minuten ein Bus los. 15 Minuten später war ich deshalb auch schon in Richtung GZ unterwegs. Am Abend konnte ich mich dann noch an meinen Mandel-Keksen in Mondkuchen-Form erfreuen – tatsächlich wirklich gut .

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从香港到西安 – Von Hong Kong nach Xi’an

11. Mai 2012

 

Da bin ich schon wieder 😉 Mit meinem neuen Visum liegt es ja auf der Hand, dass ich das auch gleich ausnutzen muss. Deshalb ging es unmittelbar nach dem Erhalt meines neuen Visum nach Honkong – einen Tag später.

Ihr müsst euch das so vorstellen: Alex sitzt in seinem Zimmer. Sein Handy klingelt, er geht ran: „Alex, ich habe dein Visum. Komm zum Eingangstor, dort warte ich auf dich und gebe es dir.“ Nicht mal eine Minute später rennt Alex schon das Treppenhaus runter. Damit die anderen nicht denken der Ausländer sei völlig durchgedreht, zwinge ich mich relativ normal, aber trotzdem zügig, zum Eingangstor zu gehen. Dort wartet der Lehrer, von dem ich solange vertröstet wurde und von dem ich endlich mein Visum haben wollte. Bei ihm angekommen reiße ich ihm fast ungeduldig den Pass aus den Händen. Ich klappe ihn auf und sehe unter der Kategorie „Entries“ ein großes M – Multiple. Den Triumph habe ich euch ja letztes Mal ausgiebig unter die Nase geschmiert, das muss ich jetzt nicht mehr. Trotzdem, wo glaubt ihr stand Alex gute 2 Stunden später? Genau, am Ostbahnhof, um sich ein Ticket nach Hong Kong zu kaufen. Direkt nach dem Unterricht habe ich mich auf den Weg gemacht, damit ich ja Tickets für den frühestmöglichen Zug am nächsten Tag bekommen kann.
So ging es also am nächsten Tag, wiederum direkt nach dem Unterricht, nach HK (香港). Dabei war das Wetter eigentlich nicht so prickelnd, es herrschte viel mehr Weltuntergangsstimmung. Morgens um 9 (wo es schon seit 3 Stunden hell sein sollte) war der Himmel schwarz wie die tiefste Nacht, dazu gab es einen Regen, der alle (ausnahmlos alle!) Straßen bis zum Bordstein unter Wasser setzte. Der Rest lief dann über die Bordsteine – Tropensturm eben. Irgendwie habe ich es also relativ trocken in den Bahnhof geschafft und stellte mich für den Zug nach HK an. Zuerst musste ich aber noch meine Departure Card ausfüllen und ich habe bei der Grenzkontrolle (Chinesische Seite direkt im Bahnhof Guangzhou – Einreise nach HK dann erst im HKer Bahnhof) einen schönen roten Stempel in den Pass bekommen – Ausreise. Wie schon erwähnt, die Grenze zwischen HK und der VR China gilt visumstechnisch als Staatsgrenze. Ein paar Minuten später saß ich aber schon im Zug und knapp zwei Stunden später stand ich bei der HKer Einreise in der Schlange. Nach ein paar Minuten Wartezeit hatte ich mein 90 Tage Touristen-Visum und durfte offiziell nach HK einreisen – ein Moment auf den ich lange gewartet habe. Dabei ist der Part ja nicht der Schwierige, eher das Wieder-Einreisen nach China. Daran wollte ich aber erstmal nicht denken und freute mich voll und ganz auf das bevorstehende Wochenende in HK!

Zwar nieselte es auch in HK ein wenig, jedoch nahm der Regen nie diese sturzflutähnlichen Formen wie in Guangzhou an. Generell ist es oftmals so, dass wenn es in Guangzhou regnet oder bewölkt ist, gleichzeitig in HK die Sonne scheint. Dafür gibt es zwei Gründe. Der Hauptgrund dürfte die Lage HKs am Meer sein. Die meisten (Regen-)Wolken in GZ ziehen vom Meer her ins Landesinnere, über HK fegen die Meisten hinweg. Der zweite Grund: Über GZ hängt eine riesige Smogwolke, die die anderen Wolken zusätzlich festhält. Später auf den Bildern könnt ihr mal den Blick von HK Richtung Festland sehen.
Es war ja nicht mein erstes Mal in Hongkong. Ich war mit meiner Familie vor mittlerweile fast drei Jahren im Urlaub für einen Stopover dort und das war der Wahnsinn. Deshalb muss ich zugeben, dass es mich nicht mehr ganz so umgehauen hat wie am Anfang. Ich glaube das lag aber vor allem am Wetter. Denn nach kurzer Zeit habe ich wieder das Flair dieser einzigartigen Stadt voll in mich aufgesogen. Diese Mischung aus Chinesisch, Britisch, Kolonialzeit, Moderne, Hochhausschluchten, wunderschöne Natur, Hektik, Lärm, Ruheoasen, international gemischte Küche, traditionellen Sitten, Westlicher und Östlicher Welt und das allseits gegenwärtige Kantonesisch machen diese Stadt für mich zu etwas ganz Besonderem. HK ist meine Lieblingsstadt in China!
War das Wetter am ersten Tag nicht der Hit, war es am Samstag und vor allem am Sonntag dann umso fantastischer: Strahlend blauer Himmel, Sonne pur (mit anschließendem leichten Sonnenbrand), Wärme und Urlaubsstimmung. So machte es natürlich auch Spaß auf den Peak, einem Hügel/Berg auf der Hauptinsel Hong Kong Island, von dem man einen grandiosen Blick über die Stadt hat, zu gehen, mit der Star Ferry mehrmals den Victoria Harbour nach Kowloon oder zurück zu überqueren, durch das Szene-Viertel Soho auf der längsten Rolltreppe der Welt zu fahren, auf der Avenue of Stars die Skyline zu bewundern, in eine der seit 90 Jahren dort verkehrenden Straßenbahnen zu steigen, auf dem Nachtmarkt der Temple Street zu schlendern, die hektische Nathan Road entlang zu gehen oder in den berühmt-berüchtigten Chungking Mansions abzusteigen, um ein leckeres indisches Mittagessen zu haben. Zwar gab es an diesem Wochenende auch ein paar Dämpfer, wie zum Beispiel meine Unterkunft in den Chungking Mansions selber (es würde zu lange dauern diese kultige Stätte zu erklären, deshalb lasse ich das Wikipedia für mich machen: http://de.wikipedia.org/wiki/Chungking_Mansions), die ziemlich heruntergekommen war, oder eben das Wetter am Anfang. Dennoch hat sich dieser Trip auf jeden Fall gelohnt, die Stadt ist einzigartig. Ich plane auf jeden Fall mindestens noch einen Besuch während meiner Zeit hier ein. Dann aber auch um einen Ausflug in die Natur auf und um Hongkong Island zu machen, die angeblich sehr schön sein soll. Zudem gibt es unzählige kleine vorgelagerte Inseln, die z.T. Traumstrände haben sollen. Mit der Fähre braucht man nur etwa 30 min. von Downtown.

 

Tja und nicht mal eine Woche später sollte es schon wieder auf Reisen gehen. Es war das Wochenende vor dem 1. Mai. Da dieser in China sehr wichtig ist und zudem auf einen Dienstag gefallen ist, gab es ein verlängertes Wochenende. Also machten sich Nuri, die aus Shenzhen vorbeigekommen war, und ich auf nach Xi’an (西安).
Xi’an ist eine Stadt in Zentralchina. Sie war früher (damals unter dem Namen Chang’an 长安) die Hauptstadt des Chinesischen Reiches. Sie wurde, wie fast alle chinesischen Städte, von einer riesen Stadtmauer umgeben. Der Unterschied zu den meisten anderen Städten besteht aber darin, dass diese vollständig reastauriert wurde. Sprich die Innenstadt wird von einer am Sockel 18m dicken, 12m hohen und 13,6km langen Stadtmauer umgeben. Die Innenstadt beherbergt ein großes muslimisches Viertel, in dem die meisten der Bewohner der Hui-Nationalität angehören. Diese stammen, im Gegensatz zu der ebenfalls muslimichen Volksgruppe der Uighuren, von den Han-Chineschen (der großen Mehrheit der Chinesen) ab, sind jedoch muslimischen Glaubens. Deshalb werden sie als eine eigene der insgesamt 56 Ethnien Chinas gezählt. Zudem gilt die Stadt als der Anfang der Seidenstraße. Heutzutage ist die Stadt vor allem aufgrund der Terrakotta-Armee bekannt, die 1974 von einem Bauern ein paar Kilometer außerhalb Xi’ans entdeckt wurde. Aber dazu später mehr.
So trafen sich Nuri und ich also an einem, wieder mal, schwül bewölkten Freitag vor dem Guangzhouer Hauptbahnhof. Bevor es auf die 2000 km lange Reise ging, die über 24 Stunden dauern sollte, haben wir uns noch einmal bei einer Portion Lanzhou Lamian (兰州拉面) gestärkt. Dies sollte ein kleiner Vorgeschmack auf die kulinarische Beschaffenheit vor Ort in Xi’an sein. „Lamian“ bedeutet langezogene Nudeln, eine Spezialität der Stadt Lanzhou – daher der Name. Ähnlich wie in Xi’an gibt es dort viele Muslime, vielleicht sogar mehr, da es schon deutlich westlicher und damit näher an der Autonomen Region Xinjiang der Uighuren liegt, die ja bekanntermaßen muslimisch sind. Kleine Lanzhou-Lamian-Imbisse gibt es so gut wie an jeder Ecke in den chinesischen Städten. Man kann sie in etwa mit Dönerläden bei uns vergleichen: Es gibt dort immer die gleichen Gerichte zu günstigen Preisen. Allesamt sind sie aber extrem lecker, ich gehe wöchentlich um die zwei- bis dreimal zu meinem Stammladen hier um die Ecke.
Nun denn, gut gestärkt ging es bei einem plötzlichen Wolkenbruch also los. Etwa 26 Stunden später rollte unser Zug in Xi’an ein. Als wir ausstiegen gefiel uns das Wetter sofort richtig gut: Warm, jedoch nicht zu heiß, sonnig und trockene Luft. Nicht zu vergleichen mit dem feucht-warmen Tropenklima im Süden. Mit einer Rikscha ging es dann ins Hostel. Auf der Fahrt konnten wir schon ein bisschen die Stadtmauer und Innenstadt bewundern. Im Hostel angekommen mussten wir uns natürlich erstmal frisch machen, bevor wir unseren ersten abendlichen Ausflug ins Muslimische Viertel unternahmen. An sich war das Hostel sehr schön. Die Lage direkt an der Stadtmauer war perfekt, am Abend konnte man in einem der vielen Bars und Cafés um die Ecke die abendliche Stimmung richtig gut genießen.
Im Muslimischen Viertel wimmelte es von Leuten, natürlich hauptsächlich Touristen. Hunderte von Leuten schoben sich durch die Gassen und bestaunten die unzähligen Restaurants, Imbisse und Essensstände. Dementsprechend gut roch es natürlich auch. Nuri und ich mussten uns wirklich zwingen erst noch ein bisschen herumzuschlendern bevor wir selbst irgendwo einkehren und die Köstlichkeiten probieren. Als wir uns endlich entschlossen hatten zu essen, war das gar nicht so einfach. Wir konnten uns einfach nicht entscheiden, es gab einfach zuviel Auswahl. Irgendwann haben wir es dann aber geschafft und konnten die muslimische Küche Xi’ans genießen.
Am nächsten Tag stand der Besuch der Terrakotta-Armee an. Ganz früh gingen wir los, damit wir pünktlich um halb 9 da sind und den großen Massen an Touristen entgehen können. Auf der einen Seite erfasst einen schon ein wenig das Gefühl der Erhabenheit, wenn man die riesigen Hallen der Tonkrieger betritt und sich bewusst wird, wie alt die Schätze sind, die man da gleich zu Gesicht bekommt. Vor allem die Halle über der Pit 1 (Grube 1) ist wirklich gigantisch! Blickt man dann auf die Krieger selber herunter wird man ein wenig enttäuscht – zumindest mir ging das so. Denn was in Bildern oder im Fernsehen aussieht wie Reihen von tausenden und abertausenden von Kriegern, sind in Wirklichkeit gerade ein mal ein paar hundert. Klar, das ist auch nicht wenig. Nur sind die Reihen (so wie es einem eben vermittelt wird) nicht bis ans andere Ende der Halle, sondern maximal bis ins erste Viertel gefüllt.
Durch unsere Frühaufsteher-Aktion konnten wir dem Hauptansturm der Touristen umgehen. Somit waren wir relativ schnell fertig und machten uns wieder Richtung Innenstadt. Dabei sahen wir, wie die Touri-Busse mit Reisegruppen scharenweise angekarrt wurden – nochmal Glück gehabt, wären wir ein bisschen später gekommen hätten wir sicherlich Stunden dort verbracht. In der Innenstadt angekommen stärkten wir uns erstmal bei einer leckeren muslimischen Mahlzeit, was denn auch sonst in Xi’an. Direkt danch ging es hoch auf die gewaltige Stadtmauer. Es ist schon beeindruckend wie lang die jeweiligen Seiten und die Mauer insgesamt sind. Man kann in der Mitte jeweils 2 km in jede Richtung schauen und alles ist kerzengerade. Die Sonne brutzelte schön von oben auf uns herab, sodass ich am Abend einen leichten Sonnenbrand haben sollte. Schnell kamen wir zu einem Fahrradstand, wo wir uns für 100 Minuten jeweils ein Rad liehen. Dann ging es auf die 13,6km lange Fahrt um die Innenstadt. Zum Glück hatten wir Mountainbikes, denn an manchen Stellen waren die alten Steine ziemlich uneben und bildetetn so das manche Schlagloch. Am Anfang unterschätzt man schnell die Entfernungen, da alles so nah aussieht. Nach jeder Ecke in der Stadtmauer sieht man schon das neue Tor. Doch das ist aber noch zwei Kilometer entfernt und von dort sind es nochmal zwei bis zur nächsten Ecke. Dennoch haben wir es mit unserem gemütlichen Fahrstil und vielen Foto- und Aussichtsstops geschafft die Stadt eineinviertelmal zu umfahren.
Danach ging es noch ein bisschen in die Altstadt, besser gesagt ins Muslimische Viertel, um das abendliche Flair dort noch einmal aufzunehmen. Nach ein bisschen Schlendern und Schlemmen brauchten wir ne kleine Pause im Hostel. Den Tag ließen wir dann noch in einer gemütlichen Bar nahe der Stadtmauer ausklingen. Den letzten Tag gingen wir insgesamt ziemlich locker an: Ausschlafen, langes Frühstück, gemütlich sitzen, durch die Gegend spazieren und die Rückfahrt vorbereiten, die ja am Abend bereits anstand. Dabei heißt vorbereiten vor allem Nahrungsmittel heranzuschaffen. Man will ja nicht verhungern auf der langen Reise. Also holten wir uns sämtliche Köstlichkeiten, die wir in den letzten Tagen gegessen hatten und freuten uns schon auf die Fahrt.
Die begann aber etwas chaotisch, da der Zug Verspätung hatte. Dazu muss gesagt werden das Chinesen sehr ungeduldig sind, sprich bereits 1 Stunde vor der geplanten Abfahrt haben sich die ersten vor den Zugang zum Bahnsteig gestellt. Der Zug selber war zu diesem Zeitpunkt schon 3000km unterwegs, dass er da 30 Minuten Verspätung hat ist meiner Meinung nach noch akzeptabel. Sein Anfangspunkt ist nämlich die Stadt Ürümqi (chinesisch 乌鲁木齐 Wulumuqi), Hauptstadt der Autnomen Region Xinjiang – also fast schon in Kasachstan. Die Fahrt hat erstmal mit Schlafen begonnen. Den nächsten Tag verbrachten wir de facto komplett im Zug, da wir erst abends um halb 9 ankommen sollten. Wir nutzten die Zeit zum Lesen (vor allem um mit unseren Reiseführen die nächste Reise zu planen), Chillen und ESSEN! Wir konnten gut von unseren Vorräten zehren, die uns noch einmal an das leckere Essen in Xi’an erinnerten. Haaach…ich werde es vermissen.

Bilanz: 50 Stunden im Zug, 52 Stunden in Xi’an, gefühlte 5 Kilo Gewichtszunahme durch muslimisches Essen und ein tolles Wochenende.
Bei mir geht es morgen schon wieder weiter, diesmal nach Macau. Das ist ja wie HK nicht weit entfernt und deshalb für ein Wochenendtrip gut geeignet. Beim nächsten Eintrag dann der Bericht darüber 😉 Bis bald!

 

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Der Monat des Besuchs

5. Mai 2012

Endlich, endlich, endlich ist es soweit: Ich habe mein neues Visum! Aber das Beste ist, es ist ein Multiple-Entry-Visum. Das heißt, ich kann so oft ich möchte aus China ausreisen und mit dem gleichen Visum auch wieder einreisen. Zuvor hatte ich nur ein Single-Entry-Visum, sprich ich bin einmal nach China eingereist und konnte dann nicht ausreisen. Naja, ausreisen wäre an sich schon gegangen. Nur hätte ich dann ein neues Visum für eine neue Einreise beantragen müssen. Da die benachbarten Hongkong und Macau mit jeweils eigenen Grenzen de facto zwei eigene Staaten sind, gilt ein Besuch der beiden Städte als Ausreise aus China. Dementsprechend konnte ich also bis jetzt leider nicht diese beiden Städte besichtigen, obwohl sie – vor allem für chinesische Verhältnisse – nur einen Katzensprung von Guangzhou entfernt sind. Genau aus diesem Grund ist ein Multi-Visum vor allem in der Region um das Perlflussdelta so lohnenswert und praktisch.
So weit, so gut. Doch bis ich endlich mein Multi-Visum in den Händen halten konnte war erstmal eine ewige Zeit des Wartens, des Vertröstens, der Ungewissheit und an manchen Stellen auch der Panik vorausgegangen. Natürlich sind in dieser Zeit auch wieder eine Menge anderer Dinge passiert.

Vielleicht wundern sich jetzt Einige, wieso ich erst jetzt das Visum habe. Im letzten Artikel habe ich doch geschrieben, dass ich in den nächsten Tagen mein Visum bekäme. Nun, davon bin ich auch selber ausgegangen. Nur hat sich noch am selben Tag herausgestellt, dass mein Visum noch nicht beantragt wurde. Es war ein Montag, am Sonntag darauf ist mein altes Visum abgelaufen. Theoretisch kann man das Visum bis einen Tag vor dem Ablaufdatum zur Behörde bringen und es verlängern lassen, dann darf aber natürlich nichts fehlen. Sprich ich, bzw. der Lehrer, der sich darum gekümmert hat, hatte noch bis Freitag Zeit mein Visum abzugeben. Obwohl es noch nicht zu spät war, war ich erstens ziemlich sauer auf den Lehrer, da immer noch nichts geschehen war (ich hatte ihm vor über zweieinhalb Wochen meinen Pass gegeben!), vor allem wurde ich aber ziemlich nervös. Der Gedanke, dass ich in 6 Tagen illegal im Land sein würde machte mir etwas Sorgen, wie ihr sicher nachvollziehen könnt. Da ich aber zu diesem Zeitpunkt schon fast ein halbes Jahr China-Erfahrung gesammelt habe, war ich mir ziemlich sicher, dass es am Ende gerade noch so klappen würde. Typisch chinesisch eben.
Am nächsten Tag, als ich mich mit dem Lehrer traf, um die Situation zu besprechen, wandelte sich meine Nervosität in eine leichte Panik. Er erklärte mir, dass zur Beantragung meines Visums bestimmte Dokumente und Lizenzen der Schule nötig seien. Er zeigte mir den Stapel, es waren gut 10-15 Blätter. Davon waren aber zwei abgelaufen, bzw. hatten noch nicht den Stempel für 2012. Ich fragte ihn wann er die neuen Dokumente bekommen kann. Als er sagte: „Nächste Woche.“ fragte ich ihn zurück: „Aber dann kann das Visum erst nächste Woche beantragt werden? Aber das geht nicht, mein Visum läuft doch am Sonntag aus.“ – „Genau, deswegen musst du morgen nach Hongkong ausreisen und dir dort ein Touristenvisum besorgen.“ Bei dem Satz waren alle meine guten Hoffnungen dahin. So gesehen wäre der Trip nach Hongkong zwar etwas umständlich gewesen. Jedoch hätte ich endlich die Möglichkeit gehabt mal nach HK zu fahren und außerdem hätte die Schule den Ausflug sogar bezahlt. Unter anderen Umständen hätte ich dieses Angebot sofort wahrgenommen. Nur stand – wie ihr euch vielleicht ebenfalls aus meinem letzten Beitrag erinnert – der Besuch meiner Freundin unmittelbar bevor, und zwar zwei Tage später. Natürlich erklärte ich ihm, dass ich deshalb nicht nach HK gehen könne und fragte ob es eine andere Alternative gäbe. Zum Glück fiel mir ein, dass Ausländer auch in Guangzhou, nämlich bei bei der Regestrierungsbehörde, Visa beantragen können. Ich also sofort in mein Zimmer, nehme alle Unterlagen und auf zum Amt. Dort wurde ich erstmal schön chinesisch-bürokratisch von einem Stockwerk ins nächste geschickt, so ähnlich wie bei Asterix (Passierschein 17B usw.). Letztendlich habe ich den richtigen Ort gefunden, fülle alles aus, will gerade die Unterlagen abgeben und: Zwei Stunden Mittagspause…Nach zwei Stunden wiedergekommen und endlich, das Visum ist beantragt.
Ich habe dann ein einmonatiges Touristenvisum beantragt (etwas anderes habe ich nicht bekommen) und konnte es eine Woche später abholen. Ab da hat es alles super funktioniert. Exakt eine Woche später hielt ich meinen Pass mit neuem Visum in den Händen. Durch die Zeit der Besuche meiner Freundin und meines Kumpels Daniel (auf beides wird später noch eingegangen) konnte ich meinen Pass nicht sofort wieder zum Lehrer bringen, da ich ihn z.B. für das Einchecken ins Hotel benötigte. Letztendlich habe ich ihn dann vor Ablauf meines Touristenvisums dem Lehrer gebracht und habe mittlerweile tatsächlich meinen Pass + Multi-Visum wieder!

 

Wie ich es schon angesprochen hatte, hatte ich wieder Besuch. Zum einen kam mich meine Freundin Alexandra noch einmal für zweieinhalb Wochen besuchen. Es waren, wie ihr euch sicherlich vorstellen könnt, ein paar wundervolle Tage, die leider viel zu schnell zu Ende waren. Da sie ja die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Guangzhou schon kannte, stand diesmal eher mein alltägliches Leben im Vordergrund. Dabei hat sie auch viele neue Freunde und Personen aus meinem Alltag kennengelernt. Da ich zu der Zeit Schule hatte, konnten wir keine großen Touren durch dieses riesige Land machen. Dennoch fand sich genug Zeit für einen Kurztrip nach Hainan übers verlängerte Wochenende.
Hainan ist eine Insel im Südchinesischen Meer, mit der Fähre nur 2 Stunden vom Festland entfernt. Sie ist der südlichste Punkt Chinas und sie wird auch das Hawaii Chinas genannt. Voller Vorfreude auf Sonne, Strand und Palmen „setzten“ (viel mehr legten) wir uns in unseren Schlafbus, mit dem wir über Nacht auf die etwa 900 km entfernte Insel gelangen sollten. Die Reiseart war auf jeden Fall etwas ganz Neues und ein lustiges, aber auch stinkiges Erlebnis. Es mussten (wie das im Bett ja normal ist) alle ihre Schuhe ausziehen – naja, dementsprechend roch es dann auch…Aber nach ein paar tiefen Zügen hat man sich auch daran gewöhnt und man konnte es sich in seiner Koje gemütlich machen. Das galt zumindest für diejenigen, die maximal 1,70m groß sind. So passte meine Freundin also ganz genau in ihre Liege, während ich meine Beine leicht anwinkeln musste. Eigentlich ist das nicht so schlimm, aber bei einer insgesamt 18-stündigen Fahrt möchte man doch hin und wieder seine Beine einmal ausstrecken. Erfreulicherweise lag ich genau unter dem Fernseher, der mich dank kantonesischer Haudegen-Filme  eine ganze Zeit nicht einschlafen ließ. Die kantonesische Sprache zeichnet sich unter anderem dadurch aus, das viel gekeift und geplärt wird. Mittlerweile bin ich es aber gewohnt, dass sich eine normale Unterhaltung zwischen zwei (meist älteren) Leuten anhört wie eine heftige Streiterei. Irgendwann war auch das überwunden und ich konnte einschlafen. Dann wurde aber mitten in der Nacht , ohne jegliche Vorankündigung, das Licht angemacht und: „下车,下车!- Aussteigen, aussteigen!“ gerufen. Mit der Nachtruhe war es Mitternacht also vorbei. Nach und nach wurde uns klar, dass wir schon am Meer waren: Die Fährfahrt stand bevor.
Als wir 5 Stunden später in Haikou auf Hainan endlich wieder in unseren Bus steigen konnten, waren wir natürlich dementsprechend müde und legten uns für die letzten drei Stunden nochmal hin. In Sanya (Südhainan, das Ziel unserer Reise) lief alles reibungslos. Wir kamen an, nahmen uns ein Taxi und waren 20 min. später am Hostel. Dort war unser Zimmer zu unserer Überraschung auch schon bereit, wir konnten sofort einziehen und haben uns erstmal noch ausgeruht. Ich muss sagen, dass das das Beste Hostel war, in dem ich bisher war. Die Lage nur wenige Minuten zu Fuß vom Meer, die Einrichtung, das Mitarbeiter-Team um die Besitzer Linda und Chris, der Preis und die Atmosphäre mit den anderen Reisenden waren einfach super! Falls also jemand vorhat nach Sanya zu reisen: Merkt euch das Sanya Backpackers Hostel. Wenn ihr meinen Namen nennt und sagt, dass ihr mich kennt/wir befreundet sind, bekommt ihr 10% Rabatt – es lohnt sich also.
Das Wetter war leider zu Beginn nicht ganz so fantastisch, wie wir uns das vorgestellt hatten. Es war vor allem am ersten und zweiten Tag immer leicht bewölkt. Trotzdem war es trocken und man konnte sich entspannt mit einer frisch aufgemachten Kokosnuss – die man an jeder Ecke für 6-8 Yuan (0,70 – 0,95 €) kaufen kann – an den Strand setzten und die leichte Seebrise genießen. Am dritten Tag haben Alex und ich an einem ganztägigen Surfausflug vom Hostel aus teilgenommen. Morgens ging es in einer 45 min. entfernten Bucht los und wir, die wir alle noch nie gesurft haben, wurden in die Grundlagen des Surfens eingewiesen. Danach durfte geübt werden. Man weiß natürlich, dass es nicht so leicht ist wie es aussieht. Aber genau die Welle zu treffen und dann im richtigen Moment schnell aufzuspringen und dabei noch den richtigen Stand zu erwischen, das ist gar nicht so einfach. Dennoch macht es riesen Spaß (siehe Bilder)! Nach einem üppigen BBQ-Mittagessen durften wir Banana-Boot, selber Jetski und selber Quad am Strand fahren. Vor allem das Jetski war der Hammer! Danach konnte jeder noch so ein bisschen machen was er wollte – alle wollten surfen. Das Beste aber an diesem Tag: Sonnenschein pur!
Am Abend waren wir dann noch mit der ganzen Meute unterwegs. Echt interessant was für verschiedene Leute man so kennenlernt. Aus allen Teilen der Welt kommen sie an einen Punkt zusammen und haben einfach eine gute Zeit miteinander. Kurz vor unserer Abreise gab es noch einen kulinarischen Knaller. Mit der Truppe vom Vortag ging es in ein im Hafen schwimmendes Schwimmrestaurant, das nur mit dem Boot erreicht werden kann. Im Restaurant selbst gibt es nur Meeresfrüchte. So saßen wir 12 Leute alle an einem riesigen Tisch, in der Mitte gab es einen dementsprechend großen wassergefüllten Topf mit einer Herdplatte. Dort wurden unzählige Krabben, Shrimps (lebendig!) und andere Meeresfrüchte reingeschmissen und so lang gekocht bis man sie essen konnte. Dazu gab es noch einen gegrillten Fisch – lecker! Auf den Bildern kann man sehen, wie viel wir gegessen haben. In Deutschland hätten Meeresfrüchte in dieser Menge und Qualität ein  kleines Vermögen gekostet – hier jediglich 78 Yuan (9,30 €) pro Person. Mit gut gefülltem Magen ging es auch anschließend wieder zurück nach Guangzhou, diesmal aber mit dem Zug.
Noch ein paar Tage blieb mein Freundin in Guangzhou, dann musste sie schon leider wieder zurück nach Deutschland fliegen. Im Prinzip steht uns jetzt der längste Abschnitt unserer Trennung bevor. Ich bin aber ziemlich zuversichtlich, dass wir das hinbekommen.

Nur ein paar Tage später stand ich schon wieder am Flughafen, diesmal um meinen Kumpel abzuholen. Eines seiner Highlights war auf jeden Fall das Essen. Da er zuvor noch nie in China war wollte er sich natürlich durch alles durchprobieren. Leider gab es am Anfang einen kleinen Dämpfer, da ihm wohl eine Speise nicht ganz so gut bekommen war. Das war aber schnell wieder auskuriert und das Abenteuer Essen konnte im großen Stil und vor allem großen Mengen fortgesetzt werden. Was wir beide an Essensbergen bezwungen haben war wirklich meisterlich – er hat seinen Besuch hier also voll und ganz ausgeschöpft!
Natürlich stand für ihn hauptsächlich Sightseeing auf dem Programm. Neben den ganzen kleineren Zielen in Guangzhou ging es für ihn auch einen Tag nach Hongkong. Ich konnte leider nicht mit, da mein Pass zu diesem Zeitpunkt bei der Visastelle war. Außerdem waren wir zusammen auf dem Baiyun Mountain (白云山) am Stadtrand von Guangzhou. Von dort könnte man einen guten Blick auf Guangzhou haben, wäre da nicht der Smog. Trotzdem, die Natur ist wirklich schön und man hat die Gelegenheit einmal dem Großstadtlärm und der -hektik zu entkommen.
Nach aber insgesamt 10 Tagen war auch dieser Besuch vorbei und auch mein Freund musste zurück nach Deutschland – die Uni ruft. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir den 15. April, meine Freundin war genau einen Monat zuvor gekommen. Somit ging also ein ganzer Monat voller Besuch zu Ende.

 

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Da bin ich mal wieder

11. März 2012

Hallo miteinander!

Ich melde mich hiermit mal wieder aus Fernost. Ich dachte es ist Zeit, euch mal wieder an meinem Leben hier in China Teil haben zu lassen. Aber leider war das in letzter Zeit nicht ganz so einfach. Der Grund dafür ist, dass das Internet im Wohnheim nicht mehr funktioniert. Jetzt muss ich hier immer ins Lehrerzimmer, um dort ins Internet zu gehen. Leider hatte ich aber keinen Schlüssel für dieses Zimmer. Deshalb hat mir jetzt netterweise Chris, der Englischlehrer aus Neuseeland, seinen Schlüssel geliehen. Somit bin ich jetzt wenigstens nicht ganz von der Außenwelt abgeschnitten und habe vor allem auch außer der Unterrichtszeiten Internetzugang.

Aber an sich gibt es auch nichts großartig zu berichten. Seit vier Wochen befinden wir uns im zweiten Semester. Die Anfangszeit war sehr ungewohnt, da man erstmal wieder in den Schulalltag hereinkommen musste. Außerdem gab es ein paar organisatorische Dinge, die eben zu Beginn eines jeden Semesters erledigt werden müssen. Jetzt geht alles aber seinen Gang und ich bin schon wieder voll im Alltag. Der zweite Jahrgang wird Anfang April eine Deutschprüfung haben. Und zwar für die Stufe A1. Wem das nichts sagt: A1 ist eine Stufe des Europäischen Referenzrahmens zum Beherrschen einer Sprache. Dabei gibt es 6 Stufen, nämlich A1, A2, B1, B2, C1 und C2. Stufe A ist dabei das Anfängerstadium, B fortgeschritten und C für fließend. C2 entspricht dementsprechend Muttersprachlerniveau und A1 dem Anfängerniveau. Es geht bei uns zurzeit also darum, die Schüler darauf vorzubereiten. Leider leidet dabei manchmal ein wenig die Geduld. Manche Schüler machen nämlich bei den Probe-Prüfungen zum Teil sehr ungeschickte Fehler, die sie sonst nie gemacht haben. Das kommt natürlich von der Nervosität, klar. Aber trotzdem muss daran noch gepfeilt werden. Dabei machen die Schüler im ersten Jahrgang ziemlich gute Fortschritte. Letzte Woche haben sie den Akkusativ als ersten anderen Fall gelernt. Mit dem Akkusativ wird nämlich angefangen, weil er der einfachste ist. Vor allem die Endungen/Veränderungen der Wörter ist bei ihm am geringsten. So ist mir erst dann aufgefallen, dass der Akkusativ nur maskulin betrifft. Es ist „der Mann“, ich sehe aber „den Mann“. Wobei es im Gegenzug „das Kind“, „die Frau“ und „die Fische“ heißt und ich auch „das Kind“, „die Frau“ und „die Fische“ sehe. Sie schlagen sich schon ziemlich wacker und immer wenn einer einen Fehler macht helfen ihm die anderen sofort. Das ist echt schön mit anzusehen.

Seit zwei Wochen ist es aber ein bisschen ruhiger in Guangzhou. Claras Freiwilligenzeit ist nämlich vorbei und sie ist schon wieder zu Hause in Deutschland. Somit sind es leider nur noch zwei Freiwillige in Guangzhou. Ich war aus diesem Grund letzte Woche Nuri in Shenzhen besuchen. Dabei haben wir jetzt nicht sonderlich viel gemacht, sondern eher die freie Zeit und das etwas wärmere Wetter in dem einen oder anderen Café genossen.
Nächste Woche wird es aber wieder ein bisschen mehr los sein: Meine Freundin kommt mich nämlich wieder besuchen. Darauf freue ich mich natürlich schon sehr und glaube, dass wir wieder eine schöne Zeit miteinander haben werden. Davor gibt es aber noch dies und das zu tun, was ich auf jeden Fall noch erledigen will/muss. So zum Beispiel die Verlängerung meines Visums. Zurzeit befindet sich mein Pass in der Visastelle, wo mein Visumsantrag bearbeitet wird. Theoretisch müsste es morgen oder übermorgen abholbereit sein. Das ist jetzt auch ziemlich wichtig, da mein Visum nächsten Sonntag ausläuft. Ich werde also nächste Woche wieder Einiges zu tun haben.

 

Bei mir ist hier also alles klar soweit. Ich hoffe allen meinen Lesern geht es gut zu Hause in Deutschland oder da, wo auch immer ihr seid. Liebe Grüße und bis bald!

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Kälteschock

16. Februar 2012

Man kann den Zustand nicht besser beschreiben, in dem ich mich befand, als ich 7 Uhr morgens in Harbin aus dem Zug stieg. Draußen herrschte eine Temperatur von etwa -25°C. Als ich 36 Stunden vorher in Guangzhou mit T-Shirt und einem Sweatshirt in den Zug stieg, waren es frühlingshafte +18°C.

 

Obwohl ich mich eigentlich gut auf die Temperaturen vorbereitet habe (5 Lagen inklusive Ski-Unterwäsche und Ski-Pulli und „Nordpol-Mütze“ <– siehe Foto), dauerte es keine 20 Sekunden bis mir – ich entschuldige mich für meine Ausdrucksweise – arschkalt war und ich einfach nur noch fror. Zu allem Überfluss merkte ich nach den ersten 20 Metern auf dem Bahnsteig, dass meine Nase anfing einzufrieren. Also nichts wie in die Bahnhofshalle, raus zur Taxischlange, wo ich mich in der kuschligen Menschenmasse etwas aufwärmen konnte, dann ab ins Taxi und ins Hostel.
Dort erwartete mich das Kontrastprogramm: Heizungen in jedem Raum, Menschen in T-Shirts und ja, mein Zimmer hatte eine Fußbodenheizung. Selbst wenn man nur wenige Minuten vorher selbst da draußen war, kann man sich im Gebäude überhaupt nicht vorstellen, wie unwirtlich diese Kälte ist, wenn man aus dem Fenster schaut. Viel Zeit dazu blieb aber eh nicht, denn kaum war ich angekommen musste ich mich auch schon frischmachen und wieder in die raus in die Kälte. Genauer gesagt hieß das Ziel: Harbin Ice and Snow World. Der Name hält was er verspricht. Was sich wie eine märchenhafte Winterlandschaft anhört ist in Wahrheit noch viel beeindruckender und fantastischer! Man kommt sich wirklich vor wie in einem Märchen, bzw. im Palast der Eiskönigin aus „Die Chroniken von Narnia“. In dem Park ist alles aus Eis gebaut. Und damit meine ich nicht nur Eisskulpturen, sondern vor allem Nachbildungen von Gebäuden wie Kathedralen oder Palästen, die z.T. sogar begehbar sind. Diese Eisbauten waren auch der eigentliche Grund, weshalb ich mich entschieden habe diese Nordreise anzutreten. Ich muss sagen: DAS hat sich auf jeden Fall gelohnt!
Lustigerweise hatten drei andere kw-Freiwillige – Annina aus Shanghai, David und Johanna aus Wuhan – ebenfalls die Idee in den hohen Norden zu gehen. Wie es sich heraustellte sogar zufällig zur gleichen Zeit. Also haben wir uns natürlich in Harbin getroffen, um gemeinsam die Kunstwerke und die Stadt zu erkunden. Insgesamt gibt es fünf solcher Eisskulpturen Parks in Harbin, die alle ab Mitte Dezember bis Mitte/Ende Februar geöffnet haben. Ich habe aus Zeitgründen leider nur einen, aber dafür den Spektatkulärsten besucht. Am Anfang musste ich jedoch ein bisschen kämpfen, denn die Kassierer erkannten meinen Freiwilligen-Ausweis nicht an und wollten, dass ich den vollen Eintrittspreis von 300 Yuan (ungefähr 36€) zahle. Letztendlich konnte ich sie mit ein paar Tricks und netten Worten noch gnädig stimmen und durfte den ermäßigten Preis von 160 Yuan zahlen.
Neben den Eiswelten kann man in Harbin vielleicht nicht ganz so viel machen, wie in anderen Städten Chinas. Dennoch ist die Stadt ganz ansehlich und niedlich. Die Stadt wurde als russische Garnisonsstadt gegründet und hat an einigen Ecken noch ihren russichen Charme erhalten. Vor allem die russisch-orthodoxe Sofia Kathedrale zeugt noch von früher. Außerdem war Harbin vor und nach dem Zweiten Weltkrieg Ziel vieler jüdischer Flüchtlinge. Noch heute zeugen zwei große Synagogen von dieser Zeit. Es lebten einst bis zu 20.000 Juden in Harbin. Doch heute gibt es keine jüdischen Einwohner mehr, der letzte starb in den 80er Jahren.
Außerdem erlangte die Stadt durch eine andere Sache traurige Bekanntheit. Nachdem Japan 1931 die Mandschurei (Region im Nordosten Chinas) besetzte, errichtete es einen Marionettenstatt namens Mandschukuo (Chinesisch für Mandschurei). Dieser Staat war sozusagen eine Kolonie Japans und diente zur Unterdrückung der chinesischen Bevölkerung und zur Ausbeutung der Rohstoffe und Bodenschätze des Landes. Außerdem errichteten sie überall Kriegsgefangenenlager. Eines davon, die Einheit 731, war in Harbin. Dort wurde an den Gefangen biologische Experimente vorgenommen. Vor allem wurde die Wirkung von Gas und Gasbomben auf Menschen untersucht bevor sie auf dem Schlachtfeld eingesetzt wurden. Doch auch Praktiken wie Erfrierungs- und Vakuumsexperimente oder Sektionen bei lebendigem Leibe waren an der Tagesordnung. In dieser Hinsicht standen die Ärzte den deutschen Ärzten in den Konzentrationslagern in nichts nach. Das Schlimme dabei ist, das viele von ihnen mit Straffreiheit davongekommen sind. Nach dem Krieg haben die USA einigen Ärzten Immunität zugesagt, wenn sie im Gegenzug die wissenschaftlichen Ergebnisse bekämen. Dabei waren auch einige US-Amerikaner in dem Lager bei den Experimenten umgekommen.

Nach zwei Tagen ging die Reise aber schon weiter. Diesmal aber zum Glück nicht so weit, nur 2 Stunden mit dem Zug ins benachbarte Changchun. Changchun ist an sich nicht besonders attraktiv. Sie ist eine typische nordchinesische Industriestadt: Viel Schwerindustrie, eintönige Architektur, eben ein bisschen heruntergekommen im Vergleich zu den Glanzstädten wie Shanghai, Shenzhen und sogar Guangzhou. Dennoch hat die Stadt etwas Besonderes. Wie schon erwähnt errichtete Japan ab 1931 den Marionettenstaat Mandschukuo. Dabei wurde Changchun als Hauptstadt auserwählt. Deshalb befindet sich hier der ehemalige Kaiserpalast, des letzten Kaisers von China, Pu Yi. Dieser, der sich nach seiner Absetzung 1911 und 1917 nach dem Thron sehnte, wurde von Japan zuerst als Präsident, später als Kaiser von Mandschukuo eingesetzt. Heutzutage kann man den Palast besuchen. Dabei erfährt man Einiges über das Hofleben, über das Privatleben und die Person Pu Yis und darüber wie in Wahrheit Japan Mandschukuo regierte. Außerdem ist ein weiteres Museum zur Besatzung durch das Japanische Kaiserreich angegliedert. Insgesamt kommen der Kaiser und Japan dabei nicht gut weg. Der Kaiser wird als Kollaborateur und Verräter am chinesischen Volk dargestellt, während die Japaner als Kriegstreiber gesehen werden. Besucht man diesen Ort oder auch die Einheit 731, kann man das schwierige Verhältnis zwischen Chinesen und Japanern gut verstehen. Von chinesischer Seite wird dabei vor allem kritisiert, dass Japan sich bis heute nicht in ausreichender Form bei China für die Taten während der Besatzungszeit und im Krieg entschuldigt hat. Außerdem wird Japan vorgeworfen, sich nicht selbstkritisch mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen und die Geschichte zu verdrängen. Man kann die Situation vielleicht im Entferntesten mit der zwischen Israel und Deutschland vergleichen.
Trotz dieser bedrückenden Last kann man auch angenehme Dinge in Changchun machen, so z.B. Skifahren. Nur etwa 20 km außerhalb des Stadtzentrums gibt es in einem Naturschutzgebiet ein Wintersportzentrum. Um dahin zu gelangen muss man von der Straßenbahn-Haltestelle ungefähr noch 3 km laufen. Ein Taxifahrer meinte er könne mich für 100 Yuan dahin bringen. Als ich nachfragte: „100?!? Du meinst einhundert??“ Nickte er und grinste mich hämisch an. Ich lachte ihn nur laut aus und ging weiter. 100 Yuan, dafür komme ich im teuren Guangzhou gut 30 km weit, fast bis zum Flughafen. Schon merkt man, dass man in einer Stadt von 2 Millionen Einwohnern für chinesische Verhältnisse auf dem Land ist und andere Regeln gelten. Er wollte aber nicht glauben, dass der Ausländer tatsächlich „3 km zu Fuß (?!)“ laufen will und lief mir hinterher. Am Ende war er, schon sichtlich verzweifelt, bei 60. Als ich ihn immer noch ignorierte und weiterlief stampfte er irgendwann wütend ab. Damit hatte er nicht gerechnet. Naja, selber schuld.
Das Skifahren war, auch wenn nicht besonders spannend und abwechslungsreich, ganz nett. Immerhin stand ich diese Saison wenigstens einmal auf den Brettern und kann jetzt stolz sagen, einmal in China Ski gefahren zu sein. Das Wetter war herrlich. Abends ging es dann nach einer Nacht in Changchun aber schon mit dem Nachtzug nach Peking. Im Nachhinein ärgerte ich mich, dass ich für die kurze Strecke von 9 Stunden einen Liegeplatz genommen hatte, wäre der Sitzplatz doch um Einiges günstiger gewesen. Interessant, wie sich nach einer 36-stündigen Zugfahrt der Fokus in Bezug auf Dauer und Entfernung verschiebt.

Dafür kam ich aber ausgeschlafen am nächsten morgen in Beijing an. Es war übrigens der letzte Tag des Chinesischen Neujahrs, das Laternenfest. Nachdem ich im Hostel, welches sich ungefähr nur 10 Gehminuten von der Verbotenen Stadt entfernt befand, eingecheckt und mich frischgemacht habe, bin ich gleich wieder los und habe mich mit Moni getroffen. Moni ist, ihr könnt es schon erraten, ebenfalls Freiwillige und zwar bei DAAD in Peking. Zusammen wollten wir zum letzten Tag des Frühlingsfestes ein paar Special Events ausfindig machen und uns diese anschauen. So hat sie von Drachentänzen und einem Laternen-Lichterfest gehört, die wir aber leider nicht gefunden, bzw. nicht stattgefunden haben. So habe ich trotzdem ein paar andere Seiten von Beijing kennengelernt, wie den Beihai-Park, den Trommelturm und einige Hutongs (typische traditionelle Wohnsiedlungen in Peking). Da ich vor zwei Jahren mit meiner Familie schon einmal dort war, konnte ich die großen Sehenswürdigkeiten, wie die Verbotene Stadt, die Große Mauer oder das Olympiastadion auslassen. Am Abend kamen wir dennoch auf unsere Kosten: In der ganzen Stadt gab es überall kleine, private Feuerwerke, die zu einem einzigen großen Geballere und Geböllere verschmolzen. Zum Teil feuerten die Leute ihre Batterien auf der Straße genau neben den parkenden und fahrenden Autos und Bussen ab. Die schien das aber alle wenig zu stören. Auch die Leute stiegen ganz normal ein und aus, obwohl vielleicht in 2 m Entfernung eine Rakete gezündet wurde. Insgesamt hat es sich für 3 Stunden angehört, als sei Krieg ausgebrochen.
Am nächsten Tag war dann aber nichts mehr von dem nächtlichen Schlachtfeld zu sehen, alles blitzblank aufgeräumt. Mein Tag begann damit im morgendlichen Berufsverkehr zu einer Fernbusstation zu pendeln, von der im Internet behauptet wurde, dass von ihr Fernbusse nach Guangzhou fahren würden. Ich hatte nämlich noch keine Rückfahrt nach Guangzhou und alle Züge waren ausverkauft, selbst die Sitzplätze. Meine letzte Hoffnung auf eine halbwegs günstige Fahrt nach Hause war also eine Busfahrt. Leider stellte sich heraus, dass es keine Verbindung nach Guangzhou gab und ich musste ein Flugticket kaufen. Danach besuchte ich den Lamatempel. Zwar sehr schön, da dieser ein Tempel des tibetischen Buddhismus ist, aber nachdem man ein paar Tempel gesehen hat, ist das nicht mehr so atemberaubend, wie am Anfang. Zum Mittagessen traf ich mich mit Moni und abends traf ich mich mit meiner Mentorin, die auch gerade in Peking war.
Am nächsten Tag besuchte ich noch den Himmelstempel, wo ich fast dem Kanadischen Ministerpräsidenten Stephen Harper über den Weg gelaufen wäre, wie ich später herausfand. Zusammen mit meiner Mentorin gingnen wir in die Art Zone 798, ein altes Fabrikgelände, das Künstler jetzt als ihre Werkstätten und Verkaufsräume nutzen. Ein paar wohnen auch direkt da. Es war ganz interessant die Vermischung von modernen und traditioneller, westlicher und chinesische Kunst zu sehen. Dabei waren aber auch ein paar exotische Werke dabei. In einer Gallerie konnte man z.B. nordkoreanische Kunst anschauen und kaufen. Abends sind wir zusammen mit Moni noch Pekingente essen gewesen. Die Pekingente wird ähnlich wie ein Wrap oder ein Yufka gegessen. Der Koch schneidet die Ente vor den Augen der Kunden in hauchdünne Streifen. Man bekommt ein paar kleine rundliche, dünne Pfannkuchen eine bestimmte Soße, Gürkchen und Lauchzwiebeln dazu. Man nimmt sich einen Pfannkuchen, taucht ein zwei Stücke der Ente in die Soße, legt sie auf den Pfannkuchen, legt ein paar Gurken und Zwiebeln dazu, rollt ihn zusammen und isst ihn. Hierbei dürfen, extrem selten beim chinesischen Essen, die Hände benutzt werden. Gut gefüllt ging es danach noch in das bekannte Bar- und Restaurantviertel Sanlitun. Wer in Peking ist und abends mal weggehen will, ist hier genau richtig. Hier gibt es Bars, Restaurants und Clubs auf engstem Raum. Dabei sind die Preise in manchen Bars für Pekinger Verhältnisse einigermaßen in Ordnung.
An meinem letzten Tag konnte ich nicht mehr so viel machen, da mein Flug schon relativ früh ging. Also entschied ich mich der morgentlichen Zeremonie des Fahnehissens auf dem Platz des Himmlischen Friedens beizuwohnen. Laut Aussage der Dame im Hostel reicht es locker, wenn man 20 Minuten vorher da ist. Hätte ich mich da nicht mal auf sie verlassen. Eine halbe Stunde vor der Zeremonie wird der Zugang zum Platz bereits abgesperrt. Somit blieb mir nur die Zeremonie von der anderen Straßenseite aus zu verfolgen. Wenn die Soldaten aus der Verbotenen Stadt kommen und auf den Platz marschieren wird extra für sie die Straße gesperrt. Genau zum Sonnenaufgang wird die Fahne unter Begleitung der Nationalhymne gehisst. Leider habe ich diesen Moment nur halb mitbekommen, da durch mein Sichtfeld immer wieder Busse und Autos fuhren. Bei dem Lärm hört man die Hymne auch nicht richtig. Das nächste Mal, wenn ich in Peking bin, werde ich nochmal hingehen und diesmal früher da sein.

 

Jetzt bin ich auch schon fast wieder eine Woche zu Hause. Seit Montag ist wieder normaler Schulalltag. Es fühlt sich ein bisschen so an, wie nach den Sommerferien. Aber ich freue mich auf den Alltag. Die Ferien waren sehr schön. Ich habe viel erlebt, bin viel rumgekommen und habe nette Leute kennengelernt. Jetzt ist aber auch mal wieder Zeit für mein Leben hier in Guangzhou.
Bei mir ist es übrigens seit Montag herrlich war, bei ungefähr 25°C. Durch das Internet und Gespräche mit zu Hause, weiß ich, dass es in Deutschland gerade ja nicht so gemütlich ist. Aber haltet durch, es kommen wieder wärmere Zeiten!

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Im Zeichen des Drachen

30. Januar 2012

Wie versprochen kommt hier mein Bericht über die ereignisreiche letzte Woche: Über das Chinesische Neujahrsfest.

Angefangen hat das Fest am 22. Januar. Dieser Tag war nämlich der letzte des alten Hasenjahres, sozusagen der 31. Dezember für uns. So ähnlich wird dieser Tag dann auch gefeiert. Man bleibt bis 0 Uhr wach und heißt das neue Jahr mit Böllern und Feuerwerken willkommen. Interessanter Weise hat die Tradition des Knallens den gleichen Ursprung, wie das Böllern an unserem Silvester: Damit sollen nämlich die bösen Geister aus dem alten Jahr vertrieben werden, um viel Glück und Segen für das neue Jahr zu bekommen.
Grundsätzlich gibt es aber einen großen Unterschied zum deutschen Silvester. Während man in Deutschland Silvester oftmals mit Freunden und Bekannten feiert, wird in China stets mit der Familie gefeiert. Eigentlich beginnt das Frühlingsfest erst mit dem ersten Tag des neuen Jahres. Dieses Jahr war das am 23. Januar der Fall, seitdem befinden wir uns übrigens auch im Drachenjahr. Das Fest an sich dauert 15 Tage. Dabei sind aber nur die ersten drei Tage auch staatliche Feiertage. Ab dem vierten Tag müssen aber schon wieder viele Leute arbeiten. Die meisten aber haben die komplette Woche danach noch frei. Wirklich gefeiert wird eigentlich auch nur in den ersten drei Tagen + dem Silvesterabend. Am letzten, 15. Tag des Festes wird aber zum Abschluss das Laternenfest noch einmal gefeiert. In der gesamten Zeit, besonders in den ersten drei Tagen, trifft man sich mit der Familie, für China selbstverständlich, zum Essen. Da gibt es natürlich ein richtiges Festmahl mit vielen leckeren und besonderen Speisen. Jeder, der danach noch etwas anderes essen kann oder gar hungrig ist, muss einfach etwas falsch gemacht haben! Man trifft sich aber nicht mit der ganzen Familie auf einmal, sondern besucht abwechselnd die Familie des Vaters und die der Mutter.
So war ich auch bei zwei solcher Familientreffen meiner Mentorin eingeladen. Am Silvesterabend hat sich die Familie väterlicherseits getroffen, am Neujahrstag habe ich die Familie mütterlicherseits kennengelernt. Wie immer wurde ich sehr herzlich aufgenommen und es wurde stets darauf geachtet, dass ich auch gut und viel esse. Als irgendwann der Wein und der Schnaps parallel aufgemacht wurden, wurde ich natürlich aufgefordert ebenfalls mitzutrinken. Ab einem bestimmten Punkt war es mir aber eindeutig zu viel und zu schnell. Dann habe ich einfach nicht mehr ausgetrunken, bzw. das Glas stehen lassen, wenn mir nachgeschenkt wurde.
Was man  während des gesamten Festes und auch schon davor hören kann, ist Folgendes: 新年快乐! Xinnian kuaile! – Frohes neues Jahr! Soweit sind die Glückwünsche ja gleich, wie zu unserem Neujahr. Ab dem 1. wird aber noch zusätzlich der Satz: Gongxi facai! – oder wie ich oft gehört habe, auf Kantonesisch: Gonghei fatschoi! Das heißt soviel wie: Viel Glück und Wohlstand! Wohlstand spielt eine große Rolle in der chinesischen Kultur. So bekommen Kinder und unverheiratete Erwachsene von jedem Familienmitglied, das sie während des Frühlingsfestes sehen, einen Hongbao („roter Beutel“). In diesem roten Beutel befindet sich Geld, das Glück für das neue Jahr bringen soll. Wie viel darin enthalten ist hängt natürlich stark vom Geldbeutel des Gebers ab. Manche Kinder bekommen aber so viel, dass sie sich damit doch einige Wünsche erfüllen können. Während das Geld früher eigentlich nur symbolische Bedeutung hatte, wird es heute immer mehr als Geschenk, wie bei uns Weihnachten, betrachtet. Insgesamt kann man sehr viele Parallelen zwischen dem Chinesischen Neujahsrfest und unserem Weihnachten ziehen: Man feiert in der Familie, es gibt viele besondere Spzialitäten und große Festessen, man beschenkt sich (vor allem aber die Kinder), die Straßen sind leerer als sonst, viele Geschäfte (die in China jeden Tag und manchmal bis 2 Uhr nachts offen haben) sind für Tage geschlossen und es wird viel geschmückt, sowohl innen als auch außen.

Hinzukommen dann noch spezielle Events, wie das große Neujahrsfeuerwerk (das über eine halbe Stunde dauerte), das Lichterfest im Yuexiu-Park oder die zahlreichen Blumenmärkte, wo man frische und exotische Blumen als Dekoration kaufen kann. Leider bin ich etwas spät zum Feuerwerk aufgebrochen, der Ort befand sich 17 km außerhalb des eigentlichen Stadtzentrums und die Taxifahrt dauerte eine halbe Stunde.  Als ich kurz vor dem Ziel war, stauten sich bereits du Automassen und niemand kam meher weiter. Also tat ich es vielen Chinesen gleich, stieg aus und lief auf der verstopften Autobahn weiter nach vorne, um näher an das Geschehen zu kommen und eine bessere Sicht zu bekommen. Letztendlich stand ich auf einer Brücke und hatte den Umständen entsprechend eine ziemlich gute Sicht. Nach ca. 25 Minuten aber (das Feuerwerk war noch in vollem Gange) lies die Polizei die mittlere Spur räumen, sodass eine Gasse entstand, in der die Autos weiterfahren sollten. Auf beiden Seiten der Brücke standen aber noch Menschen, die sich das Feuerwerk ansahen. Als es dann schließlich zu Ende war, mussten einige Leute (unter anderem ich) die Gasse kreuzen, um zum rechten Fahrbahnrand zu gelangen, wo ich später zu Metrostation kommen würde. Zum Glück waren die Autos noch relativ langsam und ich konnte eine Lücke zwischen zwei Autos nutzen, um schnell rüber zu rennen. Weiter vorne hatten es die Leute aber deutlich schwerer, da die Autos dort schon um die 80-100 km/h fuhren. Als jemand versuchte die Straße zu überqueren kam es auch fast zum Unfall. Warum man mit der Räumung nicht einfach 5 Minuten hätte warten können?…
Das Lichterfest im Yuexiu-Park war ebenfalls sehr spektakulär. Als mich meine Familie besucht hat und ich ihnen den Park zeigen wollte, haben wir durch Zufall gesehen, wie große Skulpturen aus Geschirr für das Frühlingsfest aufgebaut wurden. Als ich letzte Woche wieder da war, sah ich auch wofür. Überall war bunter Schmuck und vor allem alles war wunderschön beleuchtet. Für den Park, der normalerweise kostenlos ist, musste diesmal auch 24 Yuan Eintritt gezahlt werden, wie ich finde sehr angemessen.

Wie in letzter Zeit üblich, hatten wir wieder Besuch aus dem Norden. Diesmal kam Johanna aus Hangzhou und auch Nuri, die ja aus dem nahen Shenzhen herübergekommen war, zu Besuch. Wie immer haben wir gut geschlemmt. Aber kein einziges Mal Chinesisch, wie uns später aufgefallen ist. Dafür waren wir lecker Türkisch, Vietnamesisch und (mein Favorit) bei einem brasilianischen Steak-Buffet. Das Fleisch hatte eine super Qualität und auch das Buffet hatte einige leckere Beilagen zu bieten. Der Schokobrunnen zum Nachtisch hat das ganze dann getoppt. Da werde ich wohl nicht das letzte Mal gewesen sein.

 

Vielleicht wundern sich einige von euch, da ich hier aus Guangzhou berichte. Eigentlich sollte ich ja ab Samstagabend unterwegs in den (wirklich) hohen und kalten Norden, nämlich nach Harbin sein. So war auch der Plan. Aber leider musste ich die Auswirkungen der Hauptreisezeit selber zu spüren bekommen: Bis Dienstag gab es für die 37 Stunden lange Zugfahrt keinen Schlafplatz mehr, und dass obwohl ich die Tickets am Dienstag zuvor kaufen wollte. Also musste ich meinen Start etwas verschieben. Außerdem fahre ich nicht direkt nach Harbin (gar keine Schlafplätze für die nächsten 10 Tage), sondern in das nahegelegene Changchun, von wo aus ich nochmal mit einem Regionalzug weiterfahre. Die Reise scheint ja schonmal spannend anzufangen. Auf das alles glatt läuft!

Je nachdem, wie viel Zeit und Internet ich zu Verfügung habe, melde ich mich mit einem Eintrag von meiner Reise. Ansonsten nicht wundern, wenn die nächsten 10-12 Tage nichts Neues kommt. Bis bald!

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