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Der Monat des Besuchs

5. Mai 2012

Endlich, endlich, endlich ist es soweit: Ich habe mein neues Visum! Aber das Beste ist, es ist ein Multiple-Entry-Visum. Das heißt, ich kann so oft ich möchte aus China ausreisen und mit dem gleichen Visum auch wieder einreisen. Zuvor hatte ich nur ein Single-Entry-Visum, sprich ich bin einmal nach China eingereist und konnte dann nicht ausreisen. Naja, ausreisen wäre an sich schon gegangen. Nur hätte ich dann ein neues Visum für eine neue Einreise beantragen müssen. Da die benachbarten Hongkong und Macau mit jeweils eigenen Grenzen de facto zwei eigene Staaten sind, gilt ein Besuch der beiden Städte als Ausreise aus China. Dementsprechend konnte ich also bis jetzt leider nicht diese beiden Städte besichtigen, obwohl sie – vor allem für chinesische Verhältnisse – nur einen Katzensprung von Guangzhou entfernt sind. Genau aus diesem Grund ist ein Multi-Visum vor allem in der Region um das Perlflussdelta so lohnenswert und praktisch.
So weit, so gut. Doch bis ich endlich mein Multi-Visum in den Händen halten konnte war erstmal eine ewige Zeit des Wartens, des Vertröstens, der Ungewissheit und an manchen Stellen auch der Panik vorausgegangen. Natürlich sind in dieser Zeit auch wieder eine Menge anderer Dinge passiert.

Vielleicht wundern sich jetzt Einige, wieso ich erst jetzt das Visum habe. Im letzten Artikel habe ich doch geschrieben, dass ich in den nächsten Tagen mein Visum bekäme. Nun, davon bin ich auch selber ausgegangen. Nur hat sich noch am selben Tag herausgestellt, dass mein Visum noch nicht beantragt wurde. Es war ein Montag, am Sonntag darauf ist mein altes Visum abgelaufen. Theoretisch kann man das Visum bis einen Tag vor dem Ablaufdatum zur Behörde bringen und es verlängern lassen, dann darf aber natürlich nichts fehlen. Sprich ich, bzw. der Lehrer, der sich darum gekümmert hat, hatte noch bis Freitag Zeit mein Visum abzugeben. Obwohl es noch nicht zu spät war, war ich erstens ziemlich sauer auf den Lehrer, da immer noch nichts geschehen war (ich hatte ihm vor über zweieinhalb Wochen meinen Pass gegeben!), vor allem wurde ich aber ziemlich nervös. Der Gedanke, dass ich in 6 Tagen illegal im Land sein würde machte mir etwas Sorgen, wie ihr sicher nachvollziehen könnt. Da ich aber zu diesem Zeitpunkt schon fast ein halbes Jahr China-Erfahrung gesammelt habe, war ich mir ziemlich sicher, dass es am Ende gerade noch so klappen würde. Typisch chinesisch eben.
Am nächsten Tag, als ich mich mit dem Lehrer traf, um die Situation zu besprechen, wandelte sich meine Nervosität in eine leichte Panik. Er erklärte mir, dass zur Beantragung meines Visums bestimmte Dokumente und Lizenzen der Schule nötig seien. Er zeigte mir den Stapel, es waren gut 10-15 Blätter. Davon waren aber zwei abgelaufen, bzw. hatten noch nicht den Stempel für 2012. Ich fragte ihn wann er die neuen Dokumente bekommen kann. Als er sagte: „Nächste Woche.“ fragte ich ihn zurück: „Aber dann kann das Visum erst nächste Woche beantragt werden? Aber das geht nicht, mein Visum läuft doch am Sonntag aus.“ – „Genau, deswegen musst du morgen nach Hongkong ausreisen und dir dort ein Touristenvisum besorgen.“ Bei dem Satz waren alle meine guten Hoffnungen dahin. So gesehen wäre der Trip nach Hongkong zwar etwas umständlich gewesen. Jedoch hätte ich endlich die Möglichkeit gehabt mal nach HK zu fahren und außerdem hätte die Schule den Ausflug sogar bezahlt. Unter anderen Umständen hätte ich dieses Angebot sofort wahrgenommen. Nur stand – wie ihr euch vielleicht ebenfalls aus meinem letzten Beitrag erinnert – der Besuch meiner Freundin unmittelbar bevor, und zwar zwei Tage später. Natürlich erklärte ich ihm, dass ich deshalb nicht nach HK gehen könne und fragte ob es eine andere Alternative gäbe. Zum Glück fiel mir ein, dass Ausländer auch in Guangzhou, nämlich bei bei der Regestrierungsbehörde, Visa beantragen können. Ich also sofort in mein Zimmer, nehme alle Unterlagen und auf zum Amt. Dort wurde ich erstmal schön chinesisch-bürokratisch von einem Stockwerk ins nächste geschickt, so ähnlich wie bei Asterix (Passierschein 17B usw.). Letztendlich habe ich den richtigen Ort gefunden, fülle alles aus, will gerade die Unterlagen abgeben und: Zwei Stunden Mittagspause…Nach zwei Stunden wiedergekommen und endlich, das Visum ist beantragt.
Ich habe dann ein einmonatiges Touristenvisum beantragt (etwas anderes habe ich nicht bekommen) und konnte es eine Woche später abholen. Ab da hat es alles super funktioniert. Exakt eine Woche später hielt ich meinen Pass mit neuem Visum in den Händen. Durch die Zeit der Besuche meiner Freundin und meines Kumpels Daniel (auf beides wird später noch eingegangen) konnte ich meinen Pass nicht sofort wieder zum Lehrer bringen, da ich ihn z.B. für das Einchecken ins Hotel benötigte. Letztendlich habe ich ihn dann vor Ablauf meines Touristenvisums dem Lehrer gebracht und habe mittlerweile tatsächlich meinen Pass + Multi-Visum wieder!

 

Wie ich es schon angesprochen hatte, hatte ich wieder Besuch. Zum einen kam mich meine Freundin Alexandra noch einmal für zweieinhalb Wochen besuchen. Es waren, wie ihr euch sicherlich vorstellen könnt, ein paar wundervolle Tage, die leider viel zu schnell zu Ende waren. Da sie ja die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Guangzhou schon kannte, stand diesmal eher mein alltägliches Leben im Vordergrund. Dabei hat sie auch viele neue Freunde und Personen aus meinem Alltag kennengelernt. Da ich zu der Zeit Schule hatte, konnten wir keine großen Touren durch dieses riesige Land machen. Dennoch fand sich genug Zeit für einen Kurztrip nach Hainan übers verlängerte Wochenende.
Hainan ist eine Insel im Südchinesischen Meer, mit der Fähre nur 2 Stunden vom Festland entfernt. Sie ist der südlichste Punkt Chinas und sie wird auch das Hawaii Chinas genannt. Voller Vorfreude auf Sonne, Strand und Palmen „setzten“ (viel mehr legten) wir uns in unseren Schlafbus, mit dem wir über Nacht auf die etwa 900 km entfernte Insel gelangen sollten. Die Reiseart war auf jeden Fall etwas ganz Neues und ein lustiges, aber auch stinkiges Erlebnis. Es mussten (wie das im Bett ja normal ist) alle ihre Schuhe ausziehen – naja, dementsprechend roch es dann auch…Aber nach ein paar tiefen Zügen hat man sich auch daran gewöhnt und man konnte es sich in seiner Koje gemütlich machen. Das galt zumindest für diejenigen, die maximal 1,70m groß sind. So passte meine Freundin also ganz genau in ihre Liege, während ich meine Beine leicht anwinkeln musste. Eigentlich ist das nicht so schlimm, aber bei einer insgesamt 18-stündigen Fahrt möchte man doch hin und wieder seine Beine einmal ausstrecken. Erfreulicherweise lag ich genau unter dem Fernseher, der mich dank kantonesischer Haudegen-Filme  eine ganze Zeit nicht einschlafen ließ. Die kantonesische Sprache zeichnet sich unter anderem dadurch aus, das viel gekeift und geplärt wird. Mittlerweile bin ich es aber gewohnt, dass sich eine normale Unterhaltung zwischen zwei (meist älteren) Leuten anhört wie eine heftige Streiterei. Irgendwann war auch das überwunden und ich konnte einschlafen. Dann wurde aber mitten in der Nacht , ohne jegliche Vorankündigung, das Licht angemacht und: „下车,下车!- Aussteigen, aussteigen!“ gerufen. Mit der Nachtruhe war es Mitternacht also vorbei. Nach und nach wurde uns klar, dass wir schon am Meer waren: Die Fährfahrt stand bevor.
Als wir 5 Stunden später in Haikou auf Hainan endlich wieder in unseren Bus steigen konnten, waren wir natürlich dementsprechend müde und legten uns für die letzten drei Stunden nochmal hin. In Sanya (Südhainan, das Ziel unserer Reise) lief alles reibungslos. Wir kamen an, nahmen uns ein Taxi und waren 20 min. später am Hostel. Dort war unser Zimmer zu unserer Überraschung auch schon bereit, wir konnten sofort einziehen und haben uns erstmal noch ausgeruht. Ich muss sagen, dass das das Beste Hostel war, in dem ich bisher war. Die Lage nur wenige Minuten zu Fuß vom Meer, die Einrichtung, das Mitarbeiter-Team um die Besitzer Linda und Chris, der Preis und die Atmosphäre mit den anderen Reisenden waren einfach super! Falls also jemand vorhat nach Sanya zu reisen: Merkt euch das Sanya Backpackers Hostel. Wenn ihr meinen Namen nennt und sagt, dass ihr mich kennt/wir befreundet sind, bekommt ihr 10% Rabatt – es lohnt sich also.
Das Wetter war leider zu Beginn nicht ganz so fantastisch, wie wir uns das vorgestellt hatten. Es war vor allem am ersten und zweiten Tag immer leicht bewölkt. Trotzdem war es trocken und man konnte sich entspannt mit einer frisch aufgemachten Kokosnuss – die man an jeder Ecke für 6-8 Yuan (0,70 – 0,95 €) kaufen kann – an den Strand setzten und die leichte Seebrise genießen. Am dritten Tag haben Alex und ich an einem ganztägigen Surfausflug vom Hostel aus teilgenommen. Morgens ging es in einer 45 min. entfernten Bucht los und wir, die wir alle noch nie gesurft haben, wurden in die Grundlagen des Surfens eingewiesen. Danach durfte geübt werden. Man weiß natürlich, dass es nicht so leicht ist wie es aussieht. Aber genau die Welle zu treffen und dann im richtigen Moment schnell aufzuspringen und dabei noch den richtigen Stand zu erwischen, das ist gar nicht so einfach. Dennoch macht es riesen Spaß (siehe Bilder)! Nach einem üppigen BBQ-Mittagessen durften wir Banana-Boot, selber Jetski und selber Quad am Strand fahren. Vor allem das Jetski war der Hammer! Danach konnte jeder noch so ein bisschen machen was er wollte – alle wollten surfen. Das Beste aber an diesem Tag: Sonnenschein pur!
Am Abend waren wir dann noch mit der ganzen Meute unterwegs. Echt interessant was für verschiedene Leute man so kennenlernt. Aus allen Teilen der Welt kommen sie an einen Punkt zusammen und haben einfach eine gute Zeit miteinander. Kurz vor unserer Abreise gab es noch einen kulinarischen Knaller. Mit der Truppe vom Vortag ging es in ein im Hafen schwimmendes Schwimmrestaurant, das nur mit dem Boot erreicht werden kann. Im Restaurant selbst gibt es nur Meeresfrüchte. So saßen wir 12 Leute alle an einem riesigen Tisch, in der Mitte gab es einen dementsprechend großen wassergefüllten Topf mit einer Herdplatte. Dort wurden unzählige Krabben, Shrimps (lebendig!) und andere Meeresfrüchte reingeschmissen und so lang gekocht bis man sie essen konnte. Dazu gab es noch einen gegrillten Fisch – lecker! Auf den Bildern kann man sehen, wie viel wir gegessen haben. In Deutschland hätten Meeresfrüchte in dieser Menge und Qualität ein  kleines Vermögen gekostet – hier jediglich 78 Yuan (9,30 €) pro Person. Mit gut gefülltem Magen ging es auch anschließend wieder zurück nach Guangzhou, diesmal aber mit dem Zug.
Noch ein paar Tage blieb mein Freundin in Guangzhou, dann musste sie schon leider wieder zurück nach Deutschland fliegen. Im Prinzip steht uns jetzt der längste Abschnitt unserer Trennung bevor. Ich bin aber ziemlich zuversichtlich, dass wir das hinbekommen.

Nur ein paar Tage später stand ich schon wieder am Flughafen, diesmal um meinen Kumpel abzuholen. Eines seiner Highlights war auf jeden Fall das Essen. Da er zuvor noch nie in China war wollte er sich natürlich durch alles durchprobieren. Leider gab es am Anfang einen kleinen Dämpfer, da ihm wohl eine Speise nicht ganz so gut bekommen war. Das war aber schnell wieder auskuriert und das Abenteuer Essen konnte im großen Stil und vor allem großen Mengen fortgesetzt werden. Was wir beide an Essensbergen bezwungen haben war wirklich meisterlich – er hat seinen Besuch hier also voll und ganz ausgeschöpft!
Natürlich stand für ihn hauptsächlich Sightseeing auf dem Programm. Neben den ganzen kleineren Zielen in Guangzhou ging es für ihn auch einen Tag nach Hongkong. Ich konnte leider nicht mit, da mein Pass zu diesem Zeitpunkt bei der Visastelle war. Außerdem waren wir zusammen auf dem Baiyun Mountain (白云山) am Stadtrand von Guangzhou. Von dort könnte man einen guten Blick auf Guangzhou haben, wäre da nicht der Smog. Trotzdem, die Natur ist wirklich schön und man hat die Gelegenheit einmal dem Großstadtlärm und der -hektik zu entkommen.
Nach aber insgesamt 10 Tagen war auch dieser Besuch vorbei und auch mein Freund musste zurück nach Deutschland – die Uni ruft. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir den 15. April, meine Freundin war genau einen Monat zuvor gekommen. Somit ging also ein ganzer Monat voller Besuch zu Ende.

 

Ein Kommentar

  1. HAHA der Negeren-Tempel!



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