Novembrī – November im Lockdown

04.12.20 aus Deutschland


Obwohl der November eher melancholisch gestimmt war, kann ich behaupten, dass ich nur so vor Freude strahle.

Nachdem wir erst in den Genuss der vielen coolen Bars und Restaurants gekommen sind, wird gleich zwei Tage danach der Lockdown verkündet. Natürlich mussten wir unser letztes freies Wochenende in vollen Zügen genießen und so waren wir auch mehrmals hintereinander in der Karaoke Bar oder der French Bar. Erst eine Woche später haben wir erfahren, dass es hier ebenfalls einen deutschen Hot Spot gibt: Die Cartel Bar. Dabei haben wir uns schon gewundert, wo denn die deutschen Studenten bleiben. Riga ist eine Stadt, in der man bei Spaziergängen immer etwas neues entdeckt. So war es einerseits traurig, als man eine interessante Bar etc. bemerkt hat, die jedoch geschlossen ist. Andererseits weckte dies gleichzeitig unsere Vorfreude für nächstes Jahr. Selbst nach zwei oder drei Monaten werden wir also so einiges auf der Riga Bucket List stehen haben.

Glücklicherweise sind in Riga die Museen offen geblieben. So machten Hanna und ich uns zur Aufgabe, so viele wie möglich zu besichtigen. Startpunkt: Latvian National Museum of Art. Ein wunderschönes Gebäude, das interessante Kunst ausstellt und das für nur 3 Euro! Dabei bemerkte ich, dass lettische Kunstwerke sich oft doch von der westeuropäischen unterscheidet – meiner Meinung nach zumindest.

Zweiter Stopp: Cosmos Illusion Museum. Tja, satte 8 Euro für eine fast nicht vorhandene Ausstellung bezahlt. Jedoch war der eine Raum mit Spiegeln und Lichtern auf jeden Fall ein Highlight!

Dritter Stopp: Digital Art House. Nun ist auch die Paula aus Daugavpils endlich angereist. Zu dritt haben wir die 40 min. Show, in der wir quasi in Van Goghs zum Leben erweckte Gemälde eintauchen konnten, unglaublich genossen. Es war faszinierend, wie man für alt bekannte Kunstwerke ganz schnell die Sichtweise überdenken kann. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie lange und anstrengend es war, diese aufwendige Vorstellung zu programmieren.

Letztes Ziel für dieses Jahr: National History Museum of Latvia. Geht da nie im Leben hin, wenn das Museum nur noch 40 Minuten offen hat! Das haben wir nämlich gemacht und wurden an der Kasse erst mehrmals darüber informiert, dass man mindestens 1 Stunde braucht. Später wurden wir dann von den unfreundlichen Mitarbeitern fast schon verfolgt und dann letztendlich rausgeschmissen. Natürlich hätten weitere 10 Minuten nicht geschadet, allerdings haben wir es auch unter diesen Bedingungen gemeistert.

 

 

 

 

 

So viel zu unserer kleinen Museumstour.

An einem Abend sind Hanna und ich noch zum Daugava Fluss. Da die Aussicht so phänomenal war und die Brücken beleuchtet, hatten wir natürlich die glorreiche Idee auf die andere Seite und wieder zurückzugehen. Dabei wurden wir fast mit Tränen in den Augen vom Winde verweht und von lautem Heulen des Windes unter der Brücke erschreckt. Aufgrund der täglichen (kalten) Ausflügen haben wir stets einen neuen Kaffee ausprobiert und eine kleine Sucht entwickelt – obwohl ich davor eigentlich kein Kaffee-Liebhaber war. Oft sind wir dabei einer interessanten, singenden Gruppe begegnet (wahrscheinlich gehören sie einer Sekte an). Wir haben sie die „Halla Hallas“ getauft, da sich ihre Lieder so anhören. Leider kam auch noch eine kleine Bolt-Food-Schwäche dazu. „Wir supporten die locals“ war dann unsere Ausrede. Was wohl am Essen bestellen so spannend ist…? An einem Mittag sind wir außerdem nur mit etwas Glück lebend aus dem Bus gestiegen: Es ist mir wirklich schleierhaft, wie der Fahrer seine Zulassung erhalten hat. Auf der Fahrt wurden wir dann auch noch kontrolliert (wie bei einer Razzia) und wie sich herausstellte, haben wir natürlich das System noch nicht ganz verstanden – man muss das Ticket in einem kleinen, versteckten Automaten abstempeln. „Ok Sarah nur Englisch, kein Russisch!“, meinte dann Hanna noch panisch zu mir. Die Kontrolleurin ist dann an einem Punkt einfach umgedreht und gegangen… Wie Hanna bereits in ihrem Blog beschrieben hat, sind es jedoch die kleinen Dinge, die einen zum glücklichsten Menschen machen können (unbezahlte Werbung: https://kulturweit.blog/ueberdendaechernvonriga/). So waren es nach dieser rasanten Fahrt die Leckereien aus der kleinen Konditorei. Ein kleiner Freudentanz war angesagt!

 

 

 

 

 

Am 18. November war der Nationalfeiertag. Schon vor Wochen haben wir uns darauf gefreut – um danach enttäuscht zu werden. Eigentlich sollten einige Gebäude beleuchtet werden, eine Parade und ein großes Feuerwerk stattfinden. Tja, Corona Corona… Nichtsdestotrotz war es ein sehr schöner Abend! Wir durften unseren ersten Glühwein dieses Jahr trinken (wohlbemerkt in einem Kaffee-Becher und 4 Euro wert). In Lettland dauerte es irgendwie länger mit der weihnachtlichen Dekoration und dem Weihachtsgebäck im Supermarkt. Ebenso war es erstaunlich, wie wichtig dieser Feiertag für die Letten ist: Weinende Menschen, Blumen, Kameras, …

Am daraufkommenden Sonntag haben Paula, Hanna, Anton und ich uns auf eine fast 50 min. Fahrt zum Strand gemacht – hin und zurück für nur 8 Euro pro Person mit dem Bolt. Nach dem tagelangen grauen Wetter (es hat bereits um 15 Uhr gedämmert) war es einfach nur wundervoll der Sonne entgegen zu blicken und dabei den Meeresgeruch einzuatmen. Als wir dann noch ein bisschen auf dem Kinderspielplatz schaukelten, hat man sich wahrlich wie im Film gefühlt. Im Anschluss sind wir dann noch durch einen Feenwald spaziert.

Das war nun erstmal mein kleiner Rückblick vom November. Bedauerlicherweise habe ich mich dazu entschieden, den Dezember zuhause in Stuttgart zu verbringen. Da nur 30% des Unterrichts online stattfindet, haben die Lehrer nicht wirklich eine Möglichkeit mich einzusetzen. Folglich befand ich mich nur als Tourist in Riga und das im Lockdown…zudem lohnt es sich nicht besonders andere Städte in der grauen Winterzeit zu besuchen. Naja, hoffentlich bin ich im Januar wieder zurück. Es wird auf jeden Fall komisch und traurig, wenn einige dort neu gewonnenen Freunde nicht mehr anwesend sein werden, weil ihr Aufenthalt in Riga endet bzw. sie ebenfalls vor dem Lockdown im Ausland fliehen. Fest steht: Die Zeit mit den anderen ist unglaublich schnell verflogen!

Pagaidām atā 🙂

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