Frewilliges Jahr unter Corona

Hey ihr Lieben,

hier ist diesmal Leana alleine. Ich sitze gerade an unserem Esstisch und warte darauf, dass die nächste Stunde beginnt. Ich kann mir vorstellen, dass ich mich unter normalen Umständen jetzt mit Kollegen oder Schülern unterhalten würde. Darüber was sie so danach vorhaben oder ob sie mir schöne Plätze empfehlen können. Doch leider ist dieses Jahr alles anders und das macht einem manchmal ganz schön zu schaffen.

Ich schreibe das nicht um Mitleid zu bekommen. Viel eher möchte ich euch berichten, dass es auch so geht. Ich weiß, dass in Deutschland Unterricht über Videoanruf selten als Möglichkeit genutzt wird und das finde ich schade. Ich freue mich wenigstens so ein wenig mit allen reden zu können und sie kennenzulernen. Wenn ich mir vorstelle, einfach Arbeitsblätter zu erstellen und „macht mal“ zu sagen,… Das möchte ich einfach nicht. Das ist in meinen Augen nicht Sinn und Zweck von Schule allgemein und erst Recht nicht von einem Freiwilligenjahr.

Kathi ist übrigens zur Zeit in der Schule. Sie darf die kleinsten Kinder noch präsent unterrichten, doch auch bei ihr fallen die älteren Jahrgangsstufen unter die neuen Beschränkungen. So wie sie durfte ich zum Glück in der letzten Woche noch in ein paar Klassen präsent mit reinschauen und auch schon viel helfen und noch mehr lernen. Durch liebe Kollegen war ich auch an 2 Grundschulen zu Besuch und es hat mir wirklich Spaß gemacht.

Doch auch jetzt macht es mir noch Spaß. Natürlich ist es nicht dasselbe, doch es ist immernoch besser als nichts. Und wenn man die Stunden kreativ und offen gestaltet, kommt man mit den Jugendlichen sehr gut ins Gespräch. Ich habe zum Besipiel gelernt, dass das einzige deutsche Lied, das man hier kennt 99 Luftballons von Nena ist. Oder man Mark Forster kennt, aber auch nur aufgrund seiner polnischen Herkunft. Im Bereich Musik ist und bleibt englische Musik einfach der Vorreiter. Und das habe ich im Gespräch erfahren. Oder dass es scheinbar immernoch schwer ist, sich als nicht deutscher Staatsbürger an deutschen Unis zu bewerben. Dennoch sind sie immernoch sehr gefragt und hoch geschätzt. Aber das ist gar nicht mein Thema gewesen.

Ich versuche viel zu reden in meinen Stunden. Ich zeige den Schülern meine Lieblingsmusik und sie mir ihre. Ich frage bei jedem, der sich vorstellt nochmal nach einem Detail nach, um zu zeigen, dass ich jedem zuhöre, auch wenn wir uns nicht sehen. Aber ich versuche dennoch jeden wahrzunehmen und so viel wie möglich aus den Stunden zu machen. Online Unterricht gibt die Möglichkeit das Mündliche noch weiter zu fördern. Denn in meinen Augen lernt man eine andere Sprache, um sie sprechen zu können und nicht grammatisch jede Aufgabe richtig zu lösen. Später fragt die Schüler niemand was für ein Kasus nach Ortspräpositionen kommt. Sondern es geht darum, dass sie sich verständigen können und sich trauen zu reden. Und darin seh ich zur Zeit meine Aufgabe hier in Lublin. Ich bzw wir sagen immer „Ich kann auch kein polnisch und ihr würdet lachen wenn ich versuche was zu sagen. Aber ihr könnt schon deutsch und lachen werde ich sicher nicht.“. Und gerade jetzt, wo man weiß, dass man nicht gesehen wird, ist es oft leichter einfach drauf los zu reden. Man muss nur in allem eine Chance und keine Niederlage oder Beschränkung sehen.

Ich habe mir mittleweile eine Morgenroutine festgelegt, wodurch ich gut durch den Tag komme. Ich fühle mich nicht einsam ( Ich hab ja auch noch Kathi) und finde mich im Online Unterricht gut zurecht. Dennoch ist es vorstellbar, dass für die meisten Schüler es anstrengend ist so lange vor dem Computer o.Ä. sitzen zu müssen. Doch trotzdem habe ich den Eindruck, dass wenn alle an einem Strang ziehen man auch dieses Hinderniss bewältigt bekommt. Man muss sich und seinen Mitmenschen einfach Zuspruch geben, statt sich zu beschweren. So ist jedenfalls meine Meinung. Die jetzige Situation ist nicht optimal. Doch wenn wir unser bestes tun, ist sie auch nicht permanent.

Alles ist gut und es wird besser (Zitat Mama)

Bis zum nächsten Mal

Leana