Es geht weiter

Sydney, Surry Hills, Wohnzimmer 05.08.2019 14.45 Uhr

Leute, Leute, wie die Zeit vergeht. Schon sind es zwei Wochen, schon fühlt es sich wie Alltag an  und schon habe ich das Gefühl, seit Ewigkeiten hier zu sein. Und das im guten Sinne. Ich habe meine Routinen entwickelt. Aufstehen, zwischen 8 Uhr und 10 Uhr, etwas Bewegung, Frühstück und dann raus – entweder in die Uni, oder in die Bib, oder einfach nur spazieren. Zuhause selber Mittag kochen, oder etwas im Voraus gezaubertes essen und dann weiter fleißig sein, in welcher Art und Weise auch immer. Meistens bin ich dann beschäftigt, bis es dunkel ist und wenn ich nicht schon Zuhause bin, folgt ein schöner Spaziergang, oder ab heute… eine PoleDance Stunde! Abends schnippel, oder koche ich wieder, schaue einen Film, oder lese, oder telefoniere, oder quatsche mit den Mädels, die meistens schon Zuhause sind, wenn ich aufkreuze. Zwischendurch darf eine Kater-Knuddel-Einheit natürlich nicht fehlen, gerne 30 Minuten oder länger.

Am Samstagvormittag waren Toni, Alice und ich zusammen auf dem nächstgelegenen monatlich stattfinden Second-Hand/ Vintage Markt. Dort gab es viele bunte, alte und nigelnagelneue Sachen und es herrschte guter Trubel. Im Anschluss setzten wir uns noch ein kleines Café und genossen dort den Moment, bevor wir recht spontan aufbrachen und schnell wieder nach Hause spazierten, wo uns schon eine Freundin von Alice erwartete. Während die beiden gleich wieder losstürmten – um „angry feminists“ zu sein und wie ich leider erst im Nachhinein verstand, dagegen zu demonstrieren, dass kirchliche/ private Schulen Lehrkräften  aufgrund ihrer Sexualität kündigen können – räumte Toni in ihrem Zimmer und ich an meinem Computer bzw. sortierte ich die anstehenden Aufgaben für meine Uni-Kurse.

Meine drei Kurse sind   1) „Exploring Human Communication“, mittwochs von 17-20 Uhr            2) „International and Intercultural Communication“, donnerstags von 10-11 Uhr, 11.30-13.30 Uhr und            3) „Understanding and Engaging Audiences“, ebenfalls donnerstags von 18-20 Uhr + zwei Wochenendworkshops am 17. Und 24. August.

Momentan besuche ich aber zusätzlich noch einige andere Kurse, wie zum Beispiel „How to write an Essay“ letzten Freitag, oder „Htw a Reflective Paper“ heute, oder „Htw a Report“ morgen. Auch wenn diese 90 minütigen Sessions keine weltbewegenden Erkenntnisse bringen, helfen sie mir doch, einen Überblick über die Anforderungen und Standards hier vor Ort zu erlangen. Außerdem fühlt es sich gut an, in Kursen zu sitzen, die nicht voller Fachsprache, Theorien und Methoden sind.  Nächste Woche schaue ich mir zwei weitere Kurse an: „How to speak clearly“ und „Improve your Grammar“. Diese finden vier Wochen am Stück, jeweils einmal die Woche statt. Das Gute ist, dass es möglich ist, sich für jede Session einzeln anzumelden. Ich bin schon sehr gespannt, ob ich aus diesen tatsächlich etwas ziehe.

Am 18. August steht dann schon die erste Abgabe an. Eine Gruppenarbeit, bei der ich zusammen mit zwei Mädel das Grundkonzept und die Bestandsforschung für eine „Intercultural Communication  Investigation“ vorzeigen muss. Wir drei wollen uns mit dem Thema Euthanasie, also Sterbehilfe beschäftigen. Anschließend führt jede von uns eine auf unserem Konzept basierende Umfrage durch, deren Ergebnisse Anfang Oktober im Rahmen der zweiten Abgabe präsentiert werden. Die letzte Leitung für den Kurs „International and Intercultural Communication“ besteht aus einer „Reflection on Indigeneity”, die ich jedoch erst Anfang November abgeben kann.

Am 23. August muss ich für „Exploring Human Communication” ein „Written Abstract of Theory-to- Practice Report” einreichen, dem sich eine „Critical Analysis” bis zum 20. September anschließt. Das ganze wird dann in der Gruppe zusammengefasst und Mitte Oktober als „Cross-Cultural Campaign Analysis“ vorgestellt.

Die erste Abgabe für „Understanding and Engaging Audiences“ ist ein in der Gruppe verfasstes „Research Proposal“, zum 30. August. Kurz davor stellen wir das Ergebnis in einer Präsentation vor. Darauf aufbauend schreibt jede ein „Individuel data gathering + analysis“, welches wir ebenfalls in kurzer Videoform vorstellen sollen. Da es immer drei Leistungen geben muss, zählt in diesem Kurs auch, ob und wie wir die online Aufgaben angehen.

Insgesamt geht das Semester zwölf Wochen, die Orientation Week mit eingerechnet. Dann ist Mitte Oktober und ich theoretisch fertig mit Uni. Zwei Wochen sind schon um. Das heißt, mir stehen noch zehn Wochen durchpowern bevor. Bis jetzt habe ich einen Jungen ausfindig machen können, der genau dieselben Kurse besucht wie ich, auch ein International, aber kein Exchange Student. Ansonsten ist es auch nicht unüblich nur einen oder zwei Kurse zu besuchen, vor allem, wenn man nebenbei arbeitet. Die Kurse an meiner Fakultät bringen alle acht australische Leistungspunkte. Das entspricht zumindest theoretisch zehn deutschen LP, doch ich finde den Arbeitsaufwand hier erheblich größer. Vorausgesetzt man nimmt die Aufgaben alle ernst. Denn als ich am Samstag sichtete, was ich für diese Woche theoretisch alles machen soll, konnte ich nur die Hände vorm Gesicht zusammenschlagen. Doch dann meinte Alice, dass es sowieso keinen Sinn macht alle Texte zu lesen. Ihr Tipp: Abstract und Conclusion und nur wenn das nicht verständlich ist, den Rest lesen. Was soll ich sagen, Anfängerfehler meinerseits. Andererseits interessiert es mich schon, womit wir uns hier eigentlich beschäftigen.

Doch jetzt Schluss mit Uni-Uni und zurück zum Leben (fast) außerhalb der Uni.

Morgenfrüh darf nämlich ich tatsächlich schon früher aus den Federn, da ich mich um 8 Uhr der Uni-Lauftruppe anschließen will. Denn, inzwischen ist es beschlossene Sache, dass ich am 15. September den Sydney-Marathon renne! Doch bevor ich mich hier zu hoch stapele, schiebe ich schnell HALB-Marathon hinterher. Nach reiflichen Überlegungen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es besser ist den Halbmarathon zu rennen und auf die restlichen 21km zu s*. Das liegt unter anderem daran, dass ich nicht zu 100% im Training bin und keinen Sinn darin sehe, mich „allein“ zu quälen. In den letzten Wochen bin ich regelmäßig, aber immer verhältnismäßig langsam gelaufen und das mit großer Freude. Den Sydney-Halbmarathon möchte ich mit der gleichen Einstellung angehen. Es geht tatsächlich einfach nur um das „dabei sein“ – einmal über die Harbour Bridge rennen (spaziert bin ich gestern Abend schon drüber) und an der Sydney Hose Opera ins Ziel zu laufen. Außerdem möchte ich nicht wieder in so ein langes Anti-Lauf-Loch fallen, wie nach dem Marathon im letzten Jahr. Und so kann ich ganz entspannt weiter joggen, ohne mich zu stresse und ohne mir irgendetwas beweisen zu müssen.

Mittwochmittag schaue ich mir ein August-Special der Uni an: Extra Sportkurse nur für weibliche Wesen. Und wenn mir das „Dance Workout“ zusagt und ich in den nächsten Wochen auch einen Platz finde, kann man mich dort sicher öfter anfinden.

Und dann habe ich, wie oben schon kurz erwähnt, tatsächlich ein Packet über 20 PoleDance Stunden für die nächsten zehn Wochen gebucht und heute geht es los! Diese Woche versuche ich noch rauszufinden, in welches Level ich hier am besten passe und dann wird durchgestartet. Ich kann doch Phuong, die die letzten Wochen in Berlin weiterhin fleißig war, nicht im Stich lassen.

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