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Über den Dächern Sofias

Schon in der zweiten Woche wurden alle kulturweit-Freiwilligen, die in Bulgarien tätig sind, von der deutschen Botschaft zum Mittagessen eingeladen. Im ehemaligen DDR-Botschaftsgebäude wurden wir herzlich empfangen und jede unserer Fragen beantwortet.

 

 

 

Ein weiteres unvergessliches Mittagessen verbrachten meine liebe Mitfreiwillige und ich in einem Restaurant hoch oben im World Trade Center, von welchem aus wir auf die Flachdachköpfe der umliegenden Gebäude herabblicken konnten. Der Inhaber lud uns zu einer exklusiven Party am selben Abend ein. Um 18:30 war ich für die Party verabredet. Treffpunkt: dm. Die Zeit verstrich wie Nutella auf frischem Brot. Ich wartete. 10 Minuten. 20 Minuten. Ohne die Sonne wurde es kühl und so suchte ich Zuflucht im Drogeriemarkt. 30 Minuten. Dort lernte ich ein Mädchen kennen, das Zahnmedizin studiert und für eine Zahnpastafirma jobbt. Ich befreite sie von ihrer Langeweile, indem ich ihr auftrug, alle Verkaufstricks an mir anzuwenden. Sie ist in Toronto aufgewachsen und hat bulgarische Wurzeln. 50 Minuten. Wo blieb KS? (Ketchup-Senf). Um 19:30 trudelte er ein, pünktlich, wie sich herausstellte, denn wir waren tatsächlich eine Stunde später verabredet gewesen. Ich stellte ihm meine neue Bekanntschaft vor, die ich sofort zur Party eingeladen hatte. Sie war sich nur unsicher, ob ihre Kleidung partytauglich war, aber ich zeigte nur auf KS, der sich heute dazu entschieden hatte, eine türkisene Hose mit einem weiß-blau gestreiften Pullover zu kombinieren. Ich erzählte ihm davon, wie ich unsere neue Freundin kennengelernt hatte. „Ich liebe es, wie Abenteuer dich immer finden!“.

Ein wunderbar lichtergesprenkeltes Sofia empfing uns im 9. Stock des Word Trade Centers.

Wir tranken Eistee aus ketchup- und aus senffarbenen Dosen. Da die Musik uns irgendwann etwas zu laut für ihre Stumpfheit erschien, gingen wir durch den Gang und nutzen den Boden des Fahrstuhls als eine Sitzgelegenheit. Dann ging das Licht aus. „Wir sind quasi in einem ungekühlten Kühlschrank. Da fragt man sich doch auch immer, ob das Licht ausgeht, nachdem man die Türe schließt“, merke ich an. Nur das giftgrüne Lichtsymbol, das das 9. Stockwerk anzeigte, hüpfte durch den Transportraum. Unzählige kleine neunförmige Lichtquellen in den uns umgebenden Spiegeln, die nichts außer sich selbst beleuchteten. Fast wie in einem Traum. Zuerst erklang typisch dudelnde Fahrstuhlmusik, doch danach ein ruhiges Bulgarisches Lied. Wir versuchten, ein paar Wörter einzufangen, um den Titel herauszufinden. Aber wir vergaßen den Text wieder. So ist das mit den Träumen, sie verblassen nach dem Aufwachen. Irgendwann am nächsten Tag zeigte mir Ketchup-Senf durch Zufall ein Lied namens Matrica, was Matrix bedeutet. Hört es euch an. Es lohnt sich.

Gemeinsam mit der Zahnfee unternahmen wir noch am selben Wochenende eine Wanderung in den Bergen. Unser Ziel war der Boyana –Wasserfall. Wir entschieden uns für den schwierigeren Anstieg, zogen uns an Wurzel, von denen wir hofften, dass sie nicht locker sein würden, die Böschung nach oben. Unsere Bemühungen wurden belohnt. Das Wasser glitt den Felsen entlang und fiel dann von der Hand Newtons gezogen nach unten auf den dunklen Steinboden. Ein wahres Spektakel. Der Matrix-Mensch nahm spontan ein Bad in einem der Naturbecken.

Während des Anstiegs hatte sich eine Gruppe Litauer unserer kleinen Karawane angeschlossen und gemeinsam aßen wir, wieder am Fuße des Berges angekommen, in einem traditionell bulgarischen Restaurant.

Wir planen bereits unsere nächste Wanderung.