Ab ins kalte Wasser

“Unser Problem ist, dass wir so fern von Gott und so dicht an den USA sind.”

Kein Internet, kein warmes Wasser, allein in einer zentralamerikanischen 3 Millionen Stadt, Einsamkeit, Hitze, Arbeit als vollwertige Lehrkraft – ich denke gern zurück an den Facebook-Kommentar zu meinem EJZ-Artikel, der besagte: “Karibik ist doch Komfortzone”. Seit 3 Wochen bin ich nun hier. Die erste Zeit habe ich mich wirklich erschlagen gefühlt von so viel Neuem und Anderen auf einmal. Aber nun ist finde ich genau das eher spannend!

In Santo Domingo geht es bei Vielen leider mehr ums Überleben, leben können sich nur manche Menschen leisten.
Und leben bedeutet an dieser Stelle Dinge, die für uns absolut normal sind: Auto fahren, Internet, warmes Wasser, Klimaanlage, Bildung, Kleidung, Essen.
Festgehalten wird sich an den USA. Alle, die es sich leisten können, wollen Amerikaner sein.
Was den Dominikaner aber ausmacht, egal wieviel Geld auf dem Konto, ist sein Herz, das für jeden zu schlagen scheint.
Die Schule, in der ich arbeite, ist ein Familienbetrieb. Die Juniordirektorin und einzige Deutschlehrerin der Schule fällt momentan jedoch aus, da sie ein Baby hat.
Insofern steht mir die Aufgabe zu, acht verschiedene Altersgruppen und davon sechs täglich zu unterrichten, mich mit ihnen auszutauschen, von ihnen zu lernen.
Meine jüngste Schülerin ist vier Jahre alt, meine älteste 20 Jahre alt.
Ich stelle mich zunächst dieser Herausforderung. Ich denke ich kann sagen: Am Colegio Decroly kann man die Welt ein Stückchen besser machen. Ein bisschen friedlicher, malschauen ob ich das schaffe 🙂

Aufgrund des tropischen Tageszeitenklimas bewegen sich die Einheimischen hier wenig zu Fuß. Hinzu kommt die große Angst der Unsicherheit auf den Straßen. Nach Dunkelheit wird mir abgeraten mich draußen zu bewegen. Am Tag eingeschränkt und mit viel Vorsicht geht das.
So habe ich mich die ersten Tage nur in kleinen Kreisen bewegt.
Meine Kreise haben sich aber immer weiter vergrößert und jetzt gehe ich zum Kickboxen, zum Yoga und mache meine kleinen eigenen Einkäufe. Bewegungsmittel Nummer eins sind hier die sogenannten Carro Publicos. Das sind private Autos, die jedoch schon viele Menschen und Jahre hinter sich haben und längst in Deutschland verschrottet wären. Sie fahren die Hauptverkehrsstraßen entlang, mit offenen Fenstern oder fehlenden Türen. Wenn sie einen möglichen Mitfahrer erspähen hupen und winken die Fahrer wie wild. Wenn du mitfahren möchtest winkst du wild zurück, legst einen Sprint zu dem Blechkasten hin, springst in das Auto rein, rufst die gewünschte Straßenecke, wo du aussteigen möchtest und solltest dich mit aller Kraft festhalten weil es in rasantem Tempo weitergeht. Ampeln, Zebrastreifen und Vorfahrtsregeln sind in der Dominikanischen Republik, wenn überhaupt existent, Attrappe. Der Fahrer wird an dem nächsten stockenden Verkehrspunkt mit umgerechnet 45 Cent bezahlt.
Es ist absolut normal, dass man sich mit acht Mitfahrern in einem normalen PKW befindet – irgendwie eine nette Nähe trotz Schweiß und Fremder 🙂
Andere öffentliche Verkehrsmittel gibt es hier nicht. Nur noch die Guaguas, Busse, die nach ähnlichem Prinzip wie die Carros funktionieren nur eben etwas größer und etwas busähnlicher sind und mehr Mitfahrer fassen.

Der Sprung aus Deutschland in ein Land wie die Dominikanische Republik, wo in der Mall Gucci-Taschen für 5000$ gekauft werden und gleichzeitig im barrio die Menschen sich von Schlamm ernähren müssen, war enorm groß für mich. Doch mittlerweile habe ich mich an die Unsicherheiten, Unwegbarkeiten und die zunächst erscheinenden Unmöglichkeiten „gewöhnt“ könnte man fast sagen.
Ich freue mich darauf von dem Land in der kommenden Zeit zu lernen und mich auf das komplett andere Leben einzulassen.