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Der Mai ist gekommen

Ein bisschen traurig war ich ja schon, dass ich dieses Jahr nicht zum Tanz in den Mai im Weltberühmten Zelt von Degersen gehen konnte. Ich muss aber sagen, dass ich das lange Wochenende in Buenos Aires auch ganz gut rumgekriegt habe. Nachdem ich letzten Donnerstag noch innerlich mit mir gerungen habe, ob ich meine Winterjacke aus dem Koffer hole, habe ich nun seit fünf Tagen keine einzige Wolke mehr gesehen. Dazu Temperaturen um die 20 Grad und herrlich bunte Herbstbäume. Ein wunderschönes September-Wochenende im April.

Samstag gings dann auf nach Tigre. Das ist eine Stadt, die man von Buenos Aires aus in einer halben Stunde mit dem Zug erreichen kann. Trotzdem fühlt man sich unendlich weit weg. Nach Tigre fährt man aus der Stadt, um sich zu erholen, spazieren zu gehen, grün zu sehen. Das wollten wir auch mal ausprobieren. In Tigre ist das Flussdelta des Rio de la Plata. Ich hatte erwartet, dass der in Buenos Aires so unappetitlich braun aussehende Fluss dort im natürlich flussigen blau-grün fließt. Aber denkste. Wenn möglich, ist der Fluss in Tigre noch brauner und sieht noch ungesünder aus. Das hat die Bootfahrt zwar ein bisschen getrübt (wie der Fluss selbst), aber eine Bootfahrt ist ja immer lustig, eine Bootfahrt die ist schön.

Was nicht so schön ist, ist die Mückenplage, die grade die Provinz Buenos Aires überfällt. Im Norden gab es Überschwemmungen, was nun hier dazu führt, dass ständig zehn Mücken um einen kreisen. Und diese anstandslosen Tiere schrecken wirklich vor nichts zurück. Die argentinischen Super-Mücken bringen es sogar fertig, durch Jeanshosen zu stechen. T-Shirts stellen natürlich erst recht kein Problem dar. Dass die eigentlich nachtaktiv sind, scheint sie auch nicht zu jucken, mich dafür umso mehr. Das kann einem einen entspannten Parkaufenthalt schon mal kaputt machen.

Die Parkkultur ist hier sehr ausgeprägt. Jedenfalls kenne ich es von zuhause nicht, dass man seinen Tag im Park verbringt. In Buenos Aires gibt es überall kleine, mal größere Parks. Am Wochenende sind die rappel voll, erinnert mich an das Freibad in Gehrden Mitte Juli. Man nimmt einfach seine 1 1/2L Thermoskanne mit heißem Wasser und Mate mit, setzt sich auf eine Decke und lässt den Tag auf sich zu kommen. Verkäufer mit gebrannten Mandeln, Kuchen oder Empanadas kommen rum, irgendwer spielt Musik oder trommelt. In einem Park im Viertel Almagro steht ein kleinen Häuschen von der Stadt, dort kann man sich kostenlos wiegen lassen und seinen Blutdruck sowie Cholesterin-Spiegel messen lassen, wie praktisch.

Am Sonntag Vormittag war ich zum ersten Mal im Teatro Colón, ein außen und innen prächtiges Theater-Gebäude im Zentrum. Jedes Wochenende gibt es dort kostenlose Konzerte und ich habe mir ein Ticket für ein Klavier-Cello-Duo ergattern können. Es war unglaublich beeindruckend und ich hoffe, ich werde es öfter schaffen, die vielen kostenlose Konzerte und Veranstaltungen nutzen zu können, die von der Stadt angeboten werden.

Heute durfte ich ausschlafen und musste ausnahmsweise mal nicht um 6 Uhr aufstehen, um um viertel vor acht in der Schule zu sein. Nein, heute geht es nämlich zu einem Vortrag von Bernhard Schlink („Der Vorleser“) mit den Schülern der Oberstufe. Das heißt zwar, dass ich erst um 10 heute Abend zuhause bin, aber das ist für mich doch deutlich angenehmer, als früh aufzustehen. In den ersten zwei Schulstunden bin ich sowieso meist zu nichts zu gebrauchen, weil es erst ab der ersten Pause Kaffee im Lehrerzimmer gibt. Den trinke ich auch gefühlt immer alleine, weil die meisten Lehrer eher Mate trinken und die übrigen nur so tun, als würden sie Kaffee trinken, indem sie in ihre halbe Tasse fünf Löffel Milchpulver und drei Liter Süßstoff kippen (Achtung Übertreibung). Das Leben sei schon bitter genug, sagt man in Argentinien.

 

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