Es riecht nach Frühling

Der anbrechende Frühling wirkt sich enorm auf meinen Gemütszustand aus: Es fällt mir leichter das warme Bett zu verlassen, wenn es draußen schon hell ist und Vogelgezwitscher wahrzunehmen ist. Außerdem laden die längeren Tage zu mehr Zeit im Freien ein und führen auch in verschiedensten Aspekten des Lebens zu einer größeren Motivation.

Neben dem guten Wetter führen auch andere Erlebnisse dazu, dass ich momentan so in mir ruhend und zufrieden bin: Ich bin mir sicher, dass sich das große Glück zu einem bedeutenden Teil aus den kleinen Augenblicken des Alltags zusammensetzt. Mich erfreuen Komplimente für mein Slowakisch und der gute Draht, den ich zu meinen Schülerinnen und Schülern habe. Außerdem genieße ich die Mittagspausen, die ich mit der neuen Schulpsychologin verbringe. Ich habe in ihr eine vegetarische Verbündete gefunden und die alltägliche Routine der geteilten Mittagspause in ihrem Büro bereichert meinen Alltag sehr.

Nichtsdestotrotz freue ich mich auch über größere Ereignisse: Dazu zählte im Februar die Veranstaltung eines weiteren Schulballs. Gemeinsam mit meinem Besuch aus Bratislava nahm ich an der Feierlichkeit teil. Wir teilten uns mit Eltern, der besagten Schulpsychologin und meiner engen Freundin, der argentinischen Spanischlehrerin, Cecilia einen Tisch. Die besondere Konstellation führte zu einem Sprachenwirrwarr aus Deutsch, Englisch, Slowakisch und Spanisch, das zwar herausfordernd, aber auch wunderbar war.

Frühlingsferien

Mit großer Vorfreude hatte ich die Frühlingsferien erwartet, denn die freien Tage ermöglichten mir eine weitere Reise antreten zu können.

Das erste Ziel meiner Reise war Brünn. Nachdem ich bereits im Oktober einige Tage in der zweitgrößten Stadt Tschechiens verbracht hatte, war ich erfreut zurückzukehren.

Da ich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten schon bei meinem ersten Besuch besichtigt hatte, konnte ich während meines erneuten Aufenthalts in Brünn eine langsame Variante des Reisens zelebrieren. Dazu gehörten für mich Second-Hand-Shopping, lesen in Cafés und Buchhandlungen, ein Museums- und ein Schwimmbadbesuch. Außerdem besuchte ich mit den in Brünn arbeitenden Kulturweit-Freiwilligen Miriam und Eva ein tschechisches Konzert.

Nach meiner Zeit in Brünn, reiste ich mit dem Zug nach Prag, wo ich bei meiner Freundin Alissia schlafen konnte. Im Sonnenschein präsentierte sich mir die tschechische Hauptstadt von ihrer schönsten Seite.

An meinem ersten Tag in Prag nahm ich an einer „Free-Walking-Tour“ teil. Ich finde die Möglichkeit an einer solchen Tour teilzunehmen großartig, denn man gewinnt nicht nur einen guten Überblick über eine neue Stadt, sondern bildet sich zugleich auch über die Stadtgeschichte weiter.

Darüber hinaus ist eine „Free-Walking-Tour“ eine Veranstaltung, an der einige Alleinreisende aufeinandertreffen. Nach kurzer Zeit war ich mit einer schottischen Investigativjournalistin und einer Berliner Studentin in angeregte Gespräche verwickelt. Der Tag der Tour fiel auf den 21. Geburtstag der Berlinerin, so dass sie mich im Anschluss an die Tour zu einem geteilten Geburtstagsmittagessen einlud. Welch überraschender Auftakt zu meinem Pragbesuch!

Am Abend besuchten Alissia und ich den coolen Edison-Filmclub, in dem auf Deutsch die Romanverfilmung von Erich Kästners Werk „Fabian“ gezeigt wurde. Der Film, der in den 30er Jahren in Berlin spielt, berührte mich sehr und inspirierte mich gleichzeitig dazu mehr deutsche Klassiker zu lesen.

Obwohl ich die Vorzüge des „Dorflebens“ zu schätzen weiß, gibt es neben Kinobesuchen auch weitere Möglichkeiten, die mir in der beschaulichen Kleinstadt Nová Baňa fehlen. Dazu gehört zum Beispiel der Zugang zu einer großen Bibliothek. In Prag besuchte ich deswegen die Bibliothek des Goethe-Instituts, von der man einen wunderbaren Ausblick auf Moldau und Prager Burg genießen kann. Umgeben von Regalen gefüllt mit deutschsprachiger Literatur fühlte ich mich – nach langen Monaten im Ausland – geborgen.

 

Die strahlende Sonne lockte mich aber bald aus dem Gebäude des Goethe-Instituts, in dem bis 1990 die DDR-Botschaft untergebracht war. Ermuntert durch den blauen Himmel, bestieg ich den Petrin-Hügel und wanderte weiter bis zum Kloster und zur Prager Burg. Außergewöhnliche Ausblicke auf Prag bereicherten meine Erkundung. Zudem besuchte ich den Letná-Park, der wegen seiner Geschichtsträchtigkeit mein Interesse erregte. 1955 wurde hier ein riesiges Denkmal des sowjetischen Diktators Stalin erbaut, und kurz darauf wieder gesprengt. (Weitere Informationen beinhaltet dieser Artikel: Stalin-Monstermonument: Vor 50 Jahren auf Befehl aus Moskau gesprengt | Radio Prague International ).

Um das gute Wetter in vollen Zügen auszunutzen, genossen Alissia und ich noch eine Floßfahrt im Stromovka-Park und bewunderten den Sonnenuntergang und die Aussicht im Riegrovy-Park. Unverschämt glücklich stimmte mich dieser sonnige Märztag und die Prager Parkkultur.

Die Glücksgefühle, die Prag und die gute Freundschaft zu Alissia in mir hervorriefen, ermunterten mich dazu meinen Aufenthalt, um eine Nacht zu verlängern. Ich nutzte die dazugewonnenen Stunden für die Besichtigung des Kommunismus-Museums und für eine ausgelassene Nacht in der tschechischen Hauptstadt.

Erfüllt von der Dichte an Erlebnissen trat ich am kommenden Tag die Heimreise an. Nach einer langen Zugfahrt war es ein seltsames Gefühl wieder nach Nová Baňa zurückzukehren. Die Ruhe der Kleinstadt bildete einen großen Gegensatz zu meiner aufgewühlten Stimmung. Aber muss dieser Gegensatz zwangsläufig schlecht sein? Ich glaube nicht. Denn obwohl mich Großstadtbesuche entzücken, weiß ich auch, dass während diesem Jahr Nová Baňa mein Anker ist, zu dem ich zurückkomme. In Nová Baňa ist nicht nur jede Straßenecke vertraut, sondern hier leben wichtige Bezugspersonen, die mir Halt geben.

Feierlicher Festakt in Bratislava

Nach den aufregenden Frühlingsferien schloss sich am vergangenen Wochenende ein weiteres spannendes Ereignis an: Im Goethe-Institut in Bratislava wurde bei einer feierlichen Zeremonie die Zusammenarbeit mit den Pasch-Schulen in der Region Mittelosteuropa verlängert. Auch die Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland, Barbara Wolf, war zu diesem Anlass eingeladen. Für mich war es spannend an dieser Veranstaltung teilzunehmen und einen hautnahen Einblick in die Vorgänge der Auswärtigen Bildungspolitik zu erhalten. Die finanziellen Mittel des Goethe-Instituts ermöglichen Deutschlernenden an meiner Schule zu reisen und an internationalen Projekten teilzunehmen. So verlässt das Erlernen der Fremdsprachen den unterrichtlichen Rahmen. Ich bin der festen Überzeugung, dass interkulturelle Vernetzung uns einen großen Schritt nach vorne bringt. Austausche und neue Begegnungen prägen uns, denn wir bereichern unsere Perspektiven.

Seit sechs Monaten prägt dieser interkulturelle Austausch meinen Alltag. Natürlich entstehen auch Herausforderungen, wie Sprachbarrieren, doch überwiegen die spannenden Gespräche und gemeinsamen Erlebnisse. Stetig stelle ich fest, dass ich während meines Freiwilligendiensts in der Slowakei wachse – und das fühlt sich sehr gut an.