Zwischen Euphorie und Wehmut

Neuigkeiten aus Nová Baňa 

Besonders wohl fühle ich mich auf der Arbeit, wenn ich das Gefühl habe als „Muttersprachlerin“ einen bereichernden Beitrag leisten zu können. Das ist vor allem in Konversationsstunden der Fall, die mir, und ich glaube auch meinen Schülerinnen und Schülern, große Freude bereiten. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass Gespräche mit einer Muttersprachlerin oder einem Muttersprachler für das Erlernen einer Fremdsprache wertvoll sind.

Neben den Konversationsstunden sorgt auch die Arbeit an Projekten für Abwechslung: Im Januar nahmen wir mit den Schülerinnen des Deutsch-Seminars an einem binationalen Wettbewerb teil. Thema des Wettbewerbs war die „Deutsche Einwanderungsgeschichte in slowakischen Bergstädten“. Es war spannend zu erfahren, dass es, aufgrund der deutschen Besiedlung, bereits im 14. Jahrhundert slowakisch-deutsche Beziehungen gab – sogar in Nová Baňa.  Aus sprachwissenschaftlicher Perspektive finde ich es besonders bemerkenswert, dass auch im heutigen Slowakisch noch Begriffe verwendet werden, die von deutschen Einwandern übernommen wurden. Mein Favorit ist „Hozontr´ógle“.

Ich finde mich zudem besser in der Slowakei zurecht, weil ich mir weiterhin viel Mühe gebe die Sprache zu lernen. Mit freudiger Überraschung stellte ich fest, dass es auch Elemente der Slowakischen Sprache gibt, die nicht unwahrscheinlich schwierig sind. Dazu gehört die Bildung der Vergangenheit. Um eine richtige Konversation aufrecht zu erhalten, ist die Zeitform Vergangenheit von wirklich großer Bedeutung. Es fühlt sich beflügelnd an, dass meine kurzen Gespräche über das zurückliegende Wochenende, zwar immer noch stockend, aber wenigstens in der korrekten Zeitform stattfinden.

Ende Januar fand ein wichtiges Ereignis statt: Der  „Školský ples“ – Schulball.  Nach dem Abend war ich ganz froh gestimmt, denn obwohl ich die slowakischen Popsongs nicht mitsingen konnte, fühlte ich mich sehr zugehörig.

 

Reiseberichte

Wenn ich später an meinen Kulturweit-Freiwilligendienst zurückdenke, werde ich mich jedoch nicht nur an meine Erfahrungen in Nová Baňa erinnern, sondern auch an die geteilten Reiseerlebnisse. Das große Geschenk des Kulturweit-Netzwerks beglückt mich sehr. Es tut gut gemeinsam neue europäische Städte zu entdecken und sich über den Alltag, neue Erfahrungen, aber auch Sorgen austauschen zu können.

Im Januar fand dieser Austausch in Krakau, Südpolen statt. Aus einem vielleicht amüsanten Grund war Krakau für mich ein ganz wichtiges Reiseziel: Ich war ganz erpicht darauf in die Stadt an der Weichsel zu reisen seitdem ich vor Jahren eine PULS-Reportage über günstiges Reisen in Krakau gesehen hatte (Low-Budget in Krakau: Die 100-Euro-City-Trip-Challenge | PULS Reportage | Sehen | PULS (br.de). Tatsächlich nutzte ich die Reportage jedoch nicht nur als Anreiz für die Reise , sondern setzte auch Tipps der Moderatorin in die Tat um: Sehr gut schmeckte der polnische Bagel „Obwarzanek“, Bier mit Sirup muss ich jedoch nicht nochmal trinken.

In Krakau übernachteten wir zu zehnt in einem Hostelzimmer. Obwohl die Zeit sehr begrenzt war, gewann ich einen guten Eindruck von der Stadt. Das lag vor allem an der Freiwilligen Mia, die in Krakau lebt und uns eine ganz exklusive Stadttour gab.

Ein Aufenthalt in Krakau lässt dich nicht unberührt: Es schmerzt oft durch die Straßen Krakaus zu gehen, da die Stadt so eng mit der Geschichte des Holocausts verbunden ist. Besonders deutlich wird das natürlich im ehemaligen Ghetto: Das Denkmal auf dem früheren Appellplatz erregt besondere Aufmerksamkeit. Außerdem schluckte ich schwer, als ich die persönlichen Geschichten auf den Gedenktafeln gelesen habe. Mir bleibt die Hoffnung, dass viele weitere  Menschen sich von den Orten der Erinnerung berühren lassen. Mit Empathie gelingt es uns vielleicht rechtsextreme Strömungen zu verkleinern, um zu vermeiden, dass sich eine Katastrophe im Ausmaß der Shoah jemals wiederholt.

Eine persönliche Empfehlung für Krakau ist das „Mocak-Museum“, das sich auf dem Gelände der ehemaligen Schindler-Fabrik befindet. In dem Museum für Gegenwartskunst werden Werke präsentiert, die sich mit aktuellen Problemen der Gesellschaft, aber auch des Individuums beschäftigen.

Aus Krakau kehrte ich wehmütig zurück. Es schmerzt mir sehr, dass die große Mehrheit der Kulturweit-Freiwilligen in wenigen Wochen ihre Koffer packt, um die Rückreise nach Deutschland anzutreten. Gleichzeitig bin ich aber auch froh, dass meine eigene Abreise noch in entfernter Zukunft liegt. In meinem Herzen hat diese Ecke Europas und vor allem meine Kontakte in Nová Baňa einen ganzen besonderen Platz gewonnen.