Ahoj zu einem etwas regnerischen Wochenrückblick. Etwas, von dem ich nicht gedacht hätte, dass ich es hier mal schreibe, schließlich liegt Brno ja in der trockensten Region Tschechiens. Tja, aber auch wir wurden von dem Wintereinbruch, der nicht nur Tschechien, sondern auch Deutschland heimgesucht hat, nicht verschont.
Immerhin der Montag war jedoch noch sonnig, sodass ich noch während des Unterrichts am Vormittag fleißig Pläne schmiedete, wie ich meinen Berg an Arbeit abarbeiten und gleichzeitig das gute Wetter genießen kann.
Das Ganze endete damit, dass ich – Überraschung – im Café Mitte, genauer gesagt, in deren Innenhof landete, wo ich die letzten Sonnenstrahlen des Tages genoss und nebenher Aufsätze korrigierte und Unterricht vorbereitete.
Der Dienstag war dann schon nicht mehr ganz so schön, was meine Vorfreude auf den Tag aber keineswegs trübte. Denn es ging auf einen Schulausflug nach Kroměříž (gesprochen: Kromjerschiesch), einer Stadt circa eine Stunde nordöstlich von Brno. Ziel des Ausflugs war ein Vortrag über die Hochschule in Osnabrück und das Studium dort. Anschließend fand für einen Teil der Schüler:innen noch eine Schnitzeljagd durch die Stadt statt, wobei unsere Schüler fragten, ob man denn auch das Schnitzel ohne die Jagd haben könne. Da das Wetter wie bereits erwähnt nicht gerade berauschend war, habe ich von der Stadt selbst leider gar nicht so viel gesehen, aber das was ich gesehen habe, angefangen bei dem wirklich schönen Gymnasium Kroměříž, in dem der Vortrag stattfand, ist definitiv sehenswert.
Zurück ging es dann mit einem Zug, der ganz nach meinem Geschmack klein, alt und langsam war, sodass wir ausgiebig Zeit hatten, die Rehe, Fasanen, Rebhühner, Hasen, Kühe, Schafe und Pferde zu bestaunen, die einem eben so begegnen, wenn man durch Tschechien fährt.
Zurück in Brno war ich dann aber so fertig, dass ich außer Abendessen nicht mehr viel zustande brachte und schließlich todmüde ins Bett fiel.
Diese Müdigkeit konnte ich auch am Mittwoch nicht richtig abschütteln, sodass ich mich mit dem Gedanken „Ich brauche Wochenende, dringend!“ in die Schule schleppte. Dort angekommen rüttelte mich dann allerdings die Tatsache wach, dass ich meine Abschlussklassen nur noch drei Mal sehe, bevor für sie die Abiturprüfungen und danach die Ferien beginnen. Ob die Schüler:innen darüber so traurig sind wie ich, weiß ich nicht, sie antworteten aber immerhin mit „Och, das ist ja schade“ oder auch „Oh neeeein, kein Deutsch mehr“ (Letzteres war definitiv ironisch gemeint) auf meine Ankündigung dieser höchst tragischen Tatsache.
Eine andere Klasse, die ich noch bis zum Ende des Schuljahres haben werde, munterte mich dann aber wieder gehörig auf, indem sie mich mit ihrer selbst gestalteten Schülerzeitung völlig vom Hocker rissen. Nachdem ich sie letzte Woche erfolgreich davon abbringen konnte, die Zeitung „Amelies Zeitung“ zu nennen, hatten sie sich für den Namen „Schulküche“ entschieden, was angesichts des Inhalts auch durchaus mehr Sinn ergibt, als ihr erster Vorschlag.
Den Nachmittag verbrachte ich ebenfalls in der Schule und zwar mit der Vorbereitung auf die Schulverbundrunde (SVB) von Jugend debattiert international, bei der drei Schulen in Brno miteinander debattieren. Das Thema „Sollen tschechische Schüler:innen dazu verpflichtet werden, in den Ferien Praktika in gemeinnützigen Organisationen zu machen?“ bedarf durchaus einer gewissen Vorbereitung. Gemeinsam mit den drei Schüler:innen, die bei dem SVB debattieren werden, machte ich mich also ans Brainstorming, wobei wir nebenher auch über jede Menge andere Dinge sprachen, bis wir schließlich gezwungenermaßen Schluss machen mussten, da die Schule schloss. Das Ergebnis stimmt mich aber zuversichtlich, was unsere Chancen auf ein Weiterkommen angeht.
Donnerstags war meine Müdigkeit zwar immer noch nicht vorüber, was aber angesichts des nahenden Wochenendes nicht mehr ganz so tragisch war. Entsprechend leichter fiel mir auch das Unterrichten und der Vormittag ging schneller vorbei als erwartet. Nachmittags hatte ich dann auch endlich Zeit, mich um den Blogeintrag der vorherigen Woche zu kümmern, für den ich bis dato keine Zeit und Energie gefunden hatte.
Gegen Abend schmiss ich dann noch eine Waschmaschine an, die aus folgendem Grund einen Platz in diesem Eintrag verdient hat:
Wer sich jetzt wundert, wieso meine Waschmaschine quer im Bad steht, den kann ich beruhigen: ich habe keine neue Variante des Feng Shui ausprobiert, sondern in meiner Wohnung spukt es. Naja, zumindest ist das eine spannendere Erklärung als ein außer Kontrolle geratener Schleudergang. Und angesichts der Tatsache, dass meine Badezimmertür sich regelmäßig von selbst bewegt und kurz nach meiner Entdeckung der wandernden Waschmaschine auch noch das Licht im Flur ausfiel, doch wirklich naheliegend. Ich stelle euch also bei dieser Gelegenheit Hugo den Hausgeist vor, den ich bisher noch nicht zu einem gemeinsamen Selfie überreden konnte, der allerdings schon seit Beginn meines Freiwilligendienstes mein treuer Mitbewohner ist, sodass Lucie und ich schließlich beschlossen, ihm einen Namen zu geben.
Ruckzuck war nach dieser Aufregung am Abend also auch der Donnerstag vorbei und das lang ersehnte Wochenende rückte ein weiteres Stück näher.
Beflügelt von diesem Gedanken (und einer Tasse Kaffee) stand ich am Freitagmorgen regelrecht energiegeladen auf. Da ich am Freitag seit einer halben Ewigkeit nicht mehr in der Schule war (Corona, JDI, Ferien, JDI, JDI), sah ich einige Klassen zum ersten Mal seit Langem wieder, worüber sich die meisten Schüler:innen aber scheinbar freuten, was mir direkt einen weiteren Energieschub gab.
Nachmittags hatte ich dann endlich ein bisschen Freizeit, sodass ich mich mit Honza, meinem Tandempartner treffen konnte. Und was gibt es Besseres, als sich an einem verregneten Freitagnachmittag in meinem Lieblingsteehaus zu treffen, Tschechisch zu sprechen und eine Art Scrabble zu spielen, das meinen Wortschatz definitiv um ein paar Begriffe erweitert hat.
Leider war die Freizeit nicht von langer Dauer, da am Abend noch ein JDI-Seminar als Vorbereitung auf den SVB anstand. Dort hatten die Debattierenden der verschiedenen Schulen die Gelegenheit, Fragen zu stellen, sich schonmal (online) kennenzulernen und eine Probedebatte zu machen. Was sich vielleicht auf den ersten Blick nicht nach einer optimalen Freitagabendbeschäftigung anhört, hat tatsächlich Spaß gemacht und meine Vorfreude auf die Debatte am Dienstag noch gesteigert.
Eine deutlich bessere Freitagabendbeschäftigung ist aber definitiv der Besuch eines Konzerts. Dass es sich bei dem Konzert um ein Rockkonzert in einer waschechten Rockerbar handelte, wurde mir allerdings erst bewusst, als ich Honza vor dem Eingang eben dieser Bar stehen sah. Ein wenig skeptisch, da Rock nicht gerade meine Musikrichtung und Rockerbars nicht unbedingt Teil meiner Komfortzone sind, beschloss ich, dem Ganzen zumindest eine Chance zu geben. Und siehe da, Rock ist gar nicht so schlimm wie ich dachte, zumindest wenn es live ist und nicht nur aus Rumgegröle besteht und Rockerbars müssen nicht zwangsläufig siffig, schmutzig und voller betrunkener Typen sein. Nachdem all diese Vorurteile also erst einmal abgebaut waren, genoss ich den Abend sehr, auch wenn mir die Ohren beinahe abfielen und ich hinterher so nach Rauch stank, dass ich mich, hundemüde wie ich war, tatsächlich noch unter die Dusche stellte, bevor ich schlafen konnte.
Am nächsten Morgen stellte ich mich einem Blick in den Kühlschrank fest, dass ich vor lauter Stress und Müdigkeit in der letzten Woche, tatsächlich außer Haferflocken und Milch quasi nichts mehr zu essen hatte. Nicht besonders überzeugt von dieser Auswahl, beschloss ich, dass Frühstück erstmal Frühstück sein zu lassen und brachte stattdessen die Wohnung ein wenig auf Vordermann.
Als das erledigt war, wurde es auch schon Zeit, mich auf den Weg zum Bahnhof zu machen. Nicht, um selbst zu verreisen, sondern um Maria, Theres und Richard, Freiwillige aus Bratislava abzuholen. Glücklicherweise stellten wir gerade noch rechtzeitig fest, dass ihr Zug nicht am Hauptbahnhof ankam, sondern an einem Bahnhof, den ich bisher nur vom Hörensagen kannte und der mir immer als alter Güterbahnhof beschrieben wurde. Zum Glück ist dieser Bahnhof aber auch nicht viel weiter von meiner Wohnung entfernt, als der Hauptbahnhof und ich lernte mal wieder einen neuen Teil von Brno kennen. Zugegeben, ich freue mich schon, wenn die Züge wieder regulär am Hauptbahnhof ankommen, da dieser Bahnhof nicht gerade den besten ersten Eindruck von Brno erzeugt.
Bei einem Stadtbummel wurde dieser erste Eindruck dann wieder ein wenig gerade gerückt, auch wenn das Wetter sich definitiv nicht von seiner besten Seite zeigte (Schnee im April?!) und wir schließlich in einem Café Zuflucht suchten, wo wir uns mit Tee und heißer Schokolade aufwärmten.
Wer jetzt denkt, Brno bei schlechtem Wetter, sei ein Reinfall, den kann ich beruhigen, denn neben seiner offensichtlichen Schönheit (ich übertreibe nicht), hat Brno auch einiges an Kultur zu bieten. Wir entschieden uns schließlich für das, meiner Meinung nach beste Museum, das Brno zu bieten hat: das Museum der Roma-Kultur, das nicht nur super interessant ist (ich habe auch bei meinem zweiten Besuch noch Neues gelernt), sondern auch bis ins letzte Detail liebevoll gestaltet wurde und viel mehr Aufmerksamkeit verdient, als es bekommt. Begrüßt wurden wir von einem Mann, der uns zum Beginn der Ausstellung führte und sich wahnsinnig bemühte, uns eine kurze Einführung auf Tschechisch zu geben, die wir auch verstehen konnten. So viel Mühe hat sich selten jemand gegeben, wenn es darum ging, sich mit mir/uns auf Tschechisch zu verständigen und ich war ganz glücklich darüber, tatsächlich den Großteil auf Deutsch übersetzen zu können.
So viel Kultur und Bewegung macht hungrig und da sich mein Kühlschrank nicht auf magische Weise selbst aufgefüllt hatte (soweit hat es der liebe Hugo dann doch noch nicht getrieben), machten wir uns auf den Weg zum Supermarkt. Da niemand besonders große Lust auf kochen hatte, entschieden wir uns für Tortellini mit Tomatensauce und machten uns schließlich gestärkt und bester Laune auf den Weg in die Stadt. Nachdem die Stimmung in der ersten Bar allerdings gemütlich, aber nicht gerade berauschend war, beschlossen wir, die nahegelegene und vielgelobte Karaokebar auszuprobieren. Das Ganze stellte sich leider als ein Flop heraus, da die Musik dermaßen leise gespielt wurde, das keiner sang und die Stimmung zwar gut, aber auch nicht ausgelassen war. Ein wenig enttäuscht machten wir uns daher viel früher als geplant auf den Heimweg.
Zu Hause angekommen, steigerte ein gemütliches Vesper unsere Laune aber wieder, sodass der Abend keine totale Enttäuschung war.
Für den Sonntag hatten wir uns nach einem Blick auf die Wetter-App die Burg Špilberk, die Villa Tugendhat und den jüdischen Friedhof aufgehoben, was sich als goldrichtig erwies. Da immerhin ein wenig die Sonne schien, konnten wir den Blick auf die Stadt auch genießen, bevor wir dem Garten der Villa einen Besuch abstatteten, wo ich mein letzte Woche erworbenes Wissen über die Villa Tugendhat anbringen konnte.
Und auch der jüdische Friedhof ist definitiv einen Besuch wert, da er im Gegensatz zu dem Friedhof in Prag kaum besucht wird und somit eine, wie ich finde, viel realistischere Atmosphäre ausstrahlt.
Wieder in meiner Wohnung angekommen, neigte sich das Wochenende auch schon seinem Ende zu, Maria, Theres und Richard packten ihre Sachen, ich begleitete sie zum Busbahnhof, wo wir uns verabschiedeten (natürlich nicht, ohne uns fest vorzunehmen, die Pläne, die wir für kommende Sommerwochenenden in Brno und Bratislava geschmiedet hatten, auch umzusetzen) und holte schließlich endlich den dringend nötigen Einkauf nach.
Zurück in meiner Wohnung, stand dann nur noch ein letzter Programmpunkt und perfekter Wochenabschluss an – das Aufnehmen einer neuen Podcastfolge mit Franzi und Luca zum Thema „Freundschaften im Freiwilligendienst und Sprachbarrieren“. Hört gerne mal rein! 🙂 https://open.spotify.com/episode/4qYwgWW0f0vEoSj5qHVCKw?si=LSX3UEjZQ0iUsugevOtrOA
Die kommende Woche wird hoffentlich weniger ermüdend und ein bisschen sonniger als die letzte und bis dahin sage ich: Ahoj a mějte se.
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