Ahoj zu einem Eintrag, den ich ziemlich müde und mit Ringen unter den Augen und zwei Tassen Kaffee intus verfasse. Warum? Dazu komme ich noch, aber beginnen wir doch von vorne.
Zugegeben, der Montag ist in meinem Gedächtnis ein wenig nach hinten gerutscht. Zum Glück schreibe ich diesen Blog, also wird jetzt fleißig in meinen Gehirnwindungen (und in meinem Terminkalender) gekramt. Ach ja, richtig. Der Montag verlief zum ersten Mal seit langem wieder relativ normal. Ich ging in den Unterricht, wurde nach meinem Lieblingsmärchen gefragt (ähhhmm, vielleicht die Bremer Stadtmusikanten?),erkannte eine Klasse, die in meiner Abwesenheit scheinbar einen Sinneswandel hingelegt hatte, kaum wieder (die Verwandlung war positiv) und verbrachte den Nachmittag nicht, wie ich es mir vorgenommen hatte, mit Unterrichtsvorbereitung, sondern mit dem Harry Potter Hörbuch (die Geschichte zieht einen nun mal auch beim vierten Mal lesen/hören in ihren Bann). Gegen Abend machte ich mich dann auf den Weg zum Sprachkurs. So langsam entknotet sich das Grammatikknäuel in meinem Kopf, auch wenn jede Stunde die Gefahr besteht, dass ein neuer Fall den ganzen Fortschritt wieder zunichte macht.
Der Dienstag begann ebenfalls recht normal, wir sprachen im Unterricht über Klamotten und Rollenbilder und den Nachmittag verbrachte ich notgedrungen mit Unterrichtsvorbereitung.
Der Abend jedoch war alles andere als gewöhnlich. Wer diesen Blog von Anfang an verfolgt, erinnert sich vielleicht daran, dass ich im November zum Stužkovák einer Abschlussklasse eingeladen wurde. Ein stužkovák ist eine Art „Vor-Abiturfeier“, bei der sich die Klasse mit ihren Lehrkräften trifft, es gibt ein Programm, in diesem Fall mehrere Quizze, ein paar Bilder, etwas zu essen und gegen Ende verschwinden die Lehrkräfte meistens und die Klasse feiert noch ein bisschen zusammen. So ungefähr lief es auch an diesem Abend ab, mit der kleinen Besonderheit, dass der Dresscode „Film“ war. Da meine Garderobe hier nicht gerade eine große Auswahl an Kostümen hergibt, musste etwas simples aber effektives her. Auf die Idee brachten mich schließlich ein paar Schülerinnen, die mich nach meinem Outfit fragten und auf meine Antwort „weiß ich noch nicht“ meinten, mit dieser Hose und der Bluse die ich zu diesem Zeitpunkt trug, würde nur noch die Wassermelone fehlen und dann würde ich aussehen, wie Baby aus Dirty Dancing. Also kaufte ich am Dienstag noch schnell eine Wassermelone, bevor ich mich auf den Weg zum stužkovák machte. Der Abend verlief heiter und ausgelassen und ich lernte nicht nur die Schüler:innen besser kennen, sondern auch die Lehrkräfte, von denen ich bisher nur die Deutschlehrer:innen kannte. Gegen Mitternacht, die meisten Lehrkräfte hatten sich bereits verabschiedet, wollte auch ich mich auf den Heimweg machen, als plötzlich die Schüler einer anderen Klasse, die ich unterrichte, auftauchten. Mit diesen hatte ich bisher kaum gesprochen, da sie nur wenig Deutsch können. Umso spannender war es, sie jetzt endlich ein wenig kennenzulernen.
Es ging auf zwei Uhr zu, als ich mich schließlich loseiste und bei strömendem Regen nach Hause hastete.
Zufälligerweise begann der Mittwoch mit eben dieser Klasse, die am Vorabend ihren stužkovák feierte und da ich selbst mit fünf Stunden Schlaf kaum aus dem Bett kam, erwartete ich nicht, dass besonders viele auftauchen würden. Diese Erwartung bestätigte sich und als wir schließlich zu sechst waren, von denen ich mit Abstand am meisten Schlaf hatte, verbrachten wir die Stunde mit Gesprächen über die vergangene Feier, die, da waren sich alle einig, ein voller Erfolg war.
In der nächsten Stunde hatte ich dann die Jungs, die ebenfalls gestern beim stužkovák auftauchten. Überraschenderweise waren sie alle da. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Atmosphäre im Unterricht sich nach der Unterhaltung am Vorabend deutlich zum Positiven verändert hat. Es ist eben doch wichtig, die Schüler:innen ein wenig zu kennen.
Am Nachmittag bereitete ich den restlichen Unterricht vor, ziemlich froh, die Themen „Arbeiten“ und „Reisen“ nun endlich abschließen zu können.
Am Donnerstagmorgen, als ich das Büro in der Schule betrat, blickte mir dann plötzlich mein Gesicht von der Tür entgegen, wie ich überrascht feststellte. Dann fiel mir ein, dass die Namenschilder ja erneuert werden sollten und so kommt es, das nun neben Mgr. sowieso und PhDr xy. auch mein Name steht. Allerdings natürlich ohne etwaige Titel. Und das Bild sorgt hoffentlich dafür, dass Schüler:innen, die mich nicht kennen, jetzt nicht mehr fluchtartig das Büro verlassen, sobald sie feststellen, dass nur ich dort bin.
Den Nachmittag verbrachte ich dann endlich nicht mehr mit Unterrichtsvorbereitung, sondern ich war mit weiteren Freiwilligen in einem Teehaus im Zentrum verabredet, die über eine andere Organisation einen Freiwilligendienst in Brno machen, mit denen ich mich aber bisher noch nie getroffen hatte. Potenzielle weitere kulturweit-Freiwillige hatten die Stellenangebote in Brno für den März leider abgelehnt und daher freute ich mich umso mehr, mich einmal mit anderen Freiwilligen austauschen zu können, die in der gleichen Stadt sind wie ich.
Im Anschluss ging es für mich direkt weiter, denn ich traf mich erneut zum „Tandem“ – also zum Deutsch und Tschechisch sprechen. Diesmal waren wir allerdings nicht wirklich zu zweit, sondern wir waren mit der Studiengruppe meines Tandempartners verabredet, die allesamt Tschechisch oder Slowakisch sprechen. Nachdem ich zunächst nur zuhörte und ehrlich gesagt nicht so viel verstand, unterhielt ich mich schließlich mit zwei Studentinnen, die wirklich eine Engelsgeduld hatten und noch dazu eine für mich wunderbare Aussprache und siehe da: nach einer Stunde fiel es mir zusehends leichter, zu sprechen und auch wenn mir definitiv noch immer viele Vokabeln fehlten, sprach ich zumeist, ohne mir vorher Gedanken darüber zu machen, ob ich jetzt auch wirklich alle Wörter kenne, die ich brauche. Beschwingt von diesem Erfolgserlebnis machte ich mich schließlich auf den Heimweg, denn es drohte schon wieder ziemlich spät zu werden, was meinen sowieso schon vorhandenen Schlafmangel nicht gerade besser machte.
Am Freitagmorgen quälte ich mich entsprechend müde aus dem Bett und trank tatsächlich das erste Mal seit langem wieder einen Kaffee statt meines sonst üblichen Tees, denn heute galt es, topfit zu sein. Warum? Es stand die Schulrunde des Wettbewerbs „Jugend debattiert MOSE“ an und ich war in der Jury. In den folgenden Stunden hörte ich mir also vier Debatten zum Thema „Soll der Unterricht am Gymnázium Křenová statt in 45-Minuten in 90-Minuten Einheiten stattfinden?“ an. Das Thema wählten wir deshalb, weil es an der Schule gerade ernsthaft diskutiert wird und somit deutlich interessanter ist als Standardthemen wie vegetarische Angebote in der Schulkantine oder keine Noten im Sportunterricht. Entsprechend spannend waren die Debatten und vor allem auf einem solch hohen Niveau, wie wir es gar nicht erwartet hatten. Umso schwieriger war es, drei „Gewinner:innen“ und eine:n Ersatzkandidat:in zu benennen. Doch schließlich war es geschafft und unsere drei Besten werden in der Schulverbundsrunde in ein paar Wochen mit den Besten zweier anderer Schulen in Brno zum Thema „Sollen Schüler:innen in Tschechien in den Ferien ein verpflichtendes Praktikum in einer gemeinnützigen Organisation machen?“ debattieren.
Den Rest des Freitags verbrachte ich zunächst mit einem Lehrer und einer Alumna des Projekts in einem Café, bevor ich mich auf den Weg zur Bibliothek machte, um meine entliehenen Bücher wieder abzugeben, bevor ich schließlich völlig erledigt ins Bett fiel und nur aufstand, um endlich ein neues Rezept auszuprobieren: Pfannenpizza. Da ich ja, wie ich in diesem Blog schon oft genug erwähnt habe, keinen Backofen habe, muss ich, was Pizza und Ähnliches angeht, etwas kreativ werden. Zunächst recht skeptisch, war ich doch sehr zufrieden mit dem Ergebnis, auch wenn es natürlich nicht an eine „echte“ Pizza herankommt.
Am Samstag holte ich zunächst den dringend benötigten Schlaf nach und schlief gleichzeitig auch schon etwa vor, da mir bereits klar war, dass ich auch in dieser Nacht nicht besonders viel Schlaf bekommen würde. So und nun kommen wir zu dem Grund, warum ich diesen Beitrag mithilfe von Koffein schreiben muss: dem Schulball.
Nachdem ich an der Schulparty aufgrund von Corona ja nicht teilnehmen konnte, freute ich mich umso mehr auf den Ball, bei dem sich am Samstagabend, aktuelle und ehemalige Schüler:innen und Lehrkräfte trafen und gemeinsam tanzten und feierten. Dort angekommen, war ich gottfroh, immerhin ein etwas formelleres Kleid zu besitzen und dieses auch angezogen zu haben, denn der „semi-formal“ Dresscode wurde wohl eher mit Betonung auf formal ausgelegt. Gemeinsam mit ein paar Schüler:innen ging es zunächst zur Bar, wo ich das erste Mal in den Genuss von Becherovka kam (es schmeckt besser als manch anderer Alkohol), bevor wir uns auf die Suche nach weiteren bekannten Gesichtern machten und schließlich, als es Zeit für den „Abituriententanz“ wurde, auf den Weg zur Tanzfläche machten. Dort hatten sich bereits die Schüler:innen der anderen Abschlussklassen versammelt und ich war, in Anbetracht der Tatsache, dass meine Tanzstunden schon ein Weilchen zurückliegen, recht froh, nicht mittanzen zu müssen. Ganz vor dem Tanzen drücken konnte ich mich dann aber doch nicht und war froh, zumindest die einfachen Schritte des ChaChaCha und langsamen Walzers noch zu beherrschen. Der Rest des Abends verging mit Tombola, der Preisverleihung des besten Lehrers des Jahres (meiner Ansprechperson!) und weiteren Tänzen wie im Flug und schließlich wurde die Band, die bisher Tanzlieder gespielt hatte, durch einen DJ ersetzt, die hohen Schuhe wurden von den meisten ausgezogen und das sanfte Licht wich Diskobeleuchtung.
Erst gegen drei Uhr, als der Ball endete und meine Füße völlig platt vom vielen Laufen und Tanzen waren, ging es nach Hause (zum Glück nahm mich die Mutter eines Schülers im Auto mit).
Bilder von diesem Abend werde ich, sobald ich sie habe, einfügen:)
Am Sonntag wachte ich erst gegen Mittag auf, und auch danach war ich zu nicht viel mehr im Stande, als ein paar Aufsätze zu korrigieren (von Schüler:innen, mit denen ich am Abend zuvor noch gefeiert hatte) und an meinem Häkelprojekt weiterzuarbeiten.
Ein Blick auf die Termine nächste Woche, lässt mich zumindest hoffen, dass ich ein bisschen mehr Schlaf bekommen werde, auch wenn es keineswegs langweilig werden wird!
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