Auf Schotterstraßen durch Uruguay brettern

Wie vor doch etwas längerer Zeit angekündigt, folgt nun endlich der Bericht über den Besuch meiner Eltern – surreal, wie lange her es sich anfühlt, auch wenn es de facto nur etwas mehr als zwei Wochen sind.

Meine Eltern landeten Ende März in Montevideo und kamen dann über Colonia del Sacramento nach Fray Bentos, wo wir ihnen selbstverständlich das Museum und die besten Plätze zeigten und uns im Gegenzug von ihnen bekochen ließen. In ihre Ferienwohnung wären wir auch gerne dauerhaft eingezogen, denn sie hatte zwei Zimmer, war sauber und zentral an der Rambla gelegen, sodass wir nicht mehr so lange zur Arbeit hätten laufen müssen – nun gut, solange sind wir nicht mehr in Fray Bentos.

Von Fray Bentos aus fuhren meine Eltern und ich dann Richtung Norden, um uns die Quebradas del Norte mit ihren Wasserfällen anzuschauen. Landschaftlich ist der Norden völlig anders als der Süden, es gibt Hügel (!), die oben abgeflacht sind, und das Land ist noch dünner besiedelt. Wir haben eine traumhaft schöne Hütte auf einem Hügel inmitten von Weiden und am Morgen ziehen Gänse an meinem Fenster vorbei. 

Das einzige Problem an diesem menschenarmen Norden ist seine Infrastruktur, denn des Öfteren müssen wir über rote geschotterte Erdstraßen fahren, auf denen Steine und Staub das Fahrzeug umwirbeln und der Regen tiefe Furchen in die Oberfläche gezogen hat. 

Da das Land dünn besiedelt ist, sieht man auch niemanden auf der Straße. Man kann stundenlang fahren, ohne dass einem ein Auto entgegenkommt – hier will man also auf gar keinen Fall einen Unfall haben.

Auf unserer Fahrt sehen wir die Fußstapfen von Dinosauriern, Nandus, die über die Wiesen rennen, und natürlich Kühe zuhauf.

Wir verbringen auch Zeit auf einer Estancia, wie der letzte Artikel schon erwähnte. Die Estancia Los Platanos ist eine touristische Estancia mit zwei Doppel- und einem Familienzimmern, einem überdachten Pool und einem urig eingerichteten Wohnzimmer bzw. Aufenthaltsraum. Das Gebäude befindet sich seit acht Generationen im Besitz der Familie. Neben Cabalgatas, also Ausritten, kann man hier auch geführte Wanderungen machen, wobei meine Mutter und ich viel über die verschiedenen Mikroklimata auf den Weiden lernten, die je nach Nähe zum Bachlauf und weiteren Faktoren das Wachstum unterschiedlichster Pflanzen begünstigen. Hier können im Schutz dichter Äste bachnah auch Farne wachsen, was in Uruguay nicht allzu häufig vorkommt – in Deutschland müsste ich nur ein paar Schritte tun, um einen Farn zu sehen.

Natürlich haben wir uns auch die Küste angeschaut: Der kleine Ort La Esmeralda, der im Sommer wohl voller Touristen sein mag, ist jetzt im Frühherbst ausgestorben. Wir hatten den kilometerlangen weißen Sandstrand fast für uns allein, nur einige Küstenvögel (und tote Pinguine) haben uns Gesellschaft geleistet. 

Die Küste bei La Esmeralda

Hiernach war dann aber Schluss mit der Menschenarmut, denn unser nächster Stopp war Punta del Este mit seinen Hochhäusern und Menschenmengen. Hier hatten wir eine kleine Cabaña auf einer Estancia, die vorwiegend aus Schrott (altes Holz, Metall etc.) aufgebaut war. Es gab auch einen kommunalen Garten, wo man Kräuter und Gemüse ernten konnte, soweit es reif war.

Wir besichtigten dort in der Nähe auch Casapueblo, das Haus und Atelier des uruguayischen Künstlers Carlos Páez Vilaró, das er selbst (mit anderen) gebaut oder eher geformt hat und was von ihm selbst als Statue zum darin wohnen bezeichnet wurde. Im Inneren sind Kunstwerke ausgestellt, das wahre Highlight ist aber wohl (gerade an sonnigen Tagen) der Blick auf den tiefblauen Río de la Plata. 

Casapueblo

Am Ende der gemeinsamen Reise ging es über Atlantidá mit Adlerkopf und Dieste-Kirche noch nach Montevideo, wo ich tags darauf von meinen Eltern Abschied nahm und wieder zurück nach Fray Bentos fuhr.

Der Abschied von Montevideo sollte aber nicht lange währen, denn bereits dieser Blog-Artikel wird nicht mehr in einer Kleinstadt am Río Uruguay, sondern in der Landeshauptstadt verfasst: Kenza und ich verbringen nämlich das Ende unseres Freiwilligendienstes in Montevideo an der Nationalkommission der UNESCO.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert