Ganz zu Beginn eines Freiwilligendienstes steht natürlich zunächst einmal die Frage, ob man einen FWD machen möchte und wenn ja, wo und bei wem. Dann kommt die Anmeldungsphase, man findet heraus, ob man genommen wird und wo es hingeht. Man bereitet sich vor, bucht Flüge, lässt sich impfen und eines Tages, an einem sonnigen ersten September, steht man plötzlich auf dem Eberswalder Bahnhofsvorplatz mit hunderten anderen jungen Leuten.
Das war für mich zumindest der Moment, als der Freiwilligendienst wirklich begann.
Von Eberswalde aus wurden wir Freiwillige mit Shuttle-Bussen zum Seezeit Ressort am Werbellin-See gefahren, wo wir Namensschilder und Zimmer und Homezones zugewiesen bekamen und bald auch schon in das Vorbereitungsseminar starteten.
Was ist eine Homezone, mag sich nun der ein oder andere Fragen. Da man bei etwa 330 Freiwilligen kaum inhaltliche Gespräche in der großen Gruppe führen kann, wurden wir nach unseren Zielorten aufgeteilt Kleingruppen zugewiesen, in denen wir verschiedene Themen besprachen. Darunter waren unsere Erwartungen, Wünsche und Ängste für den FWD, aber auch der Umgang mit Stereotypen, die Bedeutung (positiv und negativ) von FWD für die Gesellschaft oder die Gefahren einer einseitigen Berichterstattung.
Neben der Arbeit in den Homezones gab es auch mehrere Zeitfenster mit Workshops, zu denen man je nach Interesse hat gehen können. Um besonders begehrte Workshops zu bekommen, musste man aber schnell sein, denn die Abrisszettel waren in Windeseile aus.
Mein liebster Workshop des Seminars war der zum Korbflechten. Was hat Korbflechten mit kulturweit zu tun? Korbflechten ist Teil des immateriellen Weltkulturerbes und damit Teil des UNESCO-Verständnisses von kulturweit.
Innerhalb von drei Stunden hatten wir alle, die am Workshop teilnahmen, ein kleines Körbchen in grün, schwarz und weiß geflochten. Im Vergleich zu den vielen Input-lastigen Modulen der anderen Seminartage war das Korbflechten auch eine willkommene Abwechslung.
Liest man meinen Text bis hierher, könnte man meinen, dass wir Tag für Tag nur schuften mussten. Ganz so schlimm war es dann auch nicht. Selbstverständlich waren 10 Tage Seminar sehr anstrengend, das lag aber nicht nur an unserem Arbeitspensum, sondern auch den langen Nächten, die man miteinander verbrachte und verbringen wollte. Im Umgang mit all den anderen jungen Leuten fand sich jeden Tag noch jemand Neues, mit dem man sich unterhalten konnte, und sei es nur, um herauszufinden, wer wie lange wohin geht.
Die Lage am wunderschönen Werbellinsee und das warme Wetter waren ein weiteres Highlight des Seminars, da wir Tag für Tag (oder auch nachts) im See schwimmen waren oder den ein oder anderen freien Nachmittag mit Tretboot-Fahren verbrachten. (Ich freue mich schon auf das Nachbereitungsseminar, auch wenn da leider nicht alle vom Vorbereitungsseminar da sein werden.)
Mir hat das Seminar großen Spaß gemacht, aber eine düstere Wolke hing dennoch am Himmel: Leider infizierten sich einige Teilnehmer:innen mit Corona, weshalb gegen Ende immer mehr auch abreisten und die Stimmung allgemein ziemlich mulmig wurde. Leider wurden in diesem Zuge auch viele krank und/ oder reisten ab, die ich gerne noch näher kennengelernt hätte – obwohl ich natürlich vollkommen verstehen kann, dass diejenigen, die krank waren oder Angst davor hatten, krank zu werden, lieber nach Hause gefahren sind.
Ich setze meine Hoffnungen aufs Nachbereitungsseminar und etwaige Alumni-Veranstaltungen oder natürlich auf den digitalen Austausch.
Als Süddeutscher musste ich nach dem Seminar leider noch einmal durch die gesamte Bundesrepublik fahren, was ich über Nacht tat. Dafür hatte ich dann noch mit einem Freund einen netten Nachmittag in Berlin, den wir im Futurium verbrachten und an dem wir unseren letzten Döner hier in Deutschland aßen.
Montagmorgen war ich dann wieder zurück in der Heimat, schmiss mein gesamtes Hab und Gut in die Waschmaschine und beendete vorerst meinen Impfmarathon mit der letzten Tollwut-Impfung. Gelbfieber werde ich jetzt wohl erst in Uruguay impfen lassen…
Den Dienstag verbringe ich damit, mein ganzes Leben auf 23kg und einen großen Rucksack zu beschränken, und dann geht es am Abend nach Frankfurt zum Flughafen, von wo aus es über Sâo Paulo nach Montevideo geht. Dazu dann mehr beim nächsten Mal.