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Im Zeichen des Drachen

30. Januar 2012

Wie versprochen kommt hier mein Bericht über die ereignisreiche letzte Woche: Über das Chinesische Neujahrsfest.

Angefangen hat das Fest am 22. Januar. Dieser Tag war nämlich der letzte des alten Hasenjahres, sozusagen der 31. Dezember für uns. So ähnlich wird dieser Tag dann auch gefeiert. Man bleibt bis 0 Uhr wach und heißt das neue Jahr mit Böllern und Feuerwerken willkommen. Interessanter Weise hat die Tradition des Knallens den gleichen Ursprung, wie das Böllern an unserem Silvester: Damit sollen nämlich die bösen Geister aus dem alten Jahr vertrieben werden, um viel Glück und Segen für das neue Jahr zu bekommen.
Grundsätzlich gibt es aber einen großen Unterschied zum deutschen Silvester. Während man in Deutschland Silvester oftmals mit Freunden und Bekannten feiert, wird in China stets mit der Familie gefeiert. Eigentlich beginnt das Frühlingsfest erst mit dem ersten Tag des neuen Jahres. Dieses Jahr war das am 23. Januar der Fall, seitdem befinden wir uns übrigens auch im Drachenjahr. Das Fest an sich dauert 15 Tage. Dabei sind aber nur die ersten drei Tage auch staatliche Feiertage. Ab dem vierten Tag müssen aber schon wieder viele Leute arbeiten. Die meisten aber haben die komplette Woche danach noch frei. Wirklich gefeiert wird eigentlich auch nur in den ersten drei Tagen + dem Silvesterabend. Am letzten, 15. Tag des Festes wird aber zum Abschluss das Laternenfest noch einmal gefeiert. In der gesamten Zeit, besonders in den ersten drei Tagen, trifft man sich mit der Familie, für China selbstverständlich, zum Essen. Da gibt es natürlich ein richtiges Festmahl mit vielen leckeren und besonderen Speisen. Jeder, der danach noch etwas anderes essen kann oder gar hungrig ist, muss einfach etwas falsch gemacht haben! Man trifft sich aber nicht mit der ganzen Familie auf einmal, sondern besucht abwechselnd die Familie des Vaters und die der Mutter.
So war ich auch bei zwei solcher Familientreffen meiner Mentorin eingeladen. Am Silvesterabend hat sich die Familie väterlicherseits getroffen, am Neujahrstag habe ich die Familie mütterlicherseits kennengelernt. Wie immer wurde ich sehr herzlich aufgenommen und es wurde stets darauf geachtet, dass ich auch gut und viel esse. Als irgendwann der Wein und der Schnaps parallel aufgemacht wurden, wurde ich natürlich aufgefordert ebenfalls mitzutrinken. Ab einem bestimmten Punkt war es mir aber eindeutig zu viel und zu schnell. Dann habe ich einfach nicht mehr ausgetrunken, bzw. das Glas stehen lassen, wenn mir nachgeschenkt wurde.
Was man  während des gesamten Festes und auch schon davor hören kann, ist Folgendes: 新年快乐! Xinnian kuaile! – Frohes neues Jahr! Soweit sind die Glückwünsche ja gleich, wie zu unserem Neujahr. Ab dem 1. wird aber noch zusätzlich der Satz: Gongxi facai! – oder wie ich oft gehört habe, auf Kantonesisch: Gonghei fatschoi! Das heißt soviel wie: Viel Glück und Wohlstand! Wohlstand spielt eine große Rolle in der chinesischen Kultur. So bekommen Kinder und unverheiratete Erwachsene von jedem Familienmitglied, das sie während des Frühlingsfestes sehen, einen Hongbao („roter Beutel“). In diesem roten Beutel befindet sich Geld, das Glück für das neue Jahr bringen soll. Wie viel darin enthalten ist hängt natürlich stark vom Geldbeutel des Gebers ab. Manche Kinder bekommen aber so viel, dass sie sich damit doch einige Wünsche erfüllen können. Während das Geld früher eigentlich nur symbolische Bedeutung hatte, wird es heute immer mehr als Geschenk, wie bei uns Weihnachten, betrachtet. Insgesamt kann man sehr viele Parallelen zwischen dem Chinesischen Neujahsrfest und unserem Weihnachten ziehen: Man feiert in der Familie, es gibt viele besondere Spzialitäten und große Festessen, man beschenkt sich (vor allem aber die Kinder), die Straßen sind leerer als sonst, viele Geschäfte (die in China jeden Tag und manchmal bis 2 Uhr nachts offen haben) sind für Tage geschlossen und es wird viel geschmückt, sowohl innen als auch außen.

Hinzukommen dann noch spezielle Events, wie das große Neujahrsfeuerwerk (das über eine halbe Stunde dauerte), das Lichterfest im Yuexiu-Park oder die zahlreichen Blumenmärkte, wo man frische und exotische Blumen als Dekoration kaufen kann. Leider bin ich etwas spät zum Feuerwerk aufgebrochen, der Ort befand sich 17 km außerhalb des eigentlichen Stadtzentrums und die Taxifahrt dauerte eine halbe Stunde.  Als ich kurz vor dem Ziel war, stauten sich bereits du Automassen und niemand kam meher weiter. Also tat ich es vielen Chinesen gleich, stieg aus und lief auf der verstopften Autobahn weiter nach vorne, um näher an das Geschehen zu kommen und eine bessere Sicht zu bekommen. Letztendlich stand ich auf einer Brücke und hatte den Umständen entsprechend eine ziemlich gute Sicht. Nach ca. 25 Minuten aber (das Feuerwerk war noch in vollem Gange) lies die Polizei die mittlere Spur räumen, sodass eine Gasse entstand, in der die Autos weiterfahren sollten. Auf beiden Seiten der Brücke standen aber noch Menschen, die sich das Feuerwerk ansahen. Als es dann schließlich zu Ende war, mussten einige Leute (unter anderem ich) die Gasse kreuzen, um zum rechten Fahrbahnrand zu gelangen, wo ich später zu Metrostation kommen würde. Zum Glück waren die Autos noch relativ langsam und ich konnte eine Lücke zwischen zwei Autos nutzen, um schnell rüber zu rennen. Weiter vorne hatten es die Leute aber deutlich schwerer, da die Autos dort schon um die 80-100 km/h fuhren. Als jemand versuchte die Straße zu überqueren kam es auch fast zum Unfall. Warum man mit der Räumung nicht einfach 5 Minuten hätte warten können?…
Das Lichterfest im Yuexiu-Park war ebenfalls sehr spektakulär. Als mich meine Familie besucht hat und ich ihnen den Park zeigen wollte, haben wir durch Zufall gesehen, wie große Skulpturen aus Geschirr für das Frühlingsfest aufgebaut wurden. Als ich letzte Woche wieder da war, sah ich auch wofür. Überall war bunter Schmuck und vor allem alles war wunderschön beleuchtet. Für den Park, der normalerweise kostenlos ist, musste diesmal auch 24 Yuan Eintritt gezahlt werden, wie ich finde sehr angemessen.

Wie in letzter Zeit üblich, hatten wir wieder Besuch aus dem Norden. Diesmal kam Johanna aus Hangzhou und auch Nuri, die ja aus dem nahen Shenzhen herübergekommen war, zu Besuch. Wie immer haben wir gut geschlemmt. Aber kein einziges Mal Chinesisch, wie uns später aufgefallen ist. Dafür waren wir lecker Türkisch, Vietnamesisch und (mein Favorit) bei einem brasilianischen Steak-Buffet. Das Fleisch hatte eine super Qualität und auch das Buffet hatte einige leckere Beilagen zu bieten. Der Schokobrunnen zum Nachtisch hat das ganze dann getoppt. Da werde ich wohl nicht das letzte Mal gewesen sein.

 

Vielleicht wundern sich einige von euch, da ich hier aus Guangzhou berichte. Eigentlich sollte ich ja ab Samstagabend unterwegs in den (wirklich) hohen und kalten Norden, nämlich nach Harbin sein. So war auch der Plan. Aber leider musste ich die Auswirkungen der Hauptreisezeit selber zu spüren bekommen: Bis Dienstag gab es für die 37 Stunden lange Zugfahrt keinen Schlafplatz mehr, und dass obwohl ich die Tickets am Dienstag zuvor kaufen wollte. Also musste ich meinen Start etwas verschieben. Außerdem fahre ich nicht direkt nach Harbin (gar keine Schlafplätze für die nächsten 10 Tage), sondern in das nahegelegene Changchun, von wo aus ich nochmal mit einem Regionalzug weiterfahre. Die Reise scheint ja schonmal spannend anzufangen. Auf das alles glatt läuft!

Je nachdem, wie viel Zeit und Internet ich zu Verfügung habe, melde ich mich mit einem Eintrag von meiner Reise. Ansonsten nicht wundern, wenn die nächsten 10-12 Tage nichts Neues kommt. Bis bald!

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