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Nansha und chinesisches Halloween

31. Oktober 2011

Mittlerweile hat es sich im Großen und Ganzen „ausgesightseeingt“. Das Wichtigste, Bekannteste und Besonderste hat man alles gesehen und es kehrt Normalität in diese neue Stadt für mich ein. Natürlich gibt es noch so viel zu entdecken. Aber ich finde gerade die kleinen, unscheinbaren und unverhofften Entdeckungen machen sehr viel Freude, weil man auch viel mehr Zeit hat diese zu erkunden und zu genießen und nicht von einer Attraktion zur nächsten rennt. Außerdem will ich nicht gleich am Anfang alles schon gesehen haben, da ich mir ein paar Sachen gerne für später aufbewahren möchte – immerhin bin ich noch fast ein ganzes Jahr hier.

Dennoch, vorletztes Wochende ging es in die Außenbezirke von Guangzhou, in den Bezirk Nansha. Dort wohnt und arbeitet nämlich Clara. Es war schon seit längerem geplant sie zu besuchen, aber es hat sich erst jetzt richtig ergeben. Sie wohnt nämlich sehr weit außerhalb, wenn man bedenkt, dass sie immer noch in der „Stadt“ Guangzhou wohnt. Die Stadt Guangzhou, muss man nämlich wissen, ist mehr als 1,5 mal so groß wie das komplette Saarland. In China ist alles etwas größer: „Landkreise“ sind so groß wie Bundesländer, Provinzen so groß wie ganze Länder und Städte eben so groß wie mehrere Landkreise (deutsche) zusammen bzw. kleine Bundesländer.
Zusammen mit Franzi wollte ich also Claras Reich mal kennenlernen und herauskriegen, ob es denn wirklich so weit entfernt und abgelegen ist, wie sie es uns immer erzählt hat. Immerhin hat sie Metroanschluss, so waren wir nur gute 1,5h vom Stadtzentrum aus unterwegs. Aber allein die Fahrt, der Abstand zwischen den Stationen und die sich immer weiter leerende Bahn zeigte wirklich, wie weit weg wir vom Zentrum aus schon waren. Irgendwann sind wir aber doch angekommen und warteten auf Clara. Die meldete sich telefonisch und meinte das Taxi, dass sie gerufen hat sei nicht gekommen. Sie müsse also laufen und es dauere noch ein bisschen. In der Tat, es war weit und breit nur ein Taxi zu sehen, nämlich das, das direkt vor uns am Ausgang des Bahnhofs stand. Im Zentrum von GZ wäre es undenkbar ein Taxi zu bestellen, es fahren überall haufenweise welche rum und man bekommt (zu mindest tagsüber und wenn es nicht regnet) innerhalb weniger Sekunden ein Taxi. Die achtspurigen Straßen waren kaum bis gar nicht befahren, die Fußgängerampeln funktionierten aber alle schon. Auch da, wo noch keine Straße war. Es wird viel gebaut: Straßen, Wohnungen und der Hafen wird erweitert, wenn ich es den Plakaten richtig entnommen habe. Man rüstet sich wohl für das vorausgesagte Wachstum in den nächsten Jahren.
Letztendlich haben wir ihre Schule erreicht. Dabei musste ich feststellen, dass sie, bis auf den Fakt, dass sie sehr modern und neu aussieht, sich von meiner Schule nicht besonders unterscheidet: Das Verwaltungsgebäude liegt ziemlich zentral, drumherum befinden sich die Unterrichtsgebäude und am Rand die Wohnheime, wo auch ein Mauer das ganze Gelände abgrenzt. Einen kleinen Unterschied gab es dennoch: Es gibt auch ein Lehrerwohnheim. Dort ist es wirklich nötig, da die Lehrer sonst ewig zu und von der Arbeit bräuchten. Meine Schule hat nur Schülerwohnheime (mit ein paar Zimmern für uns Ausländer), da die Schule relativ zentral liegt und die Lehrer alle zu Hause wohnen.
Zum Mittagessen zeigte uns Clara das kleine Dörfchen gegenüber ihrer Schule. Kaum zu glauben, dass man so eine Siedlung unmittelbar vor den Toren einer neugebauten Fremdsprachenschule findet. Es schien wirklich, als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Die Alten saßen auf dem Dorfplatz und spielten im Schatten der Bäume Mahjiang – ein chinesisches Brettspiel – oder schauten zu. Das Essen selbst war auch mal wieder ein Highlight. Es stehen ein paar nennen wir es „Tische“ vor dem was man Küche, bzw. Garküche oder was auch immer nennen soll, auf beiden Seiten der staubigen Straße, wo hin und wieder ein Motoroller durchheizt. Eine Speisekarte gibt es nicht, es liegen die rohen Zutaten auf einem Holztisch in kleinen Schalen, um die auch ein paar Fliegen herumschwirren. Dann stellt man sich sein eigenes Gericht zusammen und es wird gekocht. In der Zwischenzeit geht man zum Nachbarladen und kauft sich etwas zu trinken. Nach einer Weile kommt man wieder, setzt sich an einen Tisch und bekommt bald sein Essen. Dazu gibt es wie immer Fotos. Natürlich hat Clara das alles gemanaget, sie kannte sich damit ja schon gut aus.
Am Abend sind wir dann wieder nach Downtown GZ gefahren und haben es uns am Perlfluss ein wenig gemütlich gemacht.

 

Diesen Samstag war ich auf einer chinesischen Halloween-Party. Ich weiß nicht an was ihr bei dem Wort Party denkt, aber sicher etwas mit verkleiden, gruselige Stimmung und Disco. Nun ja, davon bin ich auch ausgegangen…
Verkleidet waren die meisten auch. Manche etwas seltsam, was meiner Meinung nach nicht wirklich zusammengepasst hat aber gut. Es stellte sich jedoch heraus, dass es keine „Party“ nach meinem Verständnis (Musik und tanzen) war, sondern es wurden Spiele gespielt. Meistens musste man in einer kurzen Zeit seine Teamkollegen finden. Alle Teilnehmer hatten eine kleine Tüte bekommen, in der verschiedene Utensilien vorhanden waren, etwa Sticker, Bonbons und eine Kürbis-Lampe. Die Dinge hatten verschiedene Symbole oder Zahlen. In jedem Spiel mussten sich dann die neuen Gruppen finden. Zum Beispiel zuerst alle, die eine 0 auf dem Kürbis haben, dann alle, die eine 7 in der Teilnehmernummer haben usw. Da Coca Cola das Ganze mitfinanziert hat, gab es in jeder Ecke eine Kühltruhe voll mit Coke Zero, die man sich gratis nehmen konnte.
Alles in allem war es auf jeden Fall witzig zu sehen, wie eine andere Nation Halloween feiert und was für sie Party heißt. Dennoch glaube ich nicht, dass mein Humor und Empfinden für „lustig“ nicht ganz den chinesischen Geschmack trifft, bzw. andersherum.

In der Schule gab es keine besonderen Vorkommnisse. Ab heute wird lediglich die Winter-Schuluniform getragen. Das heißt schwarzes Jacket, weißes Hemd, schwarze Weste und und schwarze Hose. Die Mädchen tragen Fliege, die Männer Krawatte. Da ich das vorher nicht wusste war ich heute morgen ein wenig geschockt als ich wie immer ganz normal gekleidet auf den Schulhof komme und die Schüler bei ihrer Morgengymnastik im Anzug sehe. Ich dachte im ersten Moment es wäre heute ein wichtiger Tag oder Anlass und ich war der einzige, dem man nichts gesagt hatte. Aber zum Glück wurde ich schnell aufgeklärt und alles war wieder im Lot. Trotzdem komisch, wenn man Deutschunterricht in einer Ball-Atmosphäre gibt. A propos besonderer Anlass, demnächst haben wir wirklich einen. Am Sonntag den 27. November feiert die Schule ihr 30-jähriges Jubiläum. Die Lehrer meiner Abteilung, inklusive mir, werden dazu eine Aufführung machen. Was genau weiß ich auch nicht, ich wurde heute dazu herzlich von Franky, einem Lehrer, eingeladen. Es geht also rund hier.
Ich hoffe zu Hause ist es nicht allzu kalt und ihr müsst nicht frieren. Bei mir kühlt es jetzt langsam ab, es sind tagsüber nur noch maximal 25°C, abends könnte ich schon ab und zu mal einen Pulli gebrauchen. So kann es von mir aus gerne eine Weile bleiben.

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