Episode 2 – Mein erster Schultag

Grüßt euch Freunde,

nun mal zum Ernst des Lebens und dem eigentlichen Grund weshalb ich überhaupt hier bin.

Die Namib High School – eine öffentliche Schule für die Klassen 8-12. Bis zur 10. Klasse ist der Unterricht verpflichtend. Danach kann man auf Wunsch Prüfungen ablegen um für die höheren Klassenstufen zugelassen zu werden.

Direkt am Folgetag meiner Ankunft, Donnerstag, hatte ich meinen allerersten Schultag. Wahrscheinlich war ich aufgeregter als bei dem vor 15 Jahren…und da hat man mir immerhin eine Schultüte mit einer Ladung Süßigkeiten drin geschenkt. Zum Glück musste ich nicht alleine hin.

Kristin, eine Mitbewohnerin aus meiner Unterkunft, absolviert gerade ihr Pflichtpraktikum für’s Lehramtsstudium an genau dieser Schule und somit teilen wir uns den Arbeitsweg.

Im Lehrerzimmer angekommen, wurde ich den Kollegen vorgestellt und später während der alltäglichen Versammlung auf dem Pausenhof auch den über 700 Schülern. Pff, ganz schön ulkiges Gefühl. Aufregend.

Dass dieser Tag nicht nur für mich besonders war, merkte ich schnell. Sowohl Lehrer als auch Schüler waren in auffälliger Hektik um alles für die anstehende Stay Awake Night vorzubereiten.

Während der Stay Awake Night werden den Schülern von 17 Uhr nachmittags bis ungefähr 6 Uhr morgens Unterhaltung und Aktivitäten angeboten. Das Ganze ist freiwillig und die Schule sammelt dafür eine kleine Spende ein.

Hört sich ziemlich cool an, dachte ich. Ich sollte später herausfinden, dass es noch viel cooler ist als ich dachte.

Zuerst musste ich ja selbst meinen Schultag überstehen. Den Vormittag verbrachte ich damit bei der Vorbereitung zu helfen und mir die Schule anzusehen um einen groben Überblick zu bekommen.

Während der Mittagspause hat mir dann eine Deutschlehrerin, die Hauptverantwortliche für die Stay Awake Night ist, mitgeteilt, dass sie noch dringend einige Sachen erledigen muss und ich bitte zwei Klassen beaufsichtigen soll.

Schon war er da. Der Moment, den ich mir die meiste Zeit meines Lebens nicht hätte vorstellen können. Ich bin auf die dunkle Seite des Klassenzimmers gewechselt. Vorne an die Tafel.

Die Lehrerin hatte für beide Klassen Arbeitsblätter vorbereitet, sodass ich also eigentlich nur aufkommende Fragen dazu beantworten musste. Natürlich war’s noch etwas mehr als das.

Die Schüler waren interessiert an mir und wollten sämtliche Sachen wissen…wo komme ich her, was mach ich hier, wie lang bleibe ich, was ist mein Lieblingsfußballverein…zum Glück bin ich noch nicht zu lang aus der Schule raus und kenne die Tricks um Zeit zu schinden selbst nur zu gut.

Ich war in manchen Momenten sehr überrascht wie respektvoll die Schüler mich als Lehrer behandelten. Ein Junge hat mich höflichst – in einem Tonfall als wolle er mir gerade eine Kugel Eis entlocken – gefragt, ob er bitte den vollen Mülleimer ausleeren dürfe. Klar, mach. Vielleicht auch nur ein Trick um aus der Klasse zu kommen, aber mir sei’s doch recht.

Wenn es dann doch mal zu unruhig wurde und ich lauter werden musste, habe ich gemerkt wie ungeübt ich in dieser Situation bin. Unter normalen Umständen werde ich nicht laut. Ich brauche nicht schreien um Diskussionen zu gewinnen und komme mir dabei eher affig vor.

Es gibt jedoch leider nicht viel andere Möglichkeiten, wenn man sich nicht nur bei einer Person Gehör verschaffen will, sondern bei ungefähr 30 Schülern, die sich gerade alle besseres vorstellen können als im Deutschunterricht gequält werden. Die Armen. Ich verstehe den Schmerz. Machen wir das Beste draus.

Ich war erleichtert und stolz als ich die erste Bewährungsprobe als Lehrer an der Namib High bestanden hatte.

Mein Klassenraum nach der Schule. Gar nicht mal so viel Platz für teils mehr als 30 Schüler. Ansonsten einem deutschen Klassenraum sehr ähnlich.

Ende des offiziellen Schultags.

Weiter geht’s mit der Stay Awake Night.

Bis dahin Freunde! Seid lieb!

Lucas

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