Von Ventilatoren, gebratenem Reis und tierischen Mitbewohnern

Heute bin ich seit genau einem Monat in Hanoi. Das ist wohl der klassische Zeitpunkt für einen kleinen Rückblick. Was habe ich in den letzten 30 Tagen erlebt? Was hat sich verändert? Was habe ich gelernt?

Zum Beispiel dass die Lotusblüte, ein Wahrzeichen des Landes, in der Zitadelle Tanh Long sehr stark vertreten ist und ein tolles Fotomotiv ist.

Wenn ich zurückdenke an die Person, die am 12.09. um 6 Uhr morgens nach einem 10-stündigen Flug am Flughafen von Hanoi stand und unruhig auf ihr Gepäck wartete, sehe ich noch keinen riesigen Unterschied zu der Person, die heute in dem netten kleinen Café ein paar Häuser von ihrer ersten eigenen Wohnung entfernt sitzt und den letzten Monat Revue passieren lässt. Klar, heute kann ich mich mit den netten älteren Vietnamesinnen, denen das Café gehört und die kein Englisch sprechen, so weit verständigen, dass ich den gewünschten ‚Cá phê sua‘ bekomme und weiß, was das ist – Kaffee mit Eiswürfeln und Kondensmilch, den man vor dem Trinken gut umrühren muss, damit sich die Milch mit dem sehr starken schwarzen Kaffee mischt. Ich bin in dem letzten Monat viel öfter auf einem Moped gesessen als jemals zuvor und habe mindestens dreimal so viel vietnamesisches Essen gegessen als in den letzten 18 Jahren meines Lebens (ich habe hier aber auch schon nicht-vietnamesisches Essen wie zum Beispiel Spaghetti oder Pizza gegessen – es gibt hier durchaus auch ‚westliches‘ Essen).

Langsam schleicht sich die Routine an und es ist nicht mehr jeder Tag ein kleines Abenteuer.

Eine vielbefahrene Straße in dieser Großstadt überqueren? Krieg ich mittlerweile ohne Herzrasen hin (was aber nicht heißt, dass ich das komplett entspannt und unberührt tun kann). Ich finde mich in der Umgebung meiner Wohnung mittlerweile sogar einigermaßen gut zurecht und weiß, wie meine Straße und Hausnummer auf vietnamesisch heißt. Wenn ich das jedoch sage verstehen mich die wenigsten, die Aussprache ist sehr schwierig und meine europäischen Ohren hören trotz 10 Jahren des Cello-Spielens und Auf-Intonation-Achtens oft den kleinen aber feinen Unterschied zwischen der richtigen und der falschen Aussprache nicht.

Auf den Straßen kann es mit abenteuerlich beladenen Mopeds und eleganten Fahrerinnen in Stöckelschuhen ganz schön eng werden.

Im Restaurant bzw. in der Garküche gibt es nur Stäbchen oder Löffel als Esswerkzeug? Kein Problem, ich bin echt überrascht wie schnell ich es geschafft hab so mit Stäbchen umzugehen, dass ich nicht verhunger und mich auch nicht blamiere. Außer ein Ventilator steht direkt neben mir und pustet mir den gebratenen Reis, der nicht wirklich gut zusammenklebt, von den Stäbchen und ich muss ihn mühsam Körnchen für Körnchen auflesen und bald kalt essen. – Auf ihre Ventilatoren und Klimaanlagen sind die meisten Menschen hier wirklich stolz und kühlen jeden Raum um mindestens 5 °C kühler als draußen runter, lieber 10 °C weniger. Dazu kommt noch der ständige Wind von Ventilatoren in jeder Ecke. Ich spüre schon seit einigen Tagen ein Kratzen im Hals, was wahrscheinlich davon und von der stark verschmutzten Luft hier kommt (deswegen habe ich mir auch einen Mundschutz für längere Fahrten auf dem Moped gekauft und fühle mich damit ein bisschen verantwortungsbewusster, auch wenn er wahrscheinlich wenig bringt).

Gebratenen Reis mit Stäbchen zu essen ist schon schwer genug, da er nicht sehr klebrig ist. Wenn dann auch noch ein Ventilator direkt neben einem steht, ist das nochmal ein Schwierigkeitsgrad höher.

Ein Gecko huscht über die Wand? Fast schon Normalität, die kleinen Tierchen sollen Mitbewohner sein, über die man sich freuen sollte, weil sie Spinnen und Mücken fressen. Alles klar ihr Kleinen, macht es euch gemütlich. Kommt ruhig öfter vorbei, dann lernen wir uns kennen, vielleicht bekommt ihr auch einen Spitznamen verpasst, dann seid ihr richtige Haustiere.

Es regnet wie aus Eimern gegossen? Gut, dann hol ich mein Regencape oder meinen Regenschirm raus und weiter geht’s. Bei einem ganz schlimmen Wolkenbruch wird halt eine Kaffeepause gemacht. Bis jetzt muss aber keine Jacke ausgepackt werden, der Regen bringt wenig Abkühlung, auch wenn es beim Blick aus dem Fenster eher kühl aussieht.

 

Rabenschwarze Wolken – Ein Zeichen, dass man entweder zügig ein trockenes Plätzchen sucht oder einen guten Regenschutz haben sollte.

Trotz des langsam einkehrenden Alltags sind meine Tage hier nicht trist und langweilig (auch wenn das bei dem ungemütlichen Regenwetter der letzten Tage hätte sein können). Aber es sind die kleinen Dinge, die mir Freude machen, die mich glücklich und stolz machen.

Zum Beispiel bin ich jedes Mal stolz wie Oskar, wenn ich meine Wäsche mache. Ich freu mich schon drauf wenn der Wäschekorb das nächste Mal voll ist und ich wie ein Profi die Waschmaschine befüllen kann und mir einen Wecker stelle, damit ich nicht verpasse wann sie ihr Werk vollendet hat und ich die Wäsche aufhängen darf. Seltsam, dass mich diese eher ungeliebte Tätigkeit fröhlich macht – ich versuche das einfach nicht zu hinterfragen, sondern zu genießen und zu hoffen, dass es möglichst lange so bleibt. Schade, dass mich das Schuhe putzen nicht so aufheitert, durch den Regen habe ich nur noch ein Paar saubere Schuhe…

Da wäre das erste Zusammentreffen mit einer Kakerlake, die so lang war wie mein kleiner Finger und klar im Nachteil, da sie auf dem Rücken lag (für die erste Begegnung aber ganz gut, so konnte ich sie ganz einfach unter einem Schüsselchen fangen, bis ein Schlachtplan aufgestellt war). Sophie und ich haben dieses Problem – wie ich finde – sehr erwachsen gelöst und sind bewaffnet mit einem Besen und einem Insektentötungsspray in den Kampf gezogen, den wir überlebt haben, der ungebetene Gast aber nicht. Selbst ist die Frau!

Da wäre der Kauf eines Spiegels, bei dem ich den Preis erfolgreich auf ein akzeptables Niveau heruntergehandelt habe. Ein paar Worte Vietnamesisch sind hier ganz hilfreich.

Da wären noch viel mehr kleine Alltagsfreuden, die dunkle Regentage aufhellen und diesen Blogeintrag sprengen würden. Ich werde an anderer Stelle davon berichten, für heute wars das von meiner Seite aus.

 

Viele Grüße,

Theresa

Zum Abschluss noch ein Bild der fotogenen Lotusblüten in voller Pracht. 🙂

2 Gedanken zu “Von Ventilatoren, gebratenem Reis und tierischen Mitbewohnern

  1. Toll die Farbe der Lotosblüten.Genau die Farbe der Jacke die ich heute trage. Wunsche dir viele bunte Tage und immer trockene Füsse, wenns regnet.Interessant was du berichtest. Bleib gesund.

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