Die Adventszeit ist schon größtenteils vergangen und in weniger als einer Woche ist es schon so weit: Das bekannteste Fest der Christen wird gefeiert. Wie steht es da um meine weihnachtlichen Gefühle im fernen Vietnam?
Anfang Dezember herrschten in Hanoi noch angenehme spätsommerliche Temperaturen und mir war gar nicht bewusst, dass es schon Ende Herbst, fast Winter ist. In Deutschland fiel zeitgleich der erste Schnee. Mittlerweile ist es aber um einiges kühler geworden, ich bin sehr froh über meinen dicken Schal und einige Motorradfahrer tragen Handschuhe, die aussehen wie riesige Topfhandschuhe. In der Vietnamesischen Kultur kommt dem Jahresende des gregorianischen Kalenders eigentlich keine so große Bedeutung zu, wie es im christlich geprägten Europa der Fall ist. Das Jahr endet nämlich für die Vietnamesen nach dem Mondkalender erst etwas später, im Februar. Jahresendstimmung ist also eher nicht vorhanden, oder?
In der Sozialistischen Republik Vietnam sollte eigentlich zu erwarten sein, dass dem christlichen Weihnachtsfest vom anderen Ende der Welt keine große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der Anteil der Christen bewegt sich im einstelligen Bereich, ungefähr ¾ der Bevölkerung des atheistischen Staats gehören keiner Religion an bzw. praktizieren „nur“ einen Ahnenkult, der nicht unbedingt als Religion bezeichnet wird. Dieser ist sehr präsent im Alltagsleben, in quasi jedem Haus oder Laden befindet sich ein kleiner Altar, der im Wohnhaus für die Ahnen gedacht ist und am Arbeitsplatz böse Geister fernhalten soll. Im Zuge dieses Ahnenkults werden oft auf den Straßen papierne Wertsachen verbrannt – als Opfer für die Ahnen, die diese Dinge auch im Jenseits gebrauchen.
Ein Großteil der religiösen Bevölkerung gehört dem Buddhismus an und die konfuzianischen Werte prägen das gesellschaftliche Leben. Durch die lange Herrschaft der Chinesen beeinflusste deren Kultur die vietnamesische stark und so fand der Taoismus seinen Weg ins Land. Im 17. Türchen ihres Adventskalenders geht meine Mitfreiwillige Sophie etwas näher auf die Religionen in Vietnam ein – sehr lesenswert. https://kulturweit.blog/sophiegoeshanoi/2017/12/17/siebzehntes-tuerchen-ich-glaube-an/
Wie kann man diese Fakten mit diesen Bildern vereinen?
Die westliche Kultur bahnt sich spürbar ihren Weg ins Land und dieses westliche Fest wird zumindest in zahlreichen Geschäften gefeiert. Trotzdem kommt bei mir nicht wirklich Weihnachtsstimmung auf. Glitzernde Weihnachtsbäume sind nicht alles, es fehlen Omas Weihnachtsbredla, Mama und Papas Adventskalender, Bratäpfel, ein Adventskranz, Weihnachtslieder beim Kochen, ein bisschen Besinnlichkeit und Schnee.
Weihnachten macht für mich viel mehr aus als kitschiger Schmuck, Weihnachtssales und Special Gifts in Cafés (bei einem Einkauf von mehr als 100 000 Dong). Vor allem ist es ein Fest der Familie und der Liebe. Und Jesu Geburt. Der christliche Aspekt scheint aber auf der ganzen Welt ganz schön unterzugehen, bei der Recherche zu Videos, die die Weihnachtsgeschichte in einfachem Deutsch erklären, stieß ich auf eine Umfrage auf einem deutschen Weihnachtsmarkt. Die meisten Antworten waren sehr ernüchternd.
Diese Entwicklung kann ich leider nicht beeinflussen, also versuche ich mich nicht zu sehr daran zu stören und Weihnachten in dem Rahmen zu feiern, der sich für mich richtig anfühlt. Ich habe sogar das Glück, meine Familie über Weihnachten in Vietnam begrüßen zu dürfen – bis dahin kommt hoffentlich noch etwas Weihnachtsstimmung auf!
Liebe Grüße ins verschneite Deutschland,
Theresa