36 Grad und es wird noch heißer…

Über einen wichtigen Besuch, den Frühlingsbeginn und die erste Woche im Allgemeinen

Donnerstag war neben dem Tag der SchülerInnen (also schulfrei) Frühlingsbeginn für die Südhalbkugel. Das Thermometer in Eldorado hatte beschlossen, in die Höhe zu quecksilbern. Bereits auf meinem 350 Meter weiten Weg von mir zuhause in die Fundación Wachnitz wurde es ganz schön heiß – obwohl es in die Richtung den Berg nur runter geht. Dort angekommen stürzte ich mich mitten hinein in das große Chaos: Um 10.30 Uhr sollte der Vize-Gouverneur der Provinz anrücken, der Umbau des Büroraumes aber immer noch nicht abgeschlossen, noch nicht alle Fotos und Plakate richtige aufgehängt, der Boden noch nicht sauber, die Tafel noch nicht für den Imbiss hergerichtet, der Kaffee noch nicht gekocht, die Getränke noch nicht gekühlt…erst Mal den Schalter für den Ventilator suchen.

JedeR räumte, putzte, organisierte, trug und fluchte. Ok, freeze – wie war das alles zustande gekommen? Am Dienstag, zwei Tage vorher, war die Idee dazu entstanden, dass die Delegation, die in unmittelbaren Nähe zur Fundación eine symbolische Schlüsselübergabe für einen neuen Bus an das Tagesheim Betania durchführen würde, doch danach zu einem kleinen Empfang in die Fundación kommen könnten. Promotion und so. Diese Idee entstand, während ich gerade zwischen den verschiedenen Regalen der Fundación Bücherstapel hin und herschleppte, weil wir den kompletten Buchbestand neu ordneten – Ende zu diesem Zeitpunkt unabsehbar, es wurde dann doch zum Glück nur Dienstag Abend. Aus ein paar kühlen Getränken und Mate wurde zunächst ein Kaffeekränzchen und dann ein Buffet – weil wenn man etwas Süßes reicht, muss man ja auch etwas Salziges reichen. Das war der Stand am Mittwoch Vormittag. Nebenbei mussten die neuen Schreibtischplatten noch Mal eingelassen werden, die PCs würde man dann morgen früh schnell installieren, tranquilito, trnaqulito („ruhig, ruhig“ in einer Verniedlichungsform). Alles irgendwie absehbar, so im Nachhinein.

Um 10.30 Uhr stand der erweiterte Stab (die Leiterin, 4 Lehrerinnen und ich) vor der Fundación Spalier. Wir kratzten bereits an der 30 Grad Marke, der Gestank des vergammelten Inhalts ein Müll-Tonne (tatsächlich eine metallene Tonne, nicht so ein schickes Plastikteil), den wir gestern Abend noch unter großem Ekel weggeräumt hatten, umwaberte uns. Köstlich, drinnen das gute Essen (Apfelkuchen, von einem gewissen Freiwilligen in der Nacht gebackene Zimtschnecken, Häppchen mit Käse und Trauen, eingelegter Kumquat, Oliven und Nüsse und noch einiges mehr), hier draußen der penetrante Gestank nach Fäulnis und Pestilenz.

Es schien länger in Betania zu dauern. Dieses Tageskinderheim wird vom Ehepaar Spengler betrieben – und hat gerade erst schwere Zeiten durchgemacht. Zwischendurch sind für über ein halbes Jahr die staatlichen Gelder für die Verpflegung der Kinder ausgefallen, viele sind der Überzeugung, dass sie in den korrupten Systemen versickert sind. Da ist so eine Schlüsselübergabe für einen neuen gebrauchten Bus, um die Kinder aus den Armenviertel abzuholen, schon ganz schön symbolisch.

Kurzum, es dauert bis 11.15 Uhr bis die ersten Teilnehmenden von der Delegation eindrudeln, 10 weitere Minuten bis auch der Vize auftritt. Es folgt Händegeschüttel und Küsschen-Zeremonien (hier anders als in der fernen Hauptstadt zwei Küsschen und nicht nur eins – wo kämen wir denn mit so viel Sparsamkeit hin?) und dann betretenes Schweigen, als alle auf das Buffet starren. 25 Minuten später ist nur noch wenig über. „Und wozu das Ganze?“, frage ich mich. Um eventuell einen Termin im Ministerium zu bekommen, damit die Arbeit der letzten Jahre jetzt auch mal offiziell anerkannt wird.

Nach einer kurzen Aufräumaktion geht es zur Mittagspause nach Hause: Und jetzt geht es erst Mal recht steil bergauf. Ohne Schatten…oje, oje, oje, stöhnt mein Gehirn vor sich hin. Vor 10 Tagen hätte ich jemandem, der mir empfohlen hätte, täglich Mittagsschlaf zu halten, den Vogel gezeigt. Heute geht es gar nicht mehr ohne siesta – während der heutigen wird es 36 Grad heiß. Irgendwie kommt mir dieses Lied von Zweiraumwohnung in den Sinn: „36 Grad und es wird noch heißer…und es gibt kein‘ Ventilator“…wie soll das erst im Sommer werden?

Und was ist diese Woche so vor und nach dem Nickerchen passiert? Ich habe an Präsentation und Flyern für den 16. Kongress der deutschsprachigen Gemeinden in Lateinamerika, auf den meine Chefin nächste Woche fahren wird, gesessen, habe umgeräumt, angefangen, einen Konversationskurs vorzubereiten und zu organisieren, Büroarbeiten erledigt, hatte meine ersten Sprachkursstunden (bzw. Literaturkursstunden zu Lateinamerikanischer Literatur), habe Termine zu Festivitäten zum Jahrestag der Wiedervereinigung und zum Bericht darüber im Lokalsender bekommen. Aber no ned hudla!