Der Kejetia Markt

Weihnachten und Kejetia

Ich war wohl noch nie so wenig in Weihnachtsstimmung, wie dieses Jahr. Obwohl wir Freiwilligen uns redlich Mühe gegeben haben (Weihnachtslieder in Dauerschleife, Plätzchen, Zimtschnecken, Glühwein und Wichtelgeschenke) wollte ohne Christbaum, kalte Temperaturen, Weihnachtsfeiern in jeder Institution und die vermehrten Kirchgänge kein wirkliches Weihnachtsgefühl aufkommen. Darüber bin ich aber keineswegs traurig, denn dieses war immerhin bisher das spannendste und ereignisreichste Weihnachten meines Lebens. Sehr schön war, dass wir Freiwilligen uns alle getroffen haben und ganz hoch in den Norden Ghanas gefahren sind. Im sehr bekannten Mole Nationalpark konnte man sowohl Elefanten, Antilopen und Warzenschweine auf Safaris bewundern, als auch auf der Panoramaterrasse mit Pool im Hotel entspannen.

 

Schon majestätisch diese Tiere

Silvester haben wir dann in Accra gefeiert. Vom Pizzariabesuch bis zum Feuerwerk ansehen auf der Terrasse einer Freiwilligen war es auch ein ganz besonderes Gefühl mit mit den anderen Freiwilligen, die ich nun auch gefühlt ewig kenne, in das neue Jahr 2023 zu starten.

Rund um Weihnachten und Silvester hatte ich außerdem viel Besuch von anderen Freiwilligen und meiner Schwester in Kumasi. Es freut mich, wie gut ich Gäste in der Stadt schon herumführen kann, gute Spots für Essen finde und auch schon Einiges über die Stadt zu erzählen weiß.

Besonders wichtiger Anlaufpunkt ist bei der Stadtbesichtigung immer der große Kejetia Markt. Eine dreistöckige Markthalle im Herzen der Stadt. Obwohl dieser Markt eigentlich Touristenattraktion Nummer eins ist, sieht man dort doch kaum bis gar keine Weißen herumlaufen. Auf diesem Markt wird Alles verkauft. Wortwörtlich. Von Dekoartikeln, Sonnenbrillen, Schuhen und Schlappen, Ketten, Armbändern, Seifen, Waschmittel, Spielzeug, Haushaltswaren und Lampen über Gemüse und Obst, Gewürze, Essen an einem richtigen Food Port mit Essensständen und Picknicktischen und viele tote Tiere (Köpfe, Zungen, Füße, Schwänze, Mägen, Leber, Darm, Nieren, Fleisch und Fisch) bis hin zu Klamotten und wahnsinnig viel Stoff. Bunte African Prints, schwarze und rote Stoffe, die traditionell bei Beerdigungen getragen werden, Tüllstoffe, Seidenstoffe, Gewebte Kentestoffe und Weiteres.

Was mir bis vor Kurzem nicht klar war, ist Folgendes: Ursprünglich gab es in Kumasi den Kumasi Central Market. Eine riesige Fläche voll mit Marktständen und Sonnenschirmen. Dieser Central Market wurde sogar als größter Markt Westafrikas angepriesen. Seit 2017 wird aber die Innenstadt Kumasis von einer brasilianischen Firma massiv verändert. Zunächst wurde neben dem central Market der große Kejetia Markt gebaut und ein neuer Verkehrsknotenpunkt mit Bus- und Taxistation eingerichtet. Erst im September 2021 nun sollten alle Händler*innen die Fläche des Central Market räumen. Obwohl diese Umsiedlungsaktion wohl sehr behutsam durchgeführt wurde, gab es trotzdem nicht genug Infrastruktur für die tausenden verlegten Stände. Die logische Konsequenz war, dass sich die Händler*innen nun in die Straßen um den Kejetia Markt und im kommerziellen Zentrum Adum ansiedelten. Zusammen mit den vielen Autos, die von der neuen Kejetia Station in alle Richtungen unterwegs sind, führt das zu sehr viel Gedränge, Staus, Gehupe und Gebrüll. Auf der Fläche des nun ehemaligen Central Market steht nun eine weitere Markthalle ähnlich der ersten. Allerdings wird an ihr (keine Ahnung warum) schon seit ich hier bin nicht gebaut. Die erstgebaute Markthalle wurde außerdem nun schon mindestens sieben Mal vom starken Regen überschwemmt, was zu erheblichen Problemen und Verlusten geführt hat.

Die vollen Straßen vor der Markthalle

Mich macht so etwas wütend. Weiterentwicklung in allen Ehren. Ich bin mir sicher, dass sich da schlaue Leute viele Gedanken gemacht haben und es auf dem ursprünglichen Central Market auch sehr voll, stickig und gedrängt war. Das geplante Endprojekt (Mehrere Markthallen verbunden durch bunte Dächer) sieht auch im Modell faszinierend aus. Aber erstens wurde im Hinblick auf die Überschwemmungen wohl nicht gut genug konzipiert, zweitens ist der Zwischenzustand, in dem die überfüllte Innenstadt gerade ist, ist auch nicht gut. Ich hoffe nur sehr, dass diese zweite Markthalle weitergebaut und bezogen werden kann und nicht als Bauruine, die wahrscheinlich Millionen gekostet hat, vor sich hin rostet und dringend benötigten Platz versperrt.

Abgesehen von diesem Thema ist Kumasis Architektur im Gesamten auch ganz spannend.

Für mich sind die Gebäude und die Straßen einer der Hauptpunkte, die Kumasi von Accra unterscheidet. Kumasi ist niedriger. Es gibt hier weniger hohe Gebäude, meistens sind sie hier zwei- bis vierstöckig, und auch weniger dieser Glasfassadentürme, die man in Accra vermehrt sieht. In Kumasi gibt es allerdings sehr schöne Kirchen. Fast gemalt sehen manche aus, mit ihren Türmen, die über den anderen Dächern hinausragen. Auf dem Uni Campus gibt es außerdem eine sehr schöne Moschee mit faszinierender Goldkuppel. Mir ist auch aufgefallen, dass Kumasi sehr hügelig ist. Allein auf meinem Weg zur Arbeit muss das Tro Tro über drei Berge und bis zu meinem Büro muss ich nochmal bergauf laufen. Die Hauptstadt, die direkt am Meer ist, ist dagegen deutlich flacher.

St. Peter’s Cathedral Basilica

Im Allgemeinen habe ich das Gefühl Kumasi immer besser zu verstehen. Ich war nun auch schon viel unterwegs und habe, das ist denke ich ein wichtiger Punkt, das Meiste auch zu Fuß erkundet. Das stärkt nicht nur die Beine (Mein Schrittrekord waren einmal 26.000 Schritte am Tag) sondern lässt einen alles auch nochmal besser betrachten.

Aber ich halte mich nicht nur in Kumasi selbst auf, sondern habe auch schon die Umgebung erkundet. Die berühmten Kente Webstoffe in Bonwire, die Goldgräberstadt Obuasi, Wasserfälle und Affen in Kintampo und Nkoranza, die Atwia Berge in Abaasua und was noch auf meiner Liste steht: die Stofffärbestadt Ntonso. Dieses Wochenende geht es allerdings nochmal für einen Kurztrip in den Norden zum Nilpferde anschauen im Hippo Sanctuary Weichau. Obwohl die Fahrzeit wahrscheinlich gleich lang sein wird, wie die Aufenthaltszeit, freue ich mich trotzdem darauf, nochmal etwas Neues zu sehen.

Ich habe mittlerweile schon ein bisschen Stress noch alles von Ghana sehen und machen zu können, was ich will, bevor es in 5 Wochen (!) schon wieder zurück nach Deutschland geht. Aber ich setze meine restlichen Urlaubstage nun einfach geschickt, nehme noch einen Wasserfall, Berge, das Meer und eine Hochzeit, auf die ich eingeladen wurde, mit, und freue mich auch schon darauf wieder nach Hause zu fliegen.

Mal sehen, wann ich das nächste Mal Zeit für einen Blogartikel finde

Bis bald

Sophie