Feiertage in Argentinien sind nicht zu empfehlen

Ich sitze am hinteren Ende des gefühlt kilometerlangen Retiro-Busbahnhofs in Buenos Aires. Die Feiertage verbrachte ich wieder in der Hauptstadt Argentiniens (ist ja auch definitiv eine coolere Stadt als Montevideo…). Aber Feiertage in Argentinien sind einfach nur mies. An Weihnachten war wirklich alles geschlossen. Und mit allem meine ich Läden, Restaurants und sogar Apotheken. Wir hatten kurzzeitig Angst, nichts zu essen zu bekommen, weil wir natürlich nichts eingekauft hatten. Die Naivität, an Weihnachten schön essen gehen zu können, wurde schnell von der Realität überschattet. Es lief darauf hinaus, dass wir Pizza auf der Straße essen mussten, weil das der einzige Laden war, der offen hatte. Hier trafen wir sogar zufällig andere kulturweit-Freiwillige aus Brasilien, ich glaube, das sagt schon alles über die Essenssituation an dem Abend aus. Auch an Geld zu kommen, stellte sich wieder schwierig heraus und so verbrachte ich nach Weihnachten 3h bei Western Union und verließ die Filiale mit 200 Scheinen à umgerechnet 1€. Inflation lässt grüßen. Generell habe ich gemerkt, dass die Preise hier im Vergleich zu vor 6 Wochen wirklich angezogen haben. Mit einem Konto mit Euro oder Dollar ist es immer noch günstig, aber trotzdem merke ich die Veränderung. Mir tun die Leute hier aufgrund der wirtschaftlichen Lage sehr leid. Ich konnte auch einige Demonstrationen gegen den neuen Präsidenten beobachten.

Umso verwunderter war ich bei der Führung durch den argentinischen Kongress. Wenn man nicht weiß, wo man sich befindet, könnte man glatt meinen, ein prunkvolles Theater betreten zu haben. Das macht es noch mehr schade, zu wissen, dass das Land sich in so einer tiefen wirtschaftlichen und politischen Krise befindet.

Die Woche hier lässt sich vor allem mit dem Wort spontan beschreiben. Es waren sehr viele andere kulturweit-Freiwillige ebenfalls hier und so wurde es auf jeden Fall nicht langweilig. Von einer spontanen Geburtstagseinladung über zwei Treffen mit den brasilianischen Freiwilligen und unzählige Café-reuniones bis zu einem Silvesterabend, der erst 6h vorher feststand, war alles dabei. Zwischendrin verbrachte ich auch Zeit alleine und besichtigte unter anderem das ESMA-Gelände, auf dem während der Militärdiktatur politische Gegner*innen festgehalten und gefoltert wurden, das Museo Malvinas e Islas del Atlántico Sur, das die territorialen Streitigkeiten zwischen Argentinien und Großbritannien über die Kontrolle der Falklandinseln thematisiert, und die bunten Häuser im Viertel La Boca und konnte somit meine letzten Touri-Bucketlist-Punkte für Buenos Aires auch abhaken.

In der Woche vor Weihnachten, in der mein Mitfreiwilliger bereits nach Brasilien abgereist war und ich in den 5 Tagen genau eine Touristin empfangen konnte, dachte ich erst, dass ich doch besser schon eine Woche früher gefahren wäre. Doch im Endeffekt war es doch besser gewesen, dageblieben zu sein. Ich musste leider die unschöne Erfahrung machen, dass meine Apple-ID gehackt wurde und ich somit die ganze Woche damit verbrachte, meine Daten zu sichern und dann meine Geräte zurücksetzen zu lassen, was ein ziemliches Heckmeck darstellte und mir die Zeit hier in Argentinien nicht gerade verschönert hätte. Aber danke nochmal an dieser Stelle an Emma, dass ich deinen Laptop dafür ausleihen durfte! <3 Gut gemeinter Rat an alle mit Apple-Geräten, die das lesen: Richtet euch einen Wiederherstellungskontakt ein, falls noch nicht geschehen! Das erspart euch das Ärgernis, dass ihr euch ein neues Konto machen müsst und gegebenenfalls alle Daten verliert…

Außerdem hat es in Fray Bentos 4 Tage so stark geregnet, dass ich eines Morgens meine Zimmertür öffnete und der ganze Flur, das Wohnzimmer und die Küche mit Wasser bedeckt waren. Nach einigen Stunden war das Wasser ein bisschen getrocknet und meine Vermieterin hat den Rest noch geputzt, aber das wäre unschön geworden, wenn ich nicht dagewesen wäre und es niemand bemerkt hätte.

Nun sitze ich im Nachtbus zurück nach Fray Bentos. Dieser existiert nämlich wie anfangs anders angenommen doch, kostet zwar etwas mehr als der Bus nach Gualeguaychú vor der Grenze, spart mir aber eine Person, die mich abholen muss und gewährt mir somit eine tolle Flexibilität. Bei der Hinfahrt war ich schon verwundert, dass um 3 Uhr nachts in Fray Bentos immer noch so viel am Busbahnhof los war, da um diese Uhrzeit Busse sowohl nach Montevideo als auch nach Buenos Aires fahren. Als ich hier eben einstieg, wurde ich sogar von einem Carepaket mit Empanadas, Sandwiches, einem Orangensaft und einem Alfajor überrascht. So lassen sich die knapp 4 Stunden Fahrt doch echt gut aushalten! Ich komme gegen 2 Uhr nachts an. Hoffentlich geht es an der Grenze schnell. Ein paar Stunden Schlaf hätte ich dann doch noch gerne, bevor ich morgen wieder arbeiten muss.

In weniger als 3 Wochen geht es für mich schon wieder auf Tour. Nach Salta und Jujuy um genau zu sein und danach vielleicht noch weiter, mal schauen, wo es uns noch so hintreibt. Spontanität wird hier wie gesagt groß geschrieben. Ich werde das erste Mal ganz alleine fliegen, ich bin gespannt, wie das wird. Dort treffe ich mich dann mit einer anderen Freiwilligen und wir reisen gemeinsam weiter.

Ich finde es unglaublich, dass mittlerweile schon mehr als ein Drittel meines Aufenthalts vorbei ist. Ich bin schon 112 Tage hier. Die Zeit vergeht wie im Flug. Gefühlt kann ich schon gar nicht mehr alles anschauen und machen, was ich mir vorgenommen hatte. Das ist verrückt. Aber ich hoffe, dass die restlichen Monate noch genau aufregend und lehrreich werden, wie der Anfang.

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