Ein bisschen Heimat in Uruguay oder Südamerika ist, wenn der Hauptact erst um 6 Uhr morgens beginnt

Seit Buenos Aires sind gerade einmal drei Wochen vergangen und doch ist schon wieder einiges passiert. Zuerst das vielleicht Wichtigste: Wir sind umgezogen! Das Ganze passierte eher zufällig und ziemlich schnell. Wir hatten mit unserem Kollegen in einem Moment ohne Arbeit ganz prinzipiell noch mal über unsere Wohnsituation und die damit einhergehende Unzufriedenheit gesprochen. Empfohlen wurde uns dann, mal auf Facebook zu schauen (was ja in Deutschland eher ein Ü50 Ding ist, aber in anderen Ländern wirklich noch sehr hilfreich für solche Dinge ist). Eine Immobilienagentur aus Fray Bentos hatte auch einige Wohnungen gepostet und so schauten wir am nächsten Tag dort vorbei, um direkt nachzufragen, ob etwas für uns infrage kommen würde. Die Mitarbeiterin zeigte uns daraufhin ein neues Studierendenwohnheim, das ein paar Tage später öffnen sollte. Wir besichtigten dieses direkt einen Tag später und wir konnten nur Vorteile feststellen: 3000 Pesos günstiger (etwa 70-80 €), direkt im Zentrum mit Gemüseladen und Supermarkt vor der Haustür und ein eigenes Zimmer für uns beide. Gesagt, getan und so zogen wir 5 Tage später direkt um. Aktuell haben wir das ganze Haus für uns, da die Uni hier erst im März wieder losgeht. Nur die Küche teilen wir mit einem Mitbewohner, der in einem Anbau im Garten wohnt. Er ist wohl der einzige internationale Student in Fray Bentos, da er ursprünglich aus Panama kommt. Wir verstanden uns auf Anhieb gut mit ihm und sind generell unfassbar happy über die neue Unterkunft! Das zeigte uns wieder mal, dass man in Südamerika einfach ein bisschen spontaner und flexibler sein muss als in Deutschland.
Noch eine gute Nachricht, mein Paket ist angekommen! Ich hätte es ja schon nicht mehr gedacht, aber war dann sehr erfreut, dass sich die ganze Mühe mit dem Zoll gelohnt hat. Jetzt habe ich auch eine schöne Thermoskanne und kann mit dem Mate-Lifestyle nun endlich richtig durchstarten.

Irgendwie ist es ein seltsames Gefühl, dass in zwei Wochen Weihnachten ist… Während es hier immer heißer und heißer wird, hat es in Deutschland sogar bei mir zuhause in der Rheinebene geschneit. Das Einzige, was hier an Weihnachten erinnert, ist die Deko, die sporadisch im Supermarkt oder an manchen Häusern zu finden ist. Nichtsdestotrotz legten Emil und ich am Freitag einen Backtag ein und zauberten Butterplätzchen, Hildabrötchen mit Pflaumenmarmelade und Schwarz-Weiß-Gebäck, was alles wunderbar gelungen ist. Auch die Uruguay@s sind ganz angetan von dieser Tradition.
Das Wochenende des 8. Dezember verbrachten wir in Nueva Helvecia, einer Kleinstadt im Süden Uruguays, um eine andere Freiwillige zu besuchen. Wir wurden unfassbar herzlich, wie die Uruguay@s nun mal sind, von ihrer Gastfamilie empfangen und durften bei ihnen übernachten, den Pool benutzen und tonnenweise Käse essen (die Familie stellt auf ihrem Bauernhof eigenen her und deshalb ist ungelogen die Hälfte des Kühlschranks voll mit Käse). Der eigentliche Grund, warum wir kamen, war aber das „Bierfest“, was wirklich den deutschen Namen trägt. Nueva Helvecia trägt den Beinamen „Colonia Suiza“ (schweizerische Kolonie), da sich im 19. Jahrhundert eine beträchtliche Anzahl an Schweizer*innen und generell deutschsprachigen Menschen hier niedergelassen hat, um der Hungersnot in Europa zu entfliehen. Das deutsche Erbe ist überall in der Stadt noch zu spüren, obwohl kaum noch jemand Deutsch spricht. Dazu gehören das alljährliche Bierfest, die teils schweizerisch angehauchten Häuser, melodische Straßennamen wie „Guillermo Tell“ und ein Café namens „Tante Eva“, was an von der Einrichtung her an eine Berghütte erinnert. Zudem wird an zwei Schulen auch Deutsch unterrichtet, weswegen es hier eine kulturweit-Einsatzstelle gibt.

Das Highlight war für mich aber die Parade als Abschluss des Bierfests, bei der die Bewohner*innen der Stadt mit traditioneller Tracht aus dem Kanton bzw. der Region mitlaufen, aus der ihre Vorfahren nach Uruguay kamen. Eine ganz tolle und spannende Tradition!
Zudem waren wir samstags noch im „Café del Bosque“, einem Outdoor-Club am Strand des Río de la Plata. Vorher lernten wir noch die Freundesgruppe unserer Mitfreiwilligen kennen, mit denen wir den Abend verbrachten. Nach einer spannenden Hinfahrt (zwei von uns mussten hinten auf der Ladefläche des Pick-ups liegen und sich nicht von der Polizei erwischen lassen), verbrachten wir wohl unseren bisher intensivsten Clubabend. Wir kamen gegen 2 Uhr an und es war bereits brechend voll. Um 3 Uhr spielte die erste Band, die an dem Abend angekündigt war und die Stimmung wurde besser und besser. Die Uruguay@s wissen einfach, wie man feiert. Gegen 5 Uhr konnten wir dann die Sonne aufgehen sehen, was befremdlich, aber echt cool war. Etwa gegen 6 Uhr spürten wir die lange Nacht aber auch wirklich und wollten uns gerade auf den Weg machen, als der zweite Sänger tatsächlich gerade erst mit seiner Performance anfing. Südamerika ist, wenn der Hauptact erst um 6 Uhr morgens beginnt, wir waren sehr erstaunt. Tatsächlich handelte es sich um einen recht bekannten argentinischen Sänger, dessen Songs auf Partys rauf und runter laufen. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen und nahmen diese Erfahrung auch noch mit.
Bald darauf waren wir aber wirklich fix und fertig und wurden von einer Freundin wieder zurück nach Hause gebracht, wo wir todmüde ins Bett fielen. Alles in allem aber ein Abend, der im Gedächtnis bleiben wird und ein mega Erlebnis!
Gerade sitzen wir im Bus zurück nach Fray Bentos, um morgen wieder arbeiten zu gehen. Das Wochenende hat sich aber wirklich mehr als gelohnt! Mal schauen, was ich in nächster Zeit noch so alles erleben werde. Es bleibt spannend!

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