Montevideo ist underrated

Endlich mal wieder ein Lebenszeichen von mir! Durch den Umzug nach Montevideo komme ich jetzt erst wieder dazu, einen Blogartikel zu verfassen. Und die letzten Wochen waren auch wirklich mehr als abwechslungsreich. Nach fast zwei Wochen im Hostel mit ziemlich fragwürdiger Ernährung aufgrund fehlender Küche konnten wir dann Anfang Mai endlich in das Airbnb einziehen. Die Wohnung ist klein, der Herd ist so semi-gut (Nudeln wurden eine ziemliche Matschepampe, weil das Wasser nicht richtig kochen kann) und die Miete viel zu teuer, aber die Lage ist top und es ist super ruhig, da wir in einem Wohnkomplex sind und deswegen nicht direkt an der Straße wohnen. Sobald wir in der Großstadt angekommen waren, häuften sich auch schon die Besuche von anderen Freiwilligen, ist schon ziemlich praktisch einen Schlafplatz mitten in der Stadt zu haben.

Schon vom ersten Wochenende an genossen wir das Großstadtleben und die vielen Möglichkeiten, die sich hier bieten. Wir testeten zwei tolle Streetfoodmarkets aus, besichtigten ein paar Museen und gingen einmal zu einer Ballett-Vorstellung und ins Theater.
Die neue Arbeit gefällt mir sehr. Unser Büro befindet sich jetzt im Bildungs- und Kulturministerium und wir teilen es mit den Kolleg*innen der Abteilung für internationale Kooperation. Rein für die UNESCO arbeitet lediglich Carmen, unsere Chefin, und es gibt noch den Generalsekretär der Kommission, der allerdings auch für die Vizeministerin arbeitet. Das Gebäude ist auch hierarchisch aufgebaut, wir im fünften Stock, die Vizeministerin im achten und der Minister ganz oben im neunten Stock. Zu unseren Aufgaben gehörten bisher das Abtelefonieren der uruguayischen UNESCO-Projektschulen, um die Kontaktdaten zu aktualisieren (eine gute Übung für das Spanisch), ein paar Instagramposts zu erstellen und wir waren sogar schon auf Geschäftsreise. Den 7. bis 9. Mai verbrachten wir nämlich in Trinidad in der Mitte des Landes im UNESCO-Global Geopark „Grutas del Palacio“. Hier wurden einige Plaketten eingeweiht, die das „Rutas UNESCO“ Logo zeigen und Emil und ich wurden bereits vorgeschickt, damit die Plaketten angebracht werden konnten, bevor sie mittwochs feierlich enthüllt werden sollten. Für uns war dieser Trip perfekt, da wir sowieso noch hinfahren wollten, um zwei weitere kulturweit-Freiwillige zu besuchen, die im Geopark arbeiten. So wurden sowohl unsere Fahrtkosten als auch unsere Verpflegung vor Ort vom Ministerium übernommen. Am ersten Tag gab es außer die Übergabe der Plaketten nicht viel zu tun und so wurden wir von einem Bekannten der beiden mit auf sein Campo (Feld) genommen. Den nächsten Tag verbrachten wir dann bei den Grutas, um der Konferenz der Tourismusdirektor*innen der Regionen Uruguays beizuwohnen. Donnerstags fand dann das erste Geotourismustreffen im Land statt, bei der nicht nur der Tourismusminister, sondern auch der Intendente (vergleichbar mit einem Landrat) der Region Flores und auch Vertreter*innen von Geoparks in Mexiko, Chile und Spanien anwesend waren (letztere virtuell). Zudem gab es noch einen Vortrag einer Mitarbeiterin eines brasilianischen Geoparks, dem wir auf Portugiesisch lauschen durften. Man hat sogar so gut wie alles verstanden, brasilianisches Portugiesisch ist ziemlich ähnlich zum Spanischen, die Aussprache ist nur oft ungewohnt. Trinidad ist meiner Meinung nach die perfekte Uruguay-Erfahrung, mehr Gaucho-Lifestyle bekommt man nicht!

Noch am selben Tag mussten wir uns schon wieder auf den Rückweg nach Montevideo machen, denn am nächsten Tag hatten wir ein Treffen mit dem deutschen Botschafter. Hier waren sowohl vier kulturweit-Leute als auch verschiedene deutsche Praktikant*innen anwesend, die zum Beispiel aktuell an der Deutschen Schule, beim DAAD oder in der Botschaft selbst eingesetzt sind. Der Botschafter erzählte uns von seinem Lebensweg und beantwortete unsere Fragen zur Arbeit als Diplomat und über die deutsch-uruguayischen Beziehungen. Mit der DAAD-Praktikantin verstand ich mich auf Anhieb sehr gut und wir verbrachten den restlichen Tag mit ihr und den beiden anderen Kulturweitlerinnen. Auch am nächsten Tag traf ich mich nochmal mit ihr, um zur Playa Malvín zu fahren und montags nahm sie uns mit zum Stammtisch der Praktikant*innen der deutsch-uruguayischen Handelskammer. Mir war tatsächlich nicht bewusst, dass so viele Deutsche momentan in Montevideo leben, aber der Abend war super nett und wir führten interessante Gespräche.

Für Mittwoch hatten wir uns entschlossen, bei der Demo für Palästina mitzulaufen, die von der Intendencia bis zur Plaza Independencia ging. Das war eine sehr bewegende Erfahrung und die Solidarität und Anteilnahme auch in Form von Gedichten, die bei der Kundgebung vorgetragen wurden, hat mich sehr beeindruckt.

Donnerstags während der Arbeitszeit wurden wir von einem Fahrer des Ministeriums (irgendwie ungewohnt, chauffiert zu werden) zum Palacio Taranco, einem wunderschönen Stadtpalast, gebracht, um die Räumlichkeiten für ein Event kommenden Donnerstag zu inspizieren, bei dem wieder Plaketten verliehen werden. Tags darauf waren wir abends mit einigen der Praktikant*innen verabredet, um einen Geburtstag nachzufeiern, wir waren koreanisch essen und danach noch in einer Bar, in der ich das erste Mal Grappa Miel probiert habe, einen super leckeren Honig-Likör. Danach zog es uns sogar noch in den Club, wo wir bis fünf Uhr morgens tanzen waren. Ich habe mich zwar immer noch nicht an die Ausgehzeiten gewöhnt, aber wir hatten auf jeden Fall eine gute Zeit und die Müdigkeit hielt sich tatsächlich in Grenzen.

Das Wochenende ließ ich aber ein wenig langsamer angehen und erledigte Einkäufe auf dem Markt und im Supermarkt und kochte mir einen leckeren Nudelauflauf. Das ist wohl auch die beste Art, hier mit dem Herd Nudeln zu machen…

Für Juli habe ich mich jetzt für das DELE-Sprachzertifikat C1 angemeldet. Ich bin noch nicht ganz überzeugt davon, das locker zu schaffen, deswegen muss ich mich da auf jeden Fall noch viel ransetzen und üben… Aber wird schon, sind ja noch zwei Monate hin!

Ich freue mich jedenfalls sehr auf die kommenden Wochen, da jetzt schon einige spannende Dinge anstehen. Die Entscheidung, nach Montevideo zu ziehen, bereue ich auf jeden Fall nicht! Ich finde, die Stadt ist total underrated, sie ist zum Besichtigen nicht so spannend, aber zum Leben wirklich toll!

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