BA – Buenos Aires oder doch Brazos Abiertos?

Ich konnte noch ein Land von meiner Bucketlist streichen. Das Zwischenseminar verbrachten wir gemeinsam mit den meisten anderen Freiwilligen aus Uruguay in der Hauptstadt Argentiniens und hatten eine unfassbar schöne Zeit. Nachdem am 10. November noch ein Stadtfest in Fray Bentos stattfand, bei dem wir unter anderem Sambatänzerinnen und eine Gruppe mit argentinischen Folkloretänzen bewundern konnten, machten wir uns am 11. November früh morgens auf den Weg nach Gualeguaychú, der nächstgelegenen Stadt in Argentinien, die auf der anderen Seite des Río Uruguay liegt, allerdings leider nicht mit dem Bus zu erreichen ist. Deswegen wurden alle Kontakte hier vor Ort mobilisiert und schlussendlich wurden wir von der Tante eines Kollegen mitgenommen. In Gualeguyachú stiegen wir dann in den Bus nach Buenos Aires, für den wir trotz der 3,5 Stunden Fahrt nur umgerechnet 7 € pro Person gezahlt haben. Gegen Mittag erreichten wir dann den Retiro Busbahnhof und waren zunächst ein bisschen überfordert, da unser uruguayisches Internet ja nicht mehr funktionierte und wir irgendwie so den Weg zur Unterkunft finden mussten. Nach 1-2 Stopps an Orten mit freiem WLAN war das dann aber auch so möglich. Das große Wiedersehen mit der ganzen Gruppe war super schön und wir stellten auch schnell fest, was für eine tolle Stadt Buenos Aires ist. Dazu kommt, dass sich aufgrund der hohen Inflation die Preise mit einem deutschen Budget und der Erfahrungen aus Uruguay (so teuer!) in einem unfassbar niedrigen Rahmen bewegen. Und so genossen wir die Wochen in vollen Zügen und mussten nicht einmal kochen. Nachdem wir auch endlich etwas Geld wechseln konnten, war der Kurs natürlich noch besser und lag bei 900 argentinischen Pesos für 1 €.
Wir verliebten uns sofort in den Wochenendmarkt am Friedhof Recoleta, auf dem alle Arten von Schmuck, Kleidung und handgemachter Dekoration und Keramik sowie Gemälde verkauft werden. Außerdem besichtigten wir den Friedhof, das Kulturzentrum Recoleta, die Plaza de Mayo, die Buchhandlung El Ateneo in einem alten Theater, die Stadtviertel Palermo und La Boca, das Barrio Chino, den Hafen und den Ecoparque, eine Grünanlage mit Tieren im Herzen von Buenos Aires, und vieles mehr.
Auch kulturell nahmen wir einiges mit und besuchten eine Theatervorstellung mit einem Stück über Sigmund Freud, gingen ins Kino, um den neuen „Hunger Games“ Film anzusehen und gingen feiern, wonach wir um 6:30 den Club verließen und ganz verwundert waren, dass es ja schon wieder hell war. Wohlgemerkt alles an einem Abend!
Unser AirBNB war ein Traum, eine riesige Altbauwohnung mit Platz für 12 Personen und nur wenige Gehminuten vom Obelisken entfernt, also direkt im Zentrum. Besser hätte es nicht sein können!

Das Zwischenseminar war aufgrund des Online-Formats natürlich anstrengend, aber dadurch, dass wir gemeinsam waren und danach immer schöne Dinge geplant hatten, trotzdem recht kurzweilig. Ich habe viele interessante Aspekte besonders über Uruguay mitgenommen, vor allem durch die Gespräche mit einem Deutschen, der seit vielen Jahren in Montevideo lebt und mit einer Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft in Uruguay. Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir die Einheiten zur afrouruguayischen Geschichte und der Militärdiktatur in Uruguay, mit beiden Themen möchte ich mich noch weiter beschäftigen. Auch der Kulturausflug war eine tolle Erfahrung, da wir hierfür einen Tangokurs besuchten, in dem wir bereits einige Grundschritte lernen konnten.
Am 19. November, unserem letzten Tag in Buenos Aires, fanden auch die Stichwahlen in Argentinien statt. Dadurch erlebten wir die Tage davor bereits einige Demonstrationen und sahen viele Plakate der Kandidaten. Am Wahltag selbst war es erstaunlich ruhig in der Stadt, was aber auch an der Wahlpflicht im Land liegen kann, durch die die Leute in ihrem Wahlbezirk bleiben. Ein wichtiges Angebot fand ich aber auch den kostenlosen ÖPNV an dem Tag, um allen Menschen die Wahl zu ermöglichen. Erstaunt haben mich die öffentlichen Aushänge der Namen und Ausweisnummer der Wähler*innen vor dem jeweiligen Wahllokal und die Tatsache, dass eine Art Teillockdown verhängt wurde. So etwa hatten alle Kultureinrichtungen geschlossen und am Tag vorher war ab 20 Uhr Tanz- und Alkoholverbot. Das Ergebnis der Wahl kam dann aber erst, als wir bereits wieder an der Grenze zu Uruguay waren. Ich habe endlich einen uruguayischen Stempel in meinem Pass, was bei der ersten Einreise nicht ging, da es am Flughafen ein automatisches Einreisegate ohne Stempelmöglichkeit gab.
Ich habe mich nach den paar Tagen total in Buenos Aires verliebt, wozu bestimmt auch der Stadtslogan beigetragen hat: „Bienvenidos a la Ciudad que siempre te recibe con los Brazos Abiertos“ (zu deutsch: Willkommen in der Stadt, die dich immer mit offenen Armen empfängt). Hier wird auch bewusst damit gespielt, dass BA sowohl für Buenos Aires als auch Brazos Abiertos stehen kann.
Aber das Großstadtleben muss ich nicht lange vermissen, denn über Weihnachten und Silvester geht es erneut in die Stadt, worauf ich mich schon sehr freue! Es war einfach ein ganz tolles Gefühl, an wirklich jeder Ecke ein Café zu entdecken (ungelogen an jeder!), mit der U-Bahn zu fahren, abends in eine Bar zu gehen und nette Leute kennenzulernen und von den ganzen Kulturangeboten zu profitieren! Gestern war es erstmal ganz ungewohnt, wieder die uruguayischen Preise umzurechnen und schockiert über den gewaltigen Preisunterschied zu sein…

Hasta pronto, te amo, Buenos Aires <3