Endlich habe auch ich angefangen zu arbeiten! Meine Zeitarbeit beim GI Peking hat begonnen. Ich soll bei der Vorbereitung für die am Wochenende (22. – 24.10.10) anstehende, erste nationale PASCH-Direktorenkonferenz mithelfen.
Konkret heißt das: Ich habe ganze 73 PASCH-Taschen gepackt, was 4 Stunden gedauert hat, und 96 dazugehörige Mappen, was nochmal 3 1/2 Stunden gedauert hat. Die Taschen waren nicht so einfach zu packen, weil viele große Gegenstände, wie Teebecher, reinmussten und ich ständig hin und her gelaufen bin, um alles zusammen zu suchen. Da waren die Mappen besser. Ich kam mir wie im Fastfood-Restaurant vor. Von jedem Zettel einer und dann noch im bestimmten Muster drapieren. Ich wurde nach 30 Mappen auch richtig schnell drinn 🙂 und es ging zack zack. Dabei wurde mir auch nicht langweilig, weil ich mich nebenbei noch mit einem Kameramann unterhielt, der für’s Goethe einen Film über die Direktorenkonferenz drehen soll. Wir saßen aus Platzmangel im gleichen Zimmer. Er lernt gerade Deutsch und will demnächst in Deutschland weiter studieren, da ist es verständlich, dass er sein Deutsch an mir ausprobieren will. Sein Deutschlevel entspricht in etwa meinem Chinesischlevel und so konnten wir uns eigentlich recht gut unterhalten, auch mit Hilfe des Wörterbuchs in seinem I-Pad.
Irgendwann waren dann alle Taschen und Mappen gepackt und am Freitag gings los. Ich musste schon um 9 Uhr antreten, weil noch nicht alle Mappen mit dem neuen Grußwort der Botschaft versehen waren und einige Namensschilder noch geschnitten werden mussten. Um 10.30 Uhr sind wir dann in das Hotel gefahren, in dem die Direktoren übernachten sollten. Und das war nicht irgendein Hotel, sondern das wohl teuerste in ganz Peking. Das Diaoyutai! Dieses Hotel wurde von Soldaten überwacht und man kommt nur mit Anmeldung rein. Gewöhnlich nächtigen hier Staatsgäste, wie z.B. Barack Obama. Und Goethe steckt da PASCH-Direktoren rein. Nicht dass ich das schlecht finde, aber in Deutschland fände man das doch ein bisschen übertrieben. Aber nun gut, das nötige Kleingeld hatte Goethe ja. Jeder der Direktoren durfte noch eine Begleitperson, meistens Deutschlehrer, mitbringen, die im naheliegenden 5 Sterne-Hotel Diaoyutai Da Jiu Dian wohnten, das aber öffentlich zugänglich war. Aber immer noch übertrieben geil! Noch dazu hatten die alle ein Doppelzimmer einzeln belegt. Das muss man sich mal vorstellen!! Ich hab eins der Zimmer besichtigen können und es war eben 5 Sterne-Standard…
Jedenfalls hab ich den Freitag Nachmittag damit zugebracht, mit Yu Yi , der Assistentin von Sebastian Vötter, meinem Koordinator, an der provisorischen Rezeption zu sitzen und den Leuten die Namensschilder und Mappen zu überreichen. Ziemlich unspektakulär, aber ich hab mal alle PASCH-Schuldirektoren aus China gesehen. Um 18 Uhr ging es endlich auf in die dt. Botschaft (die letzten Direktoren checkten um zehn vor sechs ein O.O, wobei um 4 eigentlich offiziell Schluss war). Im Bus unterhielt ich mich mit dem
Direktor der Schule aus Xi’an und er erzählte mir wie toll seine Schule doch sei. In der Botschaft empfing uns der deutsche Gesandte Herr Riedel und hieß alle willkommen. Nach der Rede gab es ein leckeres deutsches Buffet, bei dem ich mächtig zuschlug. Besonders die Brötchen habe ich vermisst. Ich wurde vielen interessanten Leuten vorgestellt und habe den stellvertretenden Direktor meiner Schule kennengelernt. Schonmal ein Fortschritt. Er wusste überhaupt nicht, dass ich existiere, obwohl ich auf dem Schulcampus wohne. Vielleicht kann ich mein Zimmer doch für Übernachtungen anbieten ^^. Lena Meyer-Landrut war auf dem Titelbild der Goethe-Zeitschrift. Ich hab mir erstmal 2 Exemplare für meine zukünftigen Schüler gesichert, eins auf chinesich, das andere auf Deutsch. 😀 Ich habe auch die Gewinnerin der Deutscholympiade 2008 kennengelernt und mit ihr eine neue chinesische Gewohnheit: die Indirektheit. Sie kannte Lena und da war ich natürlich interessiert woher. Sie hat erzählt ihre Austauschschülerin hätte ihr die Musik mitgebracht, und ich hab dann gefragt, wann die Austauschschülerin denn kam, weil Lena ja im Mai erst gewonnen hat. Hat mich einfach nur so interessiert, aber auf die ständige Nachfrage reagierte sie mit einem „Du bist aber schrecklich“ … Ich war wohl zu dreist und/oder direkt. Ich hab dann versucht ihr zu erklären, dass es eine dt. Gewohnheit ist, genaue Daten zu erfragen. Finde ich jedenfalls.Nach dem Gruppenfoto ging es dann zurück ins Hotel. Der Tag endete um 21.30 Uhr.
Am Konferenztag war ich nicht mehr Praktikantin, sondern auch geladener Gast :D. Ich habe in der Arbeitsgruppe „kulturweit“ eine Präsentation über meine Motivation und bisherigen Erfahrungen gehalten, wobei mich eine Dolmetscherin unterstützte. Beim lecker-Mittagessen lernte ich Ilona, eine Lehrerin aus Guangzhou, kennen, die ebenfalls Teochew
spricht. Sie hat mich gleich zu sich nach Hause eingeladen, wenn ich mal in GZ sein sollte, was sich bestimmt einrichten lässt. Danach bin ich zurück ins Goethe Institut gefahren, um einer Deutschstunde beizuwohnen und mich auf meine Tätigkeit als „Lehrerin“ vorzubereiten. Am Abend ging’s zurück zum Diaoyutai Da Jiu Dian für’s Abendessen. Ich verpasse doch kein Essen, was schon bezahlt ist! 😉 Es gab Seegurke und andere unbeschreibliche Meeresfrüchte, viel Fleisch und eingelegtes Gemüse. Wang Ziting (meine Mentorin), die Lehrerin aus Guangzhou, Chen Ye, ein weiterer Lehrer aus Wuxi, der sich wenig später als Nicos Mentor rausstellte, und ich gingen nach dem Essen noch ein bisschen in Hou Hai spazieren.Dort sind alle möglichen Kneipen, Bars, Diskotheken und Geschäfte mit Funartikeln sowie Souvenirs stationiert. Ich hab auch gleich mal was eingesackt 🙂 und schon wieder zuviel Geld für Souvenirs ausgegeben, dabei bin ich noch ein Weilchen da… aber eben nicht in Peking! Hier gibt es eigens Leute dafür, die die Passanten dazu überreden wollen, in ihre Bar zu gehen.Auch bei Frisören gibt es das. Letztens hat mich ein Typ auf dem Weg zum Goethe angesprochen, ob ich denn nicht mal mit in den Salon kommen möchte. Es wäre ganz unverbindlich und man würde mir nur ’ne Beratung geben. Das ganze lief auf Chinesisch. Ich habe erst gar nicht verstanden, was der mir da andrehen wollte, verstand nur irgendwas mit jian tou fa (剪头发 ) . Ich hab nachgefragt, ob damit Haare schneiden gemeint ist, doch er verneinte und blubberte weiter. Dabei lief ich weiter in Richtung Goethe, er neben mir her. Ganz schön hartnäckig der Kerl. Irgendwann kapierte ich und folgte ihm in dem Frisörsalon, weil ich eh schon überlegt hatte, mir demnächst die Haare schneiden zu lassen. Dort angekommen stand ein ganzes Empfangskomitee à 5 Personen auf jeder Seite bereit, um mich mit einem huan yin guang nin zu begrüßen. Ich war ganz schön überrrascht, um nicht zu sagen geschockt. So eine Kundenfreundlichkeit hatte ich noch nie erlebt. Der Frisör erzählte etwas von Proportionen im Gesicht und war der Meinung, ich bräuchte mehr Volumen am Hinterkopf und den Schläfen. Ich hörte mir alles an, nickte ab und zu und wunderte mich über seinen langen Nagel am kleinen Finger*. Bei dem Sonderpreis von nur 10 Yuan (=1 €; Waschen,Schneiden, Fönen) hab ich auch nicht lange überlegt und ihm machen lassen. Jetzt hab ich schöne Haare für wenig Geld 🙂
*Die langen Nägel am Kleinen Finger: Ich habe dieses Phänomen schon bei vielen Männern beobachtet und frage mich, wozu sie den Nagel am Kleinen Finger so lang wachsen lassen, alle anderen Nägel aber kürzen. Eine Vermutung habe ich schon, aber ich glaube, ich werde mal eine/n Chinesin/en fragen und dann davon berichten.
Weiter im Thema: Jedenfalls ist Hou Hai total schön am Abend. Wir sind erst durch
touristisch umgebaute Hutongs gelaufen und dann zu einem See, um dem die Bars angeordnet sind. Ab und zu hielten wir an und lauschten der Live-Musik. Es gab die verschiedensten Musikrichtungen in den Bars: Gitarrenbars, Rockmusik, Balladen, Techno, … die meisten hatten Musiker engagiert. Ich lernte einen chinesischen Ausdruck kennen, den Jugendliche bei Begeisterung loslassen; ähnlich dem deutschen krass. Es hört sich ungefähr so an wie wa kar! Und das von einem verheirateten Dreißigjährigen! 😀