„Wir machen ’ne Xmas Party!“, „Wir gehen Karaoke singen.“, „Wir kochen zusammen.“, „Wir gehen wie immer in die Kirche.“, „Wir schauen uns das Nussknackerballett an.“, „Wir schauen ein paar Filme und gehen zusammen Essen.“, […]
Und was mache ich?! Vorweihnachtliche Euphorie verwandelte sich dieses Jahr in vorweihnachtliche Depression… Naja, so schlimm war es nun wieder auch nicht. Geplagt von Heimweh suchte ich nach einer Möglichkeit in geselliger Runde zu feiern. Blöd nur, dass ich nicht viele Expats/Ausländer kenne. Da gäbe es die Praktikanten in meiner Stadt, die alle mit der gleichen Organisation hier sind, mit denen ich aber nichts zu tun habe. Einige kannte ich flüchtig von meinem Sprachkurs, mit anderen war ich einen Abend mal weg, aber die meisten habe ich nicht wiedergesehen. Dann gibt es Natasha, die Schottin an meiner Schule. Die fährt über Weihnachten aber nach Tianjin zu ihren Freunden. Maki, die Japanerin, feiert kein Weihnachten und meine Freunde an der Uni erst recht nicht. 怎么办呢?Ich habe mich dann mit 2 Studentinnen zum Essen verabredet an Heiligabend. Immerhin etwas :).
Weihnachtsdeko
Ich war am 23.12. einkaufen und habe 3 Kekspackungen gekauft, deren Inhalt ich an Freunde verschenken wollte. Es gibt es keine Backöfen, so fiel das Plätzchen backen dieses Jahr auch leider aus. An Weihnachtsdekoration haben Chinesen alles mögliche und unmögliche – außer Servietten natürlich. Ich packte die Kekse dann einfach in weiße Papiertaschentücher und band sie mit mit Weihnachtsmotiven bedrucktem Tesafilm zusammen, die ich dann alle an Heiligabend verteilt habe :). Ich möchte mich noch einige Zeilen über die erhältlichen Weihnachtsdekorationen auslassen. Unzwar gibt es, abgesehen von den Sachen, die man in Deutschland auch bekommt, wie Weihnachtskränze, Tannenkegel (in SH werden statt Tannen- Farnenzweige genommen), Weihnachtsmützen, Schneekugeln, etc., auch einige Dinge, die ich zumindest noch nicht in Deutschland gesehen habe. Angefangen bei wedelnden Weihnachtsmützen auf dem Kopf, tanzenden lebensgroßen Weihnachtsmännern über riesen Plastikschneekugeln, Flaschenbürstentannenbäume (ich hatte berichtet) bis hin zu kitschigen Fensterbildern. Nur die in den USA so beliebten Lichterketten am Haus habe ich nicht gesehen, was aufgrund des ganzjährigen Geblinkes ohnehin nicht auffallen würde.
Als ich am 24. Dezember aufgewacht bin, musste ich erstmal realisieren, dass an dem Tag
in Taidong - man beachte die Masse an Menschen im Hintergrund
Weihnachten war. Fleißig „Frohe Weihnachten“ auf Facebook gepostet und Tausende Mails mit Weihnachtsgrüßen verfasst, brachten mich doch langsam aber sicher in eine Art Weihnachtsstimmung. Um 15 Uhr traf ich einen Schüler, dem ich zugleich eines meiner Kekspäckchen und ein „Merry Christmas“ schenkte. Er bedankte sich kurz, aber es schien ihn nicht weiter zu interessieren. Ich habe ihm dann ein bisschen Biologie-Nachhilfe gegeben und siehe da, ich kann Bio immer noch! 😀 Die Schüler an meiner Schule haben nämlich Prüfungen am 24. und 25. Dezember und gleich 3 pro Tag. Hartes Schülerleben!
Nachdem wir fertig waren mit Nachhilfe, freute ich mich über die schnellen Antworten einiger Freunde auf meine Mail. Gegen 17 Uhr machte ich mich auf den Weg ins Zentrum. Ich wollte vor meinem Salsakurs noch bei Starbucks vorbeischauen, gemütlich eine heiße Schokolade schlürfen und dabei Zeitung lesen und es mir einfach gut gehen lassen. Leider habe ich die Rechnung ohne den innerstädtischen Verkehr gemacht. Der Bus stand ewig im Stau und ich habe für die normalerweise 40 min Strecke an dem Tag eineinhalb Stunden gebraucht. Trotzdem bin ich noch zu Starbucks gegangen, musste aber gleich wieder los,
Jusco ganz weihnachtlich
um nicht zu spät zur Salsastunde zu kommen. Es war extrem kalt und durch den Wind fühlte es sich noch kälter an. In der warmen Tanzschule angekommen, erfuhr ich, dass der Kurs heute ausfällt. Schön, dass man mich davon so rechtzeitig in Kenntniss setzt. Also schlenderte ich noch ein bisschen in Jusco rum und shoppte bei H&M. An Weihnachten gibt es große Verkaufsaktionen mit saftigen Rabatten, viele Events im Kaufhaus und Late-Night-Shopping bis 00:30Uhr – in Deutschland undenkbar :D. Um 20.30 Uhr traf ich mich mit meinen Freundinnen in der Uni und wir gingen in einem nahegelegenen Imbiss essen. Zugegebenermaßen war es nicht das ultimative Weihnachtsessen, aber ich war froh, so nette Gesellschaft zu haben. Auf dem Weg zum Imbiss sah ich mehrere Feuerwerke. Feuerwerk an Weihnachten?! Nun gut… Chinesen verlegen das Feuerwerk einfach eine Woche vor und lassen es an Silvester aus. Versteh einer das mal! Nach dem Essen bin ich noch mit meinen Freunden auf ihr Zimmer gegangen, das sich 6 Leute in 3 Doppelstockbetten teilen müssen. Man fühlt sich
Weihnachtskegel sogar mit Stern
wie in der Jugendherberge. Dort habe ich meine restlichen Kekse verschenkt und eine Geschenkverpackung mit Apfel drin gesehen. Chinesen schenken sich nämlich 平(安)果 zu Weihnachten, was ein Wortspiel mit dem Wort Apfel ist. Das erste und letzte Zeichen zusammen bedeutet Apfel, die ersten beiden Zeichen bedeuten gut, wohlbehalten. So ist der Apfel ein Symbol für das Wort wohlbehalten. Gleiches schenkt man sich auch zum Frühlingsfest. Ab 22.30 Uhr werden die Stundeten in ihren Wohnheimen eingeschlossen. Der Sicherheit wegen werden die Türen verriegelt und ich musste zusehen, rechtzeitig rauszukommen. Mich erinnerte diese Maßnahme eher an ein Gefängnis und ich bin froh, dass bei mir nicht abgeschlossen wird. Das ist mitunter wohl auch ein Grund, warum viele junge Chinesen nachts praktisch nicht auf der Straße anzutreffen sind.
Pizza Hut ganz chinesisch - bei dem jeder von jedem Gericht essen kann und es kostenlos Wasser gibt.
Was mir noch aufgefallen ist, ist, dass Chinesen vorwiegend chinesisch Essen gehen. Deutsche hingegen selten deutsch. In China mag das an den sehr hohen Preisen für importierte Produkte liegen und den für einen Durchschnittschinesen teuren, ausländischen Restaurants. Wo bekommt man schon in Deutschland ein gutes Gericht für 1€? Warum Deutsche vorwiegend ausländische Küchen besuchen, lässt sich vielleicht damit erklären, dass man etwas anderes probieren will, wenn man schon mal im Restaurant isst. Allgemein essen Chinesen viel häufiger auswärts. Ich war ich schon so oft Essen und fahre auch öfter Taxi als in Deutschland. Was heißt öfter, in Deutschland bin ich praktisch nie Taxi gefahren, hier immer, wenn die Zeit eng wurde.
Als ich dann um 22.30Uhr aus dem Wohnheim Richtung Bushaltestelle gelaufen bin, habe ich glücklicherweise noch den letzten Bus nach Taidong erwischt. Die Busse fahren hier nämlich nur bis etwa 22.30 Uhr, manche auch nur bis 19 Uhr. Chinesen sind früh zu Hause :). Von Taidong aus habe ich ein Taxi genommen, weil mein letzter Anschlussbus schon
Hisense Square - dort, wo das H&M ist!
weg war. Der Taxifahrer war gut drauf und hatte das Radio an. Leider sind meine Chinesischkenntnisse immer noch zu schlecht, um zu verstehen, worum es in dem Radiobeitrag ging. Sie schienen lustige Geschichten oder Anrufe zu übertragen, jedenfalls lachte der Taxifahrer mehrmals auf und drehte sich dabei zu mir um. Er schien sich manchmal zu wundern, warum ich nicht darüber lache. An der Schule angekommen wünschte ich dem lustigen Taxifahrer noch 圣诞快乐!, verschenkte mein letztes Päckchen an den Wachmann und machte mich in mein Zimmer, um weitere Mails zu lesen und zu beantworten. Leider war meine Familie nicht online. So endete ein ruhiger und eigentlich ganz netter Heiligabend.
Am ersten Weihnachtstag war Power-Shoppen angesagt! Es gab saftige Rabatte in vielen
Bescherung! 😀
Shops, wie H&M und ZARA, und somit die Möglichkeit, sich mit Kleidung im vertrauten Stil und zu guter Qualität und vernünftigen Preisen einzudecken. Zusammen mit Maki startete ich mittags in unseren Einkaufsrausch. Wir gingen zum Hisense Square ins Baili Shopping Center, in dem normalerweise kaum Menschen anzutreffen sind, an dem Tag aber gut gefüllt ist, was für chinesische Maßstäbe immer noch ziemlich leer ist. Ich shoppte fleißig bei MANGO, H&M und Li Ning, einer chinesischen Sportmarke und staubte so das ein oder andere Schnäppchen ab, wie gute Sportschuhe und eine Jeans für jeweils 100Y und Sportjacke und -hose für insgesamt 70Y. Meinen ganzen Einkauf aufzulisten, würde euch langweilen. Mittags haben wir uns Pizza Hut gegönnt. Für chinesische Verhältnisse ziemlich teuer, aber auch verdammt gut! So eine gute Pizza habe
Santa und Rudolf
ich lange nicht mehr gegessen.
Und es ist ja Weihnachten ;). Das Motto des Tages! Völlig erschöpft aßen wir abends billig im Foodcourt des Juscos. Wiedereinmal bewahrheitete es sich, dass das Essen draußen entweder zuviel Öl/Fett verwendet oder massig Glutamat verwendet oder vollkommen übersüßt ist oder alles zu gleich ist. Das süße Brötchen mit der deftigen Wurst kennen wir ja schon…
Ich war nach dem Shoppingtrip gut gelaunt und glücklich; hatte ich mich doch quasi selbst beschenkt. So musste ich Weihnachten 2010 nicht ganz auf Geschenke verzichten, zumal die Päckchen von zu Hause leider immer noch nicht angekommen sind. Und wer sagt, Geld macht nicht glücklich, kennt das Gefühl nach einem erfolgreichen Shoppingtag nicht. Zwar hatte ich viel zu viel Geld in den Läden gelassen, aber es ist ja Weihnachten.
Die Schülerin am Old Stone Man's Strand
Am letzten Weihnachtstag habe ich mich mit einer Schülerin getroffen, die mich zum Strand am Old Stone Man gebracht hat. Es war extrem kalt und ich hatte leider die falschen Schuhe an, sodass mir meine Füße schnell abstarben vor Kälte. Wir weilten nur kurz da. Dann brachten ihre Eltern mich zurück zur Schule und ich verabschiedete mich von ihnen.
Es ist nicht so, dass ich kein Weihnachten hatte, ich hatte nur kein gewohntes Weihnachten. Ich habe es mir gut gehen lassen, lecker gegessen, viel gekauft, mich amüsiert und bin an Heiligabend im Starbucks zur Ruhe gekommen und habe an meine Familie und Freunde in Deutschland gedacht. Fehlte eigentlich nur der Partyteil zu meinem richtig chinesischen Weihnachten! An meiner Schule wurde keine Weihnachtsfeier veranstaltet aufgrund der Prüfungen und auch sonst sehe ich keine Dekorationen. Nur die Kaufhäuser sind bis obenhin vollgestopft mit Rentieren, Santa Claus und Weihnachtsbäumen. Nebenbei dudelt „Santa Claus is coming to Town“ in Dauerschleife und von weitem hört man McDonalds Geklingele. Irgendwie vermisse ich last Christmas doch…
Wie die Chinesen Englisch doch lieben