Frühlingsfest – Rückkehr zu den Wurzeln

Das diesjährige Frühlingsfest war am 3. Februar. Ich bin zuerst nach Shenzhen zu meinen Verwandten gefahren und dann zusammen nach Chaozhou, die Stadt meiner Vorfahren. 

Annika und ich sind am Abend des 1. Februars in heil Guangzhou angekommen. Nach einer tragischen Verabschiedung mit vielen Komplikationen, machte ich mich auf den Weg weiter nach Shenzhen, dass nur 2 Busstunden von Guangzhou entfernt liegt. Ich plante eigentlich den Schnellzug zu nehmen, aber aufgrund des Frühlingsfestes, an dem sowieso alles anders war, gab es abends keine Schnellzüge mehr. Wunderbar. Also fragte ich mich zum Busbahnhof durch und konnte noch ein Ticket für den nächsten Bus bekommen. Ich sagte meiner Tante Bescheid; meinem Handy ging langsam der Saft aus.

Shenzhen ist nicht wirklich hässlich, wie viele behaupten. Es ist einfach nur langweilig. Viele sind zum Arbeiten hier. Eine Stadt, die gerade mal 31 Jahre lang existiert, kann auf keine lange Geschichte zurückblicken und mit ehrfürchtigen Bauten aufwarten. Dennoch ist die Stadt sehr modern, sauber und statt den üblichen Bäumen säumen karibische Palmen die Straßen. Man kann sich die Miniaturausstellung Window of the World anschauen, in der die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Welt, wie das Colosseum oder der Eiffelturm, im Maßstab 1:3 errichtet sind.  Wenn man nicht gerade nach Hongkong will, kann man Shenzhen getrost weglassen.

Am nächsten Morgen ging es früh mit dem Auto ins 5-Stunden entfernte Chaozhou. Ich hab mich schon die ganze Zeit auf die Stadt gefreut. Mir geht es weniger um die Stadt als solche, als vielmehr um die Menschen und den besonderen Dialekt Teochew, den sie hier sprechen… meinen Dialekt! Die Begegnungen mit ihm fingen an der Autobahnraststätte statt, aber da waren es noch Freunde meiner Verwandten. Richtig krass war es dann in Chaozhou selbst, in der ja (fast) alle Bewohner ihn sprechen. Eine Mutter meckerte ihr Kind an, sich nicht auf die hohe Balustrade zu setzen… und ich habe alles verstanden. Es war so, als würde meine Mutter mich anmeckern. Heimatgefühle kamen auf. Hier umso mehr als irgendwo anders in China. Ich merkte, ich bin vielerorts „zu Hause“: sprachlich in Chaozhou, äußerlich in China und kulturell in Deutschland. Aber das Teochew der Einwohner hier ist bei weitem besser als meines. Das macht es nicht gerade einfacher. In China bin ich Ausländerin, kulturell sind Deutschland und China einfach zu weit voneinander entfernt. Selbst wenn ich behaupte ich wäre Chinesin, merkt man schnell, dass ich es doch nicht bin. 

Wir besuchten vom Frühstück bis zum Abendessen Freunde und Verwandte. Immer schön lächeln, nett sein. Meine Oma musste jedes Mal erneut meine Geschichte erzählen, aber zum Glück übernahm sie diesen Part für mich. Bei jeder Familie wurden wir zum Essen eingeladen. Am zweiten Tag war diese Besuchstour eine Tortour. Ich langweilte mich zu tode und wollte stattdessen etwas spazieren gehen und den Leuten bei ihrem Smalltalk lauschen. Ich hab mich mit einem Handyverkäufer unterhalten und örtliche Spezialitäten probiert. Am vorletzten Tag kontaktierte ich spontan den Cousin meiner Mutter und stattete der mütterlichen Verwandtschaft auch mal einen Besuch ab.

Obwohl ich sie alle gerade erst kennengelernt habe, waren sie überaus herzlich. Chinesen halt, ein schönes Gefühl.

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Eine Antwort zu Frühlingsfest – Rückkehr zu den Wurzeln

  1. Lina sagt:

    haha, den Teil mit „es fühlte sich an, als ob meine Mutter mit mir geschimpft hätte“ fand ich gut:D (Und sie auch;) )
    Wie sah Chaozhou denn aus? War’s schön?

    p.s.: Du hast gleich im ersten Satz nen Wortdreher: “ 1. Februars heil in Guangzhou“ statt “ 1. Februars in heil Guangzhou“ 😉

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