Silvester war dieses Jahr, wie schon Weihnachten, etwas ganz Besonderes. Es fehlte das obligatorische Mitternachtsfeuerwerk, wir wurden beklaut und das Gute-Vorsätze-für’s-nächste-Jahr machen wurde glatt vergessen.
Aber warum wir? Weil Annika spontan für einen Kurzurlaub zu mir gekommen ist!!! Kurz nach Weihnachten fragte ich Annika, ob sie denn nicht für Silvester zu mir kommen möchte. Da das alles recht kurzfristig war, war sie sich nicht sicher, ob sie das alles noch organisiert bekommen würde. Einige SMS-Bombadierungen später, in denen ich ihr günstige Flüge vorschlug, buchte sie. Die Freude war grenzenlos! Ich hatte einen Plan für Silvester und der beinhaltete Annikas Besuch.
Sie konnte sogar schon einen Tag früher anreisen und ich traf sie am Vormittag des 30.12.2010. FREUDE!!! Der Bus hielt in der Nähe der katholischen Kirche, die von außen ganz nett aussah, aber leider geschlossen war. Was machen nur die ganzen armen Leute, die beichten gehen wollen, wenn die Kirche zu hat?! Wir entschlossen uns dann am Sonntag um 10 Uhr zum Gottesdienst zu gehen und gingen erstmal nach Hause. Es war verdammt kalt an diesem Tag, aber wenigstens schien die Sonne. Wir liefen einige Hügel hoch und runter und durch Straßen, die auch in Ulan-Bator hätten stehen können, meinte Annika. Wir werden sehen, ob sie Recht behält. Annika war etwas besorgt über die Baustelle, durch die ich jeden Tag laufen muss, aber umso begeisteter von den kleinen Imbissen und dem Markt in meiner Nähe. Wir haben zusammen eine Powerpointpräsentation über Silvester für meine Schüler vorbereitet und vorgestellt. Leider hat es zu lange gedauert Dinner for One runterzuladen, sodass es sich die Schüler nicht anschauen konnten. Am Abend haben wir zusammen gekocht und leckeren Gemüseeintopf gezaubert. Annika kann echt gut kochen, was in Wuhan für sie auch lebensnotwendig ist, da sie nicht das Glück hat, ein Dutzend Restaurants vor der Haustür zu haben.
An Silvester sind wir etwas Shoppen gegangen, haben Kosmetik- und Bauchtasche gekauft und mir einen neuen Kochtopf besorgt. Ich habe ihr das neue Zentrum Qingdaos gezeigt. Am Abend hatte ich noch Tanzkurs. Eigentlich wollten wir unsere Errungenschaften, die u.a. einen Fisch beinhalteten, erstmal nach Hause bringen, und schick machen und dann zum Tanzkurs und gleich weiter. Aber weil ich mich nicht entscheiden konnte und der Verkehr auch so grausam war, wären wir nicht mehr pünktlich zum Tanzkurs gekommen, wenn wir nochmal nach Hause gefahren wären. Also entschieden wir uns voll bepackt hinzugehen und uns danach fertig für die Nacht zu machen. Wir machten noch einen kurzen Stopp bei Carrefour und als wir beide satt waren, gings zum Tanzkurs.
Am Abend sind wir richtig schick ausgegangen. Wir haben uns beide in unsere besten Kleider geschmisssen und die schönsten Schuhe angezogen. Der Portier wunderte sich, warum wir so spät noch weggingen, anscheinend kannte er die westlichen Silvesterrituale nicht. Er meinte wir sollten im Zimmer fernsehen. Wer’s glaubt… Aber er ließ uns dann gehen und ein Taxi fand sich auch schnell. Gemütlich ging’s also in die Bar. Da die erste Bar so voll war, schauten wir noch in einer 2. vorbei. Aber schon nach einer halben Stunde langweilten wir uns. Die Stimmung in der ersten Bar war einfach besser, also zurück. Die Garderobe war übervoll, sodass wir unsere Jacken einfach in eine dunkle Ecke schmissen und hofften, dass sie auch dort bleiben würden, was sich hinterher als nicht so klug herausstellen sollte. Wir tanzten zu westlicher Musik und amüsierten uns köstlichst. Um Mitternacht wurde das bekannte chinesische Neujahrslied Xin nian hao ya gespielt und die Masse tobte. Wir begaben uns in den ruhigeren Vorraum und schrieben fleißig SMS mit Neujahrsglückwünschen an alle Freunde. Auch ein Anruf in der Heimat war obligatorisch, obwohl es in Deutschland gerade einmal 17 Uhr war. Wir waren wohl die ersten dieses Jahr, die gerutscht sind! Apropos gerutscht, auf den Weg nach draußen dachte ein angetrunkener Chinese wohl wir würden eine Polonaise anführen und klammerte sich an meine Schultern. Bei dem Versuch ihm zu entkommen rutschte ich aus und landete auf dem Boden. So bin auch ich ins neue Jahr gerutscht. 😀 Draußen trafen wir einen gelangweilten Inder, der permanent versuchte ein Gespräch anzufangen und Deutsch mit Russisch verwechselte… Leider waren wir aber viel zu sehr mit unseren Handys beschäftigt gewesen, um ihm mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Als wir wieder reingingen, suchten wir den Platz auf, an dem wir unsere Jacken deponiert hatten… aber er war leer! Weg, einfach weg! Unsere Jacken waren spurlos verschwunden! Nach der anfänglichen Panik überlegten wir uns was wir jetzt machen sollten. Ich konnte nicht glauben, dass jemand sie geklaut hatte. Was will man schon mit 2 Jacken? Eher glaubte ich an ein Missverständnis. Die Bedienung in der Bar hatte natürlich nichts gesehen und auch die Security versicherte mir, sie würden keine Jacken wegräumen. Also hielt ich draußen Wache und beobachtete jeden Gast genau und suchte verzweifelt nach unseren Jacken! Annika suchte indes in der Bar selbst. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam sie mit ihrem Pulli wieder raus, den sie in der Nähe unseres Jackenverstecks fand. Auf der anderen Seite des Geländers. D.h. unsere Jacken könnten noch in der Nähe sein. Ich ging rein und fragte die Partygäste dort, ob sie vielleicht jemand mit 2 Jacken weggehen sehen haben oder ob ein Missverständnis vorlag und unsere Jacken nun auf ihrem Jackenberg lag. Die eine war so stockbesoffen, dass sie mir gar nicht erst zuhörte und mich wegscheuchte, der andere zeigte mir ganz dreist den Stinkefinger, als ich wissen wollte, ob sie eventuell unsere Jacken haben. Ich bat die Bedienung die Leute für mich zu fragen, denn so kam ich nicht weiter. Die meinte zwar „Jaja, mach ich gleich“ nachdem ich wirkungsvoll einige Tränen hab fließen lassen, aber dann riet sie mir zu warten bis die Gäste verschwanden und, sollten unsere Jacken dort sein, sie übrig ließen. Das gefiel mir überhaupt nicht! Einer der weniger angetrunkenen Leute reichte mir eine graue Jacke, die ich als Annikas Jacke identifizierte, mir aber gleich wieder von der besoffenen Tante aus den Händen gerissen und auf den Stapel zurück geworfen wurde. Jetzt hatte ich eine heiße Spur und wusste wenigstens wo Annikas Jacke war. Und wo Annikas Jacke war, konnte meine auch nicht weit entfernt sein. Schließlich lagen sie zusammen und beide waren weg. Ich wollte den Berg nach unseren Jacken absuchen, aber sie ließen mich nicht. Also bin ich wieder raus und hab Annika geholt. Zusammen haben wir einfach angefangen, den Haufen zu durchwühlen. Ihre Jacke hatten wir schon. Natürlich war die besoffene Tante von vorhin wieder am Start und riss uns alles aus den Händen, was wir anfassten, wie ein aufgescheuchtes Huhn. Ich erklärte ihrer Freundin, dass unsere Jacken zwischen ihren lagen und sie meinte wir könnten dann danach suchen. Leider verhinderte das nicht, dass die andere uns weiter nervte. Die eine Freundin erklärte mir, dass die Security wohl unsere Jacken aufgesammelt und zu ihren gelegt hatte. Der Security hat es auch nicht gepasst, dass Annika so nach unseren Jacken gesucht hat im Haufen, aber als sie weg waren haben wir einfach weiter gemacht, alles durchsucht und schnell alles wiedergefunden. Und da wollen diese besoffenen Leute behaupten, es wären alles ihre Sachen! Lächerlich! Nur noch meine Mütze plus Handschuhe und Schal fehlte. Die Security meinte ich solle mitkommen und ließ mich im Vorraum warten, während sie nach meiner Mütze fragte. Anscheinend war sie rausgefallen als die Security unsere Jacken verschleppten und im Büro deponiert worden. Ich bekam sie heil wieder und war so erleichtert als schließlich auch Annika mit all unseren Sachen wieder rauskam.
Nach diesem Theater kamen wir uns ziemlich verarscht vor, waren wütend auf diese
dummen Leute und hatten natürlich keine Lust mehr zu tanzen. Auf dem Weg zum Taxi ließen wir uns noch lautstark über diese Chinesen aus. Ein uns entgegen gekommener Typ ließ einen dummen Kommentar dazu auf Deutsch mit starkem Akzent ab, den wir mit „Arschloch!“ quittierten.Dann habe ich es noch irgendwie geschafft 50 RMB zu verlieren (ich weiß nicht wie ich das wieder mal gemacht habe) und haben uns im 24h-Shop noch eine Kleinigkeit zu essen besorgt. Die Verkäuferin fragte verblüfft, ob wir erst jetzt (es war 2 Uhr) von der Arbeit gekommen sind. Ich erzählte ihr wir kämen von einer Bar und fragte mich wie sie nur zu so einem Schluss kommen konnte, wenn man überlegt, dass Silvester war, wir Ausländer sind, etwas schicker gekleidet waren und sie wusste, dass wir Lehrer waren. Aber nun gut.
Zu Hause lästerten wir noch ein bisschen weiter bevor wir uns schlafen legten. Das war vielleicht ein Abend! Rückblickend war es sogar irgendwie ganz witzig gewesen. Ich habe daraus gelernt, meine Sachen nie, nie, nie wieder unbeaufsichtigt irgendwo liegen zu lassen oder aber sie gut zu verstecken. So ein Theater möchte ich mir ersparen, zumal ich mich frage, wie die Security auf die Idee kommt, unsere Sachen einfach auf andere zu schmeißen und die Leute nicht mal checken, ob die neuen Jacken überhaupt ihnen gehören…
das war ja mal ein ereignisreicher abend 😀 ich war bei luisa, aber ich glaube ich hab nicht ganz so viel action gehabt wie du 😉
und nachträglich: FROHES NEUES! xin nian kuai le!