Das Highlight!

Heute war der mit Abstand der beste Tag in Peking: Wir waren an der Mauer. Und hatten so einen Spaß!

Los ging es schon früh. Patrick und ich haben uns um 8.00 Uhr am Dongzhimen zhan getroffen. Im Riesen-Peking hieß das für mich: 6.00Uhr aufstehen, denn ich brauchte mit der Metro eine Stunde bis zu dieser Haltestelle. Mal wieder war etwas schwer, sich zu finden, obwohl wir uns am gleichen Ausgang verabredet hatten, aber dank voller Handykarte ging es. Daniel, ein ehemaliger KW-Freiwilliger erklärte mir den Abend davor haargenau, wie man den Busbahnhof findet (danke 🙂 ) und deshalb war es für uns auch kein Problem dorthin zu gelangen. Im Prinzip war er genau beim Ausgang B der Metrostation, aber kann doch leicht übersehen werden. Wir gönnten uns noch schnell einen O-Saft bei McDonalds. Der Busbahnhof war eine große Halle, an deren Ende die Busse abfuhren. Nach Huairou fuhr nur der 916er und bei dem gab es eine riesen Schlange. Sofort wurden wir von einer Frau angesprochen, die uns überreden wollte, an das Mauerstück in Jinshanling zu fahren. Sie war sehr freundlich und gar nicht aufdringlich; komisch eigentlich. Um nach Jinshanling zu kommen, hätten wir mit dem Bus nach Miyun gemusst und dort mit einem Minivan ein ganzes Stück weiter. Der Preis des Minivans hätte man aushandeln müssen, aber da es sicherlich noch über 100km gewesen wären, wäre er wohl ziemlich hoch gewesen. Außerdem stand kein Mensch an für den Bus nach Miyun. Das musste einen Grund haben und wir vertrauten eher der Masse, die mit uns nach Huairou wollte. Die Frau meinte es gäbe für Miyun mehr Busse als für Huairou und nur Kinder und Alte würden nach Mutianyu fahren, was sich später als total falsch rausstellte. Die Schlange bewegte sich recht schnell voran und wir waren innerhalb von etwa 20 min im Bus. Und die meisten im Bus wollten gar nicht an die Mauer, was für uns gut war. Leider wusste dann auch keiner so recht Bescheid wo wir aussteigen mussten. Wir leider auch nicht…  schade. Ich meinte es müssste einfach der Busbahnhof sein, weil es anders für mich keinen Sinn ergeben würde. Wir fragten ein älteres Ehepaar, die der Meinung waren wir hätten schon einige Stationen früher aussteigen müssen. Leichte Panik kam hoch. Andere Reisende konnten uns dann beruhigen; der Busbahnhof käme noch. Und tatsächlich: Nach exakt 1 Std. und 40 min (wie in meinem LP beschrieben) kamen wir am Huairou qiche zhan an.

Wir hatten uns eine Taktik überlegt ein günstiges Auto zu finden und teilten uns auf. Jeder sollte getrennt suchen, weil wir hofften, dass ich einen besseren Preis bekam als Patrick. Hat eigentlich auch gut geklappt, wär aber nicht unbedingt nötig gewesen. Für 45 Yuan brachte uns dann ein Fahrer an die Mauer bei Mutianyu. Dort kauften wir Studenten-Tickets,  was sich schwerer darstellte als vermutet. Wir zeigten zwar unseren Freiwilligenausweis vor, aber die Leute wollten unseren chinesischen Schülerausweis sehen. Hatten wir natürlich nicht. Dann gab es eine längere Diskussion über unseren Status (Freiwillige kriegen keinen Rabatt, nur Schüler) und ich versuchte sie davon zu überzeugen, dass wir quasi Schüler sind und kein Einkommen haben. Funtionierte leider nicht. Also zückte ich meinen deutschen, schon längst abgelaufenen Schülerausweis und hielt ihr den unter die Nase. Sie meinte dann, dass sie das nicht lesen kann, woraufhin ich ihr Einiges übersetzte und auf die englischen Bezeichnungen verwies. Sie gab nach 😀 und ich bekam den Studentenpreis von 25 statt 45 Yuan. Patrick wollte sie den nicht geben, weil er seinen Ausweis nicht dabei hatte. Aber wir quengelten so lange, bis auch er sein Ticket hatte. Anstrengend war’s. Und echt nervig den Leuten ständig erzählen zu müssen, dass wir quasi Schüler/Studenten sind und einen Rabatt verdient hätten. Daniel gab mir den Tipp, sich einen Schülerausweis ausstellen zu lassen. Ich werde auf jeden Fall meine Schule drum bitten; das erspart doch viel Mühe und Zeit!

Glücklich über das günstige Ticket machten wir uns zum Aufstieg. Wir kamen an einem total süßen Bächlein vorbei, viel Natur und einer Quellhöhle mit Stalaktiten und Statagmiten, in der außer uns kein Mensch war!!! Versucht mal so einen Ort an Chinas Sehenswürdigkeiten zu finden! So viel Natur hatte ich lange nicht mehr gesehen. Viele Treppen später waren wir oben, an der Mauer. Welch ein überragendes Gefühl! Wir kamen an der Sommerrodelbahn hoch und liefen Richtung Seilbahn, also in den längeren Teil der Mauer. Wir hatten eine wunderbare Aussicht auf die Berge und den Verlauf der Mauer und auch das Wetter hat perfekt mitgespielt: Sonnenschein, 22°C! Besser hätte es gar nicht sein können. Wir Glückspilze 😀

Anstrengend war es schon. Die Mauer verläuft ja nicht waagerecht einmal quer durchs Land, sondern passt sich dem Gebirgsverlauf an, der schon recht hügelig war. Also ging es ständig bergauf oder bergab. Das ging echt in die Beine und es gab auch Passagen, bei denen es fast senkrecht hoch ging und man quasi eine Steinleiter hochkletterte. Dann gab es auch Passagen, die glatt runtergingen. Die sind wir am Ende einfach runtergelaufen, wie kleine Kinder, weil es so einfacher war für die müden Beine. Man musste nur aufpassen, nicht vorn über zu fallen. Vorbei an Kanonen, Treppen und Wachtürmen, von denen einer bestiegen werden konnte, auf dem sich mal wieder ein Brautpaar fotografieren lässt, kamen wir endlich an den interessanten Teil der Mauer an: die No-Tourists-Area. Wir sahen uns nicht direkt als Touristen und ignorierten, wie alle, die mit uns auf diesem Mauerabschnitt waren, großzügig die Verbotstafel. Ziemlich viele Chinesen sind mit uns weitergelaufen und der Teil dahinter war keineswegs eine Ruine. Es gab Holzzäune und Holztreppen und auch sonst schien es recht gut restauriert zu sein. Wie langweilig! Irgendwann kamen wir an das Ende der Mauer. Dachten wir jedenfalls, weil uns Wald und dichtes Gebüsch entgegen kam. Tatsächlich aber fing hier erst der beste Teil der Mauer an. Die Mauer ist ab dieser Stelle noch am ehesten in ihrem Originalzustand: verwittert und teilweise zerstört. Es wuchsen Sträucher auf der Mauer, Gras machte sich überall breit und die Mauer war nicht mehr vom umgebenen Wald zu unterscheiden. Es sei denn man ging an ihren Rand und sah doch, wie tief es runter ging: Ok, wir sind immer noch auf der Mauer! Ein kleiner Trampelpfad schlängelte sich durchs Gebüsch und verriet, dass wir nicht die Einzigen waren. Es kam uns sogar eine Wandergruppe von etwa 15 Frauen entgegen, die den ganzen alten Teil der Mauer abgelaufen sind. Wahnsinn! Leider drängte die Zeit (es war schon 15 Uhr), denn ich wollte noch mit der Sommerrodelbahn den Berg hinunter, wobei wir eigentlich keine Ahnung hatten, wann sie überhaupt schließt. Wir hatten somit 3 Std. gebraucht zu dieser Stelle zu kommen. Patrick war davon überzeugt, der Rückweg gehe schneller.

Also machte ich noch ein paar Fotos dieses großartigen Mauerabschnitts und wir kehrten um. Wir hätten es früher entdecken sollen; schade drum. Tatsächlich verlief der Rückweg schneller. Zufällig trafen wir auf eine deutsche Schulklasse aus Speyer, die gerade einen Chinaustausch machte. Wir rührten kräftig die Werbetrommel für „kulturweit“ und unterhielten uns über das Straßenessen und chinesische Toiletten. Wir brauchten noch eine Rückfahrgelegenheit nach Peking und so fragte ich eine der Schülerinnen, ob in ihrem Reisebus noch zufällig 2 Plätze frei wären :). Sie schickte uns zu ihrer Lehrerin mit den Worten „Entweder liebt sie Euch oder sie hasst Euch.“ Ersteres sollte sich bewahrheiten. Unsicher ob wir wirklich so dreist fragen sollten, verhielten wir uns einfach wie waschechte Chinesen und gingen hin. Was hätten wir denn zu verlieren gehabt? Fragen kostet nichts und die sehen wir sowieso nie wieder. Also begrüßte ich die Lehrerin, eine Frau Fischer, mit den Worten „Hallo, wir haben Ihre Schulklasse getroffen und kommen auch aus Deutschschland.“  Total baff, dass ich so flüssig Deutsch spreche, war sie sofort interessiert und fragte uns woher wir genau kämen, was wir in China machen würden und wie wir überhaupt allein zur Mauer gekommen wären. Wir erzählten viel von „kulturweit“ und privaten Taxifahrern und sie kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Die Sache ist geritzt, dachte ich ;). Als ich nach freien Plätzen im Bus fragten, war sie sofort einverstanden, wollte aber zur Sicherheit nochmal mit dem Busfahrer sprechen. Aber die Frau wirkte so, als würde sie alles durchkriegen und wir konnten einer sicheren Rückfahrt entgegen sehen :D.

In der Schülergruppe gab es eine Schülerin, die mich total komisch angeguckt hat die ganze Zeit. Was wollen die denn? Was fällt denen ein, sich einfach in unseren Reisebus setzten zu wollen. So eine unglaublich dreiste Art habe ich noch nie erlebt. Die drängen sich ja total auf und sowas ginge in Deutschland ja mal gar nicht. Warum sollten wir die überhaupt mitnehnem? […] So oder ähnlich sah ihr Gesicht aus und es sprach Bände… Aber wir sind in China. Sie wurde Zeuge einer typisch chinesischen Eigenschaft!

Wir liefen dann mit einem Teil der Gruppe weiter Richtung Rodelbahn. Die meisten haben sich echt für uns und „kulturweit“ interessiert. Irgendwann waren mir die zu langsam (ich musste ja die Rodelbahn noch kriegen), sodass Patrick und ich vorliefen. Wir kamen 10 vor 5 an, um 5 machen sie dicht. Nochmal Glück gehabt. Leider gab es keinen Studententarif, also verwendeten wir 50 Yuan für diese Rodelbahn. Ich beherzte den Tipp, meinen Vordermann ein großes Stück fahren zu lassen, bevor ich selbst loslegte. Als Patrick ne Zeit lang nicht mehr zu sehen war, fuhr ich los. Erst langsam, dann immer schneller und ich legte mich schön in die Kurven rein… bis ich plötzlich vor mir Patrick und eine weitere Chinesin vor ihm erblickte. Warum ist die noch nicht unten? Die ist schon vor 5 Minuten losgefahren. Ich musste stark abbremsen und entschied mit auf der Strecke anzuhalten und zu warten, bis beide nicht mehr zu sehen waren. Hinter mir kam dann noch ein weiterer Chinese an und wir beide warteten. Die Aufseher an den Seiten schrieen ein „zou, zou, zou“, was so viel bedeutete wie „fahrt, fahrt, fahrt“. Ich wollte schon wieder losfahren, aber der Chinese hinter mir meinte total gechillt „Lass die nur reden. ;)“. Sie konnten eh nichts machen. Wenn wir nicht weiterfahren, können sie uns schlecht die Bahn runterschieben. Also ignorierten wir beide grinsend die Aufseher. Dann ging die rasante Fahrt weiter und es war echt super! Zwar schrieen mir die Aufseher ein „Langsamer!“ hinterher, aber da war ich auch schon hinter der nächsten Kurve verschwunden. Hinter der letzten Kurve war die Bahn zu Ende. Das merkte ich aber erst als sich die letzten 5 m vor mir auftaten und fuhr volle Kanne in den Wagen vor mir, aus dem sich Patrick kurz zuvor retten konnte :D.

Nach der kostenlosen Heimfahrt gingen wir richtig schön Essen, betrachteten Hochzeitsfotos, bei dem man uns für ein Paar hielt, und ein rundum gelungener Tag neigte sich dem Ende zu.

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