Albanien??! – JA, Albanien!

„Wie ist/ findest du Albanien?“

Das ist die wohl in den letzten Wochen meist gestellte Frage an mich und das sowohl von den Albanern als auch von Freunden und der Familie daheim. Ja gut, was soll ich darauf bitte antworten? Denn so einfach, ist diese Frage eigentlich nicht zu beantworten. Vor allem da ich mit meinen Aussagen aufpassen muss. Ich möchte kein falsches Bild von Albanien vermitteln, denn auch wenn ich teils als „Expertin“ gelte (weil ich jetzt ja hier lebe) heißt das noch lange nicht, dass ich sehr gut Bescheid weiß! Dazu kommt, dass die Frage  meistens nebenher und kurz beantwortet werden sollte, was einfach unmöglich ist. Wenn man das von zwanzig Personen gefragt wird hat man auch nicht unbedingt Lust, immer alles ins Detail zu beschreiben (sorry!). Meist ist meine Antwort also einfach: Es ist anders, aber mir gefällt es hier und ich habe mich schon sehr gut eingelebt. Das stimmt auch, aber ist noch lange nicht alles. Mit diesem Blogeintrag möchte ich euch nun einen ausführlicheren Einblick in mein albanisches Leben geben.

Mein Alltag

Ich lebe mittlerweile in einer Wohnung mit der Vermieterin zusammen. Die Wohnung ist sehr schön, groß, modern und auch recht zentral an DEM Boutiquen-Boulevard in Tirana. ( Zum Glück habe ich keine all zu große Shopping-Sucht!) Zu meinen Mitbewohnerinnen gehört auch eine kleine Katze – sie ist die Chefin im Haus. Ich bin also nie alleine zuhause, was auch schön ist.

Morgens muss ich schon zwischen halb sieben und sieben aufstehen, was eigentlich gleich früh ist, wie bei meinem alten Schulalltag. Nur frühstücke ich hier so gut wie immer alleine und mache mich dann auf den Weg zur Schule. Da die Busse nicht ganz so zuverlässig sind und sowieso keiner direkt an die Schule fährt, gehe ich jeden Tag rund 30 Minuten zu Fuß. Dabei habe ich dann die Chance auch richtig wach zu werden. Mittlerweile ist es morgens schon sehr kühl und mittags wird es dann aber nochmal richtig warm! Man weiß also nie was man anziehen sollte…

Am Gymnasium Sami Frasheri angekommen beginne ich in Ruhe mit meiner Arbeit. Darunter sind Sekretariatsaufgaben, die ich erledigen muss, aber vor allem auch meine Projekte, mit denen ich seit neustem angefangen habe. Ich organisiere also und bereite vor. Worüber ich mich jeden Tag freue sind die alltäglichen Kaffeepausen. Wenn ich meiner Familie oder meinem Freund von meinem Tag erzähle kommt schon erst immer die Frage: „Na, hast du heute mal was anderes als Kaffeetrinken gemacht?“ Ja ich weiß, daran habe ich mittlerweile wirklich Gefallen gefunden, vor allem weil man sich dabei nicht im Lehrerzimmer einfach einen Kaffee aus der Maschine lässt und ihn am Arbeitsplatz trinkt. Nein, man geht in ein kleines Café direkt gegenüber von der Schule und genießt dort die kurze Auszeit von dem schulischen Getümmel. Die Südländer wissen einfach wie man genießt! Davon könnten wir uns echt eine Scheibe abschneiden.

Nach der 6. Stunde sind dann meistens meine AG’s, also meine Tanz-AG oder das Training für den Lesewettbewerb. Ich komme dann also entweder um zwei Uhr oder um drei Uhr nach Hause. Viel arbeiten muss ich also nicht, wodurch ich viel Freizeit habe, die ich auch sehr genieße!

Neben all diesen normalen Tätigkeiten komme ich aber auch auf „elitäre Events“, wie die Veranstaltungen der Deutschen Botschaft, also das Fest zum Tag der Deutschen Einheit sowie dem Deutschen Oktober. Dadurch wurde mir wieder einmal klar, was für eine privilegierte Stellung ich hier als deutsche Ausländerin habe.

Tag der Deutschen Einheit in der Deutschen Botschaft Tirana

Die Sprache

Die Sprache ist eine schwierige Sprache, da ich keinerlei Verbindungen zu Englisch, Französisch, Spanisch oder gar Deutsch ziehen kann. Es ist etwas komplett anderes und viele meinen sogar, es sei genauso schwer, zu erlernen wie Deutsch – wenn nicht sogar schwerer!

Mittlerweile nehme ich auch schon an einem albanisch Sprachkurs teil, der montags und mittwochs stattfindet. Es ist mega witzig, eine Fremdsprache in einer Fremdsprache mit Leuten aus aller Welt zu lernen, auch wenn es manchmal sehr verwirrend ist. So kommt es, dass ich öfters einfach nicht weiß was sagen, da ich zuerst überlegen muss in welcher Sprache ich jetzt sprechen muss und dann erst einen Satz bilden kann. Aber so langsam verstehe ich auch einzelne Wörter, wenn im Lehrerzimmer albanisch gesprochen wird und das ist jedes Mal ein kleines Erfolgserlebnis für sich.

Die Schule

Gleich am ersten Tag wurde mir klar, dass die Schüler unglaublich gut und auch motiviert sind. Von ihren Deutschkenntnissen war ich wirklich überrascht, auch wenn ich von den ehemaligen Freiwilligen davon gehört hatte. Es ist also sehr einfach, sich mit den Schülern zu unterhalten und Projekte mit ihnen zu machen. Dadurch macht die Arbeit auch sehr viel Spaß! Dazu kommt, dass ich auch viel Glück mit meinen Kollegen hatte. In meinem ersten Beitrag habe ich schon von der herzlichen Begrüßung und Aufnahme ins Team gesprochen. Genauso lief bisher auch der Schulalltag.

 

Das Gymnasium Sami Frasheri

 

Sitten und Bräuche

Etwas, das ich gleich an den ersten Tagen gelernt hatte, war, dass die meisten Frauen ihre Taschen nie auf den Boden stellten, sondern immer auf einen Stuhl neben sich. Es werden also immer wahnsinnig viele Stühle gebraucht, wenn Frauen Kaffee trinken oder Essen gehen! Dieser Brauch hängt zum einen mit einem Aberglaube zusammen. Man stellt sein Hab und Gut nicht auf den Boden, ansonsten geschieht einem etwas Schlechtes. So kam es, dass mir am zweiten Tag eine Kellnerin einen Stuhl neben mich stellte und mir meine Tasche vom Boden aufhob und auf den Stuhl legte. Ich fand das eine nette Geste, aber hatte wohl dennoch recht verwirrt ausgesehen wodurch mir das die Frau meines Ansprechpartners gleich erklärte. Dieser Brauch hatte mich nicht ganz losgelassen, weswegen ich die nächsten Tage noch andere Albanerinnen gefragt hatte, wieso das so gemacht wird. Manche erklärten mir auch, dass es einen ganz praktischen Grund hatte. Zum einen waren die Böden früher noch dreckiger und man hatte den Leuten früher weniger getraut. Das war ein Beispiel von Bräuchen und Gewohnheiten der Albanerinnen, womit ich schnell in Kontakt kam und was ich aber auch als recht praktisch empfand.

Unterschiede

Die ersten Wochen sind mir kaum Unterschiede aufgefallen. Tirana ist zwar eine chaotischere Großstadt, als die deutschen Großstädte, die ich kenne, aber ansonsten ist sie genauso laut, hektisch und groß. Mit der Zeit fallen einem aber dann doch viele Unterschiede auf. Zum Beispiel gibt es keinerlei offizielle Buspläne. Ich muss mich also immer bei Einheimischen erkundigen, wo ich welchen Bus nehmen muss, um am richtigen Ziel anzukommen oder ich laufe meistens. Außerdem muss man hier sehr gut aufpassen, wenn man eine Straße überquert. Grün bedeutet nicht, dass man sicher auf der anderen Straßenseite ankommt und die Hupe wird hier so oft wie die Gangschaltung benutzt, auch wenn die Ampeln darauf eher weniger reagieren.

 

Zusammenfassend kann man sagen:

Ich hatte schon immer den Wunsch, nach meinem Abitur ins Ausland zu gehen. Dabei hatte ich aber nie an Albanien gedacht. Daher war ich auch über mich selbst überrascht, dass ich das Angebot von kulturweit angenommen habe. Doch jetzt kann ich nur sagen: Es ist eine einmalige Erfahrung! Und ich bin froh, dass ich diese in Albanien machen kann! Nicht jeder kommt in ein solches Land, viele wissen nicht einmal, dass es das gibt.

 

Ich hoffe ich konnte euch mit diesem Beitrag einen guten Einblick geben!

Kalofshi mirë!

Ein Gedanke zu “Albanien??! – JA, Albanien!

  1. Meine Liebe,

    mal wieder schön deinen Blogeintrag lesen zu dürfen. Ich freue mich schon am Wochenende Tirana, erneut, genießen zu dürfen. Die Frage: “ Wie gefällt es dir eigentlich?“ kommt mir sehr bekannt vor. So eine wirkliche Antwort kann auch ich noch nicht geben, aber mit jedem Tag wird meine Antwort ausgefallener.
    Albanien sollte man wirklich mal besucht haben und ich verstehe dich sehr gut… Kaffee ist auch hier sehr angesehen.

    Bis Freitag, hab dich lieb,

    Annchristin.

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