Archiv des Autors: Danielle Schmidt

6. Noch ein letzter Eintrag

Ich habe während meines FSJs sehr vieles gelernt, dazu gehört auch, dass die Motivation und Zeit, regelmäßig einen Blog zu schreiben, zu finden, nicht unbedingt zu meinen Stärken gehört. Deshalb kommen jetzt an dieser Stelle einige meiner Erlebnisse während des FSJs in Stichpunkten:

  • Mein erstes eigenes Projekt: Ein Projekt zum Kölner Karneval
  • Skifreizeit meiner Schule begleiten
  • Reise mit meiner Einsatzstelle nach Israel
  • Besuch meiner Familie und meiner besten Freundin
  • Ein zweites Projekt: Eine ‚Sprachwoche‘ zum Thema ‚multikulturelle Gesellschaft‘ gemeinsam mit einer Kollegin organisieren und durchführen
  • Ausflug nach Budapest
  • Im Slowakischen Paradies mit anderen Freiwilligen campen und in einer kleinen Holzhütte in den Bergen übernachten
  • Festival in Zilina mit Freiwilligen aus ganz Europa
  • Klassenfahrt in die Hohe Tatra
  • Das Pohodafestival und Colors of Ostrava besuchen
  • Reise durch die Slowakei, die Ukraine, Rumänien, Serbien, Bosnien und Kroatien, teils per Anhalter

Ich hatte eine tolle Zeit in der Slowakei und dafür vielen lieben Dank an kulturweit und meine Einsatzstelle das Gymnazium Pavla Horova in Michalovce!

Falls ihr über irgendetwas mehr erfahren wollt, könnt ihr mich einfach darauf ansprechen oder mir eine E-Mail an ds1707@freenet.de schreiben um euren ganz persönlichen Erfahrungsbericht zu erhalten.

Falls sich zukünftige Freiwillige diesen Blog durchlesen sollten, kann ich euch nur sagen, dass ihr eine super Entscheidung getroffen habt und dass das FSJ für mich unglaublich bereichernd war und mir die betse Zeit meines Lebens geschenkt hat 🙂

5. …Drei Monate später

Heute, an einem dieser Tage zwischen Weihnachten in Deutschland mit der Familie und Silvester in Prag mit anderen Freiwilligen, habe ich nun endlich nochmal Zeit gefunden einen weiteren Blogeintrag zu schreiben.

Im Folgenden werde ich nun versuchen, ein paar der zahlreichen Erfahrungen der letzten drei Monate kurz zusammenzufassen.

Eine davon ist die ‚Biela Noc‘ (Weiße Nacht). In dieser Nacht ist die ganze Stadt erleuchtet. An Kirchen und andere Gebäude werden Lichtanimationen projiziert und überall stehen leuchtende Kunstwerke. Ich durfte die ‚Biela Noc‘ sogar zweimal erleben. Einmal in Košice und am Wochenende danach dann in der Hauptstadt Bratislava. In Bratislava waren wir weil die Deutsche Botschaft alle Freiwilligen ins Grand Hotel River Park eingeladen hat, um den Tag der Deutschen Einheit zu feiern. Vor dieser Feier haben wir uns vor der deutschen Botschaft in Bratislava getroffen um bei der Enthüllung des ‚Buddybären‘ dabei zu sein. Dieser ‚Buddybär‘ ist eine gelbe Skulptur, auf der verschiedene Wörter stehen, die die Slowakei und Deutschland verbinden. Er soll die deutsch-slowakische Freundschaft symbolisieren. Natürlich durfte bei diesem wichtigen Event die Presse nicht fehlen, die dann anschließend noch zwei andere Freiwillige und mich danach gefragt hat, was wir über den ‚Buddybär‘ denken. Wir haben dann später erfahren, dass diese kurzen Interviews auf einem deutsch-slowkischen Sender für die deutsche Minderheit in der Slowakei ausgestrahlt wurden. Nach ein paar Wochen hier waren wir also schon im slowakischen Fernsehen zu sehen. Auch die Feier im Hotel war für uns ein echtes Erlebnis. Wir haben unter anderem den deutschen Botschafter kennengelernt, der uns viel von seiner Arbeit als Botschafter erzählt hat.

In der Woche danach feierte dann das Gymnasium an dem ich arbeite 95.-jähriges Jubiläum. Dazu wurde eine sogenannte ‚Akademie‘ veranstaltet. Eine Woche lang gab es ein besonderes kulturelles Programm an der Schule. Zum Beispiel haben einige Schüler*innen Folklore-Tänze im Stadtzentrum von Michalovce aufgeführt und auch die naturwissenschaftlichen Klassen hatten dort einige Stände aufgebaut um z.B. chemische Experimente für Passanten und Interessierte vorzuführen. Am letzten Tag gab es im Kulturzentrum, welches gleichzeitig als Kino oder Theater dient, ein Bühnenprogramm welches von Lehrer*innen und Schüler*innen gemeinsam organisiert wurde. Es wurden viele Reden gehalten, Fotos gezeigt, Tänze aufgeführt, Geige und andere Instrumente gespielt und gesungen. Das Programm war sehr schön und unterhaltsam zugleich. Da die Reden alle auf slowakisch waren und ich zu dieser Zeit noch so gut wie überhaupt keine Sprachkenntnisse hatte, hat mir eine Lehrerin zwischendurch immer wieder einiges übersetzt. Ich war absolut begeistert von dieser Veranstaltung und bin mir ziemlich sicher, dass ich keinen besseren Einblick, in die Kultur und Traditionen der Umgebung und der Schule, hätte bekommen können. Abends gab es dann noch eine Feier auf die alle Lehrer*innen, Freunde der Schule und wichtige Menschen der Stadt eingeladen waren. Am nächsten Morgen nach der Party sind wir dann auf den Lehrerausflug nach Poprad, in ein Wellnesshotel, gefahren. Dort habe ich viele nette Lehrer*innen kennengelernt die ich vorher höchstens vom Sehen kannte. Ich hatte dort eine tolle Zeit mit viel Wellness, Party und Wandern in der Hohen Tatra, an die ich immer noch gerne zurück denke. Das Schulmotto: „Gens una sumus – Sme jedna rodina“ (Wir sind eine Familie) trifft wirklich auf die Leute am Gymnasium zu. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Lehrer*innen an meiner alten Schule so viel Spaß auf ihren Lehrerausflügen hatten wie wir. Aber vielleicht kann ich das ja auch einfach nicht beurteilen, weil ich da ja selbst noch Schülerin war. Seit ich aber auch mehr Zeit mit Lehrer*innen in meiner Freizeit verbringe und mich immer mehr daran gewöhne vor verschiedenen Klassen zu stehen, fühle ich mich jetzt definitiv mehr wie eine Lehrerin. Auch wenn ich als Freiwillige ja immer noch irgendwie zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen stehe.

Kurze Zeit später durfte ich sogar eine Klassenfahrt nach Deutschland begleiten. Zusammen mit einer anderen Lehrerin und acht Schüler*innen bin ich, um an dem Projekt ‚Schulbruecke Europa‘ teilzunehmen, nach Greifswald an die Ostsee gefahren. Dort waren auch Schüler*innen aus Frankreich, Italien, Schweden, Rumänien und Deutschland. Die Schüler*innen haben ihr Land und die Schule präsentiert und es gab ein internationales Buffet. Dann haben wir u.a. Vorträge gehört und die Schüler*innen haben in Gruppenarbeit auf Deutsch über verschiedene aktuelle gesellschaftliche und politische Themen, wie z.B. Krieg/ Frieden und Demokratie, gesprochen und Plakate erstellt. Ich fand das gesamte Projekt sehr interessant und es war von den Themen teilweise sehr ähnlich wie das kulturweit Vorbereitungsseminar. Wir haben auch den Film ‚tomorrow- die Welt ist voller Lösungen‘ gesehen. Am letzten Tag haben die Schüler*innen dann gemeinsam Zukunftsgeschichten über ein utopisches Europa geschrieben. Die Geschichten waren teilweise sehr schön, faszinierend und inspirierend und haben, meiner Meinung nach, auch gezeigt, dass manche der Schüler*innen viel weiter denken als manche Menschen die momentan politische Entscheidungen treffen.

Auch in der Zeit nach der Klassenfahrt wurde es nicht langweilig. Ich bin nämlich umgezogen. Aus meiner kleinen provisorischen Wohnung ohne Kühlschrank, Küche, Waschmaschine oder Fenster im Schlafzimmer, in eine schöne, größere Wohnung, in der ich all diese Dinge habe und die zudem im Zentrum der Stadt, also nur 5min vom Gymnasium entfernt liegt. Praktischerweise verstehe ich jetzt auch meinen Vermieter, da es ein Kollege von mir ist, der ursprünglich aus Amerika kommt und als Englisch-Lektor an der Schule arbeitet. Nachdem er gehört hat, dass ich immer bei anderen Leuten meine Sachen waschen muss, hat er mir sofort die Wohnung angeboten. Auch die anderen Leute an der Schule sind immer sehr hilfsbereit und ein anderer Kollege hat mir z.B. beim Umzug geholfen, wodurch wir innerhalb einer halben Stunde alle Sachen von der einen in die andere Wohnung gebracht hatten. Mittlerweile habe ich mich sehr gut in der neuen Wohnung eingelebt.

Ende November war dann das Zwischenseminar in Žarnovica. Bzw. außerhalb von Žarnovica in Horné Hámre bzw. in einer Holzhütte mitten in den Bergen. Die Wahl des Ortes war perfekt. Umgeben von einer traumhaft schönen Landschaft zusammen am knisternden, warmen Ofen zu sitzen und mit den anderen Freiwilligen, die momentan in Tschechien und in der Slowakei sind, die bisherigen Erlebnisse auszutauschen war toll. Außerdem war es ein super Ort um sich zu erholen, zu reflektieren und sich auf die noch kommende Zeit einzustellen. Ein besonderes Event war der Besuch der Romafrau Jeanette Modlová, die mit ihrer NGO ‚EDUMA‘ die Sinti und Roma besser in die Gesellschaft integrieren möchte. Sie hat uns durch ihre Erzählungen Einblicke in das Leben und die Werte der Sinti und Roma gegeben und viele schöne, traurige und berührende Geschichten aus ihrem Leben erzählt. Da es ihr Buch ‚Cigánka‘ nur auf slowakisch gibt, habe ich definitiv einen weiteren Grund die Sprache zu lernen. Außerdem haben wir die Stadt Banská Štiavnica besichtigt und viele Sparziergänge in den Bergen gemacht. Durch das Zwischenseminar habe ich auch Inspiration für mein Projekt erhalten.

Wieder zurück in Michalovce gab es dann das Stuškova. Es ist ein Fest ähnlich wie der Abiball in Deutschland. Halt nur im November/ Dezember und größer. Es wurden Reden von Schüler*innen, der Schulleiterin der Klassenlehrerin und einem Vater gehalten. Dann tanzten die Schüler*innen mit ihren Partner*innen, den Eltern und mit uns, den Lehrer*innen. Danach gab es ein sehr leckeres Essen mit mehreren Gängen und Programm. Die Schüler*innen u.a. haben einen Film selbst gedreht, lustige Szenen aufgeführt, Folklore getanzt, gesungen und insgesamt einen sehr schönen und lustigen Abend organisiert. Eine weitere Tradition ist es, dass die Mitschüler*innen über jeden einzelnen ein Gedicht schreiben und dieses am Stuškova vorlesen. Jeder hält ein kleines Licht in der Hand, während eine Person den Text den alle zusammen geschrieben haben vorliest. Am Ende trinken dann alle Schüler*innen und der/ die Klassenlehrer*in aus einem Kelch und schmeißen diesen auf den Boden. Jeder bekommt eine Scherbe und die meisten behalten ihre Scherbe ein Leben lang. Nach dem Programm kann jeder tanzen der möchte und das Stuškova geht bis in den Morgen weiter. Es war ein unglaublich tolles Fest.

Zwischen Stuškova und dem nächsten Fest lag dann eine sehr arbeitsintensive Zeit, da die Schüler*innen ihre mündliche DSD II Prüfung hatten. Aber das Ergebnis war die ganze Vorbereitung definitiv wert, denn alle Schüler*innen haben die Prüfung bestanden und die Vorträge, die sie dafür vorbereitet haben, waren sehr gut und interessant.

Kurz vor Weihnachten war dann noch die Weihnachtsfeier, die auch wieder sehr schön war und quasi von da aus bin ich dann nach Hause geflogen um Weihnachten mit meiner Familie zu verbringen. Es war das schönste Weihnachten das ich bis jetzt erlebt habe, denn dieses Jahr war es für uns alle etwas besonderes. Als ich meine Familie und meine Freundinnen wiedergesehen habe, ist mir erst klar geworden wie sehr ich sie eigentlich vermisst habe. Aber so schön es auch war wieder zu Hause zu sein war es auch ein bisschen komisch. Ich musste an eine Freundin aus Ägypten denken, die nach einem FSJ in Deutschland jetzt wieder zurück in Ägypten ist und meinte, dass sie sich am Anfang ein bisschen wie eine Fremde in ihrem eigenen Land gefühlt hat. Ein bisschen so war es auch als ich zurück gekommen bin. Als ob ich ewig weg gewesen wäre und gleichzeitig als ob ich nie weg gewesen wäre. Der kleine Heimaturlaub war also sehr schön aber ich freue mich jetzt auch wieder zurück in Michalovce in  meiner Wohnung zu sein.
Und morgen geht es dann weiter nach Prag zum Silvester feiern.

Nach nun insgesamt vier Monaten hier bin ich mir absolut sicher, dass es die richtige Entscheidung war das FSJ hier zu machen und würde es auch jedem weiter empfehlen. Ich hoffe, dass die nächsten Monate auch so aufregend und schön werden und ich versuche wenigsten etwas regelmäßiger zu schreiben. 😀

Bis dann, Dani

4. Schon ein bisschen eingelebt

Und schon verbringe ich das zweite Wochenende in Michalovce. Die Zeit vergeht sehr schnell wenn man jeden Tag etwas Neues erlebt. Ich mag meine Arbeit an der Schule gerne. Obwohl es sehr ungewohnt ist plötzlich keine Schülerin mehr, sondern so etwas wie eine Lehrerin zu sein. Vor allem weil die meisten Schüler*innen genauso alt sind wie ich und ich auch meine Freizeit mit manchen verbringe. Aber daran werde ich mich bestimmt noch gewöhnen. Mein Stundenplan steht jetzt erstmal für diese und nächste Woche fest und ich war in vielen verschiedenen Klassen jeweils mit im Deutschunterricht und habe z.B. mit den Schüler*innen Dialoge geführt oder Grammatik mit ihnen geübt. Es ist immer noch schwer sich außerhalb der Schule mit den Leuten hier zu unterhalten aber ein paar Schüler*innen sowie Lehrer*innen unterstützen mich dabei, indem sie mir z.B. Bahnkarten kaufen oder mir in Restaurants die Karte übersetzen und für mich bestellen.
Am Mittwoch hatte ich meine erste Slowakisch-Stunde. Slowakisch ist eine sehr schwere Sprache, laut einem Schüler, nach Japanisch und Chinesisch, sogar die dritt schwerste Sprache der Welt. Na super. Auch die Aussprache mancher Wörter fällt mir nicht gerade leicht und ich bin relativ überzeugt davon, dass ich Wörter wie ‚štvrtok‘ (Donnerstag) niemals richtig aussprechen können werde. Außerdem gibt es sechs bzw. sieben Fälle und leider wird auch die Endung von Namen an diese Fälle angepasst. Aber dadurch, dass ich die Menschen hier täglich slowakisch sprechen höre, werde ich die Sprache hoffentlich schnell lernen. Die Leiterin der Sprachschule an der ich slowakisch lerne, hat mich gefragt, ob ich abends einmal in der Woche als Lektorin an der Sprachschule arbeiten könnte um Dialoge zu führen. Da ich neben meiner Arbeit an der Schule eigentlich keinen bezahlten Nebenjob machen darf, haben wir uns darauf geeinigt, dass ich für die Stunden die ich dort gebe kostenlose Sprachstunden z.B. in Spanisch erhalten kann. Nächste Woche werden wir alles weitere abklären. Außerdem ist nächste Woche Dienstag ‚Tag der europäischen Sprachen‘ an meiner Schule und ich soll Werbung für das Fach Deutsch machen, damit die Grundschüler*innen (die ca. 14/15 Jahre alt sind, weil sie in der Slowakei 9 Jahre zur Grundschule gehen) es, wenn sie aufs Gymnasium kommen, wählen.
Da ich wenig Zeit dafür habe werde ich wahrscheinlich nur noch einmal im Monat einen Blogeintrag schreiben.

Bis dahin, Liebe Grüße in die Heimat, Dani

3. Ruky hore víkend!

Hoch die Hände Wochenende! Ich bin nun seit vier Tagen hier. Der Empfang am Flughafen war sehr freundlich. Ludmila, eine Deutschlehrerin der Schule an der ich arbeiten werde, holt mich vom Flughafen ab und erklärt mir meine Aufgaben für die nächsten Tage. Ich werde sie in den nächsten Tagen in den Sprachunterricht von zwei verschiedenen Sprachklassen begleiten und eine Gruppe von Schüler*innen auf das europäische Projekt Schulbruecke vorbereiten. Was neu für mich ist: an der Schule gibt es eine nullte Stunde, die die Schüler hin und wieder haben. Sie fängt um 7.05 Uhr an, also vor der ersten Stunde. Ob man diese Stunde hat, hängt von der Fächerwahl ab.
Als wir in dem Studentenwohnheim, in dem ich wohnen werde ankommen, fällt mir zuerst auf, dass es von außen aussieht wie eine Schule. Von innen ist es dann schon ganz anders, meine Wohnung ist schön, groß und sauber. Ja, hier kann ich sehr gut ein Jahr lang leben. Ludmila lädt mich noch zum Abendessen mit ihrer Familie ein und als noch ein Nachbar vorbei kommt, stoßen wir mit slowakischem Schnaps auf meine Ankunft an. Ich bin glücklich darüber, dass ich hier so freundlich aufgenommen werde.
Am nächsten Tag in der Schule ist es ähnlich, die Schüler*innen sind sehr offen und ich bin überrascht, wie gut vor allem ein paar der älteren Schüler*innen Deutsch sprechen. Leider ist das nicht überall so. Ich realisiere zum ersten Mal wie wichtig es ist schnell slowakisch zu lernen als die ältere Frau, die neben mir wohnt, mir sehr ausführlich irgendetwas erzählt. Ich verstehe kein Wort. Ich versuche ihr erst auf Deutsch, dann auf Englisch zu antworten und sie versteht ebenfalls kein Wort. Auch die Leute an der Rezeption sprechen nur slowakisch. Anscheinend ist es ähnlich wie in Deutschland, dass erst die jüngeren Generationen in der Schule Englisch hatten. Aber irgendwie ist das auch gut, denn dann werde ich die Sprache bestimmt schnell lernen. Das wichtigste ist, dass ich mich mit den Schüler*innen und dem größten Teil der Lehrer*innen unterhalten kann.
Jetzt ist erstmal Wochenende, sogar verlängertes Wochenende. Der 15.09. ist in der Slowakei nämlich ein Feiertag. Diesen Feiertag verbringe ich mit Alexandra, einer Schülerin, die sich sehr viel Zeit nimmt mir die Stadt zu zeigen. Die Stadt ist schön und nicht zu groß. Verglichen mit dem 18.000 Einwohner Dorf aus dem ich komme ist Michalovce mit seinen 40.000 Einwohnern auch nicht gerade klein für mich. Wir gehen lecker Pizza essen, da Alexandra Pizza genauso liebt wie ich und auch das tschechische Bier, das ich trinke ist sehr gut. Es war ein schöner Tag und ich freue mich auf das restliche Wochenende, an dem ich mich mit ein paar anderen Schüler*innen in einem Café treffen und vielleicht mit dem Zug nach Košice fahren werde.

2. Über den Wolken

Und schon sitze ich im Flieger, der mich von Köln nach Wien bringt. Ich tippe diesen Text gerade in das Notizfeld meines Handys. Schließlich möchte ich den netten Flugbegleiter, der mir gerade eine Flasche Wasser geschenkt hat, nicht dadurch verärgern, dass ich meinen Laptop raushole.
Jetzt geht es wirklich los. Plötzlich ging alles so schnell.

Das Vorbereitungsseminar in Berlin verging wie im Flug. Obwohl ich sehr vieles davon mitnehmen werde. Irgendwie habe ich jetzt wirklich das Gefühl vorbereitet zu sein. Nicht nur auf das FSJ sondern auch ein kleines bisschen aufs Leben. So viele neue Bekanntschaften, Eindrücke, Gedanken. Themen mir sehr viel Stoff zum Nachdenken geben. Rassismus, Sexismus, Nachhaltigkeit und noch so viel mehr. Sogar die eigenen Ansichten kritisch sehen. Vor allem der TED-Talk von Chimamanda Adichie (https://www.youtube.com/watch?v=D9Ihs241zeg) ist mir im Gedächtnis geblieben. Außerdem ist es toll so viele nette Leute kennenzulernen, die sich auch auf das FSJ vorbereiten und damit alle Sorgen und Vorfreuden mit mir teilen. Menschen aus ganz Deutschland und auch noch ein paar Incomerinnen aus Ägypten und Tunesien. Alle sind sehr offen hier und alle wollen raus in die Welt. Bei ca. 350 Menschen ist es wahrscheinlich auch nicht verwunderlich, dass ich täglich neue Gesichter sehe. Da ist es ganz schön dass es die Homezone gibt. In Homezone 19 sind ein paar der Teilnehmer*innen die in die Slowakei, nach Tschechien, Polen oder Ungarn gehen. Wir verstehen uns auf Anhieb alle gut und unsere Trainerin Steffi gibt uns Ruhe und Zeit zum Austauschen, was zwischen den ganzen Seminaren, Workshops und vor allem dem Partner*innen- Tag auch dringend notwendig ist. Aber zum Glück gibt es ja auch noch ein bisschen Freizeit die man mit wunderschön sinnlosen Dingen, wie morgens um 7 im See schwimmen gehen (während des Aufstehens bereut man es total, aber das Gefühl danach ist es auf jeden Fall wert), abends durch den dunklen Wald laufen und wenn man Glück hat auf ein Lagerfeuer treffen oder vor der Disco am letzten Abend schnell noch drei Stunden Herr der Ringe gucken, füllen kann. Warum nicht. Es ist schon irgendwie schade, dass ich mich von den ganzen coolen Menschen die ich kennengelernt habe schon wieder verabschieden muss. Aber irgendwie gefällt mir auch der Gedanke, dass wir jetzt in der ganzen Welt verstreut sind.

Der Abschied am Flughafen ist ein Scheiß-Gefühl. Meine Mama, meinen Papa, meine Schwester und meine beste Freundin in den Armen zu halten und zu wissen, dass ich sie erst mal für lange Zeit nicht sehen werde, ist hart. Aber als ich dann im Flugzeug sitze geht es mir gut. Ich habe es wirklich getan. Ich fliege los, ohne richtig zu wissen was mich erwartet. Ich spüre dieses Kribbeln im Bauch. Das habe ich immer wenn ich fliege. Nur das dieser Flug anders ist. Es geht von Köln nach Wien und von Wien nach Kosice. Ich schaue aus dem Fenster, sehe den blauen Himmel, die Sonne und die weißen Wolken, die es auf der Erde regnen lassen. Und bevor ich das Gefühl hatte, dass wir richtig oben sind, kommt auch schon die Ansage, dass nun der Sinkflug startet.

1. Alles beginnt mit einem Abschied

„Was du willst echt für ein Jahr ins Ausland?“ „Nach Amerika oder Australien?“ Diese Fragen oder ähnliche haben mir in letzter Zeit viele Leute gestellt. Wenn ich geantwortet habe, dass ich in die Slowakei gehen werde, kam dann meistens zurück: „So wie Slowenien?“ „Wo liegt das denn nochmal?“ „Wie kommst du denn darauf?“ Nein, die Slowakei und Slowenien sind zwei verschiedene Länder. Die Slowakei liegt zwischen Polen, Tschechien, Österreich, Ungarn und der Ukraine. Und darauf gekommen bin ich eigentlich gar nicht selbst. Eigentlich wollte ich nämlich nach Afrika. Aber als die E-Mail von kulturweit mit dem Platzierungsangebot für die Slowakei kam, habe ich trotzdem keine Minute gezögert es anzunehmen. Erstens fand ich die Idee an einer Schule auszuhelfen und mit Schülern zu arbeiten echt gut und zweitens, wieso nicht in ein Land gehen, das so nah an Deutschland liegt und über das ich aber trotzdem überhaupt nichts weiß? Afrika kann ich auch noch wann anders bereisen. In die Slowakei würde ich ohne kulturweit bzw. den Pädagogischen Austauschdienst nicht gehen und damit bestimmt vieles verpassen. Zum Beispiel würde ich die Kultur und den Alltag der Slowaken nicht kennenlernen und vielen verschiedenen Menschen niemals begegnen.

Warum ich das FSJ eigentlich so gerne machen wollte und die Menschen die ich lieb habe einfach für ein Jahr zurück lasse? Das kann ich am besten mit einem Artikel erklären, den ich gestern zufällig im Internet gefunden habe. Darin geht es um ein Mädchen, das nach dem Abitur erst mal keinen Plan hat was sie machen soll. Sie fliegt daraufhin nach Nairobi und wohnt bei einer Gastfamilie. Dort lernt sie viele neue Leute kennen, die ihr dabei helfen mehr über sich selbst zu erfahren und sie zu einem tollen Projekt inspirieren: Sie stellt vielen in ihrer Umgebung die Frage, was sie der Welt sagen würden, wenn sie die Möglichkeit hätten zu allen Menschen zu sprechen. Während ihrer Zeit in Nairobi erfährt sie jedoch ebenfalls, dass viele Menschen dort die Deutschen als ein sehr rassistisches und kaltherziges Volk sehen und trotzdem begegnen ihr dort alle sehr herzlich und freundlich. (Hier der Link zu dem Artikel: http://ze.tt/was-wuerdest-du-sagen-wenn-die-ganze-welt-zuhoeren-wuerde/?utm_source=ze.tt+Newsletter&utm_campaign=de9e0c5097-EMAIL_CAMPAIGN_2017_08_18&utm_medium=email&utm_term=0_919504426c-de9e0c5097-227959589 ). Dieser Artikel hat mich sehr berührt und auch nachdenklich gestimmt. Mir geht es ähnlich wie der Protagonistin in dem Artikel. Ich habe keinen Plan was genau ich eigentlich jetzt nach der Schule machen möchte und deshalb möchte ich einfach mal weg. Um einerseits mehr über mich selbst zu lernen und herauszufinden wie ich eigentlich so bin, wenn ich nicht ständig meine Familie oder Freunde um mich herum habe. Und andererseits finde ich es ziemlich cool neue Aufgaben zu übernehmen und die Möglichkeit zu haben evtl. auch eigene Projekte umsetzen zu können. Noch hab ich natürlich keinen Plan ob mir überhaupt ein guter Einfall zu einem solchen Projekt kommen wird, aber das hat ja noch Zeit. Ein weiterer Grund ins Ausland zu gehen ist für mich, dass ich es traurig finde, dass Deutschland teilweise als rassistisch angesehen wird. Als Freiwillige stehen wir dagegen, meiner Meinung nach, alle für das tolerante, offene und multikulturelle Land in dem wir leben wollen und das auch weiterhin für diese Werte stehen sollte. In einer globalisierten Welt wird es immer wichtiger, dass sich die Länder untereinander verständigen können und dafür muss man die Menschen die in den anderen Ländern leben erst mal kennenlernen. Ich möchte also die Menschen in der Slowakei kennenlernen.

Klingt in der Theorie alles ganz locker easy, aber je näher der Ausreisetag rückt, desto aufgeregter werde ich. Fragen wie: „“Krieg ich das wirklich alles alleine hin?“ „Komm ich gut mit dem Heimweh klar?“ „Und ist ein Jahr nicht vielleicht doch ein bisschen lang?“, schwirren durch meinen Kopf. Aber viel größer als die Sorgen ist dann doch die Vorfreude. Mein eigenes kleines Abenteuer. Viele neue Menschen die ich kennenlernen, Aufgaben die ich übernehmen und Erfahrungen die ich machen darf. Auch wenn es mir jetzt gerade schwerfällt von den Menschen, die ich hier zurücklassen werde Abschied zu nehmen, weiß ich ja , dass ich sie alle wiedersehen werde, auch wenn ich mich in der Zeit im Ausland vielleicht verändern werde. Jetzt gerade freue ich mich erst mal auf das Vorbereitungsseminar in Berlin, das nächste Woche anfängt. Ich schreibe diesen Blog, damit ihr meine wirren Gedanken und spannenden Erfahrungen während meiner Zeit im Ausland (fast) hautnah miterleben könnt. Ich werde versuchen regelmäßig zu schreiben.

Bis dahin, liebe Grüße eure Dani