Archiv für den Monat: September 2017

4. Schon ein bisschen eingelebt

Und schon verbringe ich das zweite Wochenende in Michalovce. Die Zeit vergeht sehr schnell wenn man jeden Tag etwas Neues erlebt. Ich mag meine Arbeit an der Schule gerne. Obwohl es sehr ungewohnt ist plötzlich keine Schülerin mehr, sondern so etwas wie eine Lehrerin zu sein. Vor allem weil die meisten Schüler*innen genauso alt sind wie ich und ich auch meine Freizeit mit manchen verbringe. Aber daran werde ich mich bestimmt noch gewöhnen. Mein Stundenplan steht jetzt erstmal für diese und nächste Woche fest und ich war in vielen verschiedenen Klassen jeweils mit im Deutschunterricht und habe z.B. mit den Schüler*innen Dialoge geführt oder Grammatik mit ihnen geübt. Es ist immer noch schwer sich außerhalb der Schule mit den Leuten hier zu unterhalten aber ein paar Schüler*innen sowie Lehrer*innen unterstützen mich dabei, indem sie mir z.B. Bahnkarten kaufen oder mir in Restaurants die Karte übersetzen und für mich bestellen.
Am Mittwoch hatte ich meine erste Slowakisch-Stunde. Slowakisch ist eine sehr schwere Sprache, laut einem Schüler, nach Japanisch und Chinesisch, sogar die dritt schwerste Sprache der Welt. Na super. Auch die Aussprache mancher Wörter fällt mir nicht gerade leicht und ich bin relativ überzeugt davon, dass ich Wörter wie ‚štvrtok‘ (Donnerstag) niemals richtig aussprechen können werde. Außerdem gibt es sechs bzw. sieben Fälle und leider wird auch die Endung von Namen an diese Fälle angepasst. Aber dadurch, dass ich die Menschen hier täglich slowakisch sprechen höre, werde ich die Sprache hoffentlich schnell lernen. Die Leiterin der Sprachschule an der ich slowakisch lerne, hat mich gefragt, ob ich abends einmal in der Woche als Lektorin an der Sprachschule arbeiten könnte um Dialoge zu führen. Da ich neben meiner Arbeit an der Schule eigentlich keinen bezahlten Nebenjob machen darf, haben wir uns darauf geeinigt, dass ich für die Stunden die ich dort gebe kostenlose Sprachstunden z.B. in Spanisch erhalten kann. Nächste Woche werden wir alles weitere abklären. Außerdem ist nächste Woche Dienstag ‚Tag der europäischen Sprachen‘ an meiner Schule und ich soll Werbung für das Fach Deutsch machen, damit die Grundschüler*innen (die ca. 14/15 Jahre alt sind, weil sie in der Slowakei 9 Jahre zur Grundschule gehen) es, wenn sie aufs Gymnasium kommen, wählen.
Da ich wenig Zeit dafür habe werde ich wahrscheinlich nur noch einmal im Monat einen Blogeintrag schreiben.

Bis dahin, Liebe Grüße in die Heimat, Dani

3. Ruky hore víkend!

Hoch die Hände Wochenende! Ich bin nun seit vier Tagen hier. Der Empfang am Flughafen war sehr freundlich. Ludmila, eine Deutschlehrerin der Schule an der ich arbeiten werde, holt mich vom Flughafen ab und erklärt mir meine Aufgaben für die nächsten Tage. Ich werde sie in den nächsten Tagen in den Sprachunterricht von zwei verschiedenen Sprachklassen begleiten und eine Gruppe von Schüler*innen auf das europäische Projekt Schulbruecke vorbereiten. Was neu für mich ist: an der Schule gibt es eine nullte Stunde, die die Schüler hin und wieder haben. Sie fängt um 7.05 Uhr an, also vor der ersten Stunde. Ob man diese Stunde hat, hängt von der Fächerwahl ab.
Als wir in dem Studentenwohnheim, in dem ich wohnen werde ankommen, fällt mir zuerst auf, dass es von außen aussieht wie eine Schule. Von innen ist es dann schon ganz anders, meine Wohnung ist schön, groß und sauber. Ja, hier kann ich sehr gut ein Jahr lang leben. Ludmila lädt mich noch zum Abendessen mit ihrer Familie ein und als noch ein Nachbar vorbei kommt, stoßen wir mit slowakischem Schnaps auf meine Ankunft an. Ich bin glücklich darüber, dass ich hier so freundlich aufgenommen werde.
Am nächsten Tag in der Schule ist es ähnlich, die Schüler*innen sind sehr offen und ich bin überrascht, wie gut vor allem ein paar der älteren Schüler*innen Deutsch sprechen. Leider ist das nicht überall so. Ich realisiere zum ersten Mal wie wichtig es ist schnell slowakisch zu lernen als die ältere Frau, die neben mir wohnt, mir sehr ausführlich irgendetwas erzählt. Ich verstehe kein Wort. Ich versuche ihr erst auf Deutsch, dann auf Englisch zu antworten und sie versteht ebenfalls kein Wort. Auch die Leute an der Rezeption sprechen nur slowakisch. Anscheinend ist es ähnlich wie in Deutschland, dass erst die jüngeren Generationen in der Schule Englisch hatten. Aber irgendwie ist das auch gut, denn dann werde ich die Sprache bestimmt schnell lernen. Das wichtigste ist, dass ich mich mit den Schüler*innen und dem größten Teil der Lehrer*innen unterhalten kann.
Jetzt ist erstmal Wochenende, sogar verlängertes Wochenende. Der 15.09. ist in der Slowakei nämlich ein Feiertag. Diesen Feiertag verbringe ich mit Alexandra, einer Schülerin, die sich sehr viel Zeit nimmt mir die Stadt zu zeigen. Die Stadt ist schön und nicht zu groß. Verglichen mit dem 18.000 Einwohner Dorf aus dem ich komme ist Michalovce mit seinen 40.000 Einwohnern auch nicht gerade klein für mich. Wir gehen lecker Pizza essen, da Alexandra Pizza genauso liebt wie ich und auch das tschechische Bier, das ich trinke ist sehr gut. Es war ein schöner Tag und ich freue mich auf das restliche Wochenende, an dem ich mich mit ein paar anderen Schüler*innen in einem Café treffen und vielleicht mit dem Zug nach Košice fahren werde.

2. Über den Wolken

Und schon sitze ich im Flieger, der mich von Köln nach Wien bringt. Ich tippe diesen Text gerade in das Notizfeld meines Handys. Schließlich möchte ich den netten Flugbegleiter, der mir gerade eine Flasche Wasser geschenkt hat, nicht dadurch verärgern, dass ich meinen Laptop raushole.
Jetzt geht es wirklich los. Plötzlich ging alles so schnell.

Das Vorbereitungsseminar in Berlin verging wie im Flug. Obwohl ich sehr vieles davon mitnehmen werde. Irgendwie habe ich jetzt wirklich das Gefühl vorbereitet zu sein. Nicht nur auf das FSJ sondern auch ein kleines bisschen aufs Leben. So viele neue Bekanntschaften, Eindrücke, Gedanken. Themen mir sehr viel Stoff zum Nachdenken geben. Rassismus, Sexismus, Nachhaltigkeit und noch so viel mehr. Sogar die eigenen Ansichten kritisch sehen. Vor allem der TED-Talk von Chimamanda Adichie (https://www.youtube.com/watch?v=D9Ihs241zeg) ist mir im Gedächtnis geblieben. Außerdem ist es toll so viele nette Leute kennenzulernen, die sich auch auf das FSJ vorbereiten und damit alle Sorgen und Vorfreuden mit mir teilen. Menschen aus ganz Deutschland und auch noch ein paar Incomerinnen aus Ägypten und Tunesien. Alle sind sehr offen hier und alle wollen raus in die Welt. Bei ca. 350 Menschen ist es wahrscheinlich auch nicht verwunderlich, dass ich täglich neue Gesichter sehe. Da ist es ganz schön dass es die Homezone gibt. In Homezone 19 sind ein paar der Teilnehmer*innen die in die Slowakei, nach Tschechien, Polen oder Ungarn gehen. Wir verstehen uns auf Anhieb alle gut und unsere Trainerin Steffi gibt uns Ruhe und Zeit zum Austauschen, was zwischen den ganzen Seminaren, Workshops und vor allem dem Partner*innen- Tag auch dringend notwendig ist. Aber zum Glück gibt es ja auch noch ein bisschen Freizeit die man mit wunderschön sinnlosen Dingen, wie morgens um 7 im See schwimmen gehen (während des Aufstehens bereut man es total, aber das Gefühl danach ist es auf jeden Fall wert), abends durch den dunklen Wald laufen und wenn man Glück hat auf ein Lagerfeuer treffen oder vor der Disco am letzten Abend schnell noch drei Stunden Herr der Ringe gucken, füllen kann. Warum nicht. Es ist schon irgendwie schade, dass ich mich von den ganzen coolen Menschen die ich kennengelernt habe schon wieder verabschieden muss. Aber irgendwie gefällt mir auch der Gedanke, dass wir jetzt in der ganzen Welt verstreut sind.

Der Abschied am Flughafen ist ein Scheiß-Gefühl. Meine Mama, meinen Papa, meine Schwester und meine beste Freundin in den Armen zu halten und zu wissen, dass ich sie erst mal für lange Zeit nicht sehen werde, ist hart. Aber als ich dann im Flugzeug sitze geht es mir gut. Ich habe es wirklich getan. Ich fliege los, ohne richtig zu wissen was mich erwartet. Ich spüre dieses Kribbeln im Bauch. Das habe ich immer wenn ich fliege. Nur das dieser Flug anders ist. Es geht von Köln nach Wien und von Wien nach Kosice. Ich schaue aus dem Fenster, sehe den blauen Himmel, die Sonne und die weißen Wolken, die es auf der Erde regnen lassen. Und bevor ich das Gefühl hatte, dass wir richtig oben sind, kommt auch schon die Ansage, dass nun der Sinkflug startet.