So, der Beitrag zu Woche 37 kommt direkt hinterher, damit ich endlich mal wieder auf dem aktuellen Stand bin.
Da auch diese Woche noch mündliche Abiturprüfungen stattfanden, war mal wieder alles anders als sonst. Das bedeutete für mich, dass ich Montags nur zwei Stunden Unterricht hatte, dafür aber schon morgens um 8. Das Besondere daran: Ich kannte keine der Klassen vorher, wusste nur, dass beide seit zwei Jahren Deutsch lernen und welche Themen sie haben. Umso überraschter war ich, wie gut die Stunden funktionierten. Ich fand es richtig schade, die Klassen nicht regelmäßiger zu sehen.
Da ich somit im Grunde um zehn Uhr schon Feierabend hatte, beschlossen meine Freundin und ich, den fast freien Tag für einen kleinen Ausflug zu nutzen. Es ging mit dem Bus nach Kroměříž, das ist bisher nur von einem Schulausflug kannte, bei dem wir aber außer einer Schule und einem kleinen Teil des Stadtzentrums nicht besonders viel gesehen haben. Nach dem zweiten Besuch kann ich jetzt sagen: es lohnt sich auf jeden Fall, Kroměříž einen Besuch abzustatten.
Nachdem der Bus uns direkt im Stadtzentrum ausspuckte, machten wir uns, nach einem kurzen Gespräch mit einer alten Dame, die uns erklärte, dass sie jetzt nach Hause laufen muss, weil sie ihre Brille vergessen hat und nicht weiß wann der Bus fährt (meine Hilfe wollte sie aber auch nicht), auf den Weg in Richtung Schloss.
Eigentlich wollten wir zuerst dem Blumengarten einen Besuch abstatten, ein verdrehtes Straßenschild führte uns dann aber zum Schlossgarten, der sich als ganz schöne Überraschung entpuppte. Nicht nur, weil er unglaublich weitläufig ist, sondern auch, weil wir plötzlich das Gefühl hatten, mitten in einem Zoo zu stehen. Vor uns liefen Pfauen frei über die Wiese (ich wusste bis dato auch nicht, dass Pfauen fliegen können, und zu unserer Linken fanden sich mehrere Gehege, in denen wir erst auf den zweiten Blick Affen entdeckten. Uns hätten definitiv die Pfauen gereicht, insbesondere, nachdem wir feststellten, dass die Gehege wirklich so klein sind wie wir vermuteten.
Nach einem ausgiebigen Spaziergang, auf dem wir noch weitere Pfauen auf Bäumen, Enten, Wasserratten und diverse andere Tiere entdeckten und schließlich mehr oder weniger souverän den Ausgang aus dem Garten fanden, machten wir uns auf die Suche nach etwas zu essen.
Gestärkt ging es dann weiter durch das Zentrum in Richtung Blumengarten, den wir dieses Mal dann auch fanden. In den Gewächshäusern und zwischen den hohen Hecken fühlte man sich tatsächlich, als hätte jemand die Zeit zurückgedreht und es würden gleich Postboten auf Pferden um die Ecke galoppieren oder Frauen in Ballkleidern ein Kaffeekränzchen halten.
Die einzige Enttäuschung waren die fehlenden Blumen. Scheinbar ist es Mitte Mai noch zu früh, die Beete zu bepflanzen.
Zurück in Brno machten wir uns nach einem kurzen Abstecher in den Supermarkt auf den Heimweg und ließen den Tag mit einem Filmeabend gemütlich ausklingen.
Am nächsten Tag hieß es nämlich schon wieder früh aufstehen, da auf mich meine nächsten Vertretungsstunden warteten. Erkenntnis des Tages: Zum Glück muss ich nicht regelmäßig einen Haufen 13 Jähriger unterrichten, die gerade ein Jahr Deutsch lernen und deren Namen ich absolut nicht kann. Gefühlt habe ich mich dabei nämlich wie in einem Zirkus.
Ein Ausgleich zu dieser chaotischen Stunde war dann das Treffen mit einer Schülerin am Nachmittag, die in einem Monat ihre C1 Prüfung ablegen will. Kommunikationsprobleme gab es da natürlich nicht und ich konnte mich von dem morgendlichen Stress ein wenig erholen.
Weniger schön war dann zu Hause die Erkenntnis, dass ich kein warmes Wasser mehr habe. Immerhin gab es überhaupt noch Wasser, sodass ich einfach darauf hoffte, dass sich das Problem bis zum nächsten Morgen in Luft aufgelöst hat.
Das war dann auch tatsächlich der Fall, sodass ich einigermaßen entspannt zur Schule gehen konnte, bevor ich mich am Nachmittag erneut mit einer Schülerin traf, die am Donnerstag ihr Deutsch-Abitur haben würde. Von dort aus hätte es eigentlich direkt zum Bahnhof gehen sollen, um meinen Bruder abzuholen, der mich besuchen kommen wollte. Da es allerdings wie immer Probleme mit der Deutschen Bahn gab und er somit seinen Anschlusszug verpasste, blieb mir noch ein wenig Zeit zum Verschnaufen.
Nachdem mein Unterricht am Donnerstag vorbei war, wollte ich mich eigentlich mit meinem Bruder, der am Vorabend dann doch irgendwann angekommen war, in der Stadt treffen, vorher erreichte mich dann aber die Anfrage einer Freundin, ob sie mit mir ein Interview für ein Schulprojekt machen könnte. Also trafen wir uns auf einen Eistee und ich machte zum ersten Mal die Erfahrung, wie es ist, interviewt zu werden (auch wenn unser Interview eher einem gemütlichen Gespräch mit ein paar Zwischenfragen ähnelte).
Im Anschluss traf ich mich dann aber endlich mit meinem Bruder und wir machten uns auf den Weg ins Café Mitte (in dem ich diesen Beitrag übrigens auch gerade schreibe) um dort Massi und Franta für die JDI-Vorbereitung zu treffen. So langsam nimmt zumindest das erste Thema (Online-Wahlen) Gestalt an. Auf das zweite Thema werden wir uns vermutlich spontan in Prag vorbereiten.
Nach einem kurzen Abstecher nach Hause beschlossen wir, in der Stadt etwas zu Abend zu essen und machten es uns schließlich auf dem Zelný trh gemütlich, bis es schließlich zu kalt wurde.
Am Freitag machte ich es mir dann zu Nutze, dass mein Bruder zu Besuch war und nahm ihn mit in den Unterricht, wo wir in Vorbereitung auf den anstehenden Schüleraustausch mit Stuttgart zuerst eine Stunde „Schwäbisch für Anfänger“ hielten. Hier mal ein kleiner Test: Wer weiß, was Herrgottsbscheißerle, Stäffele und ebbes sind? Die Auflösung gibt es dann nächste Woche.
Danach erklärte mein Bruder noch das deutsche Schulsystem und bekam das tschechische Schulsystem erklärt. Ich weiß nicht, wer am Ende verwirrter war.
Den Nachmittag verbrachten wir damit, ein bisschen Bummeln zu gehen und schließlich noch ein Eis zu essen, bevor für mich das absolute Highlight der ganzen Woche anstand: der Maturitní Večírek, also die Abiturfeier der 4.B, einer Abschlussklasse an Krenka. Nach einem sehr leckeren Essen, wurden den Klassenlehrer:innen Geschenke überreicht, wobei viel gelacht, die ein oder andere Träne verdrückt und mit einem Fußball ein paar Gläser abgeschossen wurden und schließlich gab es ein paar musikalische Einlagen. Ein selbstgedichtetes Lied über die Klasse und ein bisschen Volksmusik später (es wurde fleißig mitgesungen), war die Stimmung auf ihrem Höhepunkt, und wir lachten, sangen und tanzten zusammen, bis wir uns schließlich um kurz vor vier auf den Heimweg machten.
So schön der Abend auch war, so traurig war es auch, sich zum vielleicht letzten Mal zu sehen. Als schließlich die ersten Lehrer:innen gingen, wurde jede:r Einzelne mit tosendem Applaus und vielen Umarmungen verabschiedet und am Ende blieb nicht ein Auge trocken und viele lange Umarmungen später, fiel der Abschied immer noch nicht leichter. Vor einem Jahr hätte ich nie gedacht, dass mir Menschen innerhalb einer so kurzen Zeit so ans Herz wachsen können und dass es mir so schwer fallen wird, mich von ihnen zu verabschieden. So richtig lässt sich, das merke ich jetzt, die Stimmung an diesem Abend auch gar nicht in Worte fassen, aber ich werde mich mit Sicherheit noch lange daran erinnern.
Lange dauerte es auch, bis ich am nächsten Tag aufwachte, sodass wir gegen Mittag erst einmal einkaufen gingen, bevor mein Bruder und ich uns am Nachmittag noch auf den Weg nach Slavkov, auch bekannt als Austerlitz, machten. Zu unserer Überraschung fand dort eine Art Dorffest statt, sodass wir uns nicht nur das Schloss anschauten, sondern auch ein paar Mitbringsel fanden.
Am Abend stand dann ein weiteres spannendes Treffen an. Die nächste Freiwillige und die nächste DSD-Lehrerin waren zufällig beide gleichzeitig in der Stadt, sodass wir uns bei einem gemeinsamen Abendessen schon einmal kennenlernen konnten und Erfahrungen austauschten.
Auch am Sonntag trafen wir uns nochmal zum Frühstück, dieses Mal auch mit ein paar anderen Lehrkräften und bummelten schließlich gemeinsam ein wenig durch die Stadt.
Vorher hatte ich noch meinen Bruder zum Bahnhof gebracht, der leider schon wieder zurück nach Deutschland musste und ich nutzte die Zeit bis zum Frühstück, um endlich mal wieder joggen zu gehen. Ich werde das wohl ab jetzt öfter machen, so gut hat die Ruhe, die man an einem Sonntagmorgen am Fluss findet, getan.
Ein etwas seltsames Gefühl ist es allerdings schon, jetzt schon auf meine Nachfolgerin zu treffen. Es führt mir nochmal vor Augen, dass mein Jahr hier fast zu Ende ist. Ich freue mich aber in erster Linie, dass „meine“ Schule auch nächstes Jahr eine Freiwillige haben wird.
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