Ahoj zu einem neuen Eintrag über eine Woche, die definitiv ein zentrales Thema hatte: Die DSDII-Prüfungen. DSD, das steht für „Deutsches Sprachdiplom“ und II für das zweite Niveau B2/C1, auf dem diese Prüfung stattfindet. Alternativ kann man DSD aber auch als Abkürzung für „Du schaffst das!“ sehen – einen Satz, den ich in der letzten Woche wohl öfter gesagt habe, als bei meinen eigenen Abiprüfungen.
Denn nachdem der schriftliche Teil der Prüfung bereits im November stattfand, standen uns nun noch die mündlichen Prüfungen bevor und so kam es, dass ich nicht nur den vergangenen Samstag in der Schule verbrachte, sondern auch quasi die ganze letzte Woche.
Der Montag begann noch recht harmlos mit den letzten Vorbereitungen und Kontrollen (die Überschrift einer Präsentation von „SchLülerinnen“ zu „Schülerinnen“ zu ändern und ähnliche beinahe Katastrophen verhindern), sodass es dann pünktlich um 13 Uhr mit der ersten Prüfung losgehen konnte. Neben der vorbereiteten Präsentation, die von Themen wie „Sollte es auf deutschen Autobahnen ein Tempolimit geben?“ bis „gentechnisch veränderte Organismen – soll es für sie in der EU einen größeren rechtlichen Spielraum geben?“ reichten (die Schüler:innen haben wohlgemerkt nur fünf Minuten Zeit, dieses Thema zu präsentieren), müssen sie auch einen 3-5 minütigen Kurzvortrag halten, dessen Thema sie erst 20min vorher erfahren. Auch hier reichte die Bandbreite an Themen von „Musik“ über „Drohnen“ bis hin zu „Leistungsgesellschaft“.
Und so kam es, dass ich den Montagnachmittag, Dienstag, Mittwochnachmittag und schließlich auch den Donnerstagnachmittag beinahe komplett im vierten Stock der Schule – unserer „DSD-Welt“- verbrachte, ständig damit beschäftigt, Schüler:innen zu beaufsichtigen, Wassergläser aufzufüllen, Themen auszuteilen, „Viel Erfolg“ zu wünschen, ganz fest die Daumen zu drücken, Präsentationen für den nächsten Tag den letzten Feinschliff zu verpassen, Fragen der Schüler:innen, die erst später dran waren zu beantworten, gut zuzureden, zu trösten und aufzumuntern wo es nötig war, mich zu freuen, wenn eine Prüfung gut lief und vor allem ganz ganz viel mitzufiebern.
Die letzte Prüfung des Tages konnte ich mir immer anschauen und so kam es, dass ich vier Prüfungen hautnah miterleben durfte und mir vor lauter mitfiebern beinahe die Lippe blutig biss. Besonders mitgefiebert habe ich natürlich bei den Schüler:innen, mit denen ich im Vorfeld besonders viel geübt hatte und umso glücklicher war ich zu sehen, wie die meisten von ihnen zu Höchstformen aufliefen und problemlos das Niveau C1 erreichten.
Am Donnerstag stand dann die Ergebnisverkündung an und so machte ich mich nach meiner letzten Unterrichtsstunde schnellstmöglich wieder auf den Weg in die DSD-Welt, wo mich schon aufgeregtes Stimmengewirr und eine Anspannung, die beinahe greifbar war, erwarteten.
Zum Glück lies die Ergebnisverkündung nicht lange auf sich warten, sodass sich die Anspannung zunehmend in ausgelassene Freudenrufe, Glückwünsche und erleichtert strahlende Gesichter verwandelte. Situationen, wegen denen man vor ein paar Minuten noch ängstlich um das Bestehen der Prüfung gebangt hatte, wurden nun lachend erzählt und wir standen noch lange beisammen und tauschten uns über die Prüfungssituation, die Aufgaben, Fragen und schlussendlich die Erleichterung, bestanden zu haben aus, bis es uns unter dem mäßig gut isolierten Dach der Schule schließlich zu kalt wurde und die Schüler:innen sich auf den Heimweg oder direkt auf den Weg in eine Kneipe (wer weiß) machten.
Neben der unglaublichen Freude darüber, dass fast alle Schüler:innen bestanden haben, der Großteil sogar mit C1 und dem Gefühl von Stolz und Bewunderung, das mich jedes Mal überkommt, wenn ich daran denke, dass die Schüler:innen gerade mal vier oder sechs Jahre Deutsch lernen, schwingt auch ein bisschen Wehmut mit. Die Kommunikationsstunden sind nun natürlich vorbei und auch im Unterricht der Abschlussklassen werde ich jetzt nicht mehr so sehr gebraucht. Ich ertappe mich dabei, wie ich nach Möglichkeiten suche, mich in diesen Klassen doch noch nützlich zu machen, denn die Schüler:innen, mit denen ich sehr viel enger zusammengearbeitet habe, als mit den meisten anderen (das merke ich schon allein daran, dass ich in diesen Klassen von den meisten den Namen kann), sind mir doch ganz schön ans Herz gewachsen, besonders aufgrund der offenen und herzlichen Art, mit der sie mich empfangen haben.
Jetzt habe ich aber wirklich genug in Erinnerungen geschwelgt (wie soll das denn erst werden, wenn in weniger als sechs Monaten *Ahhhhhh!* die Sommerferien beginnen?), denn der zweite Teil der Überschrift will ja auch noch gebührend erläutert werden.
Kurzer Einschub an dieser Stelle: Den Freitag habe ich weitestgehend in einer Trance aus Müdigkeit und Erschöpfung verbracht, sodass definitiv nichts Nennenswertes passiert ist, außer, dass ich um 20 Uhr hundemüde über meinem Buch eingeschlafen bin (das ist mir noch nie passiert).
Die 17 000 Schritte dagegen, sind im Laufe des Samstags und Sonntags zusammengekommen (wohlgemerkt zwei Mal 17 000 Schritte).
Denn am Samstagmorgen war ich für einen Brunch mit Antonie verabredet, die ich seit Weihnachten nur einmal kurz im Unterricht gesehen hatte. Wir hatten uns also viel zu erzählen und so kam es, dass die Zeit über den besten „Livancen“, die ich je gegessen habe (ich übertriebe nicht!) und einer Tasse Kaffee viel zu kurz war und wir uns kurzerhand auf einen Spaziergang bei schönstem Sonnenschein machten, der uns durch eines der schönsten Wohnviertel Brnos, vorbei an der Villa Tugendhat, bis zu einem Viertel führte, in dem ich bisher noch nie war.
Zufall oder Schicksal, auf jeden Fall führten uns unsere spontanen Entscheidungen an jeder Kreuzung (lass uns doch hier links/rechts/geradeaus gehen) zu einem weiteren Café, dessen Name „Industra“ nicht von ungefähr kommt, sondern definitiv in dem verlassenen Industriegelände begründet liegt, in dem das Café sich befindet.
Bei der zweiten Tasse Kaffee des Tages tauschten wir weitere Neuigkeiten aus, schimpften auf die (tschechische) Politik, die Coronasituation (besonders gerne die Kombination aus beidem: Krisenmangagement der Regierungen) und lachten herzlich über den Anruf meines Bruders: „Amelie – unsere Katze sitzt auf deinem Schrank und will runter, schafft es aber nicht alleine und will sich nicht runterheben lassen. Was mache ich jetzt?“ Eine Situation, die tatsächlich gar nicht so einfach zu lösen ist, wie man vielleicht zunächst denkt, wenn es sich bei der Katze um einen zwölfjährigen Kater handelt, der sein fortgeschrittenes Alter und damit einhergehende Gelenkprobleme immer erst dann bemerkt, wenn er schon irgendwo hochgeklettert ist. Keine Sorge: er ist inzwischen wieder wohlbehalten auf dem Boden angekommen (hoffentlich bleibt er da auch erstmal).
Unsere Erkundungstour war aber noch nicht vorbei und so folgten wir dem Fluss „Svitava“ über verlassene Schienen, die mittlerweile zum Fußweg umfunktioniert wurden, vorbei an leerstehenden Fabrikgebäuden (Brno wurde auch „Moravian Manchester“ – also „mährisches Manchester“ genannt, dass durch den zweiten Weltkrieg, Vertreibungen und schließlich den Kommunismus allerdings an Strahlkraft verlor), bis fast zum Stadtrand, immer fasziniert von der Nähe zum Zentrum, bis wir uns schließlich – die Sonne näherte sich immer schneller dem Horizont – auf den Rückweg machten.
Angekommen in der Schule, machten wir es uns auf den Stufen des Schulflurs bequem und tauschten die Weihnachtsgeschenke aus, die wir die letzten Stunden und 17 000 Schritte lang mit uns herumgeschleppt hatten, bevor wir uns schließlich endgültig auf den Heimweg machten.
Der Sonntag brachte ein Treffen mit einer ehemaligen kulturweit-Freiwilligen, die 2015 ihren Freiwilligendienst absolvierte und gerade mit ERASMUS in Prag studiert. Gemeinsam mit ihren Mitbewohnerinnen wollte sie Brno besuchen und dank sozialer Medien war der Kontakt schnell hergestellt. Bei einer gemütlichen Tour durch die Stadt, dem Besuch einer kleinen Kunstaustellung und einem Kaffee im Café „Mitte“ wurden allerlei Erfahrungen über den Freiwilligendienst, Tschechien und das Leben im Ausland im Allgemeinen ausgetauscht, bevor wir uns für den Abend in einer Bar verabredeten.
Diesen verbrachten wir bei weiteren Gesprächen, Würfelspielen und dem ein oder anderen Getränk, bis ich mich schließlich, getrieben von dem Wissen, morgen unterrichten zu müssen, notgedrungen auf den Weg nach Hause machte, wo mir ein Blick auf mein Handy das bestätigte, was meine Füße mich schon vermuten ließen: ich hatte erneut 17 000 Schritte zurückgelegt.
All die anderen kleinen und dennoch erwähnenswerten Dinge, die normalerweise definitiv in meinem Wochenrückblick vorgekommen wären, müssen zugunsten der Länge des Textes dieses Mal unerwähnt bleiben, vielleicht findet das ein oder andere aber seinen Weg in den nächsten Eintrag.
Bis dahin: „Měj se hezky!“
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