Ahoj!
Normalerweise fasse ich ja immer Montag bis Sonntag in einem Eintrag zusammen und veröffentliche diesen dann am Montag, da nächste Woche allerdings das Zwischenseminar stattfindet und ich dieses in einem Blogeintrag zusammenfassen möchte, habe ich beschlossen, diesen Eintrag ausnahmsweise schon am Sonntag zu schreiben.
Apropos Zwischenseminar, ich kann kaum glauben, dass es jetzt schon soweit ist. Ich erinnere mich noch, wie wir uns in der Homezone während des Vorbereitungsseminars darüber unterhalten haben, dass wir uns ja vielleicht ERST beim Zwischenseminar wiedersehen. Jetzt fühlt es sich eher an wie SCHON. Ich freue mich schon darauf, mich mit den anderen Freiwilligen austauschen zu können, von ihren Erfahrungen und Erlebnissen zu hören und wieder voll und ganz in die kulturweit-Community abzutauchen.
Mehr dazu aber in meinem nächsten Eintrag, jetzt geht es erstmal um die vergangene Woche.
Wenn ich in den letzten Tagen gefragt wurde, wie ich mich fühle, dann habe ich meistens mit „wie auf einem sinkenden Schiff“ geantwortet. Warum? Wegen Corona, oder genauer gesagt wegen der völlig unkontrolliert steigenden Inzidenz, von der natürlich auch meine Schulen nicht verschont bleiben. Hatten wir vor einer Woche noch eine Inzidenz von 660 (was schon schlimm genug ist), sind wir jetzt bei 929 angekommen und es ist keine Besserung in Sicht.
Ich hatte in den letzten Wochen mehr Kontakt zu positiv getesteten Menschen als ich es in Deutschland je hatte. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es unter den Jugendlichen noch mehr Ungeimpfte gibt, als sowieso schon in der Bevölkerung. Ich persönlich bin mehr als dankbar für meine Impfung, denn ohne hätte ich mich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon infiziert. So bin ich bis jetzt immer mit einem blauen Auge davongekommen, merke aber, wie die Pandemie den Schulalltag zunehmend bestimmt. Eine Klasse nach der anderen muss zumindest teilweise in Quarantäne, Lehrkräfte fallen aus und generell scheint die Lage um mich herum völlig außer Kontrolle geraten zu sein, daher auch die Schiffsmetapher. Anders als die Passagiere auf einem sinkenden Schiff sind hier allerdings noch alle recht ruhig, was mich zum einen besorgt, gleichzeitig aber auch ein stückweit beruhigt.
Nachdem ich bereits in der vergangenen Woche eine Stunde mit Schüler:innen in Präsenz und gleichzeitig online unterrichtet hatte, sprang ich am Montag dann spontan für einen Lehrer ein, der vor der Stunde positiv getestet wurde. Hier habe ich neben der zunehmend kritischen Coronalage auch gemerkt, wie sehr sich meine Einstellung zum Unterrichten seit Beginn meines Freiwilligendienstes schon verändert hat. War ich damals noch vor jeder Stunde ein wenig nervös und hätte bei dem Gedanken, innerhalb von 10 Minuten Unterricht für eine Klasse vorzubereiten, die ich kaum kenne, wahrscheinlich Schweißausbrüche bekommen, gehe ich mit solchen Situationen zunehmend entspannter um und das Unterrichten an sich ist längst zur Gewohnheit geworden.
Dienstags verlief der Tag dann verhältnismäßig ruhig, abgesehen davon, dass eine Lehrerin Geburtstag hatte und in ihrem Kabinett kräftig gefeiert wurde. Inzwischen verstehe ich bei Unterhaltungen auf Tschechisch sogar schon recht häufig, worum es geht. Ich bin noch meilenweit entfernt davon, Einzelheiten zu verstehen, geschweige denn mich an der Unterhaltung beteiligen zu können, aber allein das Thema des Gesprächs zu verstehen, erfüllt mich schon ein wenig mit Stolz.
Am Dienstag durfte ich außerdem feststellen, dass Coronatests hier, im Gegensatz zu Deutschland, nicht ganz so billig sind. Wenn man aber, wie ich, Kontakt zu einer positiven Person hatte und sich daher vor der Schule testen sollte, kommt man nicht wirklich darum herum und ist für 5 Tests schnell mal 20€ los.
Nachdem der Test so wie alle vorherigen und folgenden Tests dann aber negativ war, konnte ich Abends guten Gewissens zum Rollschuhlaufen gehen. Die Fortschritte sind ähnlich wie in der Sprache. Erkennbar, aber noch nicht gravierend.
Mittwoch war dann der dritte Feiertag seit ich hier bin, was für mich wieder einmal schulfrei bedeutete. Den Tag habe ich für das Fertigstellen der Erstattungsformulare für kulturweit und ein ausführliches Telefonat mit einer Freundin genutzt. Tatsächlich habe ich nicht so sehr das Gefühl, zu Hause den Anschluss zu verlieren, wie ich ursprünglich befürchtet hatte. Richtig zeigen wird sich das natürlich erst, wenn ich wieder zurück in Deutschland bin, aber es ist dennoch ein gutes Gefühl, auf dem Laufenden zu sein.
Außerdem stand mir am Mittwoch ein erneutes eher unerfreuliches Milcherlebnis bevor. Dieses Mal ging es aber nicht um schlechte Milch, sondern darum, dass ich versehentlich statt Milch etwas gekauft hatte, was sich am ehesten als vergorene Molke beschreiben lässt. Kurz gesagt, es schmeckt und riecht wie schlechte Milch und es ist mir ein Rätsel wie jemand das absichtlich kaufen kann. Meine Pfannkuchen litten dann auch ein wenig unter der seltsamen Konsistenz dieser „Milch“. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich nicht die erste und sicherlich auch nicht die letzte Freiwillige bin, der das passiert. Es scheint zu einem Freiwilligendienst in Tschechien einfach dazuzugehören.
Der Donnerstag war dann der mit Abstand anstrengendste Tag der Woche. Nach meinen regulären Unterrichtsstunden, die trotz der großen Anzahl fehlender Schüler:innen (Krankheit, Quarantäne und vieles mehr) anstrengend waren, stand zunächst die erste „Internationale Deutschsprechstunde“, kurz IDSS an. Dabei treffen sich kulturweit-Freiwillige online mit Deutschlernenden aus der ganzen Welt. Die erste Stunde fand mit Schüler:innen aus Usbekistan, China und Bulgarien statt.
Bevor es dann Abends für mich in Runde zwei und drei mit Schülerinnen aus Russland, Argentinien und Chile ging, stand aber noch ein weiteres Event an: Ein Interview, dass die DSD-Schüler:innen meiner Schule mit der Besitzerin des Herrenberger Unverpacktladens, welcher in der Nähe meines Heimatortes ist, durchführten. Dabei stellten sie durchaus interessante Fragen und ich war sehr beeindruckt, dass sie auch komplizierte Zusammenhänge verstanden.
Allgemein ist es aber ein total skurriles Gefühl, an einem Tag mit Menschen aus der ganzen Welt zu sprechen und ich freue mich schon auf die nächsten IDSS Stunden.
Freitags war ich dann auch entsprechend müde, die Energie reichte aber noch, um einer Lehrerin die kleinen „Viel Erfolg!“-Wünsche zu geben, die ich für die Prüflinge gebastelt hatte, sodass diese sie bei der Prüfung verteilen kann.
Außerdem fand auch die letzte Konversationsstunde vor der Prüfung statt und es waren überdurchschnittliche viele Prüflinge da. Auch wenn man in einer Stunde natürlich nicht mehr viel reißen kann, hoffe ich trotzdem, dass ihnen die Stunden im Allgemeinen geholfen haben und der oder die ein oder andere vielleicht auch die Quizlets nutzt, die ich erstellt habe.
Samstags traf ich mich zum Frühstücken noch ein letztes Mal mit Antonie, bevor diese für ihr Praktikum nach Stuttgart aufbricht. Es ist ein etwas seltsames Gefühl, dass jetzt plötzlich „meine“ Schülerinnen in meiner Heimat sind und ich hier in ihrer.
Außerdem habe ich Briefmarken gekauft, was sich aufgrund fehlender Englischkenntnisse bei den Postmitarbeiter:innen als ein kleines Abenteuer entpuppte, das damit endete, dass ich jetzt noch eine 45Kc Marke übrig habe, da der Mitarbeiter bei dem ich den Brief dann aufgeben wollte, der Meinung war, die Mitarbeiterin bei der ich die Marken gekauft hatte, habe mir zu viele Marken verkauft. So kompliziert wie dieser Satz war, war auch das Absenden der Briefe und ich hoffe, dass ihr Reise ereignisloser verläuft.
Mittags kam dann Rosina, die auf ihrer Fahrt zum Zwischenseminar bei mir einen Zwischenstopp machte. Gemeinsam haben wir dann einen Markt im Stadtzentrum unsicher gemacht, der sich als eine wahre Schatzkiste voller potenzieller Weihnachtsgeschenke entpuppte. Das und die Straßenmusik, die Straßenbeleuchtung eine Parade und nicht zuletzt das Christbaumstellen versetzten uns in richtige Vorweihnachtsstimmung und nachdem wir auch noch abgebrochene Zweige des Weihnachtsbaums ergatterten, die sich prima als Deko eignen, waren wir in Hochstimmung.
So schön wie dieser Tag endete, verläuft hoffentlich auch die nächste Woche, eine Woche in der ich dem „sinkenden Schiff“ zumindest vorübergehend entfliehen kann und sicherlich viele neue Dinge erlebe, von denen ich dann nur allzu gerne hier berichten werde.
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