Vor dem Zugfenster ist Schlammwüste. Wir starren nach draußen. Ölpumpen, Raffinerien, Kraftwerke und in der Ferne rostbraune Bohrinseln auf dem Kaspischen Meer. Die anderen Zuggäste schließen ihre Gardinen und öffnen sie erst, als Felder und Dörfer den Stahl und Berge das Wasser verdrängen. Granatäpfel hängen an den Bäumen und Männer stehen in den Türen. Der Zug fährt nur einmal am Tag. Mittags kommen wir in Ganja an. Die Stadt putzt sich nicht für uns heraus, es gibt keine ausländischen Touristen. Wir finden am frühen Abend unseren Lieblingsort in der zweitgrößten Stadt Aserbaidschans. Bei einem Spaziergang durch eine ruhige Siedlung sehen wir am Ende einer Sackgasse die Ruine einer Kirche. Kein Tourist kommt hier hin, das ist direkt klar. Die Kirche steht hier nicht, weil sie älter als das Land ist oder weil ihre Geschichte von einer vergessenen Kultur erzählt. Sie steht hier, weil sie bis jetzt niemandem im Weg stand. Ein Gaszähler des Nachbarhauses ist in die Ziegelfassade gehämmert worden. Die Fenster sind zugemauert. An beiden Seiten haben Nachbarn eine Mauer bis an die Kirche gezogen, um ihr Grundstück zu sichern. Durch ein Loch in der Kirchenmauer sehen wir Müll und Schutt. Zwei kleine Mädchen sitzen kichernd am Nachbarhaus. Sie laufen lachend weg, als ich ihnen zuwinke.
Viele Grüße von Henri
Mir gefallen deine Beiträge sehr gut, Henri. Vielen Dank.
Das freut mich. Dankeschön.
Hallo Henri, vielen Dank für deine schönen Geschichten aus Aserbaidschan! Freue mich immer, wenn ich hier etwas Neues von dir finde. Im nächsten Eintrag erzählst du uns dann hoffentlich von Viktor Klein. 😀