In der Gischt

Es ist Juli und damit habe ich einen kleinen, privaten Vorsatz gebrochen: jeden Monat einen Blog-Artikel hochzuladen. Das Problem des Junis war aber, dass nichts passiert war, was einen eigenen Artikel gerechtfertigt hätte. Vielmehr war der Monat ein Sammelsurium kleiner Erlebnisse, wie der Besuch mehrere Konzerte, der Vorstellung eines ins Spanische übersetzten Gedichtbandes der deutschsprachigen Dichterin Özlem Özgül Dündar und kurzen Abstechern nach Colonia, Piriápolis oder Buenos Aires. Jetzt, im Juli, haben wir aber noch eine letzte Reise gemacht, die ihren eigenen Beitrag wert ist.

Am Samstag in aller Früh ging es erst mit dem Bus nach Colonia und von dort mit der Fähre nach Buenos Aires – mal wieder. Am Fährterminal wurden Kenza und ich von Nora abgeholt und gemeinsam fuhren wir in den Ecoparque, der sich auf dem ehemaligen Zoogelände befindet und heute weiterhin einige Tiere wie Bisons, Giraffen oder Vicuñas beheimatet. Wir trafen uns dort mit einer kulturweit-Freiwilligen aus Buenos Aires und, überraschenderweise, auch mit einem anderen Uruguay-Freiwilligen, der just an diesem Wochenende in der Stadt war.

Nachdem wir uns die Tiere angeschaut hatten, gingen wir gemeinsam essen, bevor es für Kenza, Nora und mich an den Flughafen ging, von wo aus wir nach Puerto Iguazú im Nordosten Argentiniens, direkt an der brasilianischen Grenze, flogen. Selbstverständlich hatten wir uns dorthin aufgemacht, um die Iguazú-Wasserfälle zu sehen, die, je nachdem, welches Naturmagazin man fragt, die größten oder zweitgrößten Wasserfälle der Welt sind.

Man kann die Wasserfälle sowohl von der argentinischen als auch von der brasilianischen Seite aus besichtigen und am besten ist es, beides zu tun. Für unseren ersten Tag nahmen wir uns die brasilianische Seite vor und überquerten mit dem Bus die Grenze (argentinische Grenzstation – Ausreise – zweihundert Meter weiterfahren – brasilianische Grenzstation – Einreise) und fuhren bis zum Parkeingang. Dort ging alles sehr geordnet zu: Den Parkeintritt kaufte man am Selbstbedienungsschalter und dann reihte man sich in die Schlange ein, die zu den Bussen in Richtung Wasserfälle führte. Ab der Bushaltestelle wanderten wir dann am Hang entlang, immer mit Blick auf die verschiedenen Wasserfälle, denn in Iguazú fällt das Wasser nicht nur an einer Stelle, sondern an einer Vielzahl von größeren und kleineren Steilwänden. Die brasilianische Seite ist hierbei die Panorama-Seite, von wo aus man auf die Fälle blickt, die sich über mehrere Stufen und Plateaus in die Tiefe stürzen.

Wer sich jetzt bei Wasserfällen in Brasilien fröhlich-tropische Hitze und Sonnenschein vorstellt, den muss ich enttäuschen, denn wir waren wohl am kältesten Wochenende des Jahres in Iguazú, nämlich bei kühlen 11° C und Regen. Blieben wir auf der Wanderung nur angefeuchtet, waren wir spätestens nach dem größten Wasserfall, der Garganta del Diablo (Teufelsschlund) vollkommen durchnässt, denn hier trieb der Wind einem das herabfallende Wasser in einem Schwall entgegen. Nass und kalt wie waren, entschieden wir uns gegen einen Besuch im Vogelpark, sondern fuhren hinein nach Foz do Iguaçu, wo wir einer klassischen brasilianischen Sonntagstätigkeit nachgingen: Wir gingen in die Mall.

Am nächsten Tag war dann die argentinische Seite dran. Wieder nahmen wir den Bus zum Nationalpark, der besonders im Eingangsbereich mehr wie ein Freizeit- als ein Nationalpark erschien. Auf der argentinischen Seite kann man entlang mehrerer (Rund-)Wanderwege nah an die Wasserfälle heranwandern und von oben auf das herabstürzende Wasser blicken.

Neben den Wasserfällen sind hier noch die südamerikanischen Nasenbären eine Besucherattraktion, die ohne Scheu sich in die Menschenmassen stürzen, besonders wenn sie Nahrungsmittel wittern. Obwohl auf vielen Schildern darauf hingewiesen wird, dass man die Tiere weder füttern noch anfassen soll, gibt es dennoch genug Besucher:innen, die sich nicht daran halten: Dann kann es aber passieren, dass so ein Nasenbär den Rucksack vom Tisch fegt oder den Burger klaut.

Neben Nasenbären wollten wir auch gerne Tukane sehen, hatten aber tagsüber kein Glück (dafür sahen wir sehr spektakuläre Kappenblauraben). Wir hatten schon fast die Hoffnung aufgegeben (gemeinsam mit der Hoffnung, den Park wieder zu verlassen, denn kurz vor Schließung waren die Wege wie ausgestorben, der Weg zum Ausgang nur sehr schlecht ausgeschildert und wir irrten ein wenig umher), als doch noch ein Tukan durch die Bäume flog und sich, gemeinsam mit drei oder vier anderen auf einer Baumkrone niederließ. Wir fanden auch noch den Ausgang und konnten zurück nach Puerto Iguazú fahren, wo wir mexikanisch essen gingen.

Am nächsten Tag hatten wir morgens noch ein wenig Zeit, weshalb wir zum Drei-Länder-Eck zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay liefen und Paraguay immerhin aus der Ferne sehen konnten.

Am frühen Nachmittag ging es dann mit dem Flieger wieder zurück nach Buenos Aires und dann mit einer verspäteten Fähre weiter nach Colonia, bis wir spät in der Nacht wieder in Montevideo angekommen waren.