Der letzte Monat ist rasend schnell vergangen. Ich bin umgezogen, habe Gesellschaft bekommen und war mal wieder in Córdoba und Rosario.
Seit März hat meine Einsatzstelle zum ersten Mal zwei Freiwillige. Da es auch hier im kleinen Villa General Belgrano sehr schwierig ist, eine Unterkunft zu finden, haben die neue Freiwillige und ich kurzerhand eine WG gegründet. Dazu bin ich Anfang März in ein größeres Haus umgezogen. Einen halben Monat wohnte ich hier allein, dann war es natürlich sehr schön, Gesellschaft zu bekommen. Nun können wir vielleicht auch gemeinsam Projekte starten, obwohl zurzeit auch ziemlich viel im Büro zu tun ist.
Die Ankunft der neuen Freiwilligen hat mir noch etwas anderes gezeigt: wie viel Zeit hier doch schon vergangen ist und wie viel ich schon erlebt und über Argentinien gelernt habe. Außerdem hat es mich ein bisschen an meine ersten Tage erinnert. An die Wochen, in denen noch alles neu war. Allerdings bemerke ich auch, wie viele unterschiedliche Herangehensweisen, abhängig von der Persönlichkeit, es an das Projekt FSJ im Ausland gibt.
Mir zum Beispiel fällt es immer wieder schwer, auf Unbekannte zuzugehen und lange Gespräche zu führen. Diese Eigenschaft ist natürlich nicht sehr vorteilhaft, wenn es darum geht, eine Sprache zu lernen. Mein Hörverstehen ist also schon ziemlich gut, denke ich. Dagegen ist es für mich oft noch schwer, für längere Monologe die richtigen Worte zu finden. Extrovertierteren Menschen scheint es hingegen viel leichter zu fallen, eine neue Sprache schneller zu lernen, wenn sie häufiger einfach drauflosreden können, ohne alles zu zerr denken. Am Anfang habe ich mich deshalb ziemlich unter Druck gesetzt, schließlich wollte ich doch nach Südamerika, um richtig Spanisch zu lernen. Noch erschwerend kommt hinzu, dass es bei uns in der Nähe weder eine Universität, noch Theater, Kino oder große Museen mit Angeboten gibt, bei denen man einfacher Leute kennenlernen könnte. Doch auf meiner Reise in den Sommerferien hatte ich während langer Tageswanderungen ohne Empfang viel Zeit zum Nachdenken und bin zu dem Schluss gekommen, dass es doch in so einem Gab-Year vor allem darum geht, eine gute Zeit und eine Verschnaufpause zwischen zwei anstrengenden und extrem herausfordernden Lebensabschnitten zu haben. Und so hat es auch seine Vorteile, auf dem Dorf zu leben: Die frische Luft, die kurzen Wege, die Sicherheit und die viele Natur sind doch sehr gut für eine rastlose Seele.
Oje, vielleicht klang das etwas zu poetisch … jetzt geht’s erstmal weiter mit ganz handfesten Erlebnissen.
Über die Osterfeiertage war ich in Rosario, die drittgrößte Stadt Argentiniens. Hier gab es eine Menge zu entdecken: Kunstmuseen, ein gewaltiges Monument der Nationalflagge, ein Aquarium, und ein Planetarium mit Teleskop – mitten in der hellen erleuchteten Stadt.
Anders als in Deutschland gibt es hier leider keine längeren Osterferien. Stattdessen nur einen freien Gründonnerstag und Karfreitag. Da musste ich mich also mit einer mini Reise begnügen. Da die Fahrt von Córdoba nach Rosario am Donnerstagvormittag nur halb so viel gekostet hat wie ein zeitigerer Bus oder eine Direktfahrt von VGB aus, kam ich erst am Donnerstagnachmittag in Rosario an. Die Stadt liegt ungefähr zwischen Córdoba Capital und Buenos Aires. Ca. fünf Stunden dauert eine Fahrt dahin. Busfahrten tagsüber finde ich eigentlich ganz entspannt, man kann die Landschaft bewundern und Podcast oder Musik hören. Dabei besteht die Gegend um die Ruta 9 herum, die Córdoba und Rosario verbindet, aus grünen Wiesenlandschaften mit ein paar Bäumen zwischendurch. Wären die Schilder blau statt grün gewesen, hätten wir demnach auch über eine Autobahn in Deutschland fahren können.
In der Millionenstadt ging ich natürlich als Erstes an den Rio Paraná. In Rosario ist er bis zu 2,5 km breit! Und es führt eine lange Promenade am Fluss entlang. Da gerade Feiertage waren, gab es eine Menge lose Stände und Märkte. Hier verkaufen Leute selbstgemachte Sachen, Bücher und Essen. Es gab auch den ziemlich großen Second-Hand-Kleidungsmarkt „El Roperito“, aber meine Reisetaschen sind ja schon ziemlich gut gefüllt. Ebenfalls an dem Fluss gibt es ein großes städtische Aquarium mit Fischen des Paraná. Das war sehr faszinierend und auch noch kostenlos. Des Weiteren gibt es eine Menge Parks und Museen. Besonders gefallen hat mir der Parque de la Independencia, in diesem Park gibt es unter anderem einen kleinen See, einen Rosengarten und gleich drei Museen.
Rosario ist übrigens der Geburtsort von Ché Guevara! Trotzdem habe ich nicht so wirklich ein Museum gefunden. Allerdings ist Ernesto als Kind nach Alta Gracia gezogen, weil ihm die schmutzige Stadtluft aufgrund seines Asthmas nicht so gut bekommen ist.
Was bei meinem Besuch in Rosario natürlich nicht fehlen durfte, war ein Abend im Astronomie Komplex, bestehend aus einem Planetarium und einem Teleskop. Sowohl das kleine Teleskop als auch der Projektor wurden von Carl Zeiss hergestellt, erzählte mir der Astronom, der die Führungen für die Öffentlichkeit machte. Aufgrund der Beschriftungen am Teleskop könne er jetzt auch ein bisschen deutsch, meinte er mit einem Schmunzeln. Doch als ich dort war, hatte ich natürlich keine Augen für Beschriftungen, denn der Tubus war auf den Orionnebel gerichtet.