Meine Gedanken der letzten paar Wochen verschwimmen langsam. Sie werden zu nicht mehr als einer Sequenz von zu schnell abgelaufenen Ereignissen. Vor etwas mehr als einem Monat war ich noch auf einer kleinen Farm in der Mitte vom Nirgendwo in New York. Nun bin ich am anderen Ende der Welt. Manchmal ist es schwer, es zuzugeben, aber insgeheim habe ich immer gehofft, hierherzukommen, in die Mongolei.
Ich glaube, meine ursprüngliche Scheu davor, zu sagen, dass ich in die Mongolei gehe, rührt daher, dass in Deutschland der Begriff “Mongolei” ein Wort ist, dessen eigentliche Bedeutung oftmals schwer zu erfassen ist. Natürlich gibt es ab und zu Leute, die von der endlosen Steppe, den Jurten, den Nomaden und Dschingis Khan gehört haben. Mit etwas Glück sagt der Name “Ulaanbaatar” auch noch jemandem etwas. Aber viel mehr als der Name der Stadt ist den meisten Leuten auch nicht bekannt. Die supermoderne Stadt, welche das Herz des Landes bildet, wird oftmals übersehen. Wie kann man dies auch irgendwem verübeln, wo es doch tausende von Städten weltweit gibt. Zu viele, um sie alle mit Namen zu kennen. Das eigentliche Problem liegt darin, dass Leuten nicht bewusst ist, was sich innerhalb dieser Stadt befindet. Die riesigen Malls, die Märkte und die mit Unmengen an Autos, die trotz eigentlichem Rechtsverkehr oftmals auch Lenkräder auf der linken Seite haben, gefüllten Straßen. Es ist schwierig, Menschen die moderne, globalisierte Seite der Mongolei zu zeigen, wo doch das in Deutschland verbreitete Bild des Landes oftmals so anders ist.
Ich habe das Glück, die letzten zwei Jahre in einer unglaublich diversen Gemeinschaft gelebt zu haben, in der Leute oftmals mehr als nur die gängigen Stereotype über andere Länder kannten. In Deutschland ist dies allerdings oftmals nicht der Fall, schließlich ist unsere Bildung trotz allem auf Europa fokussiert. Dementsprechend waren auch die Reaktionen, die ich erhalten habe, als ich Leuten erzählt habe, dass ich in die Mongolei gehe, mehr als durchmischt. Manche haben sich gefreut, aber andere reagierten besorgt und leicht befremdet. Es gab Leute, die keinen Sinn in meiner Entscheidung finden konnten.
Es ist schwierig, Leute zu überzeugen, dass das Bild, welches sie ihr ganzes Leben lang von einem Land gehabt haben, fehlerhaft ist. Insbesondere wenn man selbst nie in besagtem Land war. Natürlich kann man sie mit Fakten und Bildern aus dem Internet überschütten, aber man kann ihnen nicht persönlich das Gegenteil beweisen. Man hat keine persönlichen, emotionalen Erlebnisse aufzuweisen, welche ihnen das Gegenteil aufzeigen. Menschen glauben nicht immer an Vernunft, wir brauchen emotionale und instinktgesteuerte Geschichten und nun, da ich hier bin, kann ich diese endlich vorweisen. Ich kann meine eigene Geschichte über die Mongolei erzählen, voller Ungewissheit, aber auch voller Glück und freudigen Geschehnissen.