Es gibt kein schlechtes Wetter, nur das, was man daraus macht

Die letzten Tage hingen Nebel und dicke Regenwolken über Riga wie ein grauer Schleier. Irgendwie schien es, als würden die Dächer Rigas ihn festhalten und nicht loslassen wollen. Und wie mir ein Blick auf die Wettervorhersage verriet, sollte sich das auch nicht so schnell ändern. Die Sonne fehlt mir!

Aber trotz des regnerischen Wetters waren die letzten Tage eher von guter Laune, als von Trübsal blasen, geprägt. Den einen Tag begleitete ich Sarah in ihre Schule, dem Staatlichen Deutschen Gymnasium Riga. Es war für mich das erste Mal, dass ich das Riga hinter der Daugava (Düna) kennenlernte. Eigentlich wollten wir dort auf einen kleinen Food-Markt in der Nähe gehen, doch wie sollte es anders sein. Corona machte uns auch hier einen Strich durch die Rechnung, denn er war geschlossen. Auf dem Rückweg ins Zentrum lernten wir dafür die nicht sehr angenehme, rasante Fahrweise der lettischen Busfahrer kennen :/ Als wir dann leicht genervt aus dem Bus stiegen, kamen wir an einer winzigen Bäckerei vorbei. Und da merkte ich mal wieder: es sind die kleinen Dinge, die einem den Tag versüßen können. An diesem Tag waren es die Quarkschnitten, Schoko-Eclairs und Vanille-Teigtaschen. Und natürlich die Post von zuhause, die mich nach gefühlt ewigem Warten erreicht hat. Bei dem Postsystem hier in Lettland sehe ich ehrlich noch nicht so richtig durch!

Vor zwei Tagen kam mich dann endlich wieder Paula besuchen und zusammen mit Sarah haben wir ein wenig in Riga unternommen. Gestern Nachmittag waren wir in einer Multimedia-Ausstellung von Van Gogh im ‚Digital Art House‘. Ich bin eher durch Zufall auf dieses Museum gestoßen und war allein schon von den Bildern auf der Website begeistert und wollte es unbedingt anschauen! Die 40-minütige Show war wunderschön und man fühlte sich, als sei man Teil der Kunstwerke! Es ist einfach eine ganz andere Art Kunst zu erleben und man konnte in die Farben, Strukturen und Motive so richtig eintauchen. Okay, genug von meinem Versuch zu erklären, wie es war haha. Sagen wir einfach: wer sich Kunst gerne anschaut, muss sich das angesehen haben!

     

Gestern war hier Feiertag in Lettland. Am 18. November 1918 wurde die Republik Lettland zu einem unabhängigen Staat ausgerufen. In den letzten Jahren wurde dieser Tag hier in Riga groß gefeiert und wir hatten uns schon lange auf das Feuerwerk, eine Militärparade und beleuchtete Gebäude gefreut. Natürlich wurde das alles nicht so groß aufgezogen wie die Jahre zuvor. Als wir auf dem Weg in die Altstadt waren, fielen uns nicht nur die blinkenden Lichter am Himmel auf, sondern auch die verhältnismäßig vielen Menschen, die auf dem Weg zum Freiheitsdenkmal waren. Dort angekommen erstrahlte das riesige Monument in den Landesfarben, erklang feierliche Musik und erstreckte sich ein Blumenmeer in rot/weiß am Fuße des Denkmals. Ich weiß nicht so recht, was ich erwartet hatte, aber ich hab lange schon nicht mehr solch eine feierlich-ruhige Stimmung erlebt wie gestern. Während wir neben Letten standen, die Tränen in den Augen hatten, wurde mir die Bedeutsamkeit dieses Tages erst so richtig bewusst. Als wir unseren Spaziergang durch die Stadt fortsetzten und schließlich unten am Fluss standen, sahen wir sogar ein kleines Feuerwerk, was uns kurzzeitig sehr glücklich stimmte (Wir erfuhren erst später, dass wir das größere Feuerwerk verpasst hatten haha).

Ein weiteres Highlight des Tages war definitiv der Glühwein, den wir uns bei einem Stand in der Altstadt genehmigten! Inmitten der Altstadt mit den Lichterketten und einem dampfenden Becher kam so richtig Weihnachtsstimmung auf. Insgesamt war es einfach ein schöner Tag! Ich meine:      ein toller Museumsbesuch, leckerer Glühwein und neue liebgewonnene Freunde – was braucht man mehr? :)

         

 

Impressionen 2.0

Tage im November

Unfassbar, wie schnell die Zeit vergeht. Erst gestern habe ich so wirklich realisiert, dass wir schon November haben. Irgendwie habe ich gar nicht so mitbekommen, dass Weihnachten gar nicht mehr so fern ist. Denn während in Deutschland schon Ende September die Supermarkt-Regale mit Lebkuchen, Spekulatius und Schoko-Weihnachtsmännern vollgestopft sind, hab ich hier nur vereinzelte Weihnachtssterne gesehen. Und nach Lebkuchen musste ich regelrecht suchen. Naja, vielleicht kommt die Weihnachtsstimmung erst etwas später hier an. Auch an den Temperaturen merkt man deutlich, dass wir uns dem Winter nähern. Der Wind ist manchmal so kalt, dass selbst meine dickste Winterjacke nicht ausreicht haha. Aber genau darauf freue ich mich hier so sehr. Natürlich nicht aufs Frieren, aber auf einen Winter mit Schnee und Eis, den es hoffentlich gibt.

Ich möchte hier ab und zu Empfehlungen aussprechen über Orte in Riga, die man meiner Meinung nach unbedingt besucht haben muss. Sarah und ich haben beschlossen so viele Museen wie nur möglich zu besuchen, so lange sie noch aufhaben. Vorgestern waren wir im ‚Lettischen Nationalen Kunstmuseum‘. Ich hatte den Tipp, das Museum zu besuchen neulich von einer einheimischen Kunststudentin bekommen und kann sagen, dass es sich absolut lohnt! Es ist meiner Meinung nach sowohl von außen als auch von innen eines der schönsten Gebäude in Riga. Für die drei Euro Eintritt bekommt man einiges an lettischer Kunst zu Gesicht. Obwohl ich Kunst schon länger in der Schule abgewählt hatte und mich auch sonst eher als kleine Kunstbanausin bezeichnen würde, hat es mir echt gefallen.

Gestern waren wir dann im ‚Cosmos Illusion Museum‘ in der Altstadt. Auf dem Weg dahin haben wir uns einen Chai Latte und Muffins gegönnt. Als wir dann durch den Park mit Trompetenklängen schlenderten, kam irgendwie ein wenig Weihnachtsstimmung auf. Angekommen im Museum waren wir vom Eintrittspreis von 8 Euro ein wenig überrascht und was soll ich sagen. So wirklich lohnt sich ein Besuch zumindest für diesen Eintrittspreis nicht. Es gibt ein paar Räume, die mit Lichtspielen und witzigen Spiegeln ganz sehenswert waren, aber nicht den Preis wert sind.

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Ein Monat Riga.

Hanna, wo bleibt der nächste Blogeintrag? Hanna, wann lässt du mal wieder etwas von dir hören? Hanna, wie geht es dir? Diese Fragen bekam ich in den letzten 2 Wochen sehr oft gestellt. Und ja, Asche auf mein Haupt. Ich habe mich dazu verleiten lassen, es immer weiter hinauszuzögern und nun sitze ich hier und schreibe genau 1 Monat nach meiner Ausreise aus Deutschland diesen Blogeintrag. Und nicht, dass ihr denkt, ich hätte überhaupt nichts geschrieben… In meinen Blog-Einstellungen findet man unter ‚Entwürfen‘ mittlerweile echt viele unveröffentlichte Beiträge. Kurze und lange, belanglose Gedanken und Erzählungen vom Erlebten.

Über die letzten Wochen habe ich immer mal wieder kleine Impressionen von meinem Leben hier in Riga verschickt oder hochgeladen. Ich bekam viele Nachrichten zurück auf diese geteilten Momente und war echt ein wenig überrumpelt davon. Denn das, was mir am meisten gesagt wurde, war, dass ich glücklich aussah. Und je mehr Leute mir das schrieben, desto bewusster wurde mir: Ja, ich bin echt glücklich hier. Nach der Abi-Zeit mit dem vielen Druck, den Zukunftsängsten und der ungewissen Pandemie-Situation bin ich hier mal wieder auf andere Gedanken gekommen. Raus aus der Komfort-Zone und rein ins Leben. Und auch wenn mir Corona bei vielen Dingen einen Strich durch die Rechnung macht, war es absolut die richtige Entscheidung nach Riga zu gehen. Ich bin so dankbar dafür, dass ich vor allem zu diesen verrückten Zeiten so etwas erleben darf.

Ich glaube, dass auch das der Grund für meine längere Schreibpause hier auf meinem Blog war. Es passierte so viel auf der Welt. Mittlerweile ist Trump nicht mehr Präsident der USA und nach Deutschland hat auch Lettland einen ‚Lockdown Light‘ ausgerufen. Für mich bedeutet das im Grunde, dass ich meine Freitagabende und Wochenenden leider nicht mehr in Karaokebars, Cafés oder Restaurants verbringen kann. Und, dass der Unterricht weiter online laufen wird. So langsam habe ich meine Routine mit meiner täglichen Unterrichtsstunde via Skype gefunden. Während es am Anfang noch etwas befremdlich war 12.-Klässler in meinem Alter zu ‚unterrichten‘, ist es mittlerweile wirklich vertraut und wir führen gute Gespräche. Meine Aufgabe ist es die Schüler auf die mündliche DSD2-Prüfung vorzubereiten und dabei sind schon echt tolle Diskussionen zu Themen wie Globalisierung, Schule der Zukunft oder Stereotyp Männlichkeit entstanden. Außerdem durfte ich schon Vorträge über Brandenburg und Berlin halten, was mich besonders gefreut hat. Meine Lehrerin lässt mir dort viele Freiheiten und so konnte ich den Schülern eine persönliche Sicht auf meine Heimat geben.

Die neue Corona-Situation hat mich natürlich nicht ohne Bedenken gelassen. Denn durch das Schließen von Bars & Co wird es immer schwieriger Leute kennenzulernen. Ich habe über die letzten Wochen zwar ein paar neue Menschen kennengelernt, jedoch verlassen die meisten Riga aufgrund der neuen Situation. Aber ich will den Beitrag nicht so negativ beenden, denn ich bin absolut positiv gestimmt. Es ist zurzeit keine Option für mich nach hause zu fahren, denn es geht mir gut. Ich werde in der nächsten Zeit die Museen (die übrigens noch offen haben) unsicher machen, Coffee to go trinken, fotografieren, die Zeit mit den anderen genießen solange sie noch da sind und natüüüürlich an meinem Blog weiterarbeiten :)