Passend zu Timons Artikel las ich heute im „Argentinischen Tageblatt“ einen Artikel, aus dem ich euch nun einige Zitate zeigen möchte. Zum Hintergrund sei noch gesagt, dass das „Argentinische Tageblatt“ eine deutschsprachige, in Buenos Aires erscheinende Wochenzeitung ist, die meine Schule abonniert hat und dank der ich deutschsprachige Artikel zur Lage/Entwicklung Argentiniens lesen kann.
So zum Beispiel den Artikel „Die neue Wachstumsproblematik“, den Autor fand ich leider nicht (steht nicht beim Artikel…). Der Artikel befindet sich im Wirtschaftsteil der Zeitung und geht auf die anstehenden Entwicklungen Argentiniens ein, denn auch Argentinien rutschte 2007/2008 in eine Rezession, die allerdings mit der Weltfinanzkrise nur am Rande zu tun hatte. In diesem Artikel finden sich so einige Zitate, die den Staat(-sapparat) Argentinien betreffen. Los gehts!
Aber man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass Argentinien seit Jahren die Reserven von Erdöl und Gas auffrisst, den Rinderbestand verzehrt und allerlei schwebende Probleme hat, wie die stark zurückgebliebenen Tarife öffentlicher Dienste, die eine Art Damoklesschwert darstellen.
Dies zur Einstimmung, weiter geht es mit dem Thema „Investitionen in die Wirtschaft/Entwicklung“:
Im staatlichen Bereich ist der Fall besonders schlimm. Es werden keine Prioritäten eingehalten, also nicht dort investiert, wo es für das Wachstum am notwendigsten ist, die Projekte sind meistens schlecht und die Durchführung ist allgemein ein Jammer, mit Unterbrechungen, viel zu hohen Baukosten und, als Folge, absurd hohen Kosten. Viele öffentliche Investitionen haben zwei und drei Mal so viel gekostet, wie es hätte sein sollen […]
Dies wurde mir auch schon genau so von Argentiniern selbst geschildert…
Der obige Absatz geht nahtlos in folgenden Absatz über:
Der kritische Punkt bei den Investitionen liegt beim Gas und gleich danach beim Erdöl. Wenn beim Gas nicht ab jetzt schon die Investition in Forschung stark erhöht wird, und diese auch einigermaßen erfolgreich ist, verfügt das Land in etwa 7 bis 10 Jahren über kein eigenes Gas mehr. Importiertes Gast kostet vier bis zehn Mal so viel. Man macht sich allgemein viel zu wenig Gedanken über das Ausmaß des Problems, das auf uns zukommt.
Als Hintergrund-Info ist dazu wichtig, dass hier ALLE mit Gas Kochen und z.T. auch Heizen.
Das an sich ist ja schon schlimm genug, wie ich meine, doch es wird noch getoppt: Argentinien hat sich trotz Rezession auf einem höheren Wirtschaftsniveau gehalten, der Autor meint dazu:
Die Erholung erfolgt ohne, dass die Regierung viel dazu beiträgt, und eigentlich mehr trotz als wegen der Kirchners [Anm.d.Autors: Christina und Nestor Kirchner, Präsidentin und Ex-Präsident, Ehepartner ;-)], die unentwegt Sand in das Getriebe streuen und dabei sogar meinen es sei Schmieröl.
Ein sehr schönes metaphorisches Bild das der Autor da verwendet. Dazu passt eine Kurzmeldung, die ich ebenfalls heute in der Zeitung laß:
Der Vorsitzende des Kontrollamts des Staates […] musste auf Wunsch von Binnenhandelssekretär […] zurücktreten. Der Vorsitzende hatte sich geweigert einer Firma, der die Zeitungsverlage „Grupo Clarín“ und „La Nacíon“ gehören, Schwierigkeiten zu bereiten, u.a. durch Beanstandung der Bilanz. Der Binnenhandelssekretär (in Wirklichkeit Nestor Kirchner) bemüht sich in letzter Zeit darum, obige Firma zu beherrschen, um Druck auf die genannten Zeitungen auszuüben.
Dazu zum Verständnis zwei Anmerkungen: Die runde Klammer ist NICHT VON MIR! Und die Zeitungen „Clarín“ und „La Nacíon“ zählen zu den wichtigsten und regierungskritischsten (v.a. Clarín).
Und noch ein letztes Zitat, das die jetzige Präsidentin Christina Kirchner betrifft. Es geht um den Kauf von Flugzeugen für die 2008 wiederverstaatliche Fluggesellschaft „Aerolineas Argentina“.
Christina Kirchner wies beiläufig darauf hin, dass die Regierung auch günstigere Angebote für Flugzeuge erhalten habe. […] Doch grundsätzlich stellt sich die Frage, ob es einen Sinn hat, dass der Staat 700 Mio. US$ (plus die für die Fabrik in Cordoba notwendigen Investitionen) ausgibt, um einen Flugdienst zu liefern, den provate Unternehmen besser bereit stellen können, ohne die Staatskasse für Investitionen zu belasten. Es handelt sich deutlich um eine nicht prioritäre Staatsinvestition.
Zum Schluss noch: Von mir aus hätte ich das Thema wohl eher nicht aufgegriffen, da mir das „Argentinische Tageblatt“ nun aber so eine Steilvorlage liefert, wollte ich das nun kundtun. Der Artikel soll in keinster Weise Argentinien verunglimpfen, sondern zeigen, dass auch Argentinier ihre Regierung und ihren Staat (meiner Meinung nach völlig zu recht) kritisch sehen und kritisieren.