Daily Archives: 19. November 2009
Wetter-Kapriolen
Wer einmal einen kompletten Wetterwechsel innerhalb eines Tages erleben will, dem empfehle ich, mal hier in Misiones vorbeizuschauen. Wieso? – Nun ja, wer den gestrigen Tag hier erlebt hätte, könnte das sofort nachvollziehen:
Morgens, 9 Uhr in Montecarlo:
Wetterlage: sonnig, aber noch bewölkt
Temperatur: 30° Celsius (ungelogen!)
Luftfeuchtigkeit: 90% (auch das – ungelogen! – Beide Daten von der Wetterstation in der Schule)
Gefühl: Stickig, schwül, total heiß, Schwitzen bis zum Umfallen
Mittags, 15.30 Uhr in Montecarlo:
Wetterlage: Gewitter, Blitz, Donner, sintflutartige Regenfälle
Temperatur: 25° Celsius
Luftfeuchtigkeit: 90%
Gefühl: Verdammt, der Regen klatscht schon wieder gegen mein Fenster, dabei ist das doch undicht – 3 Handtücher voll Wasser; dazu kommt ein knapp einstündiger Stromausfall, wobei bei Gewitter und Blitz eh kein elektrisches Gerät eingesteckt sein sollte, da die Blitze auf die komplette Stromleitungen durchschlagen können (keine Sicherungen/Überspannvorrichtungen in den Häusern).
Und dann: HAGEL!!! Unglaublich, jetzt hagelt es auch noch…dabei hatte es heute morgen doch noch 30° – wie geht denn das????
Mittags, 17 Uhr in Montecarlo:
Wetterlage: Bedeckt, Gewitter vorbei
Temperatur: 18°C – endlich hat es angenehm abgekühlt
Luftfeuchtigkeit: ~ 60%
Gefühl: Ah – es hat abgekühlt, Strom geht wieder, so lässt es sich aushalten…aber wie geht das denn? Morgens heiß, dann Gewitter, dann sogar HAGEL…
Und zur Abrundung: Die Nacht war angenehm kühl, aber der heutige Tag ist wieder kaum auszuhalten: Die Sonne knallt herunter, man schwitzt vom Nichts-Tun, mehr als 35°C im Schatten! Und dann diese unglaubliche Feuchtigkeit und Schwüle – zum guten Glück steht direkt neben meinem Laptop ein Ventilator…wobei – meinem Laptop bringt der nicht so viel wie mir…selbiger ist nämlich echt gut warm – ich vermute mal, dass die heimischen Gefilde den technischen Gerätschaften besser bekommen, als die hiesigen Gefilde…auch mein Handyakku hält hier 1/3 kürzer als zuhause…
November Rain
Letztes Wochenende ging es auf einen Ausflug zum Sumpfgebiet der Esteros del Ibera. Das Wichtigste zuerst: Es hat die kompletten beiden Tage geregnet, geblitzt, gewittert oder genießelt – leider! Was es trotz des schlechten Wetters alles zu sehen gab, kommt jetzt hier:
Anfahrt:
Nachts um halb Vier ging es los…denn an diesem Wochenende standen ca. 1500km Weg auf dem Programm. Da es die Tage zuvor schon gut geregnet hatte, mussten wir ca. 600km Umweg in Kauf nehmen. Ach ja – ich hab schon wieder vergessen, wer WIR ist: Eine der Deutsch-Lehrerinnen von Anna, kulturweit-Freiwillige in Oberá, hat diesen Ausflug für sich und Verwandte/Bekannte organisiert, und da noch 3 Plätze frei waren, durften Anna, Lena und ich auch noch mit.
Zurück zur Überschrift: die Anfahrt ging aus dem waldigen, hügeligen Misiones ins flache und weniger dicht bevölkerte Corrientes, zunächst über asphaltierte Straßen. Nach kurzem Zwischenstopp zum Regenjacke Kaufen ging es dann auf die letzten 120km Schotterpiste – bei Regen wohlgemerkt! Das Bild links vermittelt einen ungefähren Eindruck…man könnte die Fahrt auch so beschreiben: – ständiges Ruckeln und Wackeln – ca. alle 3 Minuten ein Schlagloch – ergo: Aus dem Sitz rausgehoben und danach wieder reingeplumst (Merke: Sicherheitsgurte gibts in Argentinien nur für Fahrer und Beifahrer!) – immer auf der Suche nach der Spur mit den wenigsten Schlaglöchern, deshalb der ein oder andere kleine Schlammdrift – meist mit 50-60 km/h unterwegs, nur vor richtig großen Wasserpfützen wird abgebremst.
Die Fahrt war wirklich ein Erlebnis, aber ich war auch froh, als wir nach 2 1/2 Stunden (und der Fahrt über einen Damm und einen Holzsteg) in der kleinen Kolonie an einem See angekommen waren.
Reiten:
Nach der Ankunft und einer kurzen Stärkung (Mittagessen) ging es auf die Pferde: 2 Stunden auf dem Rücken, auf dem angeblich das „Glück dieser Erde“ liegt, durch die Sumpflandschaft. Nun ja – Glück ist es vielleicht, dass ich mir trotz Dauerregen, völliger Durchnässung (mit Ausnahme des Brust/Rückenbereichs) und kaltem Wind, keine Erkältung geholt habe! Denn obwohl es regnete, hier und da mal blitzte und das Wasser die Schotterstraßen in seinem Griff hatte, ging es 2 Stunden lang durch grüne Landschaften.
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Bootstour:
Obwohl durchnässt, wollten wir, also Lena, Anna und ich, uns die bereits bezahlte Bootstour nicht entgehen lassen. Also ging es – zusätzlich noch ausgestattet mit Regenmantel und Schwimmweste für 2 Stunden auf ein kleines Motorboot das uns dann ganz nah an die Sehenswürdigkeiten der Esteros del Ibera brachte – bzw. an die Sehenswürdigkeiten, die sich trotz Dauerregen zeigten.
Und so sahen wir carpinchos (Wasserschweine) und yacarés (Kaimane), neben vielen Vögeln und einigen Insekten.
Sonntag/Heimfahrt:
Da es die ganze Nacht weitergeregnet hatte, entschieden wir bereits am Morgen zurück zu fahren und die geplante weitere Bootstour ausfallen zu lassen. Auf dem Rückweg machten wir dann noch Stopp bei einer „Pilgerstätte“ für den „Gauchito Gil“ – einer der Volksheiligen Argentiniens. Weitere Infos gibt es hier: Gauchito Gill bei wikipedia. Die Legende will ich hier kurz einfügen:
Die Legenden um Gauchito Gils Leben widersprechen sich zum Teil, aber alle sagen aus, dass er ein Farmarbeiter war, der wegen eines echten oder angeblichen Verhältnisses mit einer reichen Witwe in große Schwierigkeiten kam (Die Brüder der Witwe waren gegen ihn, sowie ein Polizist, der auch die Witwe liebte). Um den Schwierigkeiten zu entgehen schloss sich Gauchito Gil der Armee an und kämpfte im Krieg gegen die Paraguayische Armee. Im späteren argentinischen Bürgerkrieg desertierte er, um nicht eigene Landsleute umbringen zu müssen, und versteckte sich im Wald. Nach manchen Legenden war er in dieser Zeit so etwas wie der argentinische Robin Hood – bestahl die Reichen und gab es den Armen. Als er schließlich doch gefangen wurde, hängte man ihn Kopf über an einen Mesquitenbaum und folterte ihn. Als der Henker ihn töten wollte, sagte Gauchito Gil, dass sein kranker Sohn gesund würde, wenn er zu ihm betete, andernfalls würde er sterben. Der Henker vollzog dennoch das Urteil und schnitt Gauchito Gil die Kehle durch. Als der Henker nach Hause kam, war sein Sohn sehr krank, er betete zu Gauchito Gil und sein Sohn wurde gesund. Der Henker baute dem Heiligen ein kleines Heiligtum (heute die Hauptpilgerstätte) und erzählte allen Leuten vom wundersamen Gauchito Gil. (Quelle: wikipedia.org)
So sieht es heute an dieser „Pilgerstätte“ aus, die gleichzeitig das Grabmal des Gauchito Gill ist:
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Interessant, man könnte auch fast schon erschreckend sagen, ist, wie sich an diesem Ort Volksgläubigkeit und Kommerz gegenüberstehen. Selbst wenn man den oben links abgebildeten Bau, indem sich das Grabmal befindet, betritt, werden einem von allen Seiten Kerzen, rote Bänder oder sonstige Devotionalien entgegengestreckt. Um die Grabstätte herum hat sich eine kleine „Budenstadt“ entwickelt, die mit Restaurants/Imbissen und etlichen Souvenirständen bestückt ist. Es ist echt heftig, wie versucht wird, aus dieser Pilgerstätte Geld zu machen. Wobei man auch klar sagen muss, dass es für viele Menschen auch eine der wenigen Chancen ist, überhaupt Geld zu verdienen. Denn die Gegend drumherum besteht hauptsächlich aus Estanzian, also Rinderfarmen, oder Weizen-, Soja-, oder Sonnenblumen-Farmen. Hier noch ein Beispiel, dass die „Souvenir-Abgefahrenheit“ exemplarisch zeigt:
Und wie immer zum Abschluss: Für die Musikliebhaber unter uns; Wer hat die Überschrift schon erkannt? – Richtig! Guns’n Roses lassen grüßen:
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