
Als Kathrin von einem Energiezentrum in der Mongolei erzählte, das man mal besuchen sollte, dachte ich zuerst, es handelt sich um ein für Besucher zugängliches Kraftwerk, in dem Energie umgewandelt* wird. Weit gefehlt!Dabei ist das nur naheliegend, da im Steppenboden riesige Vorkommen an Kohle und anderen Rohstoffen wie Kupfer, Uran und Gold lagern, die in den letzten Jahren vermehrt abgebaut wurden (leider nicht immer im Einklang mit der Natur oder allen nötigen Genehmigungen). Diese Rohstoffvorkommen könnten die Mongolei ähnlich reich machen wie das Öl Katar, sofern das Geld nicht von ausländischen Investoren oder einer kleinen mongolischen Oberschicht abgeschöpft wird. Vorwurf Korruption. Aber das ist eine andere Geschichte. Zurück zum Energiezentrum (bleiben wir bei den einfachen, bequemen Dingen).
Das Energiezentrum liegt in der Gobi in der Nähe von Sainschand/ Сайншанд, 450km südöstlich von UB. Es ist ein buddhistisches Kloster (hätte ich ja auch drauf kommen können) mit einer Tempelanlage und mehreren „Stationen“, bei denen der Energiefindende verschiedene Gaben opfern oder andere Aufgaben bewältigen muss.
Los ging es an einem Freitagnachmittag Mitte Januar. Wir wollten mit dem Zug fahren. Wir, das waren 2 Mongolen und 4 Deutsche. Der Zug würde für die Strecke regulär etwa 10h brauchen. Gute Frage warum. Ich glaube, er ist einfach etwas langsam. Genauso sind die anderen Züge auf den wenigen mongolischen Strecken. So viele Zwischenhaltestellen -sprich Orte mit Bahnhof- gibt es hier ja nicht.

So frisch und neu fuhren wir dann zurück zu der Klosteranlage, an der wir schon früh morgens vorbeigekommen sind. Es stellte sich heraus, dass die Gebäude noch genauso frisch und neu waren wie wir. Das ganze Energiezentrum wurde erst 2013 eröffnet (wenn meine Erinnerung stimmt). Ich fand besonders schön zu sehen, dass Tradition und Moderne so gut miteinander gingen, die Kerzen waren fast alle elektrisch.
In einem der Tempel konnte man eine Form des mongolischen Knöchelchenspiels spielen. Je mehr „Pferde“ man in einer festgelegten Anzahl Würfe schafft, desto besser das Glück im nächsten Jahr. Ich weiß leider nicht mehr die genauen Zahlen, nur noch, dass ich besonders viele Pferde geworfen habe. Es kann also nichts mehr schiefgehen!







Mittlerweile war es Mittag geworden. Wir machten Halt bei einer Jurte inmitten einer Gruppe von Jurten etwas außerhalb von Sainshand. Ich weiß nicht, ob unsere Gastgeber die Familie eines der Fahrer waren oder Bekannte von ihm oder nur der Automechaniker. So oder so, wir wurden zu einer Nudelfleischsuppe und Milchtee eingeladen. Das Essen und die gut geheizte Jurte wärmten so richtig schön auf. Ein ansehnlicher Haufen von abgelegten Jacken, Pullis, Schals, Mützen und Handschuhen entstand. Es war immer dasselbe: anziehen – ausziehen – anziehen – ausziehen.

Draußen stand die Sonne inzwischen hoch am Himmel und es war angenehm „warm“ geworden. Die letzte Station stand an. Wir fuhren auf einer Asphalt(!)straße durch den Sonnenschein, bogen ab auf eine staubige Piste und vor uns tauchte eine Hügelkette am Rande der Ebene auf. Der höchste Berg davon war unser Ziel. Ein heiliger Berg. So heilig, dass nur Männer den Gipfel betreten durften. Frauen mussten auf halber Strecke kehrt machen. Positiv gesehen habe ich mir so wenigstens die letzten Stufen sparen können. Wer weiß, was auf der anderen Seite des Berges gewartet hätte? Der Ausblick von der erlaubten Seite aus war schon beeindruckend genug.
Wir drehten fleißig an Gebetsmühlen, umrundeten die weißen Stupas, opferten weitere Bonbons und naschten im Gegenzug bereits von anderen geopferte Süßigkeiten (natürlich nur zur Energiegewinnung). Wir zündeten Kerzen an, verbrannten Wunschzettel und Räucherpulver, banden blaue Khadag-Tücher fest und umrundeten dreimal einen Ovoo, wobei wir bei jeder Umrundung einen Stein auf ihn warfen. Nebenbei genossen wir den unendlich blauen Himmel und die helle Sonne. Gobi. Mongolei. Die Männer durften wieder Vodka in den Himmel schütten, die Frauen diesmal nicht.







Ich hoffe, die Flut an Fotos hat euch nicht erschlagen und ihr könnt energiegeladen in die neue Woche starten! Falls es euch noch nicht gereicht hat, eine sehr schöne Zusammenfassung des Ausflugs hat auch Kathrin schon geschrieben.
*Wenn ich etwas aus dem Physikunterricht gelernt habe, dann dass Energie in einem geschlossenen System nicht erzeugt werden kann.
Liebe Svenja!
Toller Bericht und tolle Fotos. Es ist immer wieder schön Deinen Blog zu lesen, der Zeitaufwand für diesen Beitrag hat sich mal wieder gelohnt – Danke!
Mama
Hab dich lieb Mama!