Schlafen
Diese Antwort bekommt man hier oft, wenn man die Schüler nach ihrem Lieblingshobby fragt. Viel Zeit zum Schlafen haben viele von ihnen nicht. Der Unterricht beginnt um 7:30 und auch am Wochenende sind oft schon morgens Extrastunden angesagt.
Auch mir wird der süße Schlaf, vor allem morgens, wenn ich ihn am meisten brauche, verwehrt.
Wenn ihr auch einer der Menschen seid, die wahnsinnig werden können, wenn sie ein Geräusch vom Schlafen abhält, wenn singfreudige, früh aktive Vögel sowie schnarchende Zimmernachbarn ihr Leben Ohropax verdanken, dann fühlt ihr wie ich.
Seit meiner Ankunft hatte ich schon oft genug die Gelegenheit sehr dankbar darüber zu sein, die kleinen pinken Wachsbällchen mitgenommen zu haben. Es fing mit dem unregelmäßigen Tropfen der Klimaanlage der Wohnung über mir an. Man kann sich nicht vorstellen, wie nervig Tropfen sein kann, geschweige denn welches in unregelmäßigen Abständen.
Weiter ging es mit rolligen Katzen, die versuchten sich um vier Uhr nachts schrill kreischend bei ihren Kollegen beliebt zu machen und sich gar nicht vorstellen konnten, wie unbeliebt sie sich damit bei ihren menschlichen Freunden machten.
Auch sehr beliebt in der Nachbarschaft ist ein unglaublich nervtötender laut kreischender Vogel, der um 5 Uhr morgens anfängt und dann nicht mehr aufhört zu piepen.
Fast genauso schön ist es sonntagmorgens vom Laubkehr-Geräusch geweckt zu werden. Wie können Besen so laut sein?
An Tagen der offenen Tür wurden zum Wachwerden oft schnulzige Balladen in Dauerschleife abgespielt. Wunderbar.
Zuletzt sind es Bauarbeiter. An meiner Schule wird im Moment gebaut. Ein marodes Gebäude auf dem Campus wurde vor wenigen Wochen abgerissen. Zu meiner Freude wurden die schönen alten Bäume, die für diese Aktion weichen mussten, umgepflanzt. Auch ein kleiner Laden, der von Schülern betrieben werden soll und in dem schöne selbstgemachte Taschen und Bilder ausgestellt sind, existierte vor einer Woche noch nicht. Hier wird sehr schnell gebaut. Die Zeit wird genutzt. Leider wird schon sehr früh am Tag damit angefangen. Zu allem Überfluss hat ein Genie entschieden, das Lager der Bauarbeiter mitsamt Baumaterial vor das Schülerwohnheim zu legen, von der Baustelle aus gesehen genau am anderen Ende des Campus und direkt unter meinem Zimmerfenster. Wer denkt Wecker sind schrecklich, der kann mich gerne mal besuchen kommen. Ich werde jeden Morgen von dem Geräusch von Bohrern, Schippen, die Sand und Kies verladen und Sägen geweckt. Kann man sich einen schöneren Start in den Tag vorstellen?
Aber ich bin nicht die einzige, der es so zu gehen scheint. Hier wird ja auch überall gebaut. An großen Baustellen übrigens 24/7. Man weiß es jedoch zu kompensieren. Metro-und Busfahrten werden zum Schlafen genutzt, genauso wie jede andere Schlafgelegenheit, die sich so bietet.
Nicht selten sehe ich aber, wie Schüler sich den Schlaf ganz sparen. Von meinem Zimmer aus kann ich- abgesehen von dem Bauarbeiterzentrum- auf die Terrasse des Schülercafés sehen. Dort sitzen spätabends noch Schüler mit ihren Laptops und sitzen dort auch noch am nächsten Morgen.
Auf der anderen Seite bin ich ja nicht zum Schlafen hier. Gestern zum Beispiel habe ich meine schlaffreie Zeit damit verbracht zum überraschend schönen Strand von Shenzhen zu fahren. Die 45minütige Hin-und Rückfahrt habe ich natürlich zum Schlafen genutzt, ist doch klar.
Arme Nuri, Wie ruhig ist es doch in Wildenrath 😉 Gruß aus der Heimat