Eine chinesische Hochzeit

5. Oktober 2011
von Nuri Hamdan

Es gibt vier große Feiern im chinesischen Leben: Die Geburt, der Bildungsabschluss, die Hochzeit und der Tod. Warum letzteres dazugehört, obwohl man ja gar nicht mehr lebt, weiß ich nicht genau, aber darum soll es ja auch nicht gehen. Von einer dieser großen Feiern werde ich jetzt berichten.

Der 1. Oktober war ein sehr beliebter Tag zum Heiraten. Schon auf dem Weg zu der Hochzeit, auf die wir eingeladen waren, kamen wir an mehreren Hotels vorbei, in denen mehr als ein Paar sich das Ja-Wort gab (oder wie auch immer das genau auf Chinesisch geregelt wird). Auch unser Paar war nicht das einzige, das in dem Hotel, an dem wir dann schließlich ausstiegen, feierte. Deshalb mussten wir es auch erstmal zwischen den ganzen Brautpaaren und ihren Gästen im Foyer suchen. Als wir uns schließlich zu ihnen durchgedrängelt hatten, um sie zu begrüßen, gaben wir unsere roten Briefumschläge an einem extra dafür aufgestellten Tisch ab und unterschrieben in einem Gästebuch. Daraufhin bekamen wir zwei Ferrero Rochers in einer süßen Box. Diese leckeren Süßigkeiten sind hier ziemlich beliebt. Man verschenkt sie zu vielen Gelegenheiten, wie dem Lehrertag, den ich leider um wenige Tage verpasst hatte.

Nach einer kleinen Fotorunde mit dem Paar, wurden wir in den Saal geführt und durften am runden Tisch Platz nehmen, der für die Schulgruppe reserviert war, während das Paar noch weitere Gäste in Empfang nahm. Auf einer Leinwand wurden Fotos von Braut und Bräutigam gezeigt, unter anderem die, die sie vorher in etlichen Shootings und zum Teil in sehr kitschigen Kostümen von einem Fotografen hatten machen lassen. Diese Hochzeitfotos, die vor dem großen Tag geschossen werden, sind sehr wichtig bei bzw. vor einer chinesischen Hochzeit.

Danach wurden kleine Reden gehalten von Freunden des Paares, bis dann schließlich die symbolische Übergabe der Braut vom Vater an den Bräutigam unter einer mit pinken Vorhängen geschmückten Kapelle oder sowas stattfand. Vorher hatten sich die beiden noch im Foyer warten müssen.

Sie gingen dann auf die Bühne, von wo aus sie sich eine vorher aufgezeichnete Videobotschaft der Braut an ihren Geliebten anschauten. Die Tränen flossen in Strömen. Nachdem er ihr dann noch persönlich ein Lied sang und ihr seine Liebe erklärte, vollzog eine ehemalige Kollegin von ihm den offiziellen Teil, was ziemlich schnell ging.

Anschließend wurden wieder kurze Reden gehalten. Als seine Chefin (die Lehrerin, die mich eingeladen hatte) an der Reihe war, winkte sie unseren ganzen Tisch auf die Bühne und plötzlich standen wir da und alle Kameras (ich dachte am Anfang das Fernsehen wäre da, so professionell war die Ausrüstung) waren auf uns gerichtet. Mann, war das peinlich.

Jedenfalls hieß es dann für die Braut, sich schnell umzuziehen, während wir ausgiebig schlemmen konnten.

Als sie in einem schönen roten Kleid, „rot als Farbe der Freude“ (aus dem Kulturschock China), wiederkam, gingen die frisch Vermählten von Tisch zu Tisch und prosteten ihren Gästen zu.

Pünktlich um 21:00 war dann Aufbruchstimmung. Der Kopf des Bräutigam war ungefähr so rot wie das Kleid seiner Frau und er begann allen Leuten auf den Kopf zu küssen. Also war es gut, das es vorbei war und die beiden gingen ins Foyer, um die Gäste zu verabschieden. Es war echt witzig, dass es so abrupt endete, keine Musik, keine Tanzen, keine Unterhaltungen mehr, nichts.

Übrigens spielt es keine Rolle, was man auf einer Hochzeit trägt. Die „Tabufarben“ habe ich gesehen, genauso wie die Kombination Hotpants und Top. Bei den Männern sehr beliebt: Jeans und Poloshirt.

Alles in allem war es eine sehr rührende Hochzeit, vor allem, wenn man alles verstanden hätte. Das Essen war gut und die Leute hatten eine schöne Zeit. Ich bin sehr froh, dass ich das miterleben durfte.

 

                  

Ich weiß, die Fotoausbeute ist wieder nicht so groß, aber ich hoffe, dass ich noch an mehr Bilder komme. Die werde ich dann auch einfach hier reinstellen.

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